VwGH 94/14/0035

VwGH94/14/003521.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde von MN und HN in L, beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 20. Jänner 1994, Zl. 5/39/1-BK/M-1992, betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 1987 bis 1990, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3 Z6;
EStG §2 Abs2;
LiebhabereiV §1 Abs2 Z1;
LiebhabereiV §2 Abs4;
BAO §115 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3 Z6;
EStG §2 Abs2;
LiebhabereiV §1 Abs2 Z1;
LiebhabereiV §2 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer erhoben gegen die Bescheide des Finanzamtes über die Feststellung gemeinsamer Einkünfte für 1987 bis 1990 aus der 1987 begonnenen Vermietung eines Einfamilienhauses Berufung, in der sie die Herabsetzung von Werbungskosten (Verlängerung des Nutzungszeitraumes und damit Verringerung des AfA-Satzes von 2 % auf 1,59 %; für 1987 Beschränkung auf eine Halbjahres-AfA; Nichtanerkennung von Kosten für Kursbesuche und Seminare) bekämpften.

Das Finanzamt änderte mit Berufungsvorentscheidungen vom 14. Oktober 1992 diese Bescheide dahin, daß es keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung feststellte, weil es an einer Einkunftsquelle fehle (Liebhaberei). An Einnahmen würden monatlich S 5.500,-- erzielt, die begehrte AfA betrage jährlich über S 90.000,-- und übersteige die jährlichen Einnahmen von S 60.000,-- netto bei weitem. Bei Mitberücksichtigung der Belastung durch Zinsen von rund S 3.000,-- jährlich sowie der sonstigen Ausgaben wie Fortbildung, Fachliteratur, anteilige Miete für die von den Beschwerdeführern bewohnte Wohnung, etc., sei die Erzielung von positiven Einkünften (zumindest über einen Zeitraum von 10 Jahren) aussichtslos. Aus der Mitteilung der Beschwerdeführer sei zu entnehmen, daß eine Erhöhung der Einnahmen nur im Ausmaß der Indexsicherung des Mietzinses zu erwarten sei.

Die Beschwerdeführer beantragten die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz über ihre Berufung und führten zur Frage der Liebhaberei aus, die für die Berufungsvorentscheidung herangezogenen Zahlengrundlagen seien jede für sich allein gesehen nicht unrichtig; unrichtig sei jedoch die daraus gezogene Schlußfolgerung. Der Großteil der AfA entfiele auf eine "20%-ige" und falle daher nach fünf Jahren Vermietungstätigkeit weg. Im Jahre 1992 werde die AfA daher auch nur mehr rund S 33.000,-- betragen, weshalb für dieses Jahr ein Einnahmenüberschuß von S 19.000,-- zu erwarten sei. Im Zusammenhang mit der Indexsteigerung sei mit zunehmend höheren Überschüssen zu rechnen. Es müßte auf einen Gesamtüberschuß innerhalb von längstens 35 Jahren abgestellt werden. Die Anfangsverluste würden durch Einnahmenüberschüsse ab 1992 zunehmend verringert, sodaß voraussichtlich schon zum Jahre 2003 ein Gesamtüberschuß erzielt sein werde, also nach 17 Jahren.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Von 1987 bis 1991 seien nur Werbungskostenüberschüsse erklärt worden (1987: S 170.812,--, 1988: S 65.826,--, 1989: S 123.948,--, 1990: S 52.323,--, 1991: S 57.951,--). Das Finanzamt habe in seinen ursprünglichen Bescheiden Werbungskostenüberschüsse für 1987 von S 117.592,--, für 1988 von S 25.225,--, für 1989 von S 52.758,-- und für 1990 von S 38.623,-- festgestellt. Für 1992 seien erstmals positive Einkünfte von S 11.900,-- erklärt worden. Eine Prognoserechnung über einen längeren Zeitraum hätten die Beschwerdeführer nicht vorgelegt. Auf die Jahre 1987 bis 1989 sei noch die Rechtslage vor Inkrafttreten der Liebhabereiverordnung anzuwenden. Die Vermietungstätigkeit sei auf Dauer gesehen nicht geeignet, Überschüsse abzuwerfen. Bereits 1992 habe die Summe der erklärten Werbungskostenüberschüsse S 458.960,-- betragen. Mit Rücksicht auf die vereinbarte Wertsicherung des Mietzinses wirke sich die Indexsteigerung nur bei Überschreiten der 5%-Grenze aus. Es könne daher nur rund alle fünf Jahre mit einer Mietzinssteigerung gerechnet werden. Ausgehend von einer AfA 1993 bis 1996 von jährlich S 26.216,--, 1997 bis 2049 von jährlich S 22.736,--, einem jährlichen Reparaturaufwand von ca. S 5.000,--, anteiliger Miete, Telefonspesen und Kilometergeld von jährlich ca. S 10.000,--, Bankspesen, Fachliteratur und Büromaterial von jährlich ca. S 10.000,-- und übrigen Werbungskosten von jährlich ca. S 5.000,-- ergebe sich, falls keine außergewöhnlichen Reparaturen, keine Investitionen und keine Kursbesuche und dergleichen als Werbungskosten geltend gemacht werden, erst nach rund 27 Jahren der Vermietungstätigkeit (das heißt im Jahre 2014) eine Abdeckung der bisher erklärten Werbungskostenüberschüsse. Gehe man von der erwähnten Einnahmenerhöhung in jedem zweiten Jahre aus - was auf Grund der bisherigen Indexentwicklung eher unwahrscheinlich sei -, würde dies den Zeitraum lediglich auf 22 Jahre verkürzen. Eine Berücksichtigung der von den Beschwerdeführern im Vorlageantrag genannten AfA von S 33.000,-- jährlich hätte eine Verlängerung des Zeitraumes (35 bzw. 26 Jahre) zur Folge. Der Zeitraum würde sich noch weiter verlängern, wenn Aufwendungen für Gebäudesanierungen anfielen, was nach der Lebenserfahrung während eines Zeitraumes von 20 bis 30 Jahren sehr wahrscheinlich sei. Außerdem sei in Zukunft auch mit Preissteigerungen bei den Werbungskosten zu rechnen. Für 1990 sei bereits die Liebhabereiverordnung anzuwenden, nach deren § 1 Abs. 2 die widerlegliche Liebhabereivermutung für die Vermietung des betreffenden Objektes (Eigenheim) gelte. Eine solche Widerlegung sei im Hinblick auf die bereits angestellten Überlegungen nicht erfolgt.

Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Einstufung der Vermietung als Einkunftsquelle verletzt. Sie behaupten inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragen deshalb Bescheidaufhebung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer berufen sich mit der Begründung, von ihnen sei nur die Höhe der festgestellten Einkünfte angefochten worden, hinsichtlich der Bejahung der Einkunftsquelleneigenschaft zu Unrecht auf die Rechtskraft der ursprünglichen Bescheide des Finanzamtes. Die Einkunftsquelleneigenschaft ist lediglich eine Vorfrage für die Feststellung von Einkünften. Die Beantwortung dieser Vorfrage erwächst daher nicht in Rechtskraft. Deshalb waren die Abgabenbehörden berechtigt und verpflichtet, bei Erledigung der Berufung die entscheidungswesentliche Vorfrage der Einkunftsquelleneigenschaft zu prüfen und zu beantworten.

Hinsichtlich des dem zeitlichen Anwendungsbereich der Liebhabereiverordnung unterliegenden Zeitraumes bestreiten die Beschwerdeführer, daß auf ihre Vermietungstätigkeit § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung anzuwenden sei, dies mit der Begründung, ihr Einfamilienhaus diene nicht der Befriedigung ihrer persönlichen Wohnungsbedürfnisse, sondern der Vermietung. Zur Unrichtigkeit dieser Überlegung wird auf die betreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom 5. Mai 1992, 92/14/0027 (Seite 5, 2. Absatz), hingewiesen, das die Vermietung einer Eigentumswohnung betraf. Für ein Einfamilienhaus gilt nichts anderes, weil es sich auch bei einem solchen um ein Wirtschaftsgut handelt, das sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignet.

Was die Überschaubarkeit des Zeitraumes anlangt, innerhalb dessen ein positives Gesamtergebnis zu erwarten sein muß, um bei Vermietung eines Einfamilienhauses eine Einkunftsquelle annehmen zu dürfen, wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. März 1992, 92/13/0019, ÖStZB 1992, 645, und vom 30. Juni 1992, 92/14/0017, ÖStZB 1993, 34, hingewiesen, wonach 12 Jahre bereits über einem solchen überschaubaren Zeitraum liegen.

Daß sich 1992 ein geringer Einnahmenüberschuß ergeben hat, ist in Anbetracht der Höhe der bis dahin bereits aufgelaufenen Summe an Werbungskostenüberschüssen und im Hinblick auf die von der belangten Behörde angestellte Prognose ohne Bedeutung.

Die Behauptung der Beschwerdeführer, die Einnahmenüberschüsse werden ab 1992 steigende Tendenz aufweisen, zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Dieser Behauptung ist mangels Konkretisierung und Bezifferung nicht zu entnehmen, daß die Prognoserechnung der belangten Behörde unrichtig sei. Da auch Werbungskosten aus der Vermietung eines Einfamilienhauses Preissteigerungen unterliegen, läßt sich nicht erkennen, auf Grund welcher Überlegungen die Beschwerdeführer davon ausgehen, daß mit sinkenden Werbungskosten zu rechnen wäre.

Den Beschwerdeführern wäre es freigestanden, als Antwort auf die als Vorhalt zu wertenden Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde eine entsprechend konkretisierte und hinsichtlich ihrer zu beziffernden Positionen glaubhaft gemachte Prognoserechnung vorzulegen. Dies haben sie nicht getan. Ihre Behauptung, die von der belangten Behörde angestellte Prognose sei nicht nachvollziehbar, ist in Anbetracht ihrer Detaillierung und Begründung unrichtig.

Wenn die Beschwerdeführer beanstanden, die Prognose sei ihnen nicht vorgehalten worden, ist ihnen entgegenzuhalten, daß auch für den Fall der Verletzung des Parteiengehörs dieser Verfahrensmangel nur unter der Voraussetzung zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen kann, wenn die Beschwerdeführer die Wesentlichkeit des Mangels aufzeigen. Hiezu müßten sie all das vortragen, was geeignet gewesen wäre, ihrem Begehren zum Durchbruch zu verhelfen, wären sie von den Ermittlungsergebnissen von der belangten Behörde in Kenntnis gesetzt worden. Ein solches Vorbringen haben die Beschwerdeführer nicht erstattet. Von einer Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels kann daher nicht ausgegangen werden.

Den Beschwerdeführern kann auch darin nicht beigepflichtet werden, die belangte Behörde hätte nicht von den von ihnen erklärten Werbungskostenüberschüssen ausgehen dürfen, sondern von den vom Finanzamt ursprünglich festgestellten ausgehen müssen. Auch dieses Vorbringen ist nicht zutreffend. Die Beschwerdeführer hatten in ihrer Berufung die Richtigkeit ihrer Erklärungen behauptet und auch in ihrem Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz - also nach Kenntnis des Standpunktes des Finanzamtes zur Frage der Liebhaberei in der Berufungsvorentscheidung - nie behauptet, daß ihre Erklärungen unrichtig und die ursprünglich vom Finanzamt festgestellten, geringeren Werbungskostenüberschüsse richtig seien. Sie haben nicht einmal ein Eventualvorbringen in diesem Sinn erstattet. Die belangte Behörde war daher nicht verpflichtet, von der Richtigkeit der ursprünglichen Abgabenbescheide hinsichtlich der Höhe der Werbungskostenüberschüsse auszugehen. Selbst in der Beschwerde wird noch nicht behauptet, daß die Werbungskosten in den Jahren 1987 bis 1990 in Wahrheit niedriger gewesen wären, als von den Beschwerdeführern erklärt. Die Beschwerdeführer werden daher dadurch, daß die belangte Behörde ihrem Vorbringen hinsichtlich der Höhe der Werbungskosten im Streitzeitraum geglaubt hat, in ihren Rechten nicht verletzt.

Im Hinblick auf die Feststellungen im angefochtenen Bescheid zur Prognose von Einnahmen und Werbungskosten durfte die belangte Behörde davon ausgehen, daß innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes mit einem Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten nicht zu rechnen ist. Sie durfte daher von der objektiven Ertragsunfähigkeit und ebenso davon ausgehen, daß die Liebhabereivermutung nicht widerlegt wurde.

Da die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten nicht verletzt werden, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

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