VwGH 93/18/0296

VwGH93/18/029627.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des R in K, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 10. Mai 1993, ohne Zahl, betreffend Versagung eines Sichtvermerkes, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §4;
AuslBG §4a;
AVG §13a;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §7 Abs1;
AuslBG §4;
AuslBG §4a;
AVG §13a;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §7 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 10. Mai 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 18. März 1993 auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, daß der Beschwerdeführer sein letztes Visum, gültig bis 12. März 1993, aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung als sogenannter Künstler im Cafe N erhalten habe. Laut einem "Kriminalbericht" vom 26. Mai 1992 sei in diesem Lokal niemals Musik betrieben worden. Der Inhaber sei ein Österreicher, der in keinen Zusammenhang mit jugoslawischer Musik gebracht werden könne. Es sei somit offensichtlich, daß sich der Beschwerdeführer die letzte Beschäftigungsbewilligung erschlichen habe. Die Initiatoren dieser illegalen Machenschaften seien der Behörde bekannt. Im Antrag vom 18. März 1993 habe der Beschwerdeführer eine Adresse in Wien V angegeben. Laut einem Bericht der Kriminalpolizei vom 14. September 1992 sei er an dieser Adresse jedoch nie wohnhaft gewesen und sei der Beschwerdeführer dem Wohnungseigentümer auch unbekannt. Da der Beschwerdeführer offensichtlich immer wieder versuche, die Behörden zu täuschen, und er sich nicht an die österreichischen Rechtsvorschriften halte, sei spruchgemäß zu entscheiden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Begehren, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 erster Satz FrG kann einem Fremden auf Antrag ein Sichtvermerk erteilt werden, sofern ein gültiges Reisedokument vorliegt und kein Versagungsgrund gemäß § 10 gegeben ist.

Nach § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG ist die Erteilung eines Sichtvermerkes zu versagen, wenn der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, daß er im Ermittlungsverfahren über die Möglichkeit, entsprechende Einwendungen bzw. Sachvorbringen zu erstatten, nicht aufgeklärt worden sei. Die Behörde habe dadurch ihre Manuduktionspflicht verletzt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Manuduktionspflicht des § 13 a AVG auf verfahrensrechtliche Angelegenheiten eingeschränkt. Die Behörde ist nicht verpflichtet, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten und welche Beweisanträge anzubieten seien, damit einem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte (vgl. hiezu die in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, S. 178 f. zu § 13 a AVG zitierten hg. Erkenntnisse).

Der Beschwerdeführer behauptet, die Feststellung, daß es "offensichtlich sei, daß ich die Beschäftigungsbewilligung im Cafe N erschlichen habe", stelle eine unzulässige Schlußfolgerung der Behörde aufgrund von Indizien dar. Daß eine polizeiliche Erhebung über seine Beschäftigung im Cafe N Anfang 1992 negativ verlaufen sei, lasse sich leicht erklären, weil er dort nur bis 6. März 1992 gearbeitet habe. Am 1. April 1992 sei er ein neues Beschäftigungsverhältnis in S eingegangen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag diesem gegen die Beweiswürdigung erhobenen Beschwerdevorwurf nicht beizupflichten. Nach dem Inhalt des Verwaltungsaktes stellte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Baden am 17. Februar 1992 den Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes. Hiebei nahm er Bezug auf einen Bescheid des Arbeitsamtes Angestellte Wien vom 14. Februar 1992, wonach für ihn eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Musiker in der Zeit vom 14. Februar 1992 bis 12. Februar 1993 erteilt wurde. Das Antragsformular enthält die Lohnbestätigung vom 14. Februar 1992, wonach der Beschwerdeführer im Betrieb Espresso N-GesmbH in W, beschäftigt ist und einen Monatslohn von S 8.000,-- bezieht. Demgegenüber wurde der belangten Behörde durch den Bericht vom 21. Mai 1992 bekannt, daß das ehemalige Cafe-Espresso "N" schon seit ca. 4 Monaten von einem österreichischen Staatsbürger betrieben wird. Aus dem weiteren Bericht vom 26. Mai 1992 ergibt sich, daß dieser Österreicher von der Anmeldung der jugoslawischen "Künstler" keine Ahnung hat. Wenn die belangte Behörde aufgrund dieser Erhebungsergebnisse zur Feststellung gelangte, daß die Beschäftigungsbewilligung erschlichen worden sei, kann dies nicht als unschlüssig angesehen werden.

Das Vorbringen, daß der Beschwerdeführer im Zeitraum 14. Februar 1992 - 6. März 1992 im Cafe N als Aushilfskellner beschäftigt gewesen sei, ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers als im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtliche Neuerung zu werten, weil es erstmals in der Beschwerde erhoben wird. Abgesehen davon käme dieser Behauptung, auch wenn sie zuträfe, keine Relevanz zu. Die vom Beschwerdeführer im Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes vom 17. Februar 1992 behauptete Beschäftigungsbewilligung wurde für eine bestimmte Beschäftigung, nämlich die eines Musikers und nicht die eines Aushilfskellners, erteilt. Die Tätigkeit als Aushilfskellner wäre demnach ohne die erforderliche Bewilligung und somit unerlaubt ausgeübt worden. Gerade aus diesem Vorbringen erhellt, daß die vom Beschwerdeführer vorgelegte Beschäftigungsbewilligung erschlichen wurde.

Der Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte von Amts wegen den oder die Geschäftsführer der N-GesmbH insbesonders über seine Tätigkeit als Aushilfskellner und den Beginn und die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses im Cafe N befragen müssen, ist daher der Boden entzogen.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist der angefochtene Bescheid inhaltlich rechtswidrig, weil die Feststellungen, wonach ihm (gemeint: seinem Arbeitgeber) - ohne daß der Beschwerdeführer jemals im Cafe N gearbeitet hätte - eine Beschäftigungsbewilligung für die Tätigkeit eines Musikers erteilt worden sei, in keiner Weise die Abweisung seines Antrages auf Erteilung eines Sichtvermerkes rechtfertige.

Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Ausgehend von dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt, der gemäß § 41 Abs. 1 VwGG der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zugrunde zu legen ist, hat sich der Beschwerdeführer mit einer erschlichenen Beschäftigungsbewilligung eine Aufenthaltsberechtigung (im Wege die Erteilung eines Sichtvermerkes) verschafft. Bei diesem Fehlverhalten des Beschwerdeführers ist die Annahme der belangten Behörde, daß der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung, hier das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, gefährde, nicht rechtswidrig.

Angesichts dieser doch gravierenden Beeinträchtigung maßgeblicher öffentlicher Interessen haben die privaten Interessen des Beschwerdeführers an der Erteilung eines Sichtvermerkes - Beschäftigungsbewilligung bis 31. März 1994 - zurückzutreten.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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