VwGH 94/06/0028

VwGH94/06/00289.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, in der Beschwerdesache der E in X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Dezember 1993, Zl. Ve1-550-2075/1-1, betreffend Aussetzung eines Baubewilligungsverfahrens gemäß § 38 AVG (mitbeteiligte Parteien: 1. B in G, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, 2. Gemeinde G, vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §8;
BauO Tir 1989 §27 Abs3 litb;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §27 Abs3 litb;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und dem Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 169, Grundbuch G, zu der unter anderem die Grundstücke Nr. 193/2 und Baufläche 679 gehören. Betreffend Bauführungen auf diesen beiden Grundstücken hat der Erstmitbeteiligte als Miteigentümer der restlichen Miteigentumsanteile mit Bescheid vom 14. Mai 1974 eine Baubewilligung zum Aus- und Umbau erhalten. Diesem Baubewilligungsverfahren war die Beschwerdeführerin nicht zugezogen worden. Ein nachträglich gestellter Antrag der Beschwerdeführerin auf Zustellung des Bescheides blieb erfolglos. Mit Schriftsatz vom 24. August 1989 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, "hinsichtlich der offenkundigen und unstrittig nicht genehmigten Bauabweichungen" im Sinne des § 40 Abs. 3 der Tiroler Bauordnung vorzugehen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 5. Jänner 1993 wurde das hierauf eingebrachte Bauansuchen des Mitbeteiligten um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die bereits durchgeführte Unterkellerung des Anbaues an die bestehende Werkstatt auf GP 193/2 bzw. BP 679, KG G, gemäß § 31 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung zurückgewiesen. Mit einem weiteren Bescheid des Bürgermeisters vom 5. Jänner 1993 wurde ein Ansuchen des Mitbeteiligten um Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Zubau eines Schrauben- und Nägellagers und einer Stiege in den bestehenden Keller sowie zum Umbau bzw. zur Zweckänderung eines Teiles der Garage auf denselben Grundstücken abgewiesen. Aufgrund der gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung des Erstmitbeteiligten hat der Gemeindevorstand der Gemeinde G mit Bescheid vom 9. Juni 1993 beide Baubewilligungsverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des beim Bezirksgericht Zell am Ziller anhängigen Klageverfahrens gemäß § 38 AVG ausgesetzt. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 22. Dezember 1993 abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, eine Klage sei auf eine Feststellung im Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Zell am Ziller vom 13. Dezember 1991 bezogen, wonach das Schweigen der Beschwerdeführerin als Zustimmung zu den An- und Zubauten des Bauwerbers gewertet wurde. Die jetzige Klage ziele auf eine gerichtliche Entscheidung ab, ob u.a. im Hinblick auf diese stillschweigende Zustimmung nun die ausdrückliche Zustimmung zu dem in Rede stehenden Bauvorhaben erteilt werden müsse. Diese Frage sei im Baubewilligungsverfahren ohne Zweifel als Vorfrage anzusehen, über die im anhängigen Verfahren vor dem Gericht als Hauptfrage entschieden werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insofern in ihren Rechten verletzt, als die belangte Behörde die Bestimmungen des § 27 Abs. 3 lit. b der Tiroler Bauordnung in Verbindung mit den Bestimmungen des § 31 Abs. 2 leg. cit. unrichtig ausgelegt habe und darüber hinaus fälschlicherweise eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG als zulässig erachtet habe.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Erstmitbeteiligte hat in seiner Gegenschrift die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 3 lit. b der Tiroler Bauordnung, LGBl. 32/1989, ist einem Ansuchen um Erteilung der Baubewilligung die Zustimmungserklärung des Grundeigentümers anzuschließen, wenn der Bauwerber nicht Grundeigentümer bzw. Bauberechtigter ist. Das Mitspracherecht des Grundeigentümers, der nicht gleichzeitig Bauwerber ist, ist daher auf die Frage beschränkt, daß nicht eine Baubwilligung ohne Vorliegen seiner Zustimmung bzw. die Ersetzung seiner Zustimmung durch das Gericht erteilt wird. Der vom Bauwerber verschiedene Grundeigentümer (oder Miteigentümer) kann daher solange nicht in einem durch die Tiroler Bauordnung eingeräumten subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein, als nicht eine Baubewilligung ohne Vorliegen seiner Zustimmung erteilt wurde. Durch die Aussetzung der Baubewilligungsverfahren gemäß § 38 AVG konnte daher die Beschwerdeführerin unabhängig von der Frage ihrer Rechtmäßigkeit in keinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt werden.

Schon ihre Vorstellung hätte daher als unzulässig zurückgewiesen werden müssen. Dadurch, daß die belangte Behörde die Vorstellung in Verkennung dieser Rechtslage meritorisch behandelt und abgewiesen hat, konnte die Beschwerdeführerin jedoch nicht in dem geltend gemachten Recht verletzt werden. Ihre Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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