Normen
ArbIG 1993 §10 Abs3;
ArbIG 1993 §10 Abs5;
ArbIG 1993 §10;
ArbIG 1993 §16;
ArbIG 1993 §22;
ArbIG 1993 §23;
ArbIG 1993 §5 Abs5;
ArbIG 1993 §6 Abs1;
ArbIG 1993 §7 Abs3;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
EGVG Art2 Abs2 D Z42;
VStG §9 Abs1;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ArbIG 1993 §10 Abs3;
ArbIG 1993 §10 Abs5;
ArbIG 1993 §10;
ArbIG 1993 §16;
ArbIG 1993 §22;
ArbIG 1993 §23;
ArbIG 1993 §5 Abs5;
ArbIG 1993 §6 Abs1;
ArbIG 1993 §7 Abs3;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
EGVG Art2 Abs2 D Z42;
VStG §9 Abs1;
VStG §9;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, als mit ihm der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Erstbescheid keine Folge gegeben wird.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 13. Mai 1993 wurde beim Arbeitsinspektorat für den 5. Aufsichtsbezirk die bescheidmäßige Feststellung begehrt, daß die Mitteilung vom 24. März 1993 die rechtswirksame Bestellung der darin genannten Personen (Filialleiter) zu verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG bewirkt habe. Dieses Schreiben ist auf Firmenpapier einer Gesellschaft m.b.H. verfaßt; sein Text beginnt mit "Wir haben als Geschäftsführer der ...
Gesellschaft m.b.H. und somit als die zur Vertretung nach außen
Berufenen dieses Unternehmens ... mitgeteilt"; es ist vom
Beschwerdeführer und einer weiteren Person mit dem Zusatz
unterschrieben: "Geschäftsführer der ... Gesellschaft m.b.H.".
Dieser Antrag wurde als Folge eines Schreibens des Arbeitsinspektorates vom 7. April 1993 gestellt, in welchem diese Dienststelle die Ansicht vertrat, Filialleiter seien keine leitenden Angestellten und könnten daher nicht zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Mit Bescheid vom 13. Juli 1993 wies das in Rede stehende Arbeitsinspektorat den Antrag vom 13. Mai 1993 als unzulässig zurück. Dieser Bescheid wurde an die Gesellschaft m.b.H. adressiert.
Dagegen erhoben die Gesellschaft m.b.H. und deren Geschäftsführer (darunter der Beschwerdeführer) Berufung. In dieser Berufung wird in verfahrensrechtlicher Hinsicht ausgeführt, daß über den Antrag der Geschäftsführer der zurückweisende, an die Gesellschaft m.b.H. adressierte Bescheid ergangen sei. Die Legitimation zur Erhebung der Berufung stehe somit kraft des Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides den Geschäftsführern, kraft seiner Adressierung auch der Gesellschaft m.b.H. zu.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der beiden Geschäftsführer (somit auch der vom Beschwerdeführer erhobenen) keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Die belangte Behörde führte darin aus, daß der Antrag vom 13. Mai 1993 der Gesellschaft m.b.H. zuzurechnen sei. Im übrigen vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß im gegebenen Zusammenhang die Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht zulässig sei, weil die Frage der rechtswirksamen Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Verwaltungsstrafverfahren zu beantworten sei.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 30. November 1993, B 1676/93, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG die Behandlung der dagegen gerichteten Beschwerde ab und trat diese mit einem weiteren Beschluß vom 2. Februar 1994 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers ist auszuführen, daß der angefochtene Bescheid mit seinem Spruch, der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge zu geben, in Verbindung mit dem Satz der Begründung, wonach der dem Verfahren zugrundeliegende Antrag vom 13. Mai 1993 der Gesellschaft m.b.H. zuzurechnen sei, - neben der Abweisung der Berufung der Gesellschaft m.b.H. - auch implizit den Ausspruch enthält, daß der Antrag vom 13. Mai 1993 nicht dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist. Diesen Ausspruch zu bekämpfen ist der Beschwerdeführer legitimiert, hat er doch in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Sache nach die Zurechnung des Antrages vom 13. Mai 1993 an die Gesellschaft m.b.H. bekämpft.
Die Zurechnung des Antrages vom 13. Mai 1993 an die Gesellschaft m.b.H. erfolgte zu Unrecht. Das in diesem Antrag geltend gemachte Feststellungsinteresse besteht - unbeschadet seiner materiellen Berechtigung - darin, daß die beiden Geschäftsführer sich ihrer nach § 9 Abs. 1 VStG gegebenen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit entledigen und Klarheit über das Gelingen dieses Vorhabens gewinnen wollten. Es ist dies ihr persönliches Interesse und nicht das der Gesellschaft m.b.H. als der durch die arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen unmittelbar verpflichteten Arbeitgeberin, geht es doch für sie letztlich um die Frage, ob sie oder andere Personen die Dispositionen zur Gewährleistung der Befolgung der in Rede stehenden Rechtsvorschriften zu treffen haben. Das auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit bezogene Feststellungsbegehren berührt die Rechtssphäre der Gesellschaft m.b.H. als Arbeitgeberin nicht, hat sie doch jedenfalls ihre Verpflichtung zur Einhaltung des Arbeitnehmerschutzrechtes, gleichgültig welche physische Person dafür als Beschuldigter eines Verwaltungsstrafverfahrens einzustehen hat.
Eine andere Deutung des Antrages vom 13. Mai 1993 auf Grund seines Erscheinungsbildes (trotz der Verwendung von Firmenpapier der Gesellschaft m.b.H., der "Wir-Form" der Textierung, der Zeichnung mit dem Zusatz als Geschäftsführer) ist vorliegendenfalls keineswegs geboten, da alle diese Umstände mit dem dargestellten Anliegen der Geschäftsführer als physische Personen, die in einer Organstellung zur Gesellschaft m.b.H. stehen, nicht im Widerspruch ist.
Daraus folgt, daß der angefochtene Bescheid jedenfalls insoweit rechtswidrig ist, als die Zurechnung des Antrages vom 13. Mai 1993 nicht an den Beschwerdeführer erfolgt und damit gebenüber dem Beschwerdeführer rechtskräftig abgesprochen wird, daß er keinen diesbezüglichen Antrag gestellt hat. Er war aus diesem Grunde und in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
Für das fortzusetzende Verfahren sei aus verfahrensökonomischen Erwägungen auf das materielle Anliegen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens eingehend angemerkt:
Die Arbeitsinspektorate sind nach dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993, BGBl. Nr. 27 (ArbIG), Dienststellen des Bundes, die überwiegend in einem Bereich tätig sind, der in der Verwaltungsrechtslehre als sogenannte "schlichte Hoheitsverwaltung" bezeichnet wird, d.h. sie werden in öffentlich-rechtlich geregelten Angelegenheiten tätig, ohne daß ihnen selbst Befehls- und Zwangsgewalt zukommt (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 1991, Zl. 90/19/0258). Demnach liegt der Schwerpunkt ihrer Aufgaben im Überwachen der Einhaltung von Rechtsvorschriften, in der Beratung und Erstattung von Vorschlägen, sowie schließlich in der Erstattung von Anzeigen und der Mitwirkung in Verwaltungs(straf)verfahren als sogenannte Formalparteien. Nur ausnahmsweise haben sie als Behörde aufzutreten und damit auch selbst Bescheide zu erlassen (vgl. § 5 Abs. 5, § 10 Abs. 3 und 5; vgl. auch § 7 Abs. 3 ArbIG). In diesem Zusammenhang sieht Art. II Abs. 2 lit. D Z. 42 EGVG vor, daß die Arbeitsinspektorate das AVG (mit Ausnahme des § 64, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist) anzuwenden haben. Keinesfalls haben sie das VStG als Behörde anzuwenden.
Der vorliegende Antrag des Beschwerdeführers war darauf gerichtet, eine verbindliche Feststellung darüber zu erwirken, ob die im § 9 VStG (in Verbindung mit der ergänzenden Vorschrift des § 23 ArbIG) vorgesehene Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit in einem näher bezeichneten Umfang auf andere Personen rechtswirksam erfolgt ist. Es handelte sich dabei um die Anwendung des § 9 VStG in der Form, daß konkrete Sachverhalte unter seine generelle Anordnung subsumiert werden sollten. Die Anwendung des § 9 VStG (in Verbindung mit § 23 ArbIG) obliegt aber ausschließlich den Verwaltungsstrafbehörden. Sie haben in den von ihnen durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren auch zu prüfen, ob die von ihnen als Beschuldigte behandelten Personen für die den Gegenstand ihrer Verfahren bildenden strafbaren Verhaltensweisen überhaupt verantwortlich sind. Eine die Verwaltungsstrafbehörden bindende Entscheidung dieser Frage durch andere Behörden ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Die Rolle der Arbeitsinspektorate in Ansehung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 23 ArbIG ist vielmehr darauf beschränkt, daß sie - sozusagen als Sammelstelle für mehrere Verwaltungsstrafbehörden - die Mitteilungen der Arbeitgeber (von Organen im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG) entgegennehmen und ihr Wissen um die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten in die von ihnen erstatteten Anzeigen einfließen lassen oder im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens zur Verfügung stellen. Sie können auch ihre Beratungstätigkeit auf die Vorgänge um die Bestellung verantwortlicher Beauftragter erstrecken, um rechtsunwirksame Bestellungen vermeiden zu helfen. Ob aber eine konkrete Mitteilung die beabsichtigte Wirkung der Verschiebung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit auf eine bestimmte Person (hinsichtlich eines bestimmten Verantwortungsbereiches) ausgelöst hat, muß immer von der Verwaltungsstrafbehörde entschieden werden. Den Arbeitsinspektoraten kommt keine derartige Entscheidungsbefugnis zu.
Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, daß die dem Beschwerdeführer vorschwebende Kompetenz des Arbeitsinspektorates rechtspolitisch zweckmäßig wäre, insbesondere weil er ein anzuerkennendes Interesse an einer solchen Feststellung hat. Die geltende Rechtslage schließt es aber aus, daß Arbeitsinspektorate Bescheide erlassen, wie dies mit dem in Rede stehenden Antrag des Beschwerdeführers angestrebt worden war.
Zur Zuständigkeit der belangten Behörde ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß das Zentral-Arbeitsinspektorat eine Organisationseinheit (Sektion) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und keine vom betreffenden Bundesminister zu unterscheidende Behörde ist. Im Gesetz (§ 16 Abs. 1 ArbIG) wird dies - nicht ganz unmißverständlich - dadurch zum Ausdruck gebracht, daß die Arbeitsinspektorate dem Zentral-Arbeitsinspektorat UNMITTELBAR unterstehen, der Leiter/die Leiterin des letzteren aber dem Bundesminister DIREKT untersteht. Berufungsbehörde in Ansehung von Bescheiden von Arbeitsinspektoraten ist dementsprechend niemals das Zentral-Arbeitsinspektorat, sondern - abgesehen von einer Zuständigkeit des Landeshauptmannes, die hier nicht zum Tragen kommt (§ 10 Abs. 7 zweiter Satz ArbIG) - der zuständige Bundesminister (§ 10 Abs. 7 letzter Satz und § 22 ArbIG).
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.
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