Normen
AWG 1990 §15 Abs1;
AWG 1990 §15 Abs3;
AWG 1990 §15 Abs5;
AWG 1990 §15 Abs6;
AWG 1990 §15 Abs8;
VStG §9 Abs1;
AWG 1990 §15 Abs1;
AWG 1990 §15 Abs3;
AWG 1990 §15 Abs5;
AWG 1990 §15 Abs6;
AWG 1990 §15 Abs8;
VStG §9 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 25. Jänner 1994 wurde die der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 30. Dezember 1992 erteilte Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln bestimmter gefährlicher Abfälle unter Berufung auf § 15 Abs. 8 und 3 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, im wesentlichen mit der Begründung entzogen, daß das Verhalten der handelsrechtlichen Geschäftsführerin Christa R. die Annahme mangelnder Verläßlichkeit im Sinne des § 15 Abs. 3 leg. cit. rechtfertige.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, haben nachstehenden Wortlaut:
"§ 15. (1) Wer gefährliche Abfälle oder Altöle sammelt (abholt oder entgegennimmt) oder behandelt (verwertet, ablagert oder sonst behandelt), bedarf hiefür einer Erlaubnis des Landeshauptmannes. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die Verläßlichkeit in bezug auf die auszuübende Tätigkeit nachgewiesen werden.
...
(3) Verläßlich im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine Person, deren Qualifikation und bisherige Tätigkeit die Annahme rechtfertigen, daß sie die beantragte Tätigkeit sorgfältig und sachgerecht ausüben und die gesetzlichen Verpflichtungen vollständig erfüllen wird. Keinesfalls als verläßlich gilt eine Person, die wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, solange die Verurteilungen nicht getilgt sind, die mindestens dreimal wegen einer Übertretung von Bundes- oder Landesgesetzen zum Schutz der Umwelt, wie insbesondere dieses Bundesgesetzes, der Gewerbeordnung 1973 oder des Wasserrechtsgesetzes 1959 oder der durch dieses Bundesgesetz aufgehobenen Rechtsvorschriften (§ 42 Abs. 1) bestraft worden ist oder die gemäß der Gewerbeordnung 1973 von der Ausübung der betreffenden Tätigkeit ausgeschlossen ist.
...
(5) Wenn die Tätigkeit nicht von einer natürlichen Person ausgeübt werden soll oder der Erlaubniswerber die in bezug auf die auszuübende Tätigkeit erforderlichen fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht selbst nachweist, ist eine hauptberuflich tätige Person als Geschäftsführer zu bestellen. Zum Geschäftsführer darf nur bestellt werden, wer die Verläßlichkeit sowie die fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten in bezug auf die auszuübende Tätigkeit besitzt, seinen Wohnsitz im Inland hat und in der Lage ist, sich im Betrieb entsprechend zu betätigen. Die Bestellung des Geschäftsführers bedarf einer Erlaubnis gemäß Abs. 1 und 4.
(6) Scheidet der gemäß Abs. 5 bestellte Geschäftsführer aus dem Betrieb aus, so hat der Betriebsinhaber unverzüglich einen neuen Geschäftsführer zu bestellen und unter Nachweis der Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 bis 5 dem Landeshauptmann zur Erteilung der Erlaubnis bekanntzugeben. Erfolgt diese Bestellung und Namhaftmachung nicht innerhalb von drei Monaten, so ist die Tätigkeit einzustellen.
...
(8) Die Erlaubnis ist zu entziehen, wenn die Voraussetzungen gemäß Abs. 1, 3 oder 5 nicht mehr vorliegen.
..."
Die Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln von Abfällen ist daher in jenen Fällen, in welchen sie, wie im Beschwerdefall, nicht einer natürlichen Person erteilt worden ist, u.a. dann zu entziehen, wenn der mit Erlaubnis des Landeshauptmannes bestellte Geschäftsführer nicht mehr im Sinne der eben wiedergegebenen Bestimmung verläßlich ist.
Die belangte Behörde ist entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides nach einem Hinweis auf § 9 VStG davon ausgegangen, es obliege einer Geschäftsführerin einer Gesellschaft m.b.H., die gemäß dem Gesellschafterbeschluß allein vertretungsbefugt sei, auf die Einhaltung abfallrechtlicher Vorschriften zu achten, zumal der "abfallrechtliche" Geschäftsführer aus der Gesellschaft ausgeschieden sei, sodaß die handelsrechtliche Geschäftsführerin Christa R. für das Verhalten der Beschwerdeführerin ab dem Ausscheiden des "abfallrechtlichen" Geschäftsführers allein verantwortlich sei. Eine Mitverpflichtung des handelsrechtlichen Geschäftsführers zur Einhaltung der abfallrechtlichen Vorschriften ergebe sich jedoch auch aus den Erläuternden Bemerkungen zur Novelle zum Sonderabfallgesetz, mit der die derzeit gültige Bestimmung des § 15 Abs. 6 des Abfallwirtschaftsgesetzes erstmals in den Rechtsbestand aufgenommen worden sei. Hier werde ausgeführt, "daß bei Ausscheiden des abfallrechtlichen Geschäftsführers die Haftung des Betriebsinhabers in den Vordergrund" trete.
Es ist im Beschwerdefall nicht entscheidend, ob nach dem Ausscheiden des im Sinne des § 15 Abs. 5 des Abfallwirtschaftsgesetzes mit Erlaubnis des Landeshauptmannes bestellten Geschäftführers "die Haftung des Betriebsinhabers in den Vordergrund tritt", weil im vorliegenden Fall eine juristische Person "Betriebsinhaber" ist und die Verläßlichkeit im Sinne des § 15 Abs. 3 leg. cit. nur bei physischen Personen geprüft werden kann. Es ist aber im Sinne der vorstehenden Erwägungen des Gerichtshofes für die Frage der Zulässigkeit der Entziehung der einer juristischen Person erteilten Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln von Abfällen nach dem Wortlaut des Abfallwirtschaftsgesetzes ausschlaggebend, ob der mit Erlaubnis des Landeshauptmannes gemäß § 15 Abs. 5 leg. cit. bestellte Geschäftsführer - NOCH - im Sinne des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle verläßlich ist. Wenn zu jener Zeit, welche der Beurteilung der Verläßlichkeit zugrunde gelegt worden ist (die belangte Behörde führte dazu in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, "die neuerliche Beurteilung der Verläßlichkeit" der Christa R. "bezog sich vorwiegend auf Tatsachen ab dem 13. September 1993"), kein Geschäftsführer im Sinne des § 15 Abs. 5 leg. cit. bestellt war, dann durfte die belangte Behörde angesichts der wiedergegebenen spezifischen Regelungen des Abfallwirtschaftsgesetzes nicht mit einem Hinweis auf die gemäß § 9 VStG gegebene verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit der im Sinne dieser Vorschrift zur Vertretung nach außen berufenen Geschäftsführerin deren allfällige Handlungen oder Unterlassungen zum Anlaß für eine Entziehung der der Beschwerdeführerin erteilten Erlaubnis zum Sammeln und Behandeln von Abfällen nehmen. Welche Bedeutung der Bestellung und Namhaftmachung eines Geschäftsführers im Sinne des § 15 Abs. 5 leg. cit. zukommt, läßt sich aus der vorstehend wiedergegebenen Regelung des Abs. 6 dieser Gesetzesstelle ableiten, wonach "die Tätigkeit", also das Sammeln und Behandeln gefährlicher Abfälle, "einzustellen ist", wenn die Bestellung und Namhaftmachung des Geschäftsführers nicht innerhalb von drei Monaten erfolgt.
Der belangten Behörde kann daher nicht beigepflichtet werden, daß "im gegenständlichen Verfahren ... sowohl die handelsrechtliche Geschäftsführerin als auch der gemäß § 15 Abs. 5 AWG bestellte Geschäftsführer verläßlich sein müssen, um das Vorliegen der Verläßlichkeit" der Beschwerdeführerin "gemäß § 15 Abs. 1 AWG zu bewirken", weil die wiedergegebenen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes keine Anhaltspunkte für die Richtigkeit einer derartigen Annahme bieten. Es entspricht daher auch die weitere Auffassung der belangten Behörde, wonach das Abfallwirtschaftsgesetz "auch die Verläßlichkeit des handelsrechtlichen Geschäftsführers fordert", nicht der dargelegten Rechtslage. Im übrigen wird noch darauf hingewiesen, daß das nach dem Ausscheiden des bisherigen Geschäftsführers i.S.d. § 15 Abs. 5 leg. cit. gestellte Ansuchen um Erteilung der Erlaubnis zur Bestellung des Ing. Gerhard W. als derartigen Geschäftsführer noch nicht rechtskräftig erledigt ist und erst danach gemäß § 15 Abs. 8 i. V.m. Abs. 5 leg. cit. allenfalls mit einer Konzessionsentziehung vorgegangen werden kann.
Die belangte Behörde hat daher infolge einer unrichtigen Beurteilung der Rechtslage Rechte der Beschwerdeführerin verletzt, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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