Normen
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §2 Abs3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. Februar 1994 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 11. März 1992 ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem Staatsangehörigen "der jugoslawischen Föderation", der am 9. Jänner 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist und am 13. Jänner 1992 den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 15. Jänner 1992, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in Slowenien aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.
Wenn sich der Beschwerdeführer gegen diese Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit" mit dem Argument wendet, daß dies "zu dem Ergebnis führen würde, daß eine Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft nur mehr für solche Flüchtlinge in Betracht käme, die per Flugzeug nach Österreich flüchten, wobei es auch dabei wiederum ankäme, welcher Fluglinie sich der Flüchtling bedient", so ist ihm grundsätzlich entgegenzuhalten, daß dieser Umstand in den Fällen, in denen tatsächlich die Annahme der Verfolgungssicherheit in einem anderen Staat gerechtfertigt ist, nicht gegen die erfolgte Auslegung spricht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1994, Zl. 94/01/0163). Der Beschwerdeführer übersieht, daß ein (die Notwendigkeit der Asylgewährung in Österreich begründendes) Schutzbedürfnis für einen Flüchtling nicht (mehr) besteht, der nach Verlassen seines Heimatlandes (seiner Behauptung nach des Verfolgerstaates) bereits in einem anderen Staat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. außer dem zuletzt genannten Erkenntnis insbesondere das ebenfalls schon zitierte Erkenntnis zur Zl. 93/01/0357). Auch der, sich offensichtlich auf einen Teil der betreffenden Gesetzesmaterialien (RV 270 BlgNR 18. GP) beziehende Hinweis des Beschwerdeführers, Zweck des gegenständlichen Ausschließungsgrundes sei "es auch lediglich", "unerwünschtes Zweitasyl und nomadisierende Flüchtlingsströme zu verhindern", ist verfehlt (vgl. auch dazu die beiden zuletzt erwähnten Erkenntnisse).
Daß der Beschwerdeführer in Slowenien keinen Asylantrag gestellt hat, ist ohne Bedeutung, kommt es doch im gegebenen Zusammenhang bloß darauf an, ob er dort einen derartigen Antrag hätte stellen können. Sein Einwand, daß ihm, würde er nunmehr nach Slowenien abgeschoben werden, "dort Asyl schon allein aus dem Grunde verweigert werden würde", weil er "bereits in Österreich rechtskräftig als Asylwerber abgelehnt worden war", vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, kann doch die Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war und demnach der gegenständliche Ausschließungsgrund vorliegt, nicht davon abhängig gemacht werden, ob er sich damit der Möglichkeit, in diesem Staat nachträglich Asyl gewährt zu erhalten, begeben hat; andernfalls könnte dieser Ausschließungsgrund, auch bei der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Auslegung des Begriffes der "Verfolgungssicherheit", nie herangezogen werden. Das gleiche gilt hinsichtlich der Ausführungen des Beschwerdeführers, daß er demnach dadurch, daß er auf seiner Durchreise in Slowenien "nicht sofort Asyl beantragt hatte, in keinem europäischen Land eine Möglichkeit hätte, einen Asylantrag zu stellen, da" er "nunmehr in Österreich zu einem rechtskräftig als Asylwerber abgelehnt wäre, und zum anderen in einem sicheren Drittland aufhältig gewesen wäre, es sei denn, man würde Österreich nicht mehr als sicheres Drittland einstufen, was wohl mit dem Selbstverständnis Österreichs als traditionelles Flüchtlingsland nicht in Einklang zu bringen ist". Wenn der Beschwerdeführer ins Treffen führt, daß demnach "allein aus formellen Gründen ein Asylantrag abgewiesen werden könnte, ohne daß es jemals zu einer inhaltlichen Überprüfung" (offenbar gemeint: der Flüchtlingseigenschaft) "käme", und "dies nicht im geringsten dem Geist des AsylG, sowie derjenigen Konventionen, auf denen das AsylG fußt, entspricht", so steht dem nicht nur entgegen, daß das Asylgesetz 1991 ausdrücklich diesen Ausschließungsgrund kennt, bei dessen Vorliegen eine Asylgewährung - auch dann, wenn der betreffende Asylwerber als Flüchtling anzusehen wäre - nicht in Betracht kommt, sondern überdies diesbezüglich ein Widerspruch zur Genfer Flüchtlingskonvention nicht gegeben ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Juni 1994, Zl. 94/01/0402, und die dort angeführte Vorjudikatur). Die Auffassung des Beschwerdeführers, es sei "auch zu bedenken, daß Flucht allein begrifflich den krassen Gegensatz zu einer geordneten Aus- bzw. Einreise darstellt", und "es widerspräche dem Geist der Flüchtlingskonvention, von einem Flüchtling zu verlangen, daß er sich über die genauen asylrechtlichen Bestimmungen des von ihm gewählten Asyllandes erkundigen müßte", ist schon deshalb verfehlt, weil es hiebei ausschließlich auf objektive Gesichtspunkte und nicht darauf ankommt, ob er vor seiner Einreise Kenntnis davon hatte, daß es in Österreich einen derartigen, die Asylgewährung ausschließenden Tatbestand gibt.
Der Beschwerdeführer macht aber darüber hinaus geltend, daß Slowenien zwar seit 27. September 1991 (siehe dazu BGBl. Nr. 806/1993 über die bereits mit Wirksamkeit vom 25. Juni 1991 abgegebene Erklärung dieses Landes) Mitgliedstaat der Genfer Flüchtlingskonvention sei, jedoch "die tatsächlichen Verhältnisse eine andere Sprache sprechen", wobei er "insbesondere auf das jüngst zu dieser Frage im Auftrag deutscher Gerichte vom UNHCR ergangene Gutachten" verweist, "aus dem sich eindeutig ergibt, daß Slowenien keine Verfolgungssicherheit bietet und dorthin abgeschobene Staatsbürger Restjugoslawiens davon ausgehen müßten, daß sie wiederum abgeschoben werden". Wenn auch bei Beurteilung des Vorliegens von Verfolgungssicherheit gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 alleine der Zeitpunkt des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Slowenien vor seiner Einreise nach Österreich maßgebend ist (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 23. März 1994, Zlen. 94/01/0161, 0162), so kann doch in diesem Vorbringen eine Einschränkung in der Richtung, daß es nur für den Fall gelte, daß der Beschwerdeführer nunmehr nach Slowenien abgeschoben werde, also sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch bloß in Ansehung einer Situation nach erfolgter Abschiebung, nicht erblickt werden.
Würde aber diese (im weiteren Sinne so zu verstehende) Behauptung zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein, daß - entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides - nichts dafür spreche, daß Slowenien seine sich aus seiner Mitgliedschaft zur Genfer Flüchtlingskonvention ergebenden Verpflichtungen, insbesondere das in deren Art. 33 verankerte Refoulement-Verbot, etwa vernachlässige, und anzunehmen sei, daß Slowenien von seiner effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechenden Schutz biete, dies - wie gesagt - jeweils bezogen auf den Zeitpunkt des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in diesem Land. Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptung erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Damit hat der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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