VwGH 94/05/0105

VwGH94/05/010525.10.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des X in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 17. September 1993, Zl. BauR-010973/2-1993 Pe/Lan, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1976 §23;
BauO OÖ 1976 §58a;
BauRallg;
BauV OÖ 1985 §52;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
MRKZP 01te Art1 Abs2;
VwRallg;
BauO OÖ 1976 §23;
BauO OÖ 1976 §58a;
BauRallg;
BauV OÖ 1985 §52;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
MRKZP 01te Art1 Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Landeshauptstadt vom 5. März 1993 wurden dem Beschwerdeführer unter Berufung auf § 58a der OÖ Bauordnung 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/1983 für das Hochhaus M-Straße, Grundstück Nr. 959/2 und 959/3, "nachstehende andere bzw. zusätzliche Auflagen vorgeschrieben:

  1. 1) Das Hauptstiegenhaus ist in jedem Geschoß brandhemmend gegenüber den Aufschließungsgängen abzuschließen. Die Türen sind brandhemmend nach ÖNORM B 3850 auszuführen. Die Türen sind so zu versetzen, daß sie in Fluchtrichtung aufschlagen.
  2. 2) An der westlichen Außenwand ist auf Höhe des Stiegenhaus-Zwischenpodestes vom 1. Obergeschoß zum

    2. Obergeschoß ein Fluchtbalkon bis zum Flachdach des nördlichen 2-geschossigen Anbaues in einer Mindestbreite von 1,0 m zu schaffen. Dieser Fluchtbalkon ist vom Hauptstiegenhaus des Hochhauses durch eine Notausgangstüre in einer Größe von 90/200 cm nach außen aufschlagend aufzuschließen. In Fortsetzung des Fluchtbalkones ist am Flachdach des nordseitigen 2-geschossigen Anbaues ein mind. 1,0 m breiter, ebener und rutschfester Fluchtsteg zu schaffen. Zur Sicherung dieses Fluchtweges ist beiderseits des Fluchtsteges und im Bereich des Fluchtbalkones eine mind. 1,0 m hohe, standfeste Abschrankung zu versetzen. Vom Flachdach des 2-geschossigen nordseitigen Zubaues ist im Anschluß an den Fluchtsteg eine Stiege bis zum Hofniveau der nördlichen Garagenzufahrt zu schaffen. Die Stiegenkonstruktion hat ein Steigungsverhältnis von mind. 18/25 cm und eine Mindestdurchgangsbreite von 1,0 m aufzuweisen. Sämtliche konstruktiven Teile des Fluchtbalkones, des Steges am Flachdach und der Stiegenanlage sind aus nichtbrennbaren Baustoffen (Baustoffklasse A) mit entsprechendem Korrosionsschutz herzustellen.

  1. 3) Bei der östlichen Passage ist die stählerne Dachkonstruktion zwischen der straßenseitigen Verbauung bis 5 m über der nördlichen Außenwand des Hochhauses durch eine brandbeständige Unterkonstruktion zu schützen.
  2. 4) Im Hochhaus ist eine Alarmeinrichtung zu installieren, welche so anzulegen ist, daß sie in allen Räumen gut hörbar ist. Die Auslösestelle ist im Erdgeschoß (Hauptangriffsweg der Feuerwehr) zu installieren. Für diese Alarmeinrichtung ist eine Notstromversorgung vorzusehen."

    Als "Erfüllungsfrist" wurden "6 Monate ab Rechtskraft des Bescheides" vorgeschrieben.

Mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 17. September 1993 wurde der dagegen eingebrachten Vorstellung des Beschwerdeführers mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß er durch den bekämpften Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt werde.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 18. März 1994, Zl. B 1864/93-7, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

Gemäß § 58a der OÖ Bauordnung 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 82/1983 kann die Baubehörde andere oder zusätzliche Bedingungen oder Auflagen vorschreiben, soweit dies zur Beseitigung der Gefährdung erforderlich ist, wenn sich nach Erteilung der Baubewilligung ergibt, daß das ausgeführte Bauvorhaben den allgemeinen Erfordernissen gemäß § 23 trotz Einhaltung der im Baubewilligungsbescheid (§ 49) und im Benützungsbewilligungsbescheid (§ 57) vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen nicht hinreichend entspricht und dadurch eine Gefährdung für das Leben oder die körperliche Sicherheit von Menschen eintritt.

Zufolge § 23 Abs. 1 leg. cit. müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften so geplant und errichtet werden, daß sie den normalerweise an bauliche Anlagen der betreffenden Art zu stellenden Anforderungen der Sicherheit, der Festigkeit, des Brand-, Wärme- und Schallschutzes, der Gesundheit und der Hygiene, des Umweltschutzes und der Zivilisation entsprechen und das Orts- und Landschaftsbild nicht gestört wird. Ferner müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen so geplant und errichtet werden, daß ein nach Art und Zweck der Anlage unnötiger Energieverbrauch vermieden wird.

Zur Durchführung der letztgenannten Bestimmung ist die OÖ Bauverordnung, LGBl. Nr. 5/1985, ergangen, die nach Aufhebung ihrer gesetzlichen Grundlage durch den Verfassungsgerichtshof (siehe das Erkenntnis vom 6. Oktober 1988, Zl. G 240/87-7, betreffend § 24 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 der OÖ Bauordnung 1976 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 82/1983) in den Gesetzesrang erhoben worden ist. Die OÖ Bauverordnung führt somit die im § 23 der OÖ Bauordnung angeführten allgemeinen Erfordernisse u.a. in bezug auf den Brandschutz näher aus, weshalb die Heranziehung der diesem Thema gewidmeten Vorschriften der §§ 52 bis 58 der OÖ Bauverordnung, um die sich aus § 23 der OÖ Bauordnung 1976 ergebenden Anforderungen in bezug auf den Brandschutz näher zu konkretisieren, als dem Gesetz entsprechend erachtet werden muß (vgl. das ebenfalls im Zusammenhang mit einem in Linz gelegenen Hochhaus ergangene hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1993, Zl. 93/05/0045). Von einer inhaltlichen Unbestimmtheit des § 58a der OÖ Bauordnung 1976 kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein. Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem erwähnten Erkenntnis zum Ausdruck gebracht, daß die sich aus dieser Bestimmung ergebende Ermächtigung zu einer Eigentumsbeschränkung als im Allgemeininteresse im Sinne des Art. 1 Abs. 2 1. ZP MRK gelegen anzusehen ist (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1983, VfSlg. 9911/1983).

Angesichts der erwähnten Zulässigkeit der Heranziehung der §§ 52 bis 58 der OÖ Bauverordnung kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wenn er meint, daß bei den "normalerweise zu stellenden Anforderungen" (vgl. § 23 Abs. 1 der OÖ Bauordnung 1976) die zeitliche und örtliche Komponente nicht vernachlässigt werden könne und daher nicht die Anforderungen für Neubauten, sondern jene für ähnliche Gebäude gleichen Alters und in gleicher Lage maßgebend seien. Dem im Zusammenhang damit vom Beschwerdeführer erhobenen Vorwurf einer Verletzung von Verfahrensvorschriften kommt daher keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG relevante Bedeutung zu.

Im übrigen ist in Erwiderung auf ein diesbezügliches Vorbringen des Beschwerdeführers auf die Begründung des angefochtenen Bescheides zu verweisen, wonach die Baubehörden ihre Vorschreibungen nicht an einem HochhausNEUBAU gemessen, sondern den vorhandenen "Altbestand" entsprechend berücksichtigt haben. Sie haben ihren Aufträgen nicht etwa die derzeit geltenden Vorschriften, wonach zufolge § 53 Abs. 9 der OÖ Bauverordnung Hochhäuser Brandabschnitte höchstens im Ausmaß von 500 m2 aufweisen dürfen, oder wonach bei Hochhäusern mit Aufenthaltsräumen bis zu zehn Geschoßen über dem Erdboden mindestens ein Sicherheitsstiegenhaus ausgeführt werden muß (§ 54 Abs. 1 leg. cit.), zugrunde gelegt. Vielmehr wurden die in Rede stehenden Auflagen in den einschlägigen Gutachten - vom Beschwerdeführer unbestritten - als MINDESTANFORDERUNGEN für die "Nachjustierung" des gegenständlichen Objektes qualifiziert.

Schließlich ist festzuhalten, daß die belangte Behörde nicht gehalten war, Erwägungen über die wirtschaftliche Zumutbarkeit der Verwirklichung der vorgeschriebenen Auflagen anzustellen, weil bereits in dem erwähnten hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1993 ausgeführt worden ist, daß sich aus § 58a der OÖ Bauordnung 1976 eine Bedachtnahme auf Aspekte der Finanzierung nicht ergibt. Daß es Auflagen geben könnte, die den neuen, sich aus § 23 der OÖ Bauordnung 1976 in Verbindung mit der OÖ Bauverordnung ergebenden Anforderungen entsprechen und einen geringeren finanziellen Aufwand verursachen würden und somit verhältnismäßiger wären, wurde in der Beschwerde nicht behauptet.

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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