Normen
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 lita;
VwRallg;
BauO Wr §129 Abs10;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 lita;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/5, vom 26. Juni 1992 waren dem Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin auf § 129 Abs. 2, 4, 5 und 10 der Bauordnung für Wien gestützte Aufträge erteilt worden. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin aus, es gebe keine Baugebrechen und keine vorschriftswidrigen Bauzustände. Überdies seien die Bauaufträge nicht ausreichend konkretisiert, um eine nachfolgende Vollstreckung zu sichern. Mit Schreiben vom 5. Mai 1993 wurde der Berufungsbehörde durch den Rechtsanwalt Dr. H mitgeteilt, daß die Beschwerdeführerin die gegenständliche Liegenschaft aufgrund des Kaufvertrages vom 19. Mai 1992, verbüchert am 15. Jänner 1993, erworben habe. In anwaltlicher Vertretung der neuen Eigentümer wurde unter Vorlage eines Gutachtens des D.I.H.W. vom 23. März 1993 ausgeführt, die weitere Erhaltung des gegenständlichen Hauses sei wirtschaftlich unzumutbar, das Haus sei technisch abbruchreif. Es werde daher seitens der zuständigen Baubehörde mit einem Abbruchauftrag gemäß § 129 Abs. 4 der Bauordnung für Wien vorzugehen sein. Bei einem schon aufgrund seines Bauzustandes zum Abbruch bestimmten Gebäude seien nur provisorische Sicherungsmaßnahmen und Maßnahmen, die erforderlich seien, um eine unmittelbare Gefahr für das Leben und die Gesundheit der Bewohner, der Nachbarschaft und der Straßenbenützer hintanzuhalten, durchzuführen. Nach Verfahrensergänzung hat die belangte Behörde die auf § 129 Abs. 2, 4, 5 und 10 der Bauordnung für Wien gestützten Aufträge mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 26. Mai 1993 konkretisiert, im wesentlichen aber der Berufung keine Folge gegeben. Folgende Aufträge wurden erteilt:
- "1. Sämtliche losen Ziegel der schadhaften Rauchfangköpfe (im Bereich der Rauchfangausmündung) der beiden am Flachdach des Hoftraktes hofseitig liegenden Rauchfangköpfe sind entfernen zu lassen.
- 2. Die insgesamt 5 schadhaften Rauchfangköpfe am Flachdach des Hoftraktes sind instandsetzen zu lassen.
- 3. Die in sämtlichen Stockwerken lockere und unebene Gangpflasterung ist trittsicher begehbar instandsetzen zu lassen. Das fehlende Gangpflaster im Gangbereich vor den Stiegenläufen (=Stiegenplatzel) ist im 1. Stock auf ca. 2,00 m2 und im 2. und 3. Stock auf ca. 1,00 m2 zu ergänzen.
- 4. Das Gangfenster im Erdgeschoß im Bereich des Stiegenplatzels ist instandsetzen zu lassen.
- 5. Der im Stiegenhaus fehlende Handlauf vom Erdgeschoß in den ersten und zweiten Stock ist ergänzen zu lassen.
- 6. Die Gangdecke zwischen dem Erdgeschoß und dem ersten Stock ist durch einen Sachverständigen auf ihre Tragfähigkeit untersuchen zu lassen und es ist der Magistratsabteilung 37/5 ein Befund über die Ursache und den Umfang des zu vermutenden Vorliegens eines Baugebrechens vorzulegen."
Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, nach herrschender Lehre und Rechtsprechung sei ein Bauauftrag eine Vollziehungsverfügung, auf die niemandem ein Rechtsanspruch zustehe. Die Beschwerdeführerin könne sich daher nicht darauf berufen, daß sie anstelle des Instandsetzungsauftrages einen Abbruchauftrag zu erhalten habe. Das gegenständliche Gebäude liege in keiner Schutzzone, sodaß es dem Hauseigentümer freistehe, einen Antrag auf Bewilligung des Abbruches zu stellen, über den die Behörde erster Rechtsstufe zu entscheiden habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Zusammengefaßt bringt die Beschwerdeführerin vor, die Unterlassung eines Abbruchauftrages und an deren Stelle die Auferlegung von Sicherungs- oder gar Instandsetzungsarbeiten, die lediglich mit einem verlorenen Kostenaufwand verbunden seien, stelle einen im Gesetz nicht gedeckten Eingriff in das gesetzlich geschützte Eigentumsrecht dar. Die im Bescheid zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht sei im Gesetz nicht gedeckt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 129 Abs. 2 der Bauordnung für Wien (BO) hat der Eigentümer (jeder Miteigentümer) dafür zu sorgen, daß die Gebäude und die baulichen Anlagen in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Für Gebäude in Schutzzonen besteht darüberhinaus die Verpflichtung, das Gebäude, die dazugehörigen Anlagen und die baulichen Ziergegenstände in stilgerechtem Zustand und nach den Bestimmungen des Bebauungsplanes zu erhalten. Nach Abs. 4 dieser Bestimmung hat die Behörde nötigenfalls den Eigentümer (Miteigentümer) zur Behebung von Baugebrechen unter Gewährung einer angemessenen Frist zu verhalten. Sie verfügt die aus öffentlichen Rücksichten notwendige Beseitigung von Baugebrechen und ordnet die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen an. Die Räumung oder der Abbruch von Gebäuden, Gebäudeteilen oder baulichen Anlagen ist anzuordnen, wenn die Instandsetzung der Baulichkeit einer Substanzveränderung mindestens der Hälfte der vorhandenen Bausubstanz der Baulichkeit gleichkäme; eine solche Substanzveränderung ist jedenfalls dann gegeben, wenn mindestens die Hälfte der wesentlichen raumbildenden Elemente durch neue Bauteile ersetzt werden müßte.
In der Beschwerde bleibt die Feststellung der belangten Behörde, wonach das verfahrensgegenständliche Gebäude in keiner Schutzzone liegt, unbestritten. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in langjähriger Rechtsprechung, daß die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit bei Instandsetzungsaufträgen betreffend Gebäude außerhalb der Schutzzone nicht zu prüfen ist (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1970, Slg. 7.789/A, sowie aus jüngerer Zeit das Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Zl. 89/05/0169). Dies beruht auf der Erwägung, daß der Hauseigentümer bei einem Gebäude außerhalb der Schutzzone grundsätzlich die Möglichkeit hat, um eine Abtragungsbewilligung anzusuchen, auf deren Erteilung ihm ein Rechtsanspruch zusteht, und das Gebäude nachher abtragen zu lassen. Diese Möglichkeit, bestehende Baugebrechen durch Abtragung des Gebäudes zu beseitigen, bietet sich dem Hauseigentümer selbst noch bei Vorliegen eines rechtskräftigen Instandsetzungsauftrages, da durch die Beseitigung des Gebäudes ein neuer Sachverhalt geschaffen wird, der eine Vollstreckung nach § 10 Abs. 2 lit. a VVG unzulässig macht (vgl. die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, Prugg-Verlag Eisenstadt, Seite 493 zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Zutreffend hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, daß sich aus § 129 Abs. 4 BO kein subjektiv-öffentliches Recht des Eigentümers ableiten läßt, einen Abbruchauftrag zu erhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. September 1987, Slg. 12.529/A). Allerdings hat die Beschwerdeführerin schon auf Verwaltungsebene ihrem Schreiben vom 5. Mai 1993 ein Gutachten des D.I.H.W. vom 23. März 1993 beigelegt und dazu ausgeführt, es ergebe sich aus diesem Gutachten, daß die weitere Erhaltung des Hauses nicht nur wirtschaftlich unzumutbar sei, sondern auch, daß das Haus technisch abbruchreif sei. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides nicht ausreichend auseinandergesetzt.
Nun hat der Verwaltungsgerichtshof im bereits zitierten Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1970 ausgesprochen, daß die Frage, ob zur Behebung eines Baugebrechens ein Instandsetzungsauftrag oder ein Abtragungsauftrag zu erlassen ist, nur dahingehend gelöst werden kann, ob die Instandsetzung technisch möglich ist oder nicht. Nur wenn die Instandsetzung technisch unmöglich ist, ist ein Abtragungsauftrag zu erlassen. Der Hauseigentümer hat zwar auch in einem derartigen Fall keinen Anspruch auf Erlassung eines Abtragungsauftrages, wenn jedoch die Behörde (pflichtgemäß) bei Vorliegen eines Baugebrechens einen auf § 129 Abs. 2 und 4 BO gestützten Auftrag erläßt, kann dieser Auftrag sodann nur in einem Abbruchauftrag bestehen - diese Aussagen gelten auch für den vorliegenden Fall.
Aus dem vorgelegten Gutachten des D.I.H.W. geht - zusammengefaßt - hervor, daß der derzeitige Bestand des Hauses wesentlich den geltenden Bebauungsbestimmungen widerspricht, da das Haus die vorgeschriebene Gebäudehöhe um 4 m unterschreite und insbesondere 2,60 m vor der Baulinie stehe. Für die Wiederherstellung des ordnungsgemäßen Bauzustandes des Hauses erachtete der Gutachter Kosten (auf Preisbasis Zeitpunkt der Antragstellung) mit S 1,153.488,-- als angemessen. In diesem Betrag seien unbedingt notwendige Arbeiten, die nicht beantragt worden seien, nicht enthalten wie z. B. die Instandsetzung des Abortabfallstranges mit den Gangaborten sowie die Instandsetzung der Hausbesorgerwohnung. Es seien in diesem Kostenerfordernis nur Arbeiten berücksichtigt, die im Sinne der Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes als notwendige Erhaltungsarbeiten zu qualifizieren seien. Die in den Gangküchen nachträglich eingebauten WC-Anlagen (teilweise auf Holzboden in den Gangküchen frei aufgestellte WC-Schalen) seien überwiegend lediglich Provisorien, die den Bestimmungen der Bauordnung nicht entsprechen und daher nicht genehmigungsfähig seien. Aufgrund dieses Sachverhaltes würden die Wohnqualtität verbessernde bauliche Maßnahmen nicht gefördert. Die weitere Erhaltung des Hauses sei daher wirtschaftlich unzumutbar, da das Haus technisch abbruchreif sei.
Ein Sachverhalt, wonach das Haus im aufgezeigten Sinn "technisch abbruchreif" sei, kann aber diesem Gutachten nicht entnommen werden. Weder sind darin Maßnahmen angeführt, die der Beseitigung von Baugebrechen entgegenstehen, noch wäre nach diesem Gutachten mindestens die Hälfte der wesentlichen raumbildenden Elemente durch neue Bauteile zu ersetzen; auch die tatsächlich erteilten Aufträge sind weder technisch undurchführbar noch mit dem Ersetzen raumbildender Elemente durch neue Bauteile verbunden, sodaß, entgegen der Annahme der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde nicht gehalten war, einen Abtragungsauftrag gemäß § 129 Abs. 4 BO zu erlassen.
Wenn sich auch die belangte Behörde mit der Erörterung der Frage, ob die technische Abbruchreife im Sinne der bisherigen Darlegungen vorliegt, nicht auseinandergesetzt hat, so ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis durch die Erlassung des Instandsetzungsauftrages in keinem Recht verletzt worden, weil die Behörde selbst dann, wenn sie sich mit dem vorgelegten Gutachten des D.I.H.W. näher auseinandergesetzt hätte, zu keinem anderen Bescheid gelangt wäre. Im Ergebnis ist daher die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt worden, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Mit Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.
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