VwGH 93/07/0009

VwGH93/07/000918.1.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde 1. des J K und 2. der H K in X, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der OÖ LReg vom 12.11.1992, Zl. Bod-4454/5-1992, betreffend Einräumung von Bringungsrechten (mP: 1. H G, 2. A G, 3. E S, 4. M S, 5. F T und 6. M T), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und den mitbeteiligten Parteien zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von S 120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligten Parteien beantragten im Februar 1991 bei der Agrarbezirksbehörde Linz (ABB) die Einräumung von Bringungsrechten, wobei Grundstücke der Beschwerdeführer einbezogen werden sollten.

Die ABB führte am 9. Juli 1991 über dieses Ansuchen eine mündliche Verhandlung durch. Die Verhandlungsschrift weist unter den Anwesenden den Erstbeschwerdeführer mit dem Zusatz "auch i.V. seiner Gattin H" aus. Bei dieser Verhandlung schlossen die mitbeteiligten Parteien sowie der Erstbeschwerdeführer ein Parteienübereinkommen über die gegenseitige Einräumung von Bringungsrechten.

Mit Bescheid vom 27. Jänner 1992 räumte die ABB die dem Parteienüberkommen entsprechenden Bringungsrechte ein.

Der Erstbeschwerdeführer berief, wobei er die Berufung ausdrücklich auch namens seiner Gattin (der Zweitbeschwerdeführerin) erhob. Er wandte sich gegen die im Servitutsplan 1 dargestellte Bringungsstrecke mit der Begründung, sie sei unzureichend und solle auf die in einem der Berufung beiliegenden Plan skizzenhaft dargestellten zwei Teile erweitert werden. Teil 1 bestehe in der Natur bereits als Weg und werde zur Bewirtschaftung der Grundstücke 3290, 3291 und 3292 als Bringungsweg unbedingt benötigt. Teil 2 solle als Winterfahrtrecht zur besseren Bewirtschaftung der Waldgrundstücke neu begründet werden, weil eine Bewirtschaftung zum nördlichen Bringungsweg sehr erschwerend und zum Teil wegen zu großer Geländeneigung fast unmöglich sei.

Die belangte Behörde veranlaßte einen Erhebungsbericht durch das landwirtschaftlich fachkundige Mitglied des Landesagrarsenates. Dieses kam zu dem Ergebnis, durch die von der ABB eingeräumten Geh- und Fahrtrechte sei ein Anschluß an das öffentliche Wegenetz gegeben und eine zweckmäßige und ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Waldgrundstückes 3291 gewährleistet. Eine zusätzliche Erschließung des Nordteiles des Grundstückes durch ein weiteres Geh- und Fahrtrecht würde wohl die Bewirtschaftungsverhältnisse weiter verbessern, die Bringung der Holzprodukte bis zur Südgrenze des Grundstückes stelle jedoch keine unzulängliche oder den Betrieb mit unverhältnismäßigen Kosten belastende Bewirtschaftungweise dar. Auf Grund der vorhandenen Hangneigung seien bei der Bewirtschaftung des Grundstückes Richtung Süden Gefahren für Mensch und Tier nicht gegeben. Auch die Einräumung eines weiteren Bringungsrechtes über das im Süden angrenzende Wiesengrundstück 3283 bis zum öffentlichen Weg 3284 würde die Bewirtschaftungsverhältnisse nur unwesentlich verbessern. Die Vorteile für die berechtigten Grundstücke wären wesentlich geringer als die Nachteile für das zu belastende Grundstück, die sich aus der Beanspruchung von Wiesengrund, verbunden mit Ertragsminderung und Durchschneidungsverlusten, ergäben. Auch müßte bei einer Bewirtschaftung des Grundstückes Richtung Süden ein in der Natur vorhandener Trauf geöffnet werden, was aus forstlicher Sicht nicht zweckmäßig wäre.

An der von der belangten Behörde durchgeführten Berufungsverhandlung nahmen beide Beschwerdeführer teil. Sie brachten vor, der Erstbeschwerdeführer habe bei der mündlichen Verhandlung vor der ABB eine Ergänzung der Bringungsrechte verlangt und der Verhandlungsleiter habe auch erklärt, daß er wiederkommen werde. Eine Erweiterung der Bringungsrechte sei notwendig.

Mit Bescheid vom 12. November 1992 wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Begründung stützte sie sich im wesentlichen auf den Erhebungsbericht des agrartechnisch sachkundigen Senatsmitglieds.

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Einräumung der ihnen gesetzlich zustehenden Bringungsrechte verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligten Parteien haben ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen und ihnen den Ersatz der Stempelgebühren zuzuerkennen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird vorgebracht, die Zweitbeschwerdeführerin sei bei der erstinstanzlichen Verhandlung am 9. Juli 1991 weder anwesend noch rechtswirksam vertreten gewesen. Mit ihrem Hinweis, daß laut Verhandlungsschrift der Erstbeschwerdeführer bei der Verhandlung die Zweitbeschwerdeführerin vertreten habe und daß die Verhandlungsschrift, da sie den Bestimmungen des § 14 AVG entspreche, vollen Beweis über den Verlauf und den Gegenstand der Verhandlung liefere, übersehe die belangte Behörde, daß die Zweitbeschwerdeführerin bestritten habe, dem Erstbeschwerdeführer für die Verhandlung vor der ABB eine Vollmacht erteilt zu haben. Aufgrund dieses Vorbringens hätte die belangte Behörde entsprechende Ermittlungen anstellen müssen. Da sich der tatsächliche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 1991 nicht mit dem in der Ausschreibung angegebenen gedeckt habe, sei die Zweitbeschwerdeführerin auch nicht durch ihr Nichterscheinen präkludiert. Der erstinstanzliche Bescheid habe ohne ihre Zustimmung Grundstücke in ihrem Eigentum belastet. Zu Unrecht habe die ABB angenommen, eine Begründung könne infolge Zustimmung aller Beteiligten entfallen. Die belangte Behörde habe durch Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides diesen Begründungsmangel übernommen. Dieser Begründungsmangel sei wesentlich, da für die Beschwerdeführer bei den auf Grund der Vereinbarung vom 9. Juli 1991 eingeräumten Bringungsrechten in ihrer Gesamtheit gesehen die damit verbundenen Nachteile die Vorteile überwögen. Falls die ABB bzw. die belangte Behörde ihren Bescheid entsprechend begründet hätten, hätten sie erkannt, daß Bringungsstrecken nur in unzureichendem Ausmaß eingeräumt worden seien.

Ob die Zweitbeschwerdeführerin im Verfahren vor der ABB durch den Erstbeschwerdeführer vertreten war oder nicht, spielt für die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides keine Rolle, da sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung über die in der Berufung begehrte Ergänzung der Bringungsrechte nicht auf eine vom Erstbeschwerdeführer in Vertretung der Zweitbeschwerdeführerin abgegebene Zustimmung oder dgl. gestützt hat und die Parteienrechte der Zweitbeschwerdeführerin, insbesondere das Parteiengehör, im Berufungsverfahren gewahrt wurden.

Soweit die Beschwerde bemängelt, es seien Grundstücke der Zweitbeschwerdeführerin ohne ihre Zustimmung mit Bringungsrechten belastet worden, übersieht sie, daß sich die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht gegen die Belastung ihrer Grundstücke durch die eingeräumten Bringungsrechte richtete und auch nicht eine Abänderung oder Aufhebung dieser Bringungsrechte begehrt wurde, sondern ausdrücklich nur eine Erweiterung derselben. Auch weicht die Beschwerde diesbezüglich vom Beschwerdepunkt ab, in welchem nicht etwa eine unzulässige Belastung von im Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin stehenden Grundstücken durch Bringungsrechte geltend gemacht wird, sondern ausdrücklich die Nichteinräumung gesetzlich zustehender Bringungsrechte.

Unverständlich ist die Beschwerdebehauptung, die belangte Behörde habe ihren Bescheid nicht begründet.

Die Beschwerdeführer werfen den Behörden beider Rechtsstufen eine Verletzung des § 13 a AVG vor und meinen, als unvertretene Partei hätte der Erstbeschwerdeführer schon während der Verhandlung am 9. Juli 1991 angeleitet werden müssen, daß sein Vorbehalt bezüglich der vereinbarten Bringungsrechte in der Niederschrift Aufnahme finde. Im Verfahren vor der belangten Behörde hätte ihm nicht mehr vorgehalten werden können, daß er ohnedies mit den in erster Instanz vereinbarten Bringungsrechten einverstanden gewesen sei.

Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung nicht auf eine Zustimmung des Erstbeschwerdeführers zum Umfang der eingeräumten Bringungsrechte gestützt - dieses Argument verwendet sie lediglich, um dem Einwand der Beschwerdeführer betreffend die Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens zu begegnen - sondern auf das von ihr durchgeführte ergänzende Ermittlungsverfahren. Schon aus diesem Grund geht auch der Einwand in der Beschwerde ins Leere, die belangte Behörde habe es verabsäumt, sich mit dem vom Erstbeschwerdeführer im Berufungsverfahren erstatteten Vorbringen auseinanderzusetzen, im Verfahren vor der ABB habe der Verhandlungsleiter bei der mündlichen Verhandlung am 9. Juli 1991 versprochen, es würden weitere Verhandlungen über eine Erweiterung der Bringungsrechte stattfinden.

Eine weitere Verletzung der Manuduktionspflicht erblicken die Beschwerdeführer darin, daß ihnen von den Mitgliedern der belangten Behörde nicht erläutert worden sei, daß den Ausführungen eines agrartechnisch fachkundigen Senatsmitgliedes nur mit einem auf gleicher fachlicher Ebene befindlichen Gutachten entgegengetreten weren könne. Hätten die Beschwerdeführer die Möglichkeit erhalten, durch ein Gegengutachten die im Erhebungsbericht festgelegten Tatsachen auf fachlicher Ebene zu widerlegen, wäre die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, daß die von den Beschwerdeführern beantragten Bringungsrechte einzuräumen seien.

Diesem Vorbringen ist zunächst entgegenzuhalten, daß dem Gutachten eines agrartechnisch fachkundigen Senatsmitgliedes nicht nur mit einem Gegengutachten entgegengetreten werden kann. Vielmehr ist es der Partei auch ohne Gegengutachten möglich, Unschlüssigkeiten oder Unvollständigkeiten des Gutachtens aufzuzeigen, wie es ihr auch unbenommen ist, Gutachten durch auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelte Argumente zu bekämpfen. Diese Möglichkeit hatten auch die Beschwerdeführer, wie es ihnen auch freigestanden wäre, ein Gegengutachten beizubringen. Sie haben sich aber auf die bloße Behauptung beschränkt, die Einräumung der begehrten erweiterten Bringungsrechte sei - entgegen den Ausführungen des Sachverständigen - notwendig, ohne hiefür eine Begründung anzugeben. Der belangten Behörde ist keine Verletzung des § 13 a AVG vorzuwerfen, sind doch, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen hat, die Verwaltungsbehörden nicht verhalten, Anleitungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten ist, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden könnte (vgl. die bei Hauer - Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., S. 178, angeführte Judikatur).

Die Beschwerdeführer bringen schließlich vor, die Feststellung der belangten Behörde, eine zusätzliche Erschließung des Nordteiles des Waldgrundstückes 3291 verbessere wohl die Bewirtschaftungsverhältnisse, eine Bringung auf Eigengrund bis zur Südgrenze stelle jedoch keine unzulängliche oder mit unverhältnismäßigen Kosten belastete Verbindung dar, sei unrichtig. Sie führen hiezu eine Reihe von ihrer Meinung nach für die Unrichtigkeit dieser Feststellung sprechende Fakten an. In gleicher Weise bekämpfen sie auch die Auffassung der belangten Behörde, die von den Beschwerdeführern begehrte Ausdehnung des Bringungsrechtes für die Grundstücke 3291, 3294 und 3297 würde die Bewirtschaftungsverhältnisse dieser Waldgrundstücke nur unwesentlich verbessern, während im Vergleich dazu die Nachteile für das zu belastende Wiesengrundstück 3283 unverhältnismäßig wären.

Die belangte Behörde hat ihre Auffassung, durch die den Beschwerdeführern im Umfang des erstinstanzlichen Bescheides eingeräumten Bringungsrechte werde eine Situation geschaffen, in welcher nicht mehr davon gesprochen werden könne, daß zur Bringung der im landwirtschaftlichen Betrieb der Beschwerdeführer gewonnenen oder gewinnbaren landwirtschaftlichen Erzeugnisse oder zur Heranschaffung der zur zweckmäßigen Bewirtschaftung erforderlichen Sachen keine oder nur eine unzulängliche oder den Betrieb mit unverhältnismäßigen Kosten belastende Verbindung bestehe (§ 1 Abs. 1 des O.ö. Bringungsrechtegesetzes, LGBl. Nr. 19/1962), auf den Erhebungsbericht des agrartechnisch fachkundigen Mitgliedes des Landesagrarsenates gestützt. Die Beschwerdeführer hatten im Berufungsverfahren Gelegenheit, zu diesen Ausführungen Stellung zu nehmen. Sie haben sich darauf beschränkt, zu behaupten, die angestrebte Erweiterung der Bringungsrechte sei notwendig, ohne hiefür Gründe vorzubringen, die geeignet gewesen wären, die nicht als unschlüssig zu erkennenden Ausführungen im Erhebungsbericht zu erschüttern. Den erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebrachten Fakten, die nach Meinung der Beschwerdeführer gegen die Schlußfolgerungen im Erhebungsbericht sprechen, steht das Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) entgegen.

Aus den angeführten Gründen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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