VwGH 93/01/1066

VwGH93/01/106622.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der I in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. März 1993, Zl. 4.329.697/1-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der "früheren SFRJ", die am 3. Oktober 1991 mit ihrem mj. Sohn O, in das Bundesgebiet eingereist ist, hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 26. November 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihr lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 18. März 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und versagte die Gewährung von Asyl.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Land Niederösterreich am 9. Oktober 1991 angegeben, daß auf Grund des Kriegszustandes in der Umgebung ihres Heimatdorfes Vrbovec gekämpft und mehrere Bomben abgeworfen worden seien. Die Beschwerdeführerin habe Angst um ihr Kind gehabt und sich daher zur Flucht entschlossen, da bei den Kämpfen zwischen der Bundesarmee und den Kroaten auch die Zivilbevölkerung nicht verschont worden sei. Andere Gründe für ihre Ausreise konnte die Beschwerdeführerin nicht anführen. Sie sei mit einem Touristenautobus gekommen und sei dieser durch Ungarn gefahren. Die Beschwerdeführerin hätte nicht an ein Ansuchen um politisches Asyl gedacht. Sie hätte jedoch angesucht, "wenn sie dies gewußt hätte". (Offensichtlich gemeint: wenn sie gewußt hätte, daß die Möglichkeit in Ungarn um politisches Asyl anzusuchen, bestanden habe).

Die belangte Behörde verneinte das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl im Sinne der §§ 1 Z. 1 und 3 AsylG 1991 und begründete ihre Entscheidung mit dem Ausschlußgrund nach § 2 Abs. 2 Z. 3 dieses Gesetzes. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die Beschwerdeführerin bereits in einem anderen Land, nämlich in Ungarn, vor Verfolgung sicher gewesen sei und es ihr oblegen gewesen wäre, diesem Schutz durch oder bei Kontaktaufnahme mit den dortigen Behörden zu aktualisieren. Nach dem Inhalt der Beschwerde ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin mit einem Touristenbus legal über Ungarn nach Österreich eingereist ist.

Die Beschwerdeführerin wendet sich weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht gegen die Auffassung der belangten Behörde, sie sei in Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen.

Ungarn hat am 14. März 1989 die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention mit der Bekanntgabe hinterlegt, daß es hinsichtlich seiner Verpflichtungen aus dieser Konvention die Alternative a des Abschnittes B des Art. 1 (betreffend Ereignisse, die in Europa eingetreten sind) anwenden wird (siehe BGBl. Nr. 260/1992). Gemäß Art. 43 der Genfer Flüchtlingskonvention trat diese für Ungarn am 12. Juni 1989 in Kraft.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag der belangten Behörde in rechtlicher Hinsicht nicht entgegenzutreten, wenn sie in Übereinstimmung mit seiner Judikatur, insbesonders den Erkenntnissen vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, auf deren ausführlichen Darlegungen zum Problemkreis der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, davon ausgegangen ist, die Beschwerdeführerin sei dort bereits im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 vor Verfolgung sicher gewesen, wobei es nicht auf das subjetive Wissen der Beschwerdeführerin über die Tatsache der Verfolgungssicherheit ankommt, sondern auf deren objektives Vorliegen (vgl. hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0033).

Im Hinblick auf dieses Ergebnis war auf die in der Beschwerde allein relevierte Frage nicht mehr näher einzugehen, inwieweit die Beschwerdeführerin - aufgrund von den Darlegungen anläßlich ihrer Ersteinvernahme - die Voraussetzungen für eine Asylgewährung gemäß §§ 1 Z. 1, 3 AsylG erfüllt.

Die sich als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte