VwGH 93/11/0073

VwGH93/11/007325.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. A in W, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 1. März 1993, Zl. MA 14-1437/92, betreffend Eintragung in die Ärzteliste, zu Recht erkannt:

Normen

ÄrzteausbildungsO 1974 §5;
ÄrzteG 1949 §2b;
ÄrzteG 1984 §11 Abs3;
ÄrzteG 1984 §11 Abs4;
ÄrzteG 1984 §3 Abs2 Z3;
ÄrzteG 1984 §3 Abs4;
ÄrzteG 1984 §5 Abs1 idF 1992/461;
ÄrzteG 1984 §8;
ÄrzteausbildungsO 1974 §5;
ÄrzteG 1949 §2b;
ÄrzteG 1984 §11 Abs3;
ÄrzteG 1984 §11 Abs4;
ÄrzteG 1984 §3 Abs2 Z3;
ÄrzteG 1984 §3 Abs4;
ÄrzteG 1984 §5 Abs1 idF 1992/461;
ÄrzteG 1984 §8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies der Landeshauptmann von Wien den Antrag des Beschwerdeführers vom 21. Juli 1992 auf Eintragung in die Ärzteliste als Facharzt für Urologie unter Berufung auf § 11 Abs. 4 des Ärztegesetzes 1984 und § 5 der Ärzte-Ausbildungsordnung ab.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend; er beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat den Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers, der im Juli 1992 die österreichische Staatsbürgerschaft erlangte, mit dem Fehlen der vorgeschriebenen praktischen Ausbildung im Sonderfach Urologie. Sie ging davon aus, daß der Beschwerdeführer ein Medizinstudium an der Universität Kashmir absolviert, dessen Nostrifizierung aber nicht angestrebt habe. Vielmehr sei ihm dieses Studium mit Bescheid vom 19. Juli 1991 für die Fortsetzung des Medizinstudiums an der Universität Wien unter Vorschreibung einer Reihe von Ergänzungsprüfungen angerechnet worden. Der Beschwerdeführer sei erst am 6. Mai 1992 an der Universität Wien zum Doktor der gesamten Heilkunde promoviert worden. Die von ihm absolvierten, vor der Promotion gelegenen Ausbildungszeiten an Kliniken der Universität Wien seien deshalb nicht zu berücksichtigen, weil die vorgeschriebene POSTpromotionelle Ausbildung VOR der Promotion gar nicht möglich sei.

Der Beschwerdeführer bringt im Hinblick auf die durch den Akteninhalt gedeckte Annahme, er sei erst am 6. Mai 1992 an der Universität Wien zum Doktor der gesamten Heilkunde promoviert worden, vor, er habe nachweislich bereits 1977 das Medizinstudium an der Universität Kashmir abgeschlossen, was die Österreichische Ärztekammer in ihrer Bestätigung vom 8. Oktober 1990 auch anerkannt habe. Darin habe sie ausdrücklich auch bestätigt, der Beschwerdeführer habe im Sinne des Ärztegesetzes postpromotionelle praktische Studien zum Facharzt für Urologie (in Österreich) absolviert. Damit lägen die gesetzlich normierten Ausbildungserfordernisse für die Eintragung in die Ärzteliste als Facharzt für Urologie vor, zumal es hiebei nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 1969, Zl. 172/4/69 (richtig: 172/69) allein auf die "Faktizität" ankomme.

Dieses Vorbringen ist nicht berechtigt.

Voraussetzung für die Eintragung in die Ärzteliste ist gemäß § 11 Abs. 3 des Ärztegesetzes 1984 (ÄrzteG), daß der Bewerber die für die Art der Berufsausübung gemäß § 3 vorgeschriebenen Erfordernisse erfüllt. Ist dies nicht der Fall, so hat die Österreichische Ärztekammer die Eintragung in die Ärzteliste mit Bescheid zu versagen (§ 11 Abs. 4 ÄrzteG).

Strittig ist im Beschwerdefall das Erfordernis des § 3 Abs. 4 ÄrzteG, nämlich die praktische, im betreffenden Sonderfach und in den hiefür einschlägigen Nebenfächern mit Erfolg zurückgelegte Ausbildung in der in diesem Bundesgesetz vorgeschriebenen Art und Dauer (§§ 5 und 8). Der die Ausbildung zum Facharzt regelnde § 5 ÄrzteG (idFd Novelle BGBl. Nr. 461/1992) normiert in seinem Abs. 1, daß Personen, die die im § 3 Abs. 2 angeführten Erfordernisse erfüllen und beabsichtigen, sich einem Teilgebiet der Heilkunde als Sonderfach zur selbständigen Betätigung als Facharzt zuzuwenden, sich einer mindestens sechsjährigen praktischen Ausbildung in dem betreffenden Sonderfach sowie in den hiefür einschlägigen Nebenfächern (Turnus zum Facharzt) im Rahmen von Arbeitsverhältnissen zu unterziehen haben. Der in dieser Bestimmung verwiesene § 3 Abs. 2 ÄrzteG normiert als allgemeine Erfordernisse zur Ausübung des ärztlichen Berufes (Z. 1) den Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft, (Z. 2) die Eigenberechtigung und (Z. 3) das an einer Universität in der Republik Österreich ... erworbene Doktorat der gesamten Heilkunde oder ein gleichartiges, im Ausland erworbenes und in Österreich nostrifiziertes Doktorat.

In dem in der Beschwerde genannten Erkenntnis vom 1. Juli 1969, Zl. 172/69 = Slg. 7617/A, befaßte sich der Verwaltungsgerichtshof unter anderem mit der Frage, welche Bedeutung im gegebenen Zusammenhang dem Fehlen des allgemeinen Erfordernisses der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Wertung einer postpromotionellen praktischen Ausbildung beizumessen ist. Er kam dabei zum Ergebnis, der Mangel der österreichischen Staatsbürgerschaft allein sei kein hinreichender Grund, eine den Grundsätzen der postpromotionellen Ausbildung vollauf entsprechende Tätigkeit rechtlich nicht als Ausbildung zum praktischen Arzt zu qualifizieren. Die Eignung einer Person zur Ausübung des ärztlichen Berufes stehe in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem Abschluß des medizinischen Studiums und dem Erwerb weiterer einschlägiger Kenntnisse durch praktische, wenn auch unselbständige Ausübung ärztlicher Tätigkeiten; sie sei aber von der Staatsbürgerschaft einer Person völlig unabhängig.

In seinem Erkenntnis vom 2. Mai 1972, Slg. 8226/A, befaßte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage der Anrechenbarkeit von Praxiszeiten an inländischen Krankenanstalten VOR der (an die Bedingung der vorherigen Ablegung von Ergänzungsprüfungen geknüpften) Nostrifizierung eines im Ausland erworbenen Doktorates der gesamten Heilkunde. Der Gerichtshof verneinte die Anrechenbarkeit solcher Ausbildungszeiten und führte dazu aus, nach § 2b des Ärztegesetzes (1949) seien nur solche Praxiszeiten auf den vorgeschriebenen Ausbildungsturnus anrechenbar, die NACH Erfüllung der allgemeinen Erfordernisse für die Ausübung des ärztlichen Berufes zurückgelegt wurden, es sei denn, es handle sich lediglich um das mit der fachlichen Ausbildung in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehende Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft. Weiters verlange das Gesetz bei einer im Ausland vollzogenen vorpromotionellen Ausbildung neben dem Erwerb eines (einem österreichischen Doktorat der gesamten Heilkunde gleichartigen) ausländischen Doktorates ausdrücklich auch dessen Nostrifizierung in Österreich. Die Anerkennung eines im Ausland erworbenen akademischen Grades unter der Voraussetzung der Ablegung von Ergänzungsprüfungen als einem inländischen akademischen Grad gleichwertig schließe die Annahme aus, daß die Gleichwertigkeit schon auf den (ursprünglichen) Promotionsakt zurückbezogen werden könne bzw. auf diesen zurückwirke (Ex-tunc-Wirkung der Nostrifizierung). Diese zum § 2b ÄrzteG idF vor dem ÄrzteG 1984 entwickelten Grundsätze gelten auch für die unter dem hier maßgeblichen Aspekt inhaltsgleiche Regelung des § 5 Abs. 1 ÄrzteG.

Es kommt somit im gegebenen Zusammenhang bei der Nostrifizierung eines im Ausland erworbenen Doktorates der gesamten Heilkunde darauf an, ob sie mit Ex-nunc- oder mit Ex-tunc-Wirkung erfolgt. Nur im letzteren Fall sind Praxiszeiten VOR der Nostrifizierung auf die vorgeschriebene postpromotionelle praktische Ausbildung anrechenbar.

Im vorliegenden Fall stellt sich diese Frage nicht, da eine Nostrifizierung vom Beschwerdeführer nicht angestrebt und auch nicht ausgesprochen wurde. Was aber für den Fall der Nostrifizierung eines im Ausland erworbenen Doktorates der gesamten Heilkunde unter der Bedingung der Ablegung von Ergänzungsprüfungen gilt, muß in gleicher Weise gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - die an einer ausländischen Universität absolvierte medizinische Ausbildung auf die Ausbildung zum Doktor der gesamten Heilkunde an einer österreichischen Universität unter Vorschreibung von Ergänzungsprüfungen angerechnet wird: Erst mit der Promotion zum Doktor der gesamten Heilkunde kann vom Abschluß jener universitären Ausbildung die Rede sein, die § 3 Abs. 2 Z. 3 ÄrzteG als allgemeines Erfordernis für die in diesem Gesetz vorgeschriebene postpromotionelle praktische Ausbildung für die selbständige Ausübung des Arztberufes normiert. Die belangte Behörde verneinte daher zu Recht die Anrechenbarkeit der Praxiszeiten des Beschwerdeführers VOR seiner Promotion zum Doktor der gesamten Heilkunde am 6. Mai 1992 auf die vorgeschriebene postpromotionelle praktische Ausbildung im Sonderfach Urologie.

Daran vermögen die Hinweise des Beschwerdeführers auf die "Anerkennung" seines Medizinstudiums an der Universität Kashmir durch die Österreichische Ärztekammer und die von ihr ausgestellte Bestätigung vom 8. Oktober 1990 über vom Beschwerdeführer absolvierte "postpromotionelle praktische Studien zum Facharzt für Urologie" nichts zu ändern. Denn dabei ging es jeweils um Fragen im Zusammenhang mit den Regelungen des § 16 Abs. 2, 3 und 6 ÄrzteG über die (nur zu Studienzwecken gestattete) Ausübung ärztlicher Tätigkeiten durch Personen mit einem nicht den Erfordernissen des § 3 Abs. 2 Z. 3 entsprechenden medizinischen Doktorat bzw. einer sonstigen ausländischen medizinischen Hochschulbildung. In diesen Schriftstücken kommt nicht, wie der Beschwerdeführer offenbar annimmt, zum Ausdruck, die Österreichische Ärztekammer sei davon ausgegangen, beim Beschwerdeführer sei bereits vor seiner Promotion am 6. Mai 1992 das allgemeine Erfordernis des § 3 Abs. 2 Z. 3 ÄrzteG erfüllt gewesen. Der im gegebenen Zusammenhang erhobene Vorwurf der Aktenwidrigkeit geht daher ins Leere.

Die vorstehenden Ausführungen beschränken sich fallbezogen auf die Voraussetzungen für die Erlangung der Berechtigung zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes als Facharzt durch Eintragung in die Ärzteliste gemäß den §§ 3, 5 und 11 ÄrzteG. Ob der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für die Erlangung einer solchen Berechtigung kraft Bewilligung gemäß den §§ 16a bzw. 17 ÄrzteG erfüllt, war nicht zu prüfen, weil es im vorliegenden Fall nicht um die Erteilung einer Bewilligung nach diesen Bestimmungen geht.

Da sich die Beschwerde als nicht begründet erwiesen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

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