VwGH 90/13/0010

VwGH90/13/001016.2.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Pokorny, Dr. Fellner, Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Büsser, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat VI) vom 16. November 1989, Zl. 6/3-3183/83-01 betreffend Einkommensteuer 1978, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BAO §116 Abs1;
BAO §166;
BAO §167 Abs2;
BAO §23 Abs1;
BAO §280;
BAO §288 Abs1;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §4 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BAO §116 Abs1;
BAO §166;
BAO §167 Abs2;
BAO §23 Abs1;
BAO §280;
BAO §288 Abs1;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG 1972 §20 Abs1 Z2;
EStG 1972 §4 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist selbständig tätiger Werbeunternehmer. Im Zuge einer für die Jahre 1975 bis 1978 vorgenommenen abgabenbehördlichen Prüfung wurden mehrere Eingangsrechnungen beanstandet. Im Streitjahr waren davon betroffen:

  1. 1.) Faktura vom 28.7.1978 der B-GmbH über S 49.500,-- (+ Umsatzsteuer S 8.910,--)

    Faktura vom 1.8.1978 der B-GmbH über S 49.500,-- (+ Umsatzsteuer S 8.910,--)

    Faktura vom 1.9.1978 der C-GmbH über S 49.500,-- (+ Umsatzsteuer S 8.910,--)

    Faktura vom 2.10.1978 der C-GmbH über S 49.500,-- (+ Umsatzsteuer S 8.910,--)

    Faktura vom 8.11.1978 der C-GmbH über S 49.500,-- (+ Umsatzsteuer S 8.910,--)

    für die Einschaltung von Werbeinseraten in einem näher bezeichneten Magazin

  1. 2.) Faktura vom 5.10.1978 der B-GmbH über S 60.000,-- (+ Umsatzsteuer S 10.800,--) für die Lieferung von 100

    Waldmüller-Bildern (Reproduktionen)

Der Prüfer versagte diesen Aufwendungen die steuerliche Anerkennung als Betriebsausgaben mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe keine geeigneten Nachweise betreffend die Durchführung der Werbeeinschaltungen sowie den Empfang und die Verwendung der Bilder erbringen können.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erhöhte den Gewinn um die nicht als Betriebsausgaben anerkannten Beträge bzw. kürzte die geltend gemachte Vorsteuer.

Demgegenüber vertrat der Beschwerdeführer in seiner Berufung im wesentlichen die Ansicht, die einwandfreie Abwicklung der Geschäfte anhand von "Beleg-Muster-Exemplaren" nachgewiesen zu haben. Er verwies auf die "werbewirksam-aufwendige" Gestaltung und die im Verhältnis dazu günstige Verrechnung zum normalen Inseratentarif. Die Reproduktionen der Waldmüller-Bilder, die als Werbegeschenke Verwendung gefunden hätten, seien erst nach Einholung der Gegenofferte einer anderen Firma von der B-GmbH als Bestbieter angekauft worden. Auch hier seien Beleg-Musterstücke vorhanden.

Das Finanzamt gab dem Rechtsmittel in den angeführten Punkten mit Berufungsvorentscheidung keine Folge. Die Art der Inserate (obiger Punkt 1) erscheine nicht werbewirksam; die Herkunft des Geldbetrages von S 70.800,-- (Rechnungsbetrag zu Punkt 2) sei ungeklärt.

Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Bei den Inserateneinschaltungen handle es sich um "Anzeigenwerbung im Sinne einer Intensivierung des Bekanntheitsgrades und des Werbe-Image, womit aber unter den beabsichtigten Effekten der Streubreite und Bewußtseinsbildung sich ipso iure ergibt, daß eine diesbezügliche Effizienz nicht meßbar und nachweisbar sein kann, weil sie nur in der Gesamtheit ihrer Komponenten wirkt."

Die Waldmüller-Bilder seien als alternative Weihnachtsgrußwerbung an Geschäftsfreunde und Kunden versandt worden. Die Privateinlage zum Ankauf der Bilder stamme aus eigenen Mitteln und aus solchen der Schwiegermutter.

Die belangte Behörde wies das Rechtsmittel mit Berufungsentscheidung vom 12. APRIL 1984 u.a. betreffend die Umsatz- und Gewerbesteuer des Streitjahres ab, übersah dabei jedoch, im Spruch des Bescheides auch über die Einkommensteuer 1978 zu befinden.

Dieser Irrtum kam offenkundig erst hervor, als der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 12. APRIL 1989 die Wiederaufnahme verschiedener Verfahren beantragte. Die strittigen Prüfungsfeststellungen seien Gegenstand eines gerichtlichen Finanzstrafverfahrens gewesen. Das Strafgericht habe das Ermittlungsverfahren der Abgabenbehörde als mangelhaft bezeichnet und sei zu der Feststellung gelangt, daß keine Scheingeschäfte vorlägen. Zur Werbewirksamkeit der getätigten Aufwendungen gebe es Zeugenaussagen. Mit der Rechtskraft des den Beschwerdeführer vom Vorwurf der Abgabenhinterziehung freisprechenden Urteils wären alle Voraussetzungen für die Wiederaufnahme der entsprechenden Abgabenverfahren erfüllt.

Die belangte Behörde wies den Wiederaufnahmeantrag (soweit für dieses Verfahren von Bedeutung) im Instanzenzug mit der Begründung ab, das Verfahren betreffend Einkommensteuer 1978 sei nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Gleichzeitig erließ sie den nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dem die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 1978 abgewiesen wurde. Nach Zitierung des § 162 Abs. 1 BAO sowie einem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1953, 1686/51, führte die belangte Behörde zur Begründung aus:

Form und Art der streitgegenständlichen Magazine wären nicht geeignet, für den Beschwerdeführer werbewirksam zu sein. Es habe auch nicht nachgewiesen werden können, daß diese Broschüren an interessierte Firmen gelangt seien und daß der Beschwerdeführer aufgrund dieser angeblichen Werbetätigkeit Aufträge erhalten habe. Über Erhalt und Verwendung der Waldmüller-Bilder gäben weder die Berufung noch deren Ergänzungen Aufschluß. Auch ein Nachweis über die Herkunft der angeblich bezahlten S 70.800,--, die auf dem Privatkonto in einer Zwischenzeile nachgebucht worden seien, liege nicht vor. Das Landesgericht für Strafsachen sei im Verhältnis zur Finanzlandesdirektion als Abgabenbehörde nicht die zur Entscheidung über die Vorfrage des Vorliegens von Scheingeschäften zuständige Behörde. In den Berufungsergänzungen habe der Beschwerdeführer keine neuen Tatsachen angeführt oder zusätzliche Beweise angeboten, die eine andere Beurteilung als jene im Betriebsprüfungsverfahren ergeben könnten.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Begründung eines Bescheides muß erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Ansicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 12. Jänner 1994, 92/13/0272, und die dort angeführte Vorjudikatur). Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Bescheid nicht.

Die belangte Behörde beschränkte sich darauf, anstelle einer zusammenhängenden Sachverhaltsdarstellung auf den "bekannten Akteninhalt" zu verweisen. Auch aus dem Erwägungsteil ist nicht zu entnehmen, welchen Sachverhalt die Behörde als erwiesen angenommen hat. Spricht der angefochtene Bescheid doch einerseits von Scheingeschäften, andererseits von der mangelnden Wirksamkeit der Inseratenwerbung. Wohl kann ein fehlender Werbeerfolg darauf zurückgehen, daß tatsächlich gar keine Werbeleistungen erbracht wurden. Doch bedarf es dazu entsprechender Feststellungen. Insbesondere war auch eine Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen geboten, der Beschwerdeführer hätte anhand von Musterexemplaren die Werbeaktivitäten belegt.

Die belangte Behörde ist aber auch nicht auf das - zutreffend als Berufungsergänzung gewertete - Vorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seinem Wiederaufnahmeantrag eingegangen. In den diesbezüglichen Schriftsätzen hat der Beschwerdeführer auf das gegen ihn geführte Strafverfahren und die dort erhobenen Beweise hingewiesen. Dieser Einwand durfte nicht ausschließlich mit der fehlenden Bindungswirkung abgetan werden. Wenn das finanzstrafgerichtliche Urteil auch keine Vorfragenentscheidung gemäß § 116 BAO darstellt, so bewirkte der Verweis des Beschwerdeführers doch eine Rezeption seines im Strafverfahren erstatteten Sachvorbringens (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. November 1993, 91/13/0181). Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, sich mit dem Inhalt des Strafverfahrens vertraut zu machen und alle dort aktenkundigen Beweisaufnahmen und Tatsachenbehauptungen des Beschwerdeführers einer EIGENSTÄNDIGEN Würdigung zu unterziehen.

Völlig unklar bleibt, warum die belangte Behörde an "Form und Art" der Magazine Anstoß nimmt. Exemplare wurden dem Gerichtshof nicht vorgelegt; welche Unterlagen der Behörde zugänglich waren, ist den Verwaltungsakten gleichfalls nicht zu entnehmen. Die belangte Behörde hat aber auch nicht festgestellt, wie oft das Magazin und in welcher Auflage es erschienen ist. Überdies unterließ sie Erhebungen über die Art der Verbreitung des Magazins. Schließlich blieb die Zahlungsabwicklung unerörtert.

Bei Abklärung der aufgezeigten Punkte im fortzusetzenden Verfahren wird der AKTENKUNDIGEN Befragung des Beschwerdeführers besondere Bedeutung zukommen. Es kann dem Beschwerdeführer nämlich nicht zugestimmt werden, wenn er meint, die buchhalterische Erfassung der Eingangsrechnungen mache Beweis für die tatsächliche Abwicklung der darin verrechneten Lieferungen und Leistungen. Eine Vortäuschung von Betriebsausgaben ist vielmehr überhaupt erst sinnvoll, wenn sie in das Rechenwerk des Abgabepflichtigen aufgenommen werden. Andere Unterlagen (z.B. eine entsprechende Korrespondenz) können zur Verschleierung des wahren Sachverhaltes dienen. Die Behörde kann daher den durch Rechnungen belegten und als Betriebsausgaben verbuchten Aufwendungen die steuerliche Anerkennung versagen, sie hat aber darzulegen, aus welchen Gründen sie dies tut. Die fehlende Effizienz der strittigen Werbemaßnahme genügt als Begründung für die Annahme eines Scheingeschäftes jedenfalls nicht. Die Unzweckmäßigkeit eines Aufwandes mag Zweifel aufkommen lassen, ob der Abgabepflichtige die behaupteten Ausgaben tatsächlich getätigt hat. Solche Zweifel können freilich nur Ausgangspunkt für weiterführende abgabenbehördliche Erhebungen sein, diese jedoch nicht ersetzen. Insbesondere darf nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1992, 88/14/0178) die Abzugsfähigkeit eines Aufwandes als Betriebsausgabe nicht davon abhängig gemacht werden, ob ein entsprechender betrieblicher Erfolg eingetreten ist.

Was den strittigen Ankauf der Waldmüller-Nachbildungen anlangt, so spricht der angefochtene Bescheid davon, der Beschwerdeführer habe über den Erhalt und die Verwendung keine Angaben gemacht. Dies trifft nicht zu. Der Beschwerdeführer hat sehr wohl den Erhalt der Bilder und deren Weitergabe als "Weihnachtsgrußwerbung" an Geschäftsfreunde behauptet. Daß der Beschwerdeführer von ihm verlangte weitergehende Angaben verweigert hat, ist nicht aktenkundig. Sollte die belangte Behörde aber gemeint haben, diesen Angaben keinen Glauben schenken zu können, so hätte sie dies in einer für den Gerichtshof nachvollziehbaren Weise begründen müssen. Das gleiche gilt auch für den von der Behörde offenbar angezweifelten Zahlungsfluß ("angeblich" bezahlte S 70.800,--).

Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, wobei von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

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