VwGH 93/05/0254

VwGH93/05/025429.3.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des D in O, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Mai 1993, Zlen. R/1-V-92156, R/1-V-92156/01, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. AM, 2. GM, beide in O, 3. Stadtgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO NÖ 1976 §100 Abs2;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9 Z4;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §5 Abs2 Z1;
BauO NÖ 1976 §5 Abs3;
BauO NÖ 1976 §99 Abs4;
BauRallg;
VwRallg;
AVG §8;
BauO NÖ 1976 §100 Abs2;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9 Z4;
BauO NÖ 1976 §118 Abs9;
BauO NÖ 1976 §5 Abs2 Z1;
BauO NÖ 1976 §5 Abs3;
BauO NÖ 1976 §99 Abs4;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit gesonderten Bescheiden des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 15. Juni 1992 wurde dem Erstmitbeteiligten und der Zweitmitbeteiligten dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einerseits die baubehördliche Bewilligung zum Abbruch eines Nebengebäudes auf dem Grundstück Nr. 40 und andererseits die Baubewilligung zum "Neubau eines landwirtschaftlichen Betriebsgebäudes" auf diesem Grundstück erteilt. Im Bescheid über die Bewilligung des Neubaues wurden die vom Beschwerdeführer anläßlich der Bauverhandlung schriftlich erhobenen Einwendungen "als unzulässig zurückgewiesen".

Auf Grund der gegen beide Bescheide eingebrachten Berufungen des Beschwerdeführers ergingen die gesonderten Bescheide des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 13. Juli 1992, mit welchen die Rechtsmittel des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und die erstinstanzlichen Bescheide jeweils vollinhaltlich bestätigt worden sind.

Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 17. Mai 1993 wurden die vom Beschwerdeführer gegen diese Berufungsbescheide eingebrachten Vorstellungen gemäß § 61 Abs. 4 der NÖ Gemeindeordnung 1973 als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 1993, Zl. B 1199/93-9, wurde die Behandlung der dagegen eingebrachten Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ergänzte - Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in seinem Recht als Anrainer auf Nichtbewilligung des mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid bewilligten Neubaues verletzt", und bemängelt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß über die gegen die Niederschrift über die Bauverhandlung erhobenen Einwände in keiner Phase des Verfahrens entschieden worden sei und "eine entsprechende Würdigung des rechtswidrigerweise nicht in die erstinstanzliche Niederschrift aufgenommenen Vorbringens des Beschwerdeführers eine Verweigerung der Neubaugenehmigung im erstinstanzlichen Bescheid hätte zur Folge haben können".

In Erwiderung auf dieses Vorbringen ist darauf hinzuweisen, daß die vom Beschwerdeführer während der Bauverhandlung in schriftlicher Form erhobenen Einwendungen nach dem Wortlaut der bei dieser Gelegenheit aufgenommenen Niederschrift "dem Akt beigelegt" worden sind, und überdies in der Niederschrift ausgeführt worden ist, in dem "Einspruch" werde "vorgetragen, daß die Bausubstanz schützenswert ist, die gleichen Baumaterialien bei einem Neubau verwendet werden sollen. Weiters wird auf einen alten Bau Bezug genommen und" (zu ergänzen wohl: geltend gemacht, daß) "der Neubau zu hoch ausgeführt wird. Es wird der Antrag gestellt, daß die Gebäudehöhe mit max. 10 m begrenzt wird und durch das Gebäude die Sonneneinstrahlung auf seinem Grundstück nicht beeinträchtigt werden darf und somit das Gebäude so nieder wie möglich errichtet wird. Die weiteren Formulierungen sind unverständlich. Auf Befragen hat der Anrainer wieder ausgeführt, daß er fordert, daß das Gebäude nicht höher als das derzeitige und somit die Sonneneinstrahlung auf seinem Grund nicht beeinträchtigt wird". Im Spruch des daraufhin ergangenen erstinstanzlichen Bescheides über die Bewilligung des Neubaues wurden die in fünf Punkten getrennten, im einzelnen wiedergegebenen Einwendungen des Beschwerdeführers jeweils, wie schon ausgeführt worden ist, "als unzulässig zurückgewiesen". In dem auf Grund der vom Beschwerdeführer dagegen eingebrachten Berufung erlassenen Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Juli 1992 wurde zwar auf die in diesem Rechtsmittel behaupteten Mängel der Niederschrift ebensowenig eingegangen wie im angefochtenen Bescheid, doch ist darin kein im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wesentlicher, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender Verfahrensmangel zu erblicken, weil angesichts des vorstehend dargestellten Sachverhaltes nicht zu erkennen und vom Beschwerdeführer auch nicht aufgezeigt worden ist, welche auf dem Boden des § 118 Abs. 9 der NÖ Bauordnung 1976 relevanten und daher allenfalls zur Versagung der Baubewilligung führenden subjektiv-öffentlichen NACHBARRECHTE DES BESCHWERDEFÜHRERS von den Baubehörden auf Grund von Mängeln der Verhandlungsschrift nicht beachtet worden sein sollen. Dem geltend gemachten Verfahrensmangel kommt daher unter diesem Gesichtspunkt keine wesentlichen Bedeutung zu.

Im übrigen hat die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides mit Recht unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1951, Slg. Nr. 2382/A, die Auffassung vertreten, daß der Eigentümer eines Grundstückes durch Schaffung entsprechender Freiräume auf den eigenen Grundflächen für ausreichende Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse zu sorgen hat, weshalb der in der Beschwerde geltend gemachte Einwand der "mangelhaften Belichtung des Grundstückes des Beschwerdeführers" nur unter dem Gesichtspunkt des § 118 Abs. 9 Z. 4 der NÖ Bauordnung 1976 von Bedeutung sein könnte, wonach subjektiv-öffentliche Anrainerrechte insbesondere durch die Bestimmungen über die Bebauungsweise, die Bebauungshöhe und die Abstände der Fluchtlinien zur Erzielung einer ausreichenden Belichtung begründet werden. Die belangte Behörde hat aber dazu in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargelegt, daß im Bebauungsplan die geschlossene Bebauungsweise sowie wahlweise die Bauklassen I oder II festgelegt worden sind, und ist, ohne den vom Beschwerdeführer relevierten "demonstrativen Charakter der Aufzählung" der Nachbarrechte im § 118 Abs. 9 leg. cit. zu verkennen, zusammenfassend zu dem - der Rechtslage entsprechenden - Ergebnis gelangt, daß "durch das gegenständliche Gebäude mit einer Höhe von weniger als 8 m keine subjektiv-öffentlichen Anrainerrechte" des Beschwerdeführers verletzt werden. Bei Einhaltung der im Bebauungsplan festgesetzten Bebauungshöhe kann nämlich die geschlossene Bebauungsweise eine Verringerung der bisherigen Belichtungsverhältnisse für den Nachbarn mit sich bringen, ohne daß dies eine Verletzung seiner subjektiv-öffentlichen Rechte bedeutet.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, daß die in der Beschwerde behauptete "mangelhafte Nutzbarkeit und Wertminderung des Grundstückes des Beschwerdeführers" nicht Gegenstand eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes im Sinne der zitierten baurechtlichen Bestimmung ist, sondern eine privatrechtliche Einwendung nach § 99 Abs. 4 leg. cit. darstellt, die nicht zur Versagung der Baubewilligung führen kann.

Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht im geltend gemachten Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) verletzt worden ist, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte