VwGH 93/09/0130

VwGH93/09/013019.5.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der Firma L-G.m.b.H. & Co KG in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 5. März 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §1 Abs2 lita;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4b idF 1990/450;
AuslBG §1 Abs2 lita;
AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4b idF 1990/450;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:

Das Arbeitsamt Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft lehnte mit Bescheid vom 2. September 1992 den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die "jugoslawische" Staatsbürgerin V. für die berufliche Tätigkeit als "Lagerarbeiterin" gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab.

Der dagegen von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 5. März 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge.

Nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesstellen stellte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, daß die mit Verordnung für das Kalenderjahr 1992 (BGBl. Nr. 598/1991) bzw. 1993 (BGBl. Nr. 254/1992) festgesetzten Landeshöchstzahlen (§ 13a Z. 3 AuslBG) für das Bundesland Wien laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales seit Beginn der betreffenden Kalenderjahre weit überschritten seien, weshalb sowohl die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 als auch jene nach § 4 Abs. 6 AuslBG für eine allfällige Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung zu prüfen seien. Die beschwerdeführende Partei habe V. für die Beschäftigung als Lagerarbeiterin beantragt. Eine Überprüfung der Lage auf dem Arbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit für die konkret beantragte Beschäftigung geeignete Ersatzarbeitskräfte, die zur Vermittlung vorgemerkt seien und gleichzeitig dem nach § 4b AuslBG begünstigten Personenkreis angehörten, zur Deckung des Arbeitskräftebedarfs der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung stünden. Die beantragte ausländische Arbeitskraft erfülle hingegen nicht die Voraussetzungen, durch die sie dem vorrangig zu vermittelnden Personenkreis des § 4b AuslBG zugeordnet werden könne. Angesichts der dargestellten Situation auf dem verfahrensrelevanten Teilarbeitsmarkt sei der beschwerdeführenden Partei im Zuge des Berufungsverfahrens die Möglichkeit einer Ersatzkraftstellung angeboten worden. Die beschwerdeführende Partei habe am 21. September 1992 Ersatzkräfte ausdrücklich abgelehnt; anerkennenswerte, die Ablehnung der angebotenen Ersatzkräfte sachlich rechtfertigende Gründe habe die beschwerdeführende Partei jedoch nicht vorgebracht. Durch ihr Desinteresse an der angebotenen Ersatzkraftstellung hätte die beschwerdeführende Partei sich jedoch die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Die Ersatzkraftstellung erfülle, so führte die belangte Behörde im Zusammenhang weiter aus, den Zweck, herauszufinden, ob sich unter den beim Arbeitsamt vorgemerkten, im Leistungsbezug stehenden und deshalb bevorzugt zu behandelnden Ersatzkräften eine befinde, die bereit und fähig sei, die konkret beantragte Beschäftigung zu den gestellten (gesetzlich zulässigen) Bedingungen auszuüben. Dazu sei es erforderlich, dem Arbeitgeber objektiv geeignete Bewerber zu vermitteln. Nur dann, wenn kein derart qualifizierter Arbeitnehmer gestellt werden könne, erlaube die Arbeitsmarktlage die Beschäftigung des beantragten Ausländers. Die Berufungsausführungen seien daher gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG nicht geeignet, die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung zu begründen. Außerdem seien weder im Ermittlungsverfahren Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG zur Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden, seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Diese Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 1993, Zl. 92/09/0283, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Von einer solchen Ablehnung einer Ersatzkraft durch die beschwerdeführende Partei ist die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgegangen. Dazu bringt die beschwerdeführende Partei in der Beschwerde vor:

"In der Berufung der Beschwerdeführerin wurde auf folgende besonderen Umstände des gegenständlichen Falles hingewiesen:

"Frau V. kam mit ihren Kindern als Füchtling nach Österreich und fand Aufnahme bei ihrer Schwester, Frau B., welche in unserem Betrieb seit vier Jahren beschäftigt ist. Frau B. muß nun mit ihrem Lohn die ganze Familie erhalten."

Auf dieses Vorbringen hin hat die belangte Behörde keinerlei Erhebungen vorgenommen. Auch wurde dieses Vorbringen in der Begründung des Bescheides mit keinem Wort erwähnt.

Darin ist eine Rechtswidrigkeit im Verfahren gegeben, das zum gegenständlichen Bescheid geführt hat. Denn die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, über dieses juristisch erhebliche Vorbringen ein Ermittlungsverfahren abzuführen, um festzustellen, ob dieser von der Beschwerdeführerin behauptete Sachverhalt in dieser Form der Entscheidung zugrundezulegen ist oder nicht.

Die Relevanz dieses Vorbringens gründet sich mindestens auf § 4b Z. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz, wonach Flüchtlinge gemäß § 1 Abs. 2 lit. a dieses Gesetzes mit Inländern gleichgestellt sind.

Im Sinne von § 1 Abs. 2 lit a dieses Gesetzes wäre daher zu erheben und festzustellen gewesen, ob Frau V. Flüchtling im Sinne der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ist und ob sie nach dem Gesetz zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist.

Daß dies nicht geschehen ist, ist ein wesentlicher Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift, die der Behörde die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Sache vor Erlassung des Bescheides vorschreibt."

Mit diesem Vorbringen wird eine rechtswidrige Vorgangsweise der belangten Behörde nicht aufgezeigt, denn die belangte Behörde (das Landesarbeitsamt Wien) wäre zur Durchführung eines die Flüchtlingseigenschaft der V. betreffenden Anerkennungsverfahrens gar nicht zuständig gewesen; daß V. bereits rechtskräftig als Konventionsflüchtling (vgl. § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG) anerkannt worden sei, ist von der beschwerdeführenden Partei in ihrer Beschwerde nicht behauptet worden. Der bloße Hinweis darauf, daß V. als "Flüchtling" nach Österreich gekommen und von ihrer Schwester aufgenommen worden sei (diese müsse nun mit ihrem Lohn die ganze Familie erhalten) reicht nicht zur Widerlegung der Feststellung der belangten Behörde aus, es stünden der V. nach der Reihenfolge des § 4b AuslBG vorangehende Ersatzarbeitskräfte für die von der beschwerdeführenden Partei zu besetzende Arbeitsstelle zur Verfügung (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, Zl. 93/09/0118).

Die Beschwerde zeigt somit nicht auf, daß die belangte Behörde zu Unrecht von einer Ablehnung der Ersatzkraftstellung durch die beschwerdeführende Partei ausgegangen wäre, sodaß die Ablehnung des von der beschwerdeführenden Partei gestellten Antrages schon im Grunde des § 4 Abs. 1 AuslBG begründet ist.

Die belangte Behörde hat diese Ablehnung aber auch auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt, und die Beschwerde läßt nicht erkennen, daß die Voraussetzungen für das demnach erschwerte Verfahren von der belangten Behörde zu Unrecht angenommen worden wären.

§ 4 Abs. 6 AuslBG (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

  1. 1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
  2. 2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
    1. a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
    2. b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
    3. c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
    4. d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
  1. 3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
  2. 4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

    Ausgehend von der unbestritten gebliebenen Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach die auf Grund der Erlassung des angefochtenen Bescheides im Jahre 1993 maßgebende Landeshöchstzahl für 1993 überschritten sei, wäre es Sache der beschwerdeführenden Partei gewesen, Gründe vorzubringen, die für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung im erschwerten Verfahren des § 4 Abs. 6 AuslBG maßgebend hätten sein können (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993, Zl. 92/09/0284). Die beschwerdeführende Partei hat aber die Begründung des angefochtenen Bescheides auch insoweit unbestritten gelassen, als Gründe im Sinne des § 4 Abs. 6 AuslBG im Verwaltungsverfahren weder festgestellt noch von der beschwerdeführenden Partei vorgebracht worden sind.

    Die von der belangten Behörde bestätigte Ablehnung des Antrages der beschwerdeführenden Partei erweist sich daher auch im Grunde des § 4 Abs. 6 AuslBG als gesetzgemäß.

    Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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