VwGH 93/06/0096

VwGH93/06/009617.3.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde

1. des J und 2. des G in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der BH Feldkirch vom 25. März 1993, Zl. II - 2513/92, betreffend Erteilung einer Baubewilligung (mP: 1. K in K, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in F, 2. Gemeinde K, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauG Vlbg 1972 §6;
BauRallg impl;
BauRallg;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs3;
AVG §52;
AVG §8;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §30 Abs2;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauG Vlbg 1972 §6;
BauRallg impl;
BauRallg;
RPG Vlbg 1973 §14 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat jedem der Beschwerdeführer Aufwendungen von je S 5.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem an den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde gerichteten Schreiben vom 12. Februar 1992 beantragte die Erstmitbeteiligte die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung eines Pferdestalles mit drei Pferde-Einstellboxen "und den erforderlichen Einrichtungen" (nach der planlichen Darstellung: Jauchegrube und Mistlager) auf Gp. X im Gemeindegebiet der zweitmitbeteiligten Gemeinde. Mit Kundmachung vom 5. März 1992 wurde über dieses Ansuchen eine kommissionelle Verhandlung für den 24. April 1992 anberaumt, zu der auch der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer unter Hinweis auf die Säumnisfolgen im Sinne des § 42 AVG geladen wurden. Nach dem Inhalt des in dieser mündlichen Verhandlung vorgetragenen Gutachtens des Amtssachverständigen des Umweltinstitutes des Landes Vorarlberg vom 2. April 1992 könne zur Frage einer möglichen Geruchsbelästigung durch das geplante Bauvorhaben festgestellt werden, daß sich der geplante "Reitstall" im Bau-Wohngebiet befinde. Die Grundparzelle der erstmitbeteiligten Partei grenze an sechs weitere Grundparzellen, wovon nur zwei eine Bebauung aufwiesen. Vom geplanten Stall sei das Haus Nr. 423 ca. 20 m und das Haus 422 ca. 35 m entfernt. Den Eingabeplänen und der Baubeschreibung könne entnommen werden, daß das Gebäude Ausmaße von 9,3 x 6,2 m mit einer Giebelhöhe von 5,2 m haben werde. Es habe in Erfahrung gebracht werden können, daß nördlich des Stallgebäudes ein Hartplatz für die drei Pferde errichtet werden solle. In einem Telefonat mit der Bauwerberin sei erhoben worden, daß der Hartplatz ein Ausmaß von ca. 25 x 10 m haben werde. Die Pferde würden vor allem im Sommer und in den Nebensaisonen auf einer gepachteten Weide, welche mehrere 100 m vom Stall entfernt sei, gehalten werden. Sie befänden sich dann vor allem in der Nachtzeit im Stall. In der Winterperiode (Dezember bis Februar) sei die Benützung der Weide deutlich seltener zu erwarten. Somit würden die Pferde vorrangig am Hartplatz und im Stall ihren Aufenthalt haben. Der Pferdemist der drei Pferde werde im geplanten Mistlager für jeweils ein halbes Jahr gelagert und dann einem Landwirt zur Düngung übergeben. Zur Beurteilung der möglichen Geruchsbelästigung sei auf die Empfehlung für Mindestabstände von Tierhaltungsbetrieben der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Betriebswirtschaft und Landtechnik (Stand Oktober 1988) zurückgegriffen worden. Die in Kapitel 3 zitierte Tabelle 1 schreibe für Kühe und Pferde, welche sich vorwiegend im Stall befänden, einen Mindestabstand von 0,8 m pro Tier für die Errichtung von Ställen in bewohnten Zonen vor. Dies bedeute im gegenständlichen Fall, daß ein Mindestabstand von 2,4 m vom nächsten Wohngebäude eingehalten werden müsse. Wenn die Tiere vorwiegend im Freien gehalten würden, verringere sich der notwendige Abstand auf die Hälfte und betrage somit 1,2 m. Da gegenüber den "o.g. Abständen (mindestens 20 m bis zum nächsten Haus)" nur ein maximal 2,4 m großer Abstand notwendig wäre, seien "Geruchsbelästigungen nicht zu erwarten". Außerdem könne ein ausreichender Sicherheitsfaktor im gegenständlichen Fall für gegeben angenommen werden. Es ergebe sich daraus die gutachterliche Stellungnahme, daß durch den geplanten Pferdestall, das Mistlager und die Pferdehaltung durch die Geruchsemissionen keine Belästigungen, welche über das ortsübliche Maß hinausgingen, eintreten würden.

Die Beschwerdeführer erhoben in dieser mündlichen Verhandlung ihre bereits vorher schriftlich erstatteten Einwendungen: Der Erstbeschwerdeführer erhob "Einspruch" gegen das Bauvorhaben und brachte darin vor, daß die Betreibung eines Pferdestalles mit allen dazugehörigen Einrichtungen, wie Mistlager und Jauchegrube, für die Anrainer eine Vielzahl von Belästigungen mit sich bringen würde. Der Pferdestall befinde sich unmittelbar gegenüber den Wohnräumen des Erstbeschwerdeführers, weshalb massive Bedenken wegen Geruchs- und Lärmbelästigung angemeldet würden. Weiters befürchte der Erstbeschwerdeführer eine große Fliegenplage. Auch eine zusätzliche Lärmbelästigung, die vorwiegend in der Freizeit, also in den Morgen- und Abendstunden, an Samstagen und an Sonn- und Feiertagen auftreten würde, sei zu erwarten. Es stünden landesweit ausreichend Reitställe zur Verfügung, die auch ein Einstellen von Privatpferden gestatten würden. Der Zweitbeschwerdeführer brachte vor, daß seine Schlafräume, sowie eine offene Sonnenterrasse "unweit vom oben angeführten Bauvorhaben entfernt" liegen würden und befürchtet in diesen Bereichen eine unzumutbare Geruchsbelästigung. Ebenso sei bekannt, daß sich das Auftreten von Fliegen und (anderen) Insekten in der Nähe von Mistlagern stark steigere, sodaß die Benützung der Terrasse als Erholungsraum bzw. auch das Öffnen von Fenstern unmöglich gemacht würden. Weiters erwarte der Zweitbeschwerdeführer eine wesentliche Lärmbelästigung. Da er der Meinung sei, daß die Errichtung von Stallungen in unmittelbarer Nähe von Wohnhäusern für die Betroffenen nicht zumutbar sei und die erstmitbeteiligte Partei auch an anderen Orten ihrem Hobby schon bisher habe nachgehen können, wende er sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung für dieses Objekt.

Nach einer in der Folge von der Behörde erster Instanz eingeholten Stellungnahme der Raumplanungsstelle der Vorarlberger Landesregierung vom 21. Mai 1992 gelte allgemein der Grundsatz, daß die Haltung von Haustieren sozialen Bedürfnissen diene, sofern sie im Rahmen einer Freizeitbetätigung und ohne Gewinnabsicht erfolge. Die ganzjährige Haltung eines Pferdes und zweier Ponys bewege sich im Rahmen einer Freizeitbetätigung. Ob mit unzumutbaren Gefahren oder Belästigungen für die Umgebung zu rechnen sei, bedürfe im Zweifel der Beurteilung durch einen Sachverständigen. Die Frage der Geruchsbelästigung sei bereits beurteilt worden. Hinsichtlich der Lärmbelästigungen werde die Auffassung vertreten, daß "bei dieser Größenordnung mit unzumutbaren Belästigungen nicht zu rechnen ist; im Zweifel wäre auch hiezu ein Gutachter beizuziehen". In jedem Fall solle jedoch der Baubescheid Regelungen über die Lage und Beseitigung des Mistes bzw. der Jauche enthalten, weiters sollte die maximale Tierzahl festgelegt werden. Die Beschwerdeführer hielten - konfrontiert mit dieser Stellungnahme - ihre Einwendungen aufrecht.

Der Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Gemeinde holte ferner ein medizinisches Sachverständigengutachten des Gemeindearztes vom 29. Mai 1992 ein, welches lautet:

"Stellungnahme

Nach Durchsicht der vorhandenen Literatur und des Gutachtens des Umweltinstitutes des Landes Vorarlberg, sowie nach Rücksprache mit dem Bundeshygieneinst. der Univ. Innsbruck und dem Landesveterinär für Vorarlberg Dr. E kann folgendes Statement abgegeben werden:

Belästigungen durch Geruchsemissionen, welche das ortsübliche Ausmaß überschreiten würden, können ausgeschlossen werden (siehe Gutachten des Umweltinstitutes des Landes Vorarlberg).

Eine unzumutbare Belästigung der Anrainer durch Fliegen bzw. Insekten kann ebenfalls ausgeschlossen werden, da bei Pferdehaltung bzw. Pferdemistdeponie eine solche nicht bekannt ist. Krankheiten, welche durch Insekten bzw. Fliegen vom Pferd auf den Menschen übertragen werden können, sind in Mitteleuropa keine bekannt, sodaß auch keine gesundheitlichen Gefährdungen für die Anrainer zu befürchten sind."

Ferner holte der Bürgermeister das Gutachten des Amtstierarztes der Bezirkshauptmannschaft vom 5. Juni 1992 ein, welches wie folgt lautet:

"Aus dem Umfang der geplanten Pferdehaltung und den Abständen zu den Nachbarobjekten bzw. Grundstücken sind keine unzumutbaren Immissionen für die Anrainer zu erwarten. Bei einigermaßen sachgerechter Haltung besteht bei drei Pferden weder eine Gefährdung durch Krankheitserreger noch können sich unzumutbare Lärm- und Geruchsbelästigungen entwickeln. Einer möglichen Belästigung durch vermehrtes Auftreten von Fliegen kann durch einfache Maßnahmen wirksam entgegengetreten werden (Containerlagerung)."

In seiner Stellungnahme vom 20. Juni 1992 hielt der Zweitbeschwerdeführer daran fest, daß alle diese Überlegungen nichts daran ändern würden, daß die geplante Anlage mit der Wohngebietswidmung nicht vereinbar sei und diese nicht widmungskonform machen könnten. Ein Pferdestall sei mit der Wohngebietswidmung schon vom Typus her unvereinbar. Der Erstbeschwerdeführer führt in seiner Stellungnahme u.a. aus, daß die Haltung von Haustieren vorwiegend wirtschaftliche oder soziale Bedürfnisse befriedigen solle. Es sei wohl kaum als sozial zu bezeichnen, einen Pferdestall mit den dazugehörigen Anlagen vor die Wohnhäuser zu stellen und damit die Bewohner der Häuser mit weiteren, bereits bekannten Unannehmlichkeiten zu belasten. Bei der Haltung von einem Pferd und zwei Ponys könne nicht mehr von Haustierhaltung, sondern es müsse von landwirtschaftlicher Nutzung gesprochen werden. Es sei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht gestattet, eine mit dem Wohngebiet nicht verträgliche Anlage mittels Bauauflagen widmungskonform zu machen. Nach dieser Rechtsprechung sei ein Pferdestall mit der Wohngebietswidmung unvereinbar.

Nach einem weiteren von der erstinstanzlichen Behörde eingeholten tierärztlichen Gutachten sei "laut Bauplan das nächstgelegene Haus 423 ca. 20 m vom geplanten Stall" entfernt. Bei ordnungsgemäßer Lagerung des Mistes seien auf diese Entfernung "sicher keine gesundheitlichen Gefahren für die Anrainer zu erwarten". Um jeder Geruchsbelästigung mit Sicherheit vorzubeugen, könne sich der Sachverständige "eine ein- bis zweimal wöchentlich vorzunehmende Kalkbestreuung des Miststockes mit 1 bis 2 kg Düngekalk vorstellen". Dadurch wäre auch eine "Desinfektion und Aufwertung des Mistes" als Dünger gegeben. Die Lagerung der Jauche in einer geschlossenen Jauchegrube und das erforderliche Ausbringen von höchstens einbis zweimal jährlich ergebe keine Gefahren oder Belästigungen, die über das übliche Maß hinausgingen.

Nach Einholung von abschließenden Stellungnahmen der beiden Beschwerdeführer zu diesen gutachtlichen Ausführungen erteilte der Bürgermeister der zweitmitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 7. Oktober 1992 die beantragte Baubewilligung unter zahlreichen Vorschreibungen. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden teils als unbegründet abgewiesen, teils als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides vertritt die Behörde nach Zitierung des § 14 Abs. 3 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 15/1973 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 61/1988, die Auffassung, es gelte allgemein der Grundsatz, daß Haustier- bzw. Hobbytierhaltung sozialen Bedürfnissen diene und mit einer Wohngebietswidmung grundsätzlich vereinbar sei, sofern sie im Rahmen einer Freizeitbetätigung und ohne Gewinnabsicht erfolge. Das ganzjährige Halten eines Pferdes und eines Ponys erfolge im Rahmen einer Freizeitbetätigung. Durch verschiedene Auflagen (gestützt auf die eingeholten Gutachten) werde "belegt", daß das Projekt keine Belästigung der Nachbarn erwarten lasse. Nach Zitierung der Gutachten führte die Behörde erster Instanz weiters aus, die Beschwerdeführer hätten im Rahmen des Parteiengehörs alle Gutachten zur Abgabe einer Stellungnahme erhalten. Im übrigen stütze sich der Spruch und die in ihm enthaltenen Bedingungen und Auflagen auf die zitierten Gesetzesstellen und das Ergebnis des durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Darin wiesen sie - im wesentlichen übereinstimmend - darauf hin, daß gemäß § 14 Abs. 3 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes Pferdeställe in Wohngebieten nicht errichtet werden dürften und daß es im Gemeindegebiet der zweitmitbeteiligten Gemeinde bereits das Beispiel eines solchen Pferdestalles gebe und die dortigen Nachbarn in unzumutbarer Weise durch Fliegen und sonstige Insekten belästigt würden.

Mit Bescheid der Gemeindevertretung der zweitmitbeteiligten Gemeinde vom 18. November 1992 wurde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Dazu heißt es in der Begründung, daß über die in der Berufung vorgebrachten Einwände der Beschwerdeführer bereits bei der Bauverhandlung bzw. im Zuge des weiteren Ermittlungsverfahrens abgesprochen und dies sehr umfangreich begründet worden sei. Im wesentlichen vertrat auch die Berufungsbehörde die Auffassung, daß durch die Haltung eines Pferdes und zweier Ponys keine Belästigungen zu erwarten seien, die über das ortsübliche Ausmaß hinausgingen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung. Die belangte Behörde holte ein weiteres Gutachten des Amtssachverständigen des Umweltinstitutes des Landes Vorarlberg ein, wobei Zweifel der belangten Behörde an der Widmungskonformität eines Pferdestalles im Wohngebiet geäußert und um Abgabe eines Gutachtens hinsichtlich der möglichen Geruchsbelästigung durch den Pferdestall unter Berücksichtigung der bestehenden Flächenwidmung ersucht wurde. Es möge auch mitgeteilt werden, ob und in welchem Umfang allenfalls eine Reduzierung der Pferdehaltung notwendig wäre. Im Gutachten vom 22. Dezember 1992 führt der Amtssachverständige aus, daß über das Ausmaß von Geruchsemissionen bei der Pferdehaltung in dieser Größenordnung nur wenige Untersuchungen bestünden. Ausgehend von der in einem näher bezeichneten Gutachten zitierten Richtlinie und unter Berücksichtigung der Erfahrungen könnten die von Pferden verursachten Geruchsemissionen als "eher niedrig im Vergleich zu anderen Nutztieren" eingestuft werden. Auch die von der Mistlagerung ausgehenden Geruchsemissionen seien erfahrungsgemäß niedrig, da bei der Pferdehaltung hohe Einstreumengen erforderlich seien. Dennoch könne nicht absolut gewährleistet werden, daß bei den Nachbarn in den kommenden Jahrzehnten überhaupt keine Geruchsimmissionen auftreten würden. Angesichts der niedrigen Immissionen seien jedoch solche Ereignisse nur selten und in geringer Intensität zu erwarten. Inwieweit solche Ereignisse dennoch als Belästigung eingestuft würden, sei "zwangsläufig subjektiv geprägt". Unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse (landwirtschaftliche Nutzung mit teilweise massiven und länger andauernden Geruchsimmissionen bzw. Jaucheausbringung auf die benachbarten Felder) könnten die zu erwartenden Geruchsimmissionen nach Auffassung des Sachverständigen für Luftreinhaltung nicht als Belästigung gewertet werden.

In seiner Stellungnahme vom 16. Jänner 1993 trug der Erstbeschwerdeführer vor, daß die geringste Entfernung des Pferdestalles (Jauchegrube und Mistlager) zu seinem Wohnhaus nicht 20 m sondern nur 13 m betrage. Aus dem beigelegten Lageplan sei ebenfalls ersichtlich, daß sämtliche am Reitstall auszuführenden und zum Reitbetrieb notwendigen Arbeiten unmittelbar vor den Wohnräumen des Beschwerdeführers stattfänden. Daß dabei keine Belästigungen durch Geruchsemissionen bzw. Lärm auftreten würden, könne auch das Gutachten nicht ausschließen. Das Gutachten gehe nicht im geringsten auf das Problem der Fliegenplage ein, die "zwangsläufig auf uns zukommen wird". Diese Probleme seien der Baubehörde aufgrund bereits bestehender Pferdeställe bekannt. Der "Einwand der landwirtschaftlichen Nutzung" könne nicht anerkannt werden, da die Entfernungen zu diesen landwirtschaftlichen Flächen ein Vielfaches des Abstandes zum Pferdestall betrügen und zweitens durch die Jaucheausbringung nur kurzzeitige Belastungen im Frühjahr bzw. im Herbst durch wenige Tage auftreten würden. Bei der "Bewirtung eines Pferdestalles" fielen die Belastungen der Umwelt, "bei seriöser Führung, täglich und während des ganzen Jahres an". Es wäre für die Erstmitbeteiligte durchaus möglich, den Pferdestall im südlichen Teil der Grundparzelle zu errichten, wodurch größere Abstände zum Wohnhaus des Beschwerdeführers gegeben wären. Diese Variante sei auch bei der ersten Bauverhandlung vorgeschlagen worden. Der Pferdestall würde dann an landwirtschaftliches Gebiet grenzen und größere Abstände wären ebenfalls gegeben. Der Zweitbeschwerdeführer vertrat in seiner Stellungnahme vom 19. Jänner 1993 eine im wesentlichen ähnliche Auffassung. Die Pferde kämen bis auf 4 m an die Wohnräume des Zweitbeschwerdeführers heran, weshalb bei bestimmten Wetterlagen starker Pferdegeruch in das Schlafzimmer eindringe. Gegen eine Verlagerung des Pferdestalles zur Südseite des Wohnhauses der erstmitbeteiligten Partei, wo auch ausreichend Raum zur Verfügung wäre, hätte der Zweitbeschwerdeführer keine Einwände.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. März 1993 wurde den Vorstellungen der Beschwerdeführer keine Folge gegeben. Nach einer Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und unter Hinweis auf das ergänzend eingeholte Sachverständigengutachten vertrat die belangte Behörde - entsprechend auch den Stellungnahmen der Raumplanungsstelle des Amtes der Vorarlberger Landesregierung - die Auffassung, daß eine "Haustier- bzw. Hobbytierhaltung" vorliege, diese sozialen Bedürfnissen diene und daher insofern mit einer Wohngebietswidmung grundsätzlich vereinbar sei. Das Ausmaß allfälliger Belästigungen sei anhand von Gutachten im konkreten Einzelfall festzustellen. Hinsichtlich der Einhaltung von widmungsrechtlichen Vorschriften (Flächenwidmungsplan) komme dem Nachbarn gemäß § 30 Abs. 1 des Vorarlberger Baugesetzes keine Parteistellung zu. Die gesetzlich vorgeschriebenen Abstandsflächen nach § 6 des Baugesetzes würden beim gegenständlichen Bauvorhaben eingehalten. Dem Nachbarn komme zwar bei Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 6 Abs. 10 des Baugesetzes ein Rechtsanspruch auf Festsetzung größerer Abstände zu, diese Bestimmung komme jedoch hier deshalb nicht zur Anwendung, weil sich aus § 14 Abs. 3 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes ergebe, daß neben dem Vorliegen der dort aufgezählten Bedürfnisse von dem Bauwerk bei ordnungsgemäßer Benützung "keine Gefahren oder Belästigungen" ausgehen dürften. Die Formulierung nach § 14 Abs. 3 des Raumplanungsgesetzes stelle daher "an die Widmungskonformität eines nicht Wohnzwecken dienenden Gebäudes im Bau-Wohngebiet hinsichtlich der Auswirkungen einen strengeren Maßstab dar" als etwa § 6 Abs. 10 des Baugesetzes, der auf die "das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarn" abstelle oder etwa die Gewerbeordnung, welche im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren hinsichtlich des Schutzes der Nachbarn auf unzumutbare Beeinträchtigungen oder Gesundheitsgefährdungen abstelle. Wäre es im gegenständlichen Falle darum gegangen, abzuklären, ob aufgrund der Geruchsemissionen der Anlage die Einhaltung größerer Abstände nach § 6 Abs. 10 des Baugesetzes vorgeschrieben werden müßten, hätte nach Auffassung der Vorstellungsbehörde die Errichtung des Pferdestalles von vornherein der bestehenden Flächenwidmung widersprochen. Die Baubehörde habe daher mit Recht die übrigen Vorbringen der Beschwerdeführer hinsichtlich Lärm- und Geruchsbelästigungen, Belästigungen durch Fliegen und Insekten udgl. abgewiesen. Mit dem von der belangten Behörde eingeholten ergänzenden Sachverständigengutachten sei klargestellt, daß Belästigungen für die Einwohner im Sinne des § 14 Abs. 3 Raumplanungsgesetz objektiv nicht zu erwarten seien bzw. allenfalls auftretende Geruchsimmissionen üblicherweise von den Nachbarn nicht als Belästigungen empfunden würden. Die Pferdehaltung für Hobbyzwecke diene nach den "heutigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen" einem sozialen Bedürfnis der Bewohner. Im gegenständlichen Fall handle es sich um ein locker verbautes Wohngebiet, welches fast zur Gänze (außer nordseitig) an Landwirtschaftsgebiet angrenze. Nach Auffassung der Behörde diene die gegenständliche Hobbytierhaltung sozialen Bedürfnissen und sei grundsätzlich mit der Widmung als Wohngebiet vereinbar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10317/A, und die seither ständige Rechtsprechung).

Die - rechtzeitig erhobenen - Einwendungen der Beschwerdeführer gegen die Errichtung eines Pferdestalles auf dem Grundstück der erstmitbeteiligten Partei lassen sich dahin zusammenfassen, daß sie sich infolge der damit verbundenen Insekten-, Lärm- und Geruchsbelästigung in ihren Rechten als verletzt und ein solches Projekt im Wohngebiet für unzulässig erachten.

Die Rechte der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nach dem Vorarlberger Baugesetz, LGBl. Nr. 39/1972 in der Fassung des Landesgesetzes, LGBl. Nr. 47/1981, werden in § 30 Abs. 1 und 2 leg. cit. wie folgt umschrieben:

"(1) Über Einwendungen der Nachbarn, die sich auf Rechte stützen, die durch folgende Vorschriften begründet werden, ist in der Erledigung über den Bauantrag abzusprechen:

a) § 4, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;

b) § 6, insoweit er den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft und Lärm, betrifft;

c) § 9 Abs. 1 hinsichtlich von Einfriedungen an der Grenze eines Nachbargrundstückes;

d) § 12 Abs. 1, insoweit er sich auf Einrichtungen auf Nachbargrundstücken bezieht, die eines besonderen Schutzes gegen Lärm und sonstige Belästigungen bedürfen;

e) § 17, soweit mit Auswirkungen auf Nachbargrundstücke zu rechnen ist;

f) § 37 Abs. 4, soweit er dem Schutz der Nachbarn dient.

(2) Einwendungen der Parteien, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlicher-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, sind als unzulässig zurückzuweisen, Einwendungen, die sich auf das Privatrecht stützen, sind auf den Rechtsweg zu verweisen."

Die Aufzählung der Nachbarrechte in § 30 Abs. 1 Baugesetz ist - wie sich aus Abs. 2 dieser Bestimmung zweifelsfrei ergibt - eine taxative (vgl. die Erkenntnisse vom 6. Juli 1981, Slg. Nr. 10514/A, vom 26. April 1984, Zl. 82/06/0110, BauSlg. 250, u.a.).

Daraus ergibt sich zunächst, daß weder hinsichtlich der Einhaltung des Flächenwidmungsplanes, noch hinsichtlich eines allgemeinen Schutzes vor Immissionen ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht besteht (vgl. die Erkenntnisse vom 6. Juli 1981, Slg. Nr. 10514/A, und vom 24. Jänner 1991, Zl. 89/06/0106, u. a.), wohl aber - fallbezogen - gemäß § 30 Abs. 1 lit. b Baugesetz hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des § 6 leg. cit. über die Abstandsflächen (vgl. das Erkenntnis vom 16. September 1982, Zlen. 82/06/0062, 0063, Slg. Nr. 10815/A - nur Leitsatz).

Soweit in den Vorschriften über die Abstandsflächen auch an jene über die Flächenwidmung bzw. an die in diesem Zusammenhang jeweils zulässigen Immissionen angeknüpft wird, sind diese auch im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Nachbarrechten im Sinne des § 6 Baugesetz von Bedeutung (vgl. das Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/06/0143).

§ 6 Baugesetz lautet im hier interessierenden Zusammenhang auszugsweise:

"(7) Von der Nachbargrenze müssen oberirdische Gebäude mindestens 3 m entfernt werden.

(8) ...

(9) Wegen der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes oder aus Gründen einer zweckmäßigeren Bebauung kann die Behörde mit Genehmigung des Gemeindevorstandes von den in Abs. 2 bis 8 vorgeschriebenen Abstandsflächen und Abständen Ausnahmen zulassen, wenn dadurch die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes nicht beeinträchtigt werden.

(10) Die Behörde kann auch größere als in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebene Abstandsflächen und Abstände festsetzen, wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Maß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten läßt."

Gemäß § 14 Abs. 3 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes (RPG), LGBl. Nr. 15/1973 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 61/1988, sind Wohngebiete Gebiete, die für Wohngebäude bestimmt sind; andere Bauwerke und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie den kulturellen, wirtschaftlichen oder sozialen Bedürfnissen der Einwohner des Gebietes dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahr oder Belästigung für die Einwohner mit sich bringt. Unter den gleichen Voraussetzungen dürfen in Wohngebieten dem Fremdenverkehr dienende Gebäude und Anlagen errichtet werden.

Die - oben wiedergegebene - Begründung der belangten Behörde läuft nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hinaus, daß die Nachbarn nicht mit Erfolg eine Verletzung ihrer Rechte im Sinne des § 6 Abs. 10 Baugesetz geltend machen können, wenn dies - zugleich - den Einwand der Widmungswidrigkeit beinhalten würde.

Damit verkennt die belangte Behörde die Reichweite der Regelung des § 6 Abs. 10 Baugesetz: Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist bei Beurteilung der Frage, ob Emissionen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarschaft im Sinne dieser Bestimmung herbeiführen, von einem sich an der für das zu bebauende Grundstück im Flächenwidmungsplan festgelegten Widmungskategorie orientierenden Durchschnittsmaßstab auszugehen (vgl. das Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/06/0143, unter Hinweis auf das Erkenntnis vom 13. April 1989, Zlen. 87/06/0003, 0004). Bauführungen, deren Emissionen nach der Widmungsart unzulässig wären, können daher nicht als ortsüblich im Sinne des § 6 Abs. 10 angesehen werden (vgl. neuerlich das Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/06/0143).

Auch wenn daher den Nachbarn nach dem System der subjektiv-öffentlichen Rechte des Vorarlberger Baugesetzes ein unmittelbarer Anspruch auf Einhaltung der Flächenwidmung nicht zukommt, so genießen sie im Rahmen des § 6 Abs. 10 doch einen auf die jeweilige Widmung bezogenen Belästigungsschutz, der - umsomehr - dann zum Tragen kommt, wenn eine an sich widmungswidrige Bauführung Belästigungen im Sinne dieser Bestimmung verursacht. Auch hier reicht das Nachbarrecht freilich primär nur soweit, als durch eine Vergrößerung der Abstandsflächen eine Belästigung der Nachbarn (ungeachtet der Widmungswidrigkeit der Bauführung) vermieden werden kann. Ist dies jedoch aufgrund der Intensität der Belästigung oder der Größe des Baugrundstückes nicht möglich, kommt dem Nachbarn auch das Recht auf Nichterteilung der Baubewilligung zu (vgl. die Erkenntnisse vom 14. Jänner 1987, Slg. Nr. 12373/A, vom 9. Juli 1992, Zl. 92/06/0062, und das bereits erwähnte Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 91/06/0143).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist somit im Beschwerdefall zunächst die Frage von Bedeutung, ob Geruchsbelästigungen durch einen Pferdestall im Wohngebiet als "ortsüblich" beurteilt werden können. Dies hängt nach der Rechtsprechung u.a. von der Widmungskonformität eines Pferdestalles im Wohngebiet ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich mit Pferdeställen in Wohngebieten schon wiederholt zu beschäftigen. Im Wohngebiet nach § 13 des Nö Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 275/1968 (in der damals anzuwendenden Fassung) sind Wohngebäude und die dem Bedarf der Bevölkerung dienenden Nebengebäude zulässig, durch deren Nutzung "aller Voraussicht nach das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß an Beeinträchtigung der Umgebung nicht überschritten wird". Gestützt auf diese Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof das Bauansuchen hinsichtlich einer unterirdischen Reithalle mit Stallgebäude als widmungswidrig angesehen und im übrigen darauf verwiesen, daß es sich um eine Sportanlage handle (vgl. das Erkenntnis vom 20. März 1984, Zl. 83/05/0202). Im Erkenntnis vom 16. Dezember 1986, Zl. 86/05/0028, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß ein Pferdestall und die dazugehörige Futterhütte der landwirtschaftlichen Nutzung dienten und der Widmung Bauland-Wohngebiet (ebenfalls nach dem Nö Raumordnungsgesetz) widersprächen. Auch in dem zum Oö Raumordnungsgesetz ergangenen Erkenntnis vom 16. Februar 1988, Zl. 87/05/0151, verneinte der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer Reithalle samt Ställen im Wohngebiet, wobei gemäß § 16 Abs. 3 des Oö ROG andere als Wohngebäude nur errichtet werden durften, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen dienten und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren oder "unzumutbare Belästigungen" für die Bewohner mit sich brachte. Im Erkenntnis vom 26. Jänner 1989, Zl. 88/06/0231, hat der Verwaltungsgerichtshof schließlich einen Pferdestall mit drei Einstellboxen im Wohngebiet gemäß § 12 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes für unzulässig gehalten: Auch nach dieser Bestimmung ist im Wohngebiet die Errichtung von Bauten für Betriebe und Einrichtungen zulässig, die u.a. den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebietes dienen und wenn durch die Benützung dieser Bauten u.a. keine unzumutbare Geruchsbelästigung zu befürchten ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hält - wie schon in den beiden zuletzt zitierten Erkenntnissen der Sache nach zum Ausdruck kommt - an seiner Rechtsprechung fest, daß ein Pferdestall (bzw. die Pferdehaltung) nicht sozialen Bedürfnissen dient:

Dabei handelt es sich nämlich schon nach der Wortbedeutung um auf die menschliche Gemeinschaft bzw. Gesellschaft bezogene Bedürfnisse, die in entsprechenden baulichen Einrichtungen befriedigt werden können, wie etwa Gastwirtschaften, Kindergärten oder andere Freizeiteinrichtungen, wie sie im Wohngebiet üblich sind (zur Bedeutung von "sozial" vgl. auch Brockhaus-Wahrig, Deutsches Wörterbuch in sechs Bänden,

5. Band, 814 "Sozial"). Die Pferdehaltung kann auch nicht als eine im Wohngebiet übliche Haustierhaltung angesehen werden; sie dient vielmehr in der Regel sportlichen, allenfalls auch landwirtschaftlichen Zwecken. Ein Pferdestall der vorliegenden Art ist daher schon nach seinem Typus im Wohngebiet nicht zulässig.

Da gemäß § 14 Abs. 3 RPG auch für Wohngebiete geeignete Bauwerke und sonstige Anlagen nur errichtet werden dürfen, wenn (überdies) ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren und Belästigungen für die Einwohner mit sich bringt, genießen die Beschwerdeführer im Wohngebiet im Hinblick auf das Projekt der erstmitbeteiligten Partei (welches zufolge seiner Widmungswidrigkeit jedenfalls nicht als ortsüblich angesehen werden kann) gemäß § 6 Abs. 10 BauG einen Belästigungsschutz. Im Falle von Belästigungen durch Lärm oder üble Gerüche ist daher durch Festsetzung größerer Abstandsflächen sicherzustellen, daß eine im Wohngebiet unzulässige Belästigung unterbleibt.

Die danach entscheidende Frage, ob für die Beschwerdeführer eine solche Belästigung zu besorgen ist, hat die belangte Behörde - gestützt auf ein von ihr eingeholtes Gutachten des Amtssachverständigen des Umweltinstitutes des Landes Vorarlberg - im wesentlichen mit den Argumenten verneint, die Geruchsimmissionen seien im Verhältnis zu "anderen Nutztieren" eher niedrig und das Belästigungsempfinden zwangsläufig subjektiv geprägt. Unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse (landwirtschaftliche Nutzung mit teilweise massiven und teilweise länger andauernden Geruchsimmissionen durch die Jaucheausbringung auf den benachbarten Feldern) könnten die zu erwartenden Geruchsimmissionen nicht als Belästigung gewertet werden.

Diesen Überlegungen ist zunächst entgegenzuhalten, daß § 14 Abs. 3 RPG in Verbindung mit § 6 Abs. 10 BauG keinen Hinweis dafür bietet, daß der darin normierte Belästigungsschutz unter dem Vorbehalt einer ohnehin bereits bestehenden Belästigung aus angrenzenden Flächen mit anderer Widmungsart stünde. Fallweise auftretende Geruchsimmissionen aus einer dort zulässigen landwirtschaftlichen Tätigkeit rechtfertigen daher nicht die Errichtung von Bauwerken, die etwa unmittelbar vom im Wohngebiet liegenden Nachbargrundstück ausgehende Geruchsbelästigungen für andere Grundstücke des Wohngebietes erwarten lassen. Verfehlt ist aber auch der Vergleichsmaßstab der belangten Behörde, nämlich "andere Nutztiere". Nicht die Geruchsemission der Pferde im Verhältnis zu anderen Nutztieren ist maßgebend, sondern die Frage, ob und welche Geruchsemissionen von einem Pferdestall auf dem Nachbargrundstück im Verhältnis zu jenem Zustand, bei dem sich ein solcher Pferdestall auf dem Nachbargrundstück nicht befindet, ausgehen bzw. ob durch Festlegung größerer Abstände Geruchs- oder Lärmbelästigungen auf dem Nachbargrundstück vermieden werden können.

Der belangte Behörde kann aber auch darin nicht zugestimmt werden, daß sie die Frage der Belästigung augenscheinlich als eine solche der Sachverständigen betrachtet. Sie hat dabei übersehen, daß es sich dabei um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt; die Frage, ob ein bestimmter Sachverhalt eine "Belästigung" bedeutet, ist daher als Rechtsfrage von der Behörde (bzw. vom Verwaltungsgerichtshof) und nicht vom Sachverständigen zu lösen. Dieser hat vielmehr nur die Aufgabe, die als Ursache der Belästigung in Betracht kommenden Immissionen hinsichtlich Art und Ausmaß (gegebenenfalls auch hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung und ihres physikalischen Verhaltens) zu beschreiben und - soweit dazu nicht das allgemeine Erfahrungswissen ausreicht - auch darzulegen, ob, in welcher Weise und unter welchen Voraussetzungen sie als unangenehm empfunden werden. Diesen Anforderungen genügen die bisherigen Sachverständigengutachten nicht. Hinsichtlich der im Gutachten des Umweltinstitutes vom 2. November 1992 genannten Empfehlung einer schweizerischen Forschungsanstalt wäre überdies darzulegen, für welche Verhältnisse diese Empfehlung gedacht ist und ob diese den Anforderungen des § 14 Abs. 3 RPG gleichkommen. Sollte es sich dabei - voraussetzungsgemäß - um Verhältnisse in der Umgebung gewerblicher Massentierhaltungen handeln (worauf die knappen Abstände "pro Tier" hindeuten), könnte von einer Vergleichbarkeit für das Wohngebiet wohl nicht die Rede sein. Auch in der Verneinung der von den Beschwerdeführern befürchteten Fliegenplage begnügen sich die Gutachten mit Behauptungen, ohne darzulegen, aus welchen Gründen gerade Pferdemist oder Pferdegeruch - offenbar im Gegensatz zu den Verhältnissen bei manchen anderen Tieren - keine Insekten anlockt.

Bei Beurteilung solcher Belästigungen ist zwar ein objektiver Maßstab in dem Sinne anzulegen, daß vom Empfinden eines Durchschnittsmenschen auszugehen ist (sodaß es z.B. auf eine besondere Geruchsempfindlichkeit im Einzelfall nicht ankommt), es sei jedoch im Hinblick auf die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde darauf hingewiesen, daß Stallgeruch und der Geruch von Mistlegen bzw. Jauchegruben schon nach allgemeiner Erfahrung nicht nur "subjektiv", sondern auch objektiv Belästigungen darstellen, die Nachbarn im Wohngebiet im Sinne des § 14 Abs. 3 RPG nicht hinnehmen müssen.

Sollte das fortgesetzte Verfahren eine Geruchs- und Lärmbelästigung der Beschwerdeführer in dem von ihnen behaupteten Sinne ergeben und durch Festlegung größerer Abstände im Sinne des § 6 Abs. 10 Baugesetz (wie dies die Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren vorgeschlagen haben) nicht vermieden werden können (oder die erstmitbeteiligte Partei nicht bereit sein, ihr Projekt dementsprechend abzuändern), käme den Beschwerdeführern ein Rechtsanspruch auf die Versagung der Baubewilligung zu.

Da die belangte Behörde diese Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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