Normen
BauO OÖ 1976 §32 Abs2;
BauO OÖ 1976 §43 Abs2 lita;
BauO OÖ 1976 §49 Abs2;
BauRallg;
ROG OÖ 1972 §20 Abs3 Z1;
VwRallg;
BauO OÖ 1976 §32 Abs2;
BauO OÖ 1976 §43 Abs2 lita;
BauO OÖ 1976 §49 Abs2;
BauRallg;
ROG OÖ 1972 §20 Abs3 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.100,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 13. Oktober 1993 wurde den mitbeteiligten Bauwerbern unter Vorschreibung mehrerer Auflagen die baubehördliche Bewilligung "zum Neubau eines Gartenhauses" auf dem Grundstück Nr. 31, EZ 54, erteilt, wobei die Einwendungen der beschwerdeführenden Nachbarin zum Teil "als ungerechtfertigt abgewiesen" und teilweise "als unzulässig zurückgewiesen" worden sind. Die Beschwerdeführerin hatte in ihren rechtzeitig erhobenen Einwendungen im wesentlichen geltend gemacht, daß "für das geplante Bauwerk keine ausreichende Zufahrt vorhanden" und der geplante Kamin zu niedrig sei, weshalb die Rauchgasentwicklung aus diesem "störend und für die Menschen, die den Garten benützen, gesundheitsschädlich" sei. Außerdem sei ein "Mindestabstand von 3 Metern" zur Grenze des Grundstückes der Beschwerdeführerin einzuhalten.
Mit Bescheid der O.ö. Landesregierung vom 21. Februar 1994 wurde der von der Beschwerdeführerin gegen den erwähnten Berufungsbescheid eingebrachten Vorstellung mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß sie durch diesen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt werde.
Die Aufsichtsbehörde kam entsprechend der Begründung ihres Bescheides unter Berufung auf ein während des Vorstellungsverfahrens eingeholtes Gutachten zu dem Ergebnis, daß das Vorhaben der mitbeteiligten Bauwerber in einem "geschlossen bebauten Gebiet" im Sinne des § 32 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung 1976 errichtet werden soll, weshalb die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Einhaltung der dort vorgesehenen Abstandsvorschriften besitze.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligten Bauwerber erwogen:
Die Beschwerdeführerin wendet sich vor allem gegen die Annahme der belangten Behörde, daß das Projekt der Bauwerber in einem "geschlossen bebauten Gebiet" im Sinne des § 32 Abs. 2 leg. cit. errichtet werden soll.
Nach dieser Bestimmung müssen Neubauten und solche Zubauten, die eine Vergrößerung des Gebäudes der Länge oder Breite nach bezwecken, außerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes gegen die seitlichen Grenzen des Bauplatzes (§ 2) und gegen die innere Bauplatzgrenze, a) wenn es sich um Hochhäuser handelt, einen Mindestabstand von der Hälfte der Gesamthöhe des Gebäudes, b) wenn es sich nicht um Hochhäuser handelt, einen Mindestabstand von einem Drittel der Gesamthöhe des Gebäudes, jedenfalls aber einen Mindestabstand von drei Meter erhalten.
Zum Begriff "geschlossen bebautes Gebiet" hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 29. April 1980, Slg. Nr. 10.112/A, ausgeführt und näher begründet, daß er mit dem Ausdruck "geschlossene Bauweise" im Raumordnungsgesetz nicht identisch ist, da die Wendung "außerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes" lediglich einen tatsächlichen Zustand umschreibt. Vielmehr sei darunter ein Gebiet zu verstehen, in welchem die Häuser verhältnismäßig eng - wenn auch mit Zwischenräumen - beeinanderstehen, insbesondere Ortskerne, in denen sich die Gebäude überwiegend in der Nähe der Besitzgrundgrenzen befinden (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/05/0145, BauSlg. Nr. 1028).
Die belangte Behörde hat ihre Feststellung, daß das Baugrundstück der mitbeteiligten Bauwerber in einem geschlossen bebauten Gebiet liege, auf ein im Zuge des Vorstellungsverfahrens eingeholtes Gutachten eines Amtssachverständigen vom 20. Jänner 1994 gestützt, in dessen Befund ausgeführt worden ist, daß das in Rede stehende Baugrundstück "direkt im Anschluß der durch den Ortskern führenden B 1 (W-Straße) liegt. Die vorhandenen Besitzstände weisen großteils schmale, langgezogene Grundstücksformen auf. Im Zusammenhang mit diesen schmalen Grundstücken wurden die Objekte an den seitlichen Grundgrenzen zusammengebaut und kann in diesem Bereich von einem historisch gewachsenen Ortskern (Straßendorf) gesprochen werden. Wie im Katasterplanauszug und den beigelegten Fotos zu sehen, sind die Objekte beidseits der B 1 zum Großteil bzw. überwiegend an den gemeinsamen seitlichen Grundgrenzen zusammengebaut."
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde läßt dieser Befund nicht die Schlußfolgerung zu, daß das gegenständliche Baugrundstück in einem geschlossen bebauten Gebiet im Sinne des § 32 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung 1976 liegt, weil der durch die dem Gutachten beigelegten Fotos eindeutig belegte und vom Sachverständigen auch ausdrücklich hervorgehobene Umstand, daß die "Objekte ... überwiegend an den gemeinsamen seitlichen Grundgrenzen zusammengebaut sind", angesichts der in der wiedergegebenen hg. Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nicht für das Vorliegen eines geschlossen bebauten Gebietes spricht, wenn davon auszugehen ist, daß in einem solchen Gebiet die Häuser verhältnismäßig eng - mit Zwischenräumen - beieinanderstehen. Wenn die Häuser an den gemeinsamen seitlichen Grundgrenzen zusammengebaut sind, dann liegt im Sinne der Legaldefinition des § 20 Abs. 3 Z. 1 des
O.ö. Raumordnungsgesetzes (1972) eine geschlossene Bauweise vor, weil "straßenseitig von Nachbargrundgrenze zu Nachbargrundgrenze fortlaufend gebaut werden muß". Daß aber die "geschlossene Bauweise" vom "geschlossen bebauten Gebiet" unterschieden werden muß, wurde bereits erwähnt.
Ungeachtet dessen ist aber im Beschwerdefall gar nicht entscheidend, daß die Häuser entlang der erwähnten Bundesstraße aneinandergebaut sind, weil die den Gegenstand des Bauansuchens der mitbeteiligten Bauwerber bildende "Gartenhütte" nicht in der entlang der erwähnten Bundesstraße liegenden "geschlossen bebauten" Häuserzeile, sondern ca. 80 m von dieser Straße entfernt in der Nähe der nördlichen Grenze des über 90 m langen und ca. 15 breiten Bauplatzes errichtet werden soll. In diesem Bereich liegen aber, wie sich aus den dem erwähnten Gutachten angeschlossenen Unterlagen eindeutig entnehmen läßt, die bereits angeführten Voraussetzungen für die Annahme eines "geschlossen bebauten Gebietes" in Ermangelung von Bauten und damit auch solcher, die - wenn auch mit Zwischenräumen - verhältnismäßig eng beisammenstehen, in keiner Weise vor. Wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides gemeint hat, "die aus dem Vorliegen eines geschlossen bebauten Gebietes resultierende NICHTgeltung der Abstandsvorschriften des § 32 Abs. 2 O.ö. BauO. müsse jedenfalls so weit (d.h. bis zu jener Grundstückstiefe) angenommen werden, wie diese Straßenparzellen einen einheitlichen, an der Straßengrundgrenze beginnenden BAUPLATZ bilden", so muß ihr entgegengehalten werden, daß einerseits die Annahme eines geschlossen bebauten Gebietes in dem an der Bundesstraße gelegenen Bereich durch das geschilderte Ermittlungsergebnis nicht gedeckt ist, und andererseits für die Frage des Vorliegens eines geschlossen bebauten Gebietes nicht die Größe eines Bauplatzes maßgebend ist, weil die im § 32 Abs. 2 der O.ö. Bauordnung 1976 gebrauchte Wendung "außerhalb eines geschlossen bebauten Gebietes" entsprechend den vorstehenden Ausführungen lediglich einen tatsächlichen Zustand beschreibt. Der Umstand, daß sich ein Teil eines Bauplatzes möglicherweise im "geschlossen bebauten Gebiet" befindet, kann daher nicht bewirken, daß auf einer zwar zu diesem Bauplatz gehörenden, aber vom geschlossen bebauten Gebiet gegebenenfalls weit entfernten Fläche die Abstandsvorschriften nicht eingehalten werden müssen.
Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht davon ausgegangen, daß das Vorhaben der mitbeteiligten Bauwerber in einem geschlossen bebauten Gebiet ausgeführt werden soll, weshalb die Abstandsvorschriften des § 32 Abs. 2 leg. cit. gegenüber der Liegenschaft der Beschwerdeführerin einzuhalten sind. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Ungeachtet dessen wird aus prozeßökonomischen Gründen in Erwiderung auf das übrige Beschwerdevorbringen noch nachstehendes bemerkt:
1.) Auf die unter Berufung auf § 32 Abs. 4 der
O.ö. Bauordnung 1976 erstatteten Ausführungen braucht schon deshalb nicht eingegangen zu werden, weil die Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht präkludiert ist.
2.) Gleiches gilt für die in der Beschwerde aufgeworfene Frage der Flächenwidmung.
3.) Unter Bezugnahme auf die Ausführungen über den Grenzverlauf ist darauf hinzuweisen, daß die Beschwerdeführerin auch in dieser Hinsicht präkludiert ist; im übrigen wird aber der allenfalls noch strittige Grenzverlauf die Baubewilligung angesichts der vorstehenden Ausführungen über die Notwendigkeit der Einhaltung der Abstandsvorschriften nicht mehr berühren (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 21. März 1985, Zl. 83/06/0128, BauSlg. Nr. 411).
4.) Im Zusammenhang mit der rechtzeitig erhobenen Einwendung der Beschwerdeführerin, der geplante Kamin sei zu niedrig und "die Rauchgasentwicklung aus diesem zu niedrigen Kamin wirkt für meinen Garten, der als Erholungsraum dient, störend und für die Menschen, die den Garten benützen, gesundheitsschädlich", wies die belangte Behörde darauf hin, daß den mitbeteiligten Bauwerbern bescheidmäßig vorgeschrieben worden sei, die Ausmündung des Rauchfanges müsse mindestens 1 m, senkrecht zur Dachfläche gemessen, über Dach hoch errichtet werden, sodaß der Vorschrift des § 29 Abs. 2 der O.ö. Bauverordnung entsprochen werde. Die Baubehörde habe nur unter gewissen Voraussetzungen eine größere Höhe vorzuschreiben. Da keine der Voraussetzungen für eine derartige Vorschreibung (Interesse des Brandschutzes, des Umweltschutzes oder der Sicherheit) vorlägen, habe auch nicht die Vorschreibung einer größeren Höhe zu erfolgen gehabt.
Auch nach Ansicht des Gerichtshofes bestand im Beschwerdefall keine Veranlassung, unter Berufung auf die genannte Bestimmung der Bauverordnung eine größere Höhe des Rauchfanges vorzuschreiben, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen und auch von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt worden sind, daß sich bei der geplanten Gartenhütte "das Erfordernis hiefür aus der jeweiligen Verwendung, der Größe, der Lage, der Art und der Umgebung der baulichen Anlage bzw. der Heizungsanlage im Interesse des Brandschutzes, des Umweltschutzes oder der Sicherheit ergibt". Die medizinische Sachverständige hat demgemäß in ihrer Äußerung vom 21. Juni 1993 bemerkt, daß die "Belästigung" der Beschwerdeführerin "auf ein Minimum reduziert ist, wenn das Objekt voll der O.ö. Bauordnung und Bauverordnung entspricht". Daß die Sachverständige von einer zeitweiligen Inbetriebnahme der Heizungsanlage ausgegangen ist, vermag an der Schlüssigkeit ihrer Annahme nichts zu ändern, da nicht zu erkennen ist, daß selbst im Falle eines von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen dauernden - aber naturgemäß wohl nur auf die kalte Jahreszeit beschränkten - Betriebes der Heizungsanlage die Voraussetzungen für die Notwendigkeit der Vorschreibung eines höheren Rauchfanges im Sinne der eben zitierten Vorschriften gegeben wären. Dem in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmangel der Beschwerdeführerin kommt keine im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wesentliche, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Bedeutung zu.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin war abzuweisen, weil an Schriftsatzaufwand nur der in der zitierten Verordnung vorgesehene Pauschalbetrag zuerkannt werden kann.
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