VwGH 92/16/0115

VwGH92/16/011517.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde der S-Gesellschaft m.b.H., in N, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 30. September 1991, Zl. 60.006-6/91, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §184 Abs1;
BewG 1955 §10;
BewG 1955 §13 Abs2;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs2 Z1;
GrEStG 1987 §5 Abs1;
BAO §184 Abs1;
BewG 1955 §10;
BewG 1955 §13 Abs2;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs2 Z1;
GrEStG 1987 §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Sacheinlagevertrag vom 16. August 1989 brachte Rudolf Pfurtscheller den von ihm als Einzelunternehmen geführten Hotelbetrieb mit allen Aktiven und Passiven auf Grundlage der Bilanz vom 31. Dezember 1988 in die Beschwerdeführerin (eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung) unter Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigungen des Art. III Strukturverbesserungsgesetz (StruktVG), BGBl. Nr.69/1969, ein. Mit Stichtag vom 1. Jänner 1989 trat die Beschwerdeführerin in alle zum eingebrachten Betrieb gehörigen Rechte und Pflichten (Verbindlichkeiten) ein. Als Gegenleistung wurden dem Einbringenden neben der Übernahme der eingebrachten Verbindlichkeiten lt. Punkt IV des Vertrages ein Gesellschaftsanteil an der Beschwerdeführerin gewährt. Zum eingebrachten Anlagevermögen zählte auch ein Betriebsgrundstück (Hotelanlage).

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. September 1991 hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck vom 31. Mai 1990 als unbegründet abgewiesen und dabei ausgeführt, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10 Abs. 2 Z. 1 GrEStG 1955 die Auffassung vertreten worden sei, daß im Falle einer Neugründung einer Gesellschaft die Gegenleistung nicht ermittelbar und die Grunderwerbsteuer daher vom Einheitswert zu berechnen sei. Von dieser Rechtsprechung sei der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 89/16/0101, abgegangen und habe für den Geltungsbereich des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 entschieden, daß bloße Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Gegenleistung, die behebbar seien, nicht ausreichten, um den Wert der Gegenleistung durch den Wert des Grundstückes zu ersetzen. Bei Einbringung von Liegenschaften in eine neu gegründete Aktiengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen sei die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung zu berechnen. Somit seien alle unter § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 zu subsumierenden Sacheinlageverträge, welche die Einbringung eines Grundstückes sowohl in ein bestehendes als auch in ein neu gegründetes Unternehmen beinhalteten, nunmehr auf Basis der Gegenleistung zu versteuern. Die Höhe der ermittelten Gegenleistung sei unbestritten. Würden Grundstücke zusammen mit beweglichen Sachen (z.B. ein Unternehmen) in eine Gesellschaft eingebracht, so sei die Gegenleistung verhältnismäßig aufzuteilen und bilde der auf Grundstück entfallende Teil die Bemessungsgrundlage. Bei Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Gesellschaft m.b.H. bestehe die Gegenleistung aus den Wert der gewährten Gesellschaftsrechte und der übernommenen Verbindlichkeiten und diese sei verhältnismäßig auf das Grundstück und das bewegliche Vermögen aufzuteilen.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der zunächst an ihn erhobenen Beschwerde mit Beschluß vom 15. Juni 1992, B 1305/91, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der vor dem Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend. Sie erachtet sich dadurch in ihren Rechten verletzt, daß die belangte Behörde in unrichtiger Anwendung des § 4 GrEStG 1987 für den Rechtserwerb gemäß Sacheinlagevertrag vom 16. August 1989 die Grunderwerbsteuer in der Höhe von 3,5 Prozent ausgehend vom Wert der Gegenleistung mit S 662.812 anstelle ausgehend vom Wert des Grundstückes (Einheitswert) im zutreffenden Betrag von S 204.610,-- festgesetzt habe.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Die Steuer ist vom Wert des Grundstückes zu berechnen (§ 4 Abs. 2 Z. 1 GrEStG 1987), soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln ist.

Die Einbringung von Sacheinlagen in eine Kapital- oder Personenhandelsgesellschaft ist als Leistungsaustausch zwischen der Gesellschaft und dem einbringenden Gesellschafter anzusehen, wodurch die Annahme gerechtfertigt ist, daß die Einbringung von Einlagen in die Gesellschaft mit der Einräumung von Gesellschaftsrechten abgegolten wird. Somit ist bei der Einbringung von Grundstücken in eine GesmbH eine Gegenleistung vorhanden (vgl. hg. Erkenntnis vom 2. April 1962, Zl. 1330/61).

Im Falle einer Sacheinlage in eine zu gründende AG hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 89/16/0101, die Ansicht vertreten, daß Gesellschaftsrechte auch bei Neugründung nach den Bestimmungen des Bewertungsgesetzes zu bewerten seien und, da eine Schätzung zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlage diene, allenfalls zu schätzen. Es gehe nämlich nicht an, dies gerade auf dem Gebiet der Grunderwerbsteuer nicht zu tun. Auch nach deutscher Lehre und Rechtsprechung (vgl. Boruttau-Egly-Sigloch, Grunderwerbsteuergesetz13, RNr. 63, 64 zu § 8 Abs. 2), die bei ähnlicher Gesetzeslage als Interpretationshilfe für den österreichischen Bereich herangezogen werden könne, reichten bloße Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Gegenleistung, die behebbar seien, nicht aus, um den Wert der Gegenleistung durch den Wert des Grundstückes zu ersetzen. Diesfalls würden die Bestimmungen über die Schätzung der Besteuerungsgrundlage auch für die Grunderwerbsteuer gelten. Der Gerichtshof hat in der zitierten Entscheidung daher die Ansicht vertreten, daß bei Einbringung von Liegenschaften in eine neu gegründete Aktiengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Gegenleistung zu berechnen sei. Es gibt keinen zwingenden Grund dafür, bei der Einbringung von Liegenschaften in eine neu zu gründende Gesellschaft m.b.H. eine andere Ansicht zu vertreten.

Was Gegenleistung ist, wird im § 5 GrEStG 1987 nicht erschöpfend aufgezählt. Überall dort, wo die Grunderwerbsteuer von der Gegenleistung zu berechnen ist, weil eine solche vorliegt und ermittelt werden kann, bildet jede nur denkbare Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, einen Teil der Bemessungsgrundlage (vgl. hg. Erkenntnis vom 21. März 1985, Zl. 84/16/0226). Daher gehören grundsätzlich auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer - sei es aufgrund des Gesetzes, sei es aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung - obliegen, aber aufgrund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, die sich also im Vermögen des Veräußerers zu dessen Gunsten auswirken, zur Gegenleistung (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1980, Zl. 1879/79).

Nach Punkt I Abs. 2 des Sacheinlagevertrages ist Gegenstand der Sacheinlage das von R betriebene, nicht registrierte Einzelunternehmen mit allen Aktiven und Passiven. Aus Punkt II (Rechtsübergang) des Sacheinlagevertrages geht hervor, daß die Beschwerdeführerin in alle zum eingebrachten Betrieb gehörigen Rechte und Pflichten, insbesondere in Dauerschuldverhältnisse, eintritt und mit 1. Jänner 1989 der Hotelbetrieb als auf Gefahr und Rechnung der Beschwerdeführerin geführt gelte. Einer weiteren ausdrücklichen Erklärung der Beschwerdeführerin, den die Sacheinlage Einbringenden schad- und klaglos zu halten, bedarf es in einen solchen Fall nicht, weil schon auf Grund des Inhaltes des Vertrages hervorgeht, daß die Beschwerdeführerin zu Gunsten des Einbringenden die in Rede stehenden Verbindlichkeiten als Rechtsnachfolgerin übernommen hat.

Die Beschwerdeführerin bringt weiters zwar mit Recht vor, daß Gegenstand der Sacheinlage in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 20. Juni 1990, Zl. 90/16/0101, bloß eine Liegenschaft und kein lebender Betrieb gewesen war, führt aber nicht weiter aus, welche Bedeutung dieser Unterschied bei der Entscheidung darüber, ob als Bemessungsgrundlage die Gegenleistung oder der Einheitswert heranzuziehen ist, habe könnte. Im übrigen wird insofern auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom 26. März 1992, Zl. 90/16/0234, verwiesen; eine Entscheidung in einem Beschwerdefall, in dem Gegenstand eine Sacheinlage eines Betriebes samt den dazugehörigen drei Grundstücken war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat den angefochtenen Bescheid nach der im Zeitpunkt seiner Erlassung (das war im vorliegenden Fall der 30. September 1991) maßgebenden Sach- und Rechtslage zu überprüfen. Schon deshalb sind die erst später mit BGBl. Nr. 699/1991 am 30. Dezember 1991 kundgemachten Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes unbeachtlich (vgl. nochmals hg. Erkenntnis vom 26. März 1992, Zl. 90/16/0234).

Da die behauptete Rechtswidrigkeit dem angefochtenen Bescheid nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Zuerkennung des Aufwandersatzes gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

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