Normen
BauO Wr §6 Abs1;
BauO Wr §69 Abs1 lith;
BauRallg;
BauO Wr §6 Abs1;
BauO Wr §69 Abs1 lith;
BauRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unter Punkt I. des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom 17. April 1991 wurde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 70 der Bauordnung für Wien die baubehördliche Bewilligung erteilt, an der Straßenfluchtlinie "Auf der Schanz" (Grundstück Nr. 254/7, EZ. 1083 des Grundbuches über die Kat. Gem. S) unter Verwendung eines konsenslosen Bestandes eine Stützmauer zu errichten. Gleichzeitig wurde die nachträgliche Baubewilligung für die Herstellung einer fundierten Einfriedung an der Straßenfluchtlinie K-Gasse sowie die Errichtung eines Türvorbaues und eines überdachten Einganges vor dem bestehenden Wohnhaus erteilt. Die Einwendungen der Nachbarn und nunmehrigen Mitbeteiligten dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurden als unzulässig zurückgewiesen bzw. auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Unter Punkt II. des Spruches dieses erstinstanzlichen Bescheides wurde die nachträgliche baubehördliche Bewilligung für die Errichtung eines einstöckigen Büro- und Lagergebäudes, dreier Flugdächer sowie einer Lagerhalle und eines überdachten Wasserbeckens auf der genannten Liegenschaft versagt.
Mit Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Mai 1994 wurde auf Grund der Berufungen der Mitbeteiligten der Teil I. des genannten Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG "insoweit aufgehoben, als er entsprechend den zu Bescheidbestandteilen erklärten Plänen die vorgenannte Stützmauer bewilligt und über Einwendungen der Berufungswerber abspricht". Ferner wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Teil II. des genannten erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.
Die Aufhebung der Baubewilligung für die erwähnte Stützmauer wurde im wesentlichen damit begründet, daß diese in einem Bereich der in Rede stehenden Liegenschaft errichtet werden soll, in welchem auf Grund der geltenden Bebauungsbestimmungen nicht einmal derartige bauliche Anlagen zulässig sind. Die Baubewilligung für das Büro- und Lagergebäude, eine Lagerhalle, drei Flugdächer sowie ein überdachtes Wasserbecken wurde im wesentlichen mit der Begründung versagt, daß auf Grund des geltenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes die Widmung "ländliches Gebiet" festgesetzt und überdies angeordnet sei, daß in dem in Rede stehenden Bereich nur Objekte errichtet werden dürfen, die berufsgärtnerischen Zwecken dienen, das betriebsbedingt notwendige Ausmaß und eine maximale Gebäudehöhe von 6,0 m nicht überschreiten. Das erwähnte Bauvorhaben überschreite jedoch das betriebsbedingt notwendige Ausmaß.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Vorweg ist darauf hinzuweisen, daß gemäß § 21 Abs. 1 VwGG - nur - jene Personen Mitbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sind, die durch den Erfolg der Anfechtung des Verwaltungsaktes in ihren rechtlichen Interessen berührt werden. Da der - nicht als Bauwerber auftretende - Grundeigentümer am Bauverfahren regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teilnimmt, ob die nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liquid erforderliche, als Beleg dem Ansuchen anzuschließende Zustimmung vorliegt oder nicht, und darüber hinaus noch etwa hinsichtlich der sein Eigentum unmittelbar betreffenden Auflagen Partei sein könnte (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1987, Zl. 82/05/0043, BauSlg. Nr. 1037), diese Fragen aber nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides sind, werden rechtliche Interessen des von der Beschwerdeführerin als "Mitbeteiligter als Grundeigentümer" namhaft gemachten Anton S., welcher nicht um die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Baubewilligung angesucht hat, im Falle einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides nicht berührt. Er war daher nicht als Mitbeteiligter im Sinne der zitierten Bestimmung des VwGG dem vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahren beizuziehen.
Nach dem im Beschwerdefall maßgebenden Flächenwidmungs- und Bebauungsplan (Plandokument Nr. 6081) befindet sich die in Rede stehende Liegenschaft, wie schon ausgeführt worden ist, in einem Gebiet mit der Flächenwidmung Grünland - ländliches Gebiet, wobei nur Objekte errichtet werden dürfen, die berufsgärtnerischen Zwecken dienen, das betriebsbedingt notwendige Ausmaß und eine maximale Gebäudehöhe von 6,0 m nicht überschreiten.
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertreten, daß auch im § 6 Abs. 1 der Bauordnung für Wien vom betriebsbedingt notwendigen Ausmaß die Rede sei, womit eine enge Beziehung zwischen den Baulichkeiten und jenen Flächen hergestellt sei, denen diese Baulichkeiten zugeordnet seien. Die Baulichkeiten dürften nur jenes Ausmaß aufweisen, das für einen auf diesen Flächen betriebenen Gartenbau unerläßlich sei. Die Flächen müßten daher zum Betrieb gehören und sich in einer solchen räumlichen Nähe zum Standort der Baulichkeiten befinden, daß sie sinnvollerweise von diesem Standort aus bewirtschaftet werden können. Flächen, die zwar zum Betrieb gehören, von den Baulichkeiten aber räumlich weit entfernt seien, könnten zur Rechtfertigung einer bestimmten Größe von baulichen Anlagen ebensowenig herangezogen werden, wie Flächen, die nicht zum Betrieb gehören, mögen dort auch Gärtnereiarbeiten durchgeführt werden. Zu den letzteren zählten die Grundflächen der Kunden, von denen die Beschwerdeführerin behaupte, daß sie ihre gärtnerischen Tätigkeiten ausschließlich dort durchführe. Zur Frage der Notwendigkeit von Baulichkeiten für die - eher untergeordnete - landwirtschaftliche oder berufsgärtnerische Tätigkeit im Sinne einer Bearbeitung von betriebseigenem Grund und Boden sei auf das schon im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Gutachten des agrartechnischen Sachverständigen verwiesen. Diesem gegenüber habe der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin angegeben, in Wien 8715 m2 Betriebsfläche zu bewirtschaften, davon allerdings nur 2000 m2 im Sinne der landwirtschaftlichen Urproduktion als Baumschule. In Felixdorf (32 km vom Betriebsstandort entfernt) befänden sich weitere 27 ha landwirtschaftlicher Nutzflächen, davon 6 ha im Eigentum. Die dort ausgeübte Nutzung sei die des Ackerbaues. Der landwirtschaftliche Sachverständige habe bereits am 8. November 1990 ausgeführt, zur Bewirtschaftung einer nur 2000 m2 großen Baumschulfläche seien kaum nennenswerte Maschinen und Betriebseinrichtungen erforderlich, die einen größeren Platzbedarf bedingten. Zur ordnungsgemäßen Pflege einer ca. 27 ha großen Ackerbaufläche seien zwei Traktoren, ein Pflug, ein Grubber, eine Kreiselegge, zwei Sämaschinen, eine Saatbeetkombination, eine Feldspritze und eventuell zwei Anhänger notwendig. Die Ernte werde im Lohndrusch vergeben. Diese gesamte Gerätschaft könne unter Außerachtlassung der für die gewerbliche Tätigkeit notwendigen Gerätschaft in den derzeit bewilligten Gebäuden untergebracht werden. Dazu sei anzumerken, daß die gewerbliche Tätigkeit nach den eigenen Angaben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin 80 % des Umsatzes und Arbeitsaufwandes des Unternehmens ausmache. Die Beschwerdeführerin befasse sich nicht bloß mit Gartengestaltung, sondern auch mit Deichgräberei und Sportstättenbau. Dem schlüssigen Gutachten des agrartechnischen Sachverständigen, das die Beschwerdeführerin nicht habe entkräften können, sei somit zu entnehmen, daß die bereits vorhandenen und bewilligten Baulichkeiten nicht bloß für den in Wien angesiedelten Gärtnereibetrieb ausreichen, sondern sogar für den - hier nicht zu berücksichtigenden - Betrieb in Niederösterreich.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die in einer Entfernung von 32 km vom Betriebsstandort der Beschwerdeführerin entfernten Grundflächen im Ausmaß von 27 ha bei der Beantwortung der Frage nach dem betriebsbedingt notwendigen Ausmaß der Gebäude nicht schon deshalb außer Betracht zu bleiben haben, weil sie im Sinne der wiedergegebenen Vorschrift des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes möglicherweise nicht berufsgärtnerischen Zwecken, sondern dem Ackerbau dienen, und es bedarf auch keiner Erörterungen, ob auf diese Grundflächen im gegebenen Zusammenhang nicht auch wegen ihrer großen Entfernung vom Betriebsstandort kein Bedacht zu nehmen ist, weil, wie die belangte Behörde mit Recht betont hat, der Sachverständige in seinem erwähnten - nicht auf gleicher fachlicher Ebene bekämpften - Gutachten davon ausgegangen ist, daß die bereits bewilligten Baulichkeiten sowohl für den in Wien angesiedelten Gärtnereibetrieb als auch zur Unterbringung der für die Pflege der 27 ha großen Ackerbaufläche erforderlichen Geräte ausreichen. Die Beschwerdeführerin tritt dieser Schlußfolgerung des Sachverständigen in der Beschwerde auch gar nicht entgegen, meint aber, die belangte Behörde habe verkannt, "daß die durch den Bebauungsplan erlaubte berufsgärtnerische Nutzung sowohl die Tätigkeit eines landwirtschaftlichen Gärtners als auch eines gewerblichen Gärtners umfaßt. Der Umstand, daß wir gärtnerische Tätigkeiten auf den Grundstücken unserer Kunden vornehmen, ändert nichts daran, daß es sich um berufsgärtnerische Tätigkeiten handelt".
Dieser Ansicht der Beschwerdeführerin kann sich der Gerichtshof nicht anschließen, weil - im Sinne der wiedergegebenen und zutreffenden grundsätzlichen Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides - angesichts der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage eine Wechselwirkung zwischen der Größe der zu einem Gartenbaubetrieb gehörenden Grundflächen und der daraus resultierenden Größe von Objekten bestehen muß, welche dem Betrieb dienen. Der Gerichtshof pflichtet der in der Gegenschrift der belangten Behörde vertretenen Auffassung bei, daß der Gesetzgeber durch die gleichzeitige Erwähnung der land- und forstwirtschaftlichen sowie der berufsgärtnerischen Nutzung (von Flächen, die als "ländliches Gebiet" gewidmet sind) im § 6 Abs. 1 der Bauordnung für Wien auf eine Nutzung des Bodens im Sinne einer Urproduktion abstellen wollte. Bei einer derartigen Betrachtungsweise kann aber das betriebsbedingt notwendige Ausmaß von Objekten, die berufsgärtnerischen Zwecken dienen, nicht unter Bedachtnahme auf Grundflächen bemessen werden, die nicht zum Betrieb des Bauwerbers gehören und nicht dessen Urproduktion dienen, sondern im Rahmen seiner gewerblichen gärtnerischen Tätigkeit bearbeitet werden.
Gemäß § 69 Abs. 1 der Bauordnung für Wien sind die in den lit. a bis o dieser Gesetzesstelle aufgezählten Abweichungen von Bebauungsvorschriften in sachlich gerechtfertigten Ausnahmefällen für das einzelne Bauvorhaben zu bewilligen, wenn der Umfang einer unwesentlichen Abänderung oder Ergänzung des Flächenwidmungsplanes bzw. des Bebauungsplanes (§ 1) nicht überschritten wird, öffentliche Rücksichten nicht entgegenstehen oder öffentliche Interessen für die Abweichungen sprechen und die Bebaubarkeit der Nachbargrundflächen ohne nachgewiesene Zustimmung des Nachbarn nicht vermindert wird.
Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ansicht vertreten, daß eine derartige Ausnahme nicht zulässig sei, weil die beabsichtigte Bebauung nicht bloß den besonderen Bebauungsbestimmungen des geltenden Plandokumentes widerspreche, sondern im gewidmeten ländlichen Gebiet schlechthin unzulässig sei. Die Bewilligung einer Abweichung von den Bebauungsvorschriften nach § 69 Abs. 1 lit. h der Bauordnung für Wien käme bereits einer wesentlichen Abänderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes gleich, weil das Grundkonzept der Bauordnung, daß im ländlichen Gebiet ein bestimmtes Verhältnis zwischen Baulichkeiten und zugeordneter Betriebsfläche bestehen muß, durchbrochen würde. Durch die Ausnahmegewährung würde eine Bebauungsmöglichkeit eröffnet, die nicht mehr der Grünlandwidmung, sondern bereits der Baulandwidmung entspreche.
Der Gerichtshof kann der Auffassung der belangten Behörde nicht entgegentreten, daß eine Bewilligung der Abweichung von den Bebauungsvorschriften im Beschwerdefall einer wesentlichen Änderung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes gleichkäme und daher unzulässig ist, wenn man berücksichtigt, daß zusätzlich zu dem bereits bewilligten Baubestand u.a. eine Lagerhalle mit einer Fläche von 260 m2 sowie eine weitere Halle mit einer Fläche von nahezu 130 m2 und einem Obergeschoß, die nach den vorstehenden Ausführungen betriebsbedingt nicht erforderlich sind, auf einer Fläche bewilligt werden sollen, auf welcher Objekte nur das betriebsbedingt notwendige Ausmaß überschreiten dürfen. Diese Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, weshalb der in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrüge der Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG keine wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Bedeutung zukommt.
Zu dem abschließenden Vorbringen in der Beschwerde, wonach die Beschwerdeführerin durch die Entscheidung zu Teil I deshalb beschwert sei, "weil die belangte Behörde die von der ersten Instanz ebenfalls bewilligte Errichtung einer fundierten Einfriedung an der Straßenfluchtlinie K-Gasse sowie eines Türvorbaues und eines überdachten Einganges vor dem Wohnhaus übergeht", ist zu bemerken, daß die belangte Behörde entsprechend dem schon wiedergegebenen Wortlaut des Spruches des angefochtenen Bescheides den erstinstanzlichen Bescheid "insoweit aufgehoben" hat, "als er entsprechend den zu Bescheidbestandteilen erklärten Plänen die vorgenannte Stützmauer bewilligt ...". Damit ist hinreichend klargestellt, daß die belangte Behörde die mit dem Teil I des Spruches des erstinstanzlichen Bescheides erteilte Baubewilligung für "eine fundierte Einfriedung", den "Türvorbau" und den "überdachten Eingang" unberührt gelassen hat, sodaß für diese Bauvorhaben eine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt. Rechte der Beschwerdeführerin sind daher nicht dadurch verletzt worden, daß die auch gegen diese Vorhaben gerichteten Berufungen der Anrainer von der belangten Behörde nicht ausdrücklich spruchgemäß abgewiesen worden sind.
Da die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sohin nicht vorliegt, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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