VwGH 94/04/0043

VwGH94/04/004328.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der X-Aktiengesellschaft in W, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 2. Februar 1994, Zl. 316.171/3-III/A/2a/93, betreffend Vorkehrungen gemäß § 83 GewO 1973, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §863 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
GewO 1973 §80 Abs1;
GewO 1973 §83;
ABGB §863 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
GewO 1973 §80 Abs1;
GewO 1973 §83;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt 2. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 19. Oktober 1993 trug der Landeshauptmann von Wien "für die Auflassung der Tankstelle im Standort Wien, K-Straße 4 - 6", gemäß § 83 GewO 1973 mit dem Ziel, das Ausmaß der Verunreinigung des Bodens durch Kohlenwasserstoffe im Bereich einer aufgelassenen Tankstelle festzustellen, vier Vorkehrungen hinsichtlich Bodenuntersuchungen auf. Dieser Bescheid war laut Zustellverfügung an die Beschwerdeführerin und an F gerichtet. Sowohl die Beschwerdeführerin als auch F erhoben Berufung.

Mit Bescheid vom 2. Februar 1994 wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten im Spruchpunkt 1. die Berufung des F gemäß § 83 GewO 1973 als unzulässig zurück. Mit Spruchpunkt 2. änderte der Bundesminister den ersten Absatzes des Spruches des erstbehördlichen Bescheides dahingehend ab, daß er wie folgt zu lauten habe:

"Der Landeshauptmann von Wien als Gewerbebehörde erster Instanz (§ 334 Z 1 GewO 1973) trägt der X-AG im Zusammenhang mit der Auflassung der Tankstelle in Wien, K-Straße 4 - 6, gemäß § 83 GewO 1973 idgF. folgende Vorkehrungen auf:"

Im übrigen wurde die Berufung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, in einem Aktenvermerk der Magistratsabteilung 63, die hinsichtlich Tankstellen als Gewerbebehörde erster Instanz fungiere, sei festgehalten worden, laut Mitteilung eines Mitarbeiters der Y-Gesellschaft m.b.H. (als ehemalige Betreiberin der gegenständlichen Betriebsanlage) würden sämtliche einwandige Lagerbehälter auf der gegenständlichen Tankstelle außer Betrieb genommen und diese im Jahre 1994 endgültig ausgegraben, wobei eine Wiederinbetriebnahme nicht beabsichtigt sei. Im Zuge einer Augenscheinsverhandlung hätten am 22. Juli 1993 die anwesenden Amtssachverständigen beispielsweise festgestellt, daß "im Bereich der offenen Servicehalle in der Schmiergrube und im Bereich des großen Metalltores starke Verunreinigungen der Bodenfläche durch Altöl vorhanden" seien. Weiters sei festgestellt worden, die gesamte Grube weise eine großflächige Verschmutzung durch mineralölhältige Fette und Öle auf und es seien stellenweise Öllachen erkennbar. Auch im Bereich der ehemaligen Ofenölzapfsäule hätten die Sachverständigen festgehalten, es sei wahrscheinlich, daß es auf Grund von Niederschlägen zu weiteren Kontaminationen in diesem Bereich komme. Außerdem sei im Bereich des überdachten Tankplatzes ein defekter Lkw abgestellt und unter der Zugmaschine eine ca. 1 m2 große Fläche mit Mineralöl kontaminiert gewesen. In einem Montageraum anschließend an den Verkaufsraum bzw. das Büro seien fünf Motoren, die nicht vor dem Auslaufen geschützt seien, am Boden liegend festgestellt worden. In diesem Bereich sei ebenfalls der Boden stark kontaminiert gewesen und habe Mineralöllachen aufgewiesen. Gegenüber dem Montageraum befänden sich zwei Servicehallen und in diesem Bereich ein ehemaliges Rigol. Dieses habe bereits optisch erkennbar bauliche Defekte und großflächige Verschmutzungen durch mineralölhältige Fette und Öle aufgewiesen. Auch im Bereich nebst den beiden Servicehallen seien Ölverschmutzungen sowie zum Zeitpunkt des Augenscheines eine nicht gegen das Auslaufen bzw. Niederschlagswässer geschützte Autobatterie erkennbar gewesen. An der hinteren Grundgrenze hätten sich einige Einstellräume befunden, die Sickergruben aufgewiesen hätten, welche mit Mineralölwasser gemischt gefüllt gewesen seien. In den Einstellräumen seien zum Teil Motoren und Teile von Motoren, welche mit Mineralöl verunreinigt gewesen seien, gelegen. Auch in der Serivehalle seien großflächige Mineralölkontaminationen im Bereich des "rückwärtigen" großen Tores festgestellt worden. Die Magistratsabteilung 45 habe dazu gutächtlich festgestellt, durch einen bloßen Augenschein könnten die angesprochenen Kontaminationen nicht genau festgestellt werden, es sei vielmehr eine genaue Bodenuntersuchung durch einen befugten Fachmann oder eine autorisierte Untersuchungsanstalt dazu nötig. In einem Aktenvermerk vom 3. August 1993 sei die Aussage eines Vertreters der Beschwerdeführerin festgehalten, wonach etwaige Bescheide an diese zu richten seien, da diese und nicht die Y-Gesellschaft m.b.H. Betreiberin der gegenständlichen Tankstelle sei. Mit Aktenvermerk der Magistratsabteilung 63 vom 8. Oktober 1993 sei festgehalten worden, laut telefonischem Erhebungsbericht des gewerbetechnischen Sachverständigen Ing. K von der Magistratsabteilung 35 sei die gegenständliche Tankstelle stillgelegt, die Zapfsäulen seien bereits abgetragen und der Zugang bzw. die Zufahrt zum Gelände abgesperrt worden. Mit Aktenvermerk vom 11. Oktober 1993 sei nach einem Telefonat mit einem Herrn der Rechtsabteilung der Beschwerdeführerin festgehalten, es sei richtig, daß die gegenständliche Tankstelle stillgelegt worden und eine Wiederinbetriebnahme nicht geplant sei. Auch dem Vorhalt, daß eine Zapfsäule bereits abgetragen worden und die elektrische Anlage abgeklemmt worden sei, sei von diesem Herrn nicht entgegengetreten worden. Es sei nur deshalb keine Auflassungsanzeige gemäß § 83 erstattet worden, weil die Beschwerdeführerin als Pächterin der Tankstelle diese - wenn auch nicht im betriebstauglichen Zustand - dem Grundeigentümer zurückzustellen habe. In einem weiteren Aktenvermerk vom 15. Oktober 1993 sei seitens der Magistratsabteilung 63 festgehalten, auf Grund des Umstandes, daß die Zapfsäulen abgetragen und die elektrische Anlage abgeklemmt worden sei, lägen gewichtige Indizen für eine faktische Auflassung der Tankstelle vor. In einem weiteren Aktenvermerk vom 19. Oktober 1993 sei festgehalten, es ergebe sich auf Grund der Aktenlage, daß das ursprünglich bestandene Subpachtverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und der Y-Gesellschaft m.b.H. bereits mit 28. Februar 1993 beendet worden sei. Außerdem sei die Beschwerdeführerin sowohl im gegenständlichen als auch im vorangegangenen Verfahren stets als Inhaberin der Tankstelle aufgetreten. Weiters sei nach Rücksprache mit dem Grundeigentümer festgehalten, daß bereits seit 1992 eine rechtskräftige Baugenehmigung zum Bebauen der Liegenschaft vorliege und die Errichtung einer von der Stadt Wien geförderten Wohnhausanlage vorgesehen sei, wobei dieses Projekt im öffentlichen Interesse liege und jedenfalls noch vor 1994 in Angriff genommen werden solle, sodaß Eile geboten sei.

Nach Darstellung des Inhaltes des § 83 GewO 1973 führte der Bundesminister zur Begründung des Spruchpunktes 2. im wesentlichen aus, Auflassen bedeute jenes Verhalten des Inhabers einer Betriebsanlage, durch das die Betriebsanlage ihre Zweckbestimmung, nämlich der regelmäßigen Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit zu dienen, verliere. Auflassender Inhaber der Betriebsanlage sei daher jener Anlageninhaber, der ein derartiges Verhalten an den Tag gelegt habe. Bei einer Tankstelle sei die Zapfsäule jener wesentlichste Anlagenteil, ohne den die Zweckbestimmung der Anlage, nämlich der entgeltlichen Abgabe von Treibstoffen zu dienen, nicht erfüllt werden könne. Sei diese einschließlich der dazugehörigen elektrischen Anlage entfernt bzw. letztere abgeklemmt worden, sei somit ein Verhalten an den Tag gelegt worden, durch das die weitere Erfüllung des Anlagenzweckes dauerhaft unmöglich gemacht worden sei. Es handle sich daher bei dem von der Beschwerdeführerin an den Tag gelegten Verhalten nicht um eine bloße Unterbrechung des Betriebes, sondern - wie die Behörde erster Instanz zu Recht festgestellt habe - um faktische Auflassungshandlungen. Liege keine formelle Auflassungserklärung vor, wozu der Inhaber der Betriebsanlage anläßlich der Auflassung gesetzlich verpflichtet sei, habe die Behörde somit keine andere Möglichkeit, als das Faktum der Auflassung anhand der tatsächlichen Gegebenheiten festzustellen. In einem solchen Fall habe die Behörde somit dem "Inhaber der Anlage" anläßlich der Auflassung jene notwendigen Vorkehrungen, zu deren Erfüllung er grundsätzlich von sich aus verpflichtet sei, mittels Bescheid aufzutragen. Zu Maßnahmen, die im Zuge einer Auflassung einer Betriebsanlage vorzunehmen seien, bei der sich herausgestellt habe, daß oberflächliche Mineralölkontaminationen vorlägen, gehörten auch Bodenuntersuchungen, die insbesondere dazu dienten, der Behörde Erkenntnisse darüber zu liefern, ob weitere Sanierungsmaßnahmen - insbesondere eine Entsorgung von verseuchtem Erdreich - vor einer weiteren Verwendung der der ehemaligen Betriebsanlage gedient habenden Grundflächen erforderlich seien. In der Folge setzt sich der Bundesminister mit der unter dem Gesichtspunkt eines Schutzes des Grundwassers vor Mineralölverunreinigungen gegebenen Erforderlichkeit der in Rede stehenden Vorkehrungen auseinander.

Gegen diesen Bescheid, inhaltlich jedoch nur gegen dessen Spruchpunkt 2., richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, gewerbliche Tätigkeiten in der von ihr gepachteten Tankstellenanlage im Rahmen der ihr erteilten gewerberechtlichen und betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungen betreiben bzw. unterbrechen zu dürfen, diese Anlagen nicht im bestehenden Zustand mit allen ihr erteilten Berechtigungen an den Verpächter zurückstellen zu können und die Anlagen gegen ihren Willen auflassen zu müssen; ferner in ihrem Recht, keine Vorkehrungen gemäß §§ 74, 83 GewO 1973 im Zusammenhang mit der zu Unrecht angenommenen Auflassung der Tankstelle vorgeschrieben zu erhalten, jedenfalls keine, die nicht gesetzmäßig ausgeführt und gedeckt seien. Schließlich erachte sich die Beschwerdeführerin auch im Recht auf ein fehler- und mängelfreies Verwaltungsverfahren und eine dem Gesetz und der Sachlage gerechte Bescheidbegründung verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin im wesentlichen vor, aus § 80 GewO 1973 ergebe sich das Recht des Inhabers einer Betriebsanlage, diese Anlagen sogar auf eine Dauer von fünf Jahren stillzulegen, ohne daß damit eine Auflassung der Anlage verbunden sei. Es müßten daher schon ganz besondere Gründe vorliegen, die die Behörde ermächtigten, von einer dem Gesetz nach möglichen Unterbrechung, bei der die Betriebsanlagengenehmigungen voll aufrecht blieben, auf die Auflassung der Anlage zu schließen, die das Außerkrafttreten der für die Anlagen bestehenden Genehmigungen mit sich bringe. Grundsätzlich sei davon auszugehen, daß primär der Unternehmer und nur dieser bestimme, ob eine Betriebsanlage aufgelassen werden solle oder nicht. Er habe die Auflassung anzuzeigen und die sich aus der Auflassung ergebenden Konsequenzen auf sich zu nehmen. Im Gesetz sei von einer "de-facto-Auflassung" keine Rede. Es möge sein, daß es solche Fälle gebe, wenn z. B. der Anlageninhaber nicht greifbar sei oder wesentliche Betriebsteile über ein Jahr hinaus entfernt seien und sich der Inhaber der Anlage um die Anlage nicht kümmere und dadurch eine Gefahrensituation eintrete. Ein solcher Fall sei aber hier nicht gegeben. Die belangte Behörde habe über den Kopf der Beschwerdeführerin hinweg eine Auflassung fingiert. Dadurch sei ein grober Eingriff in die Privatautonomie der Beschwerdeführerin und in die ihr durch die Betriebsanlagengenehmigungen gewährten subjektiven Rechte geschehen. Es könne, wenn dies überhaupt möglich sei, nur die ultima ratio der Behörde sein, das Gesetz im Analogieweg gegen den Willen des Inhabers einer genehmigten Anlage zur Anwendung zu bringen. Falsch sei es jedenfalls, aus der Entfernung der Zapfsäulen und dem Abklemmen der elektrischen Anlagen auf eine Auflassung der gesamten Anlage zu schließen. Denn auch bei Entfernung von wesentlichen Teilen einer Anlage (§ 80 GewO 1973) könne eine (bloße) Unterbrechung angenommen werden. Überdies seien die wesentlichen Anlagenteile einer Tankstelle die unterirdischen Behälter, die alle noch einsatzbereit stünden. Die Zapfsäulen seien bewegliche Teile, die jederzeit, binnen einem Tag, wiedereingesetzt und angeschlossen werden könnten. Es sei aber ein Gebot der Vorsicht, bei einer auch ein Jahr nicht übersteigenden Unterbrechung die Zapfsäulen zu entfernen, um jedem Akt von Vandalismus vorzubeugen. Demnach sei die Kernaussage des angefochtenen Bescheides, die Entfernung der Zapfsäulen und das Abklemmen der Leitungen mache eine weitere Erfüllung des Anlagenzweckes unmöglich, eine durch nichts haltbare Scheinbegründung.

In der Folge setzt sich die Beschwerdeführerin mit den in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Aktenvermerken auseinander und bekämpft die von der belangten Behörde daraus abgeleitete Schlußfolgerung, aus diesen Aktenvermerken ergebe sich die Absicht der Beschwerdeführerin, die in Rede stehende Betriebsanlage aufzulassen. Schließlich bekämpft die Beschwerdeführerin die einzelnen ihr aufgetragenen Vorkehrungen als nicht erforderlich bzw. vom technischen Standpunkt verfehlt.

Gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1973 in der im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung hier anzuwendenden Fassung der Gewerberechts-Novelle 1992, BGBl. Nr. 29/19973, erlischt die Genehmigung der Betriebsanlage, wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen fünf Jahren nach erteilter Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzweckes wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen oder durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzweckes wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird. Der Inhaber einer genehmigten Anlage, deren Betrieb gänzlich oder teilweise unterbrochen wird, hat die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um eine sich aus der Betriebsunterbrechung ergebende Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder nachteilige Einwirkung im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1973 zu vermeiden. Er hat, soweit Abs. 1a nicht anderes bestimmt, die Betriebsunterbrechung und seine Vorkehrungen anläßlich der Betriebsunterbrechung der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde innerhalb eines Monats nach Eintritt der Betriebsunterbrechung anzuzeigen, wenn diese Unterbrechung zumindest einen für die Erfüllung des Anlagenzweckes wesentlichen Teil der Anlage betrifft und voraussichtlich länger als ein Jahr dauern wird. Reichen die angezeigten Vorkehrungen nicht aus, um den Schutz der im § 74 Abs. 2 GewO 1973 umschriebenen Interessen zu gewährleisten, oder hat der Inhaber der Anlage anläßlich der Betriebsunterbrechung die zur Erreichung dieses Schutzes notwendigen Vorkehrungen nicht oder nur unvollständig getroffen, so hat ihm die zur Genehmigung der Anlage zuständige Behörde die notwendigen Vorkehrungen aufzutragen. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der Anlage wird die Wirksamkeit dieses bescheidmäßigen Auftrages nicht berührt.

Gemäß § 83 leg. cit. hat, wenn Anlagen im Sinne des § 74 Abs. 2 oder Teile solcher Anlagen aufgelassen werden, der Inhaber der Anlage die zur Vermeidung einer von der aufgelassenen Anlage oder den aufgelassenen Teilen der Anlage ausgehenden Gefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder nachteiligen Einwirkung im Sinne des § 74 Abs. 2 notwendigen Vorkehrungen zu treffen. Er hat die Auflassung und seine Vorkehrungen anläßlich der Auflassung der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen. Reichen die angezeigten Vorkehrungen nicht aus, um den Schutz der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen zu gewährleisten, oder hat der Inhaber der Anlage anläßlich der Auflassung die zur Erreichung dieses Schutzes notwendigen Vorkehrungen nicht oder nur unvollständig getroffen, so hat ihm die zur Genehmigung der Anlage zuständige Behörde die notwendigen Vorkehrungen mit Bescheid aufzutragen. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der gänzlich oder teilweise aufgelassenen Anlage wird die Wirksamkeit dieses bescheidmäßigen Auftrages nicht berührt.

Wie sich aus der Gegenüberstellung dieser Bestimmungen ergibt, unterscheidet der Gesetzgeber zwischen einer Unterbrechung des Betriebes einer gewerblichen Betriebsanlage (§ 80 Abs. 1 leg. cit.) und der Auflassung einer solchen Anlage (§ 83 leg. cit.). Während eine Betriebsunterbrechung, wie sich schon aus dem allgemeinen Sprachgebrauch ergibt, die Möglichkeit der Fortsetzung des Betriebes in sich schließt und dementsprechend auch nicht sofort zu einem Erlöschen der Betriebsanlagengenehmigung führt - und zwar auch nicht im Falle des (physischen) Unterganges der gesamten Anlage (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1987, Zl. 85/04/0050) -, bedeutet die Auflassung der Anlage die endgültige Aufhebung der Widmung der Anlage für den ursprünglichen Betriebszweck durch den Inhaber. Mit der Auflassung der Anlage erlischt daher auch die gewerbebehördliche Genehmigung der Anlage. Welche der beiden Wirkungen eine faktische Einstellung des Betriebes der Betriebsanlage auslöst, richtet sich nach dem hinter der Betriebseinstellung stehenden Willen des Inhabers der Anlage (vgl. zum Ganzen auch Hanusch, Kommentar zur Gewerbeordnung, § 83 Rz 1 und 2).

Um in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Betrieb einer Betriebsanlage faktisch eingestellt ist, beurteilen zu können, ob es sich um eine bloße Unterbrechung des Betriebes im Sinne des § 80 Abs. 1 GewO 1973 oder um eine Auflassung derselben im Sinne des § 83 leg. cit. handelt, bedarf es daher einer Erforschung des dahinterstehenden Willens des Anlageninhabers. Zwar kann entsprechend der Bestimmung des § 863 Abs. 1 ABGB ein solcher Wille auch aus Handlungen des Inhabers der Betriebsanlage erschlossen werden, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übriglassen. Im allgemeinen, wenn also nicht triftige Gründe dafür sprechen, daß es einer ausdrücklichen Willenserklärung der Ernstlichkeit mangelt, wird ein solcher Schluß aber nicht zulässig sein, wenn eine entgegenstehende ausdrückliche Willenserklärung vorliegt.

Im vorliegenden Fall hat nun die Beschwerdeführerin spätestens in ihrer Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid ausdrücklich erklärt, nicht die Absicht zu haben, die in Rede stehende Betriebsanlage aufzulassen. Daß es dieser Erklärung an der Ernstlichkeit mangle, läßt sich aus den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen nicht entnehmen. Entsprechend der oben dargestellten Rechtslage war es daher verfehlt, wenn die belangte Behörde davon ausging, die in Rede stehende Betriebsanlage sei von der belangten Behörde aufgelassen worden. Damit mangelt es aber auch an dem für die Zulässigkeit der Vorschreibung von Vorkehrungen nach § 83 GewO 1973 erforderlichen Tatbestandselement der Auflassung einer Betriebsanlage.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid in seinem Spruchpunkt 2. mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Art. I und III Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Stempelgebührenaufwand betreffende Mehrbegehren war abzuweisen, da die Beschwerde nur zweifach einzubringen war.

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