VwGH 93/05/0060

VwGH93/05/00607.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des S in Wels, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 29. Jänner 1993, Zl. BauR-010924/1-1993 Si/Lan, betreffend einen baubehördlichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadt Wels, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO OÖ 1976 §29 Abs1;
BauO OÖ 1976 §29 Abs2;
BauO OÖ 1976 §32 Abs4;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;
BauO OÖ 1976 §29 Abs1;
BauO OÖ 1976 §29 Abs2;
BauO OÖ 1976 §32 Abs4;
BauO OÖ 1976 §61 Abs1;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der mitbeteiligten Stadt vom 17. Juni 1992 wurde dem Beschwerdeführer "die Entfernung folgender konsenslosen Baumaßnahmen" auf dem Grundstück Nr. xx, EZ 1331 des Grundbuches über die Kat. Gem. J, innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides aufgetragen:

"1. Wintergarten:

Bei dem zur Zeit in Bau befindlichen Wintergarten handelt es sich um eine Alu-Profilkonstruktion mit einer Hartglasthermoverglasung im Ausmaß von ca. 3,67 m Länge, ca. 2,3 m Breite, einer Gesamthöhe von 2,7 m und einer Traufenhöhe von 2,22 m, errichtet auf einem Betonstreifenfundament. Neben der bestehenden Einfriedungsmauer zur Nachbargrundgrenze wurde im Bereich des Wintergartens noch eine Ytong-Verstärkungsmauer aufgezogen, sowie die Einfriedungsmauer um ca. 35 cm erhöht.

2. Lagerschuppen:

Im Bereich zwischen der bestehenden Einfriedungsmauer und dem Nordwestteil des Wohnhauses wurde ein Lagerschuppen in Holzkonstruktion im Ausmaß von 3,15 m Länge, 1,30 m Breite, Gesamthöhe von 2,22 m und Traufenhöhe von 1,85 m errichtet.

3. Garagenerweiterung:

Anschließend an die genehmigte Garage wurde bis zur Straßengrundgrenze eine Garagenerweiterung (Vorplatzüberbauung) im Ausmaß von 5 m Länge, 3 m Breite und 2,75 m Höhe in einer Stahlkonstruktion mit außenseitiger Eternitverkleidung und Eternitüberdachung errichtet. Innen wurde die Decke in Holzkonstruktion, die Seitenwände mit Kunststoffverkleidung ausgeführt. Das Tor besteht aus einer Stahl-Holzkonstruktion. Zum Wohnhaus besteht eine Fensterverbindung (WC-Fenster), diese stellt eine Brandbrücke dar.

4. Eingangsüberdachung:

Zwischen Garage und Lagerschuppen wurde eine Eingangsüberdachung, welche bis zur Straßengrenze auskragt, errichtet. Der Konstruktionsaufbau dieser Eingangsüberdachung besteht ebenfalls aus Stahlprofil mit Eternitdeckung und einer holzverkleideten Untersicht."

Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadt vom 16. November 1992 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich des erwähnten Wintergartens stattgegeben und der diesbezügliche Teil des Spruches dahingehend geändert, daß dem Beschwerdeführer aufgetragen worden ist, innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides entweder den konsenslos errichteten Wintergarten zu entfernen oder hiefür unter Beibringung von Planunterlagen um die nachträgliche Baubewilligung anzusuchen. Im übrigen wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen.

Der gegen den abweisenden Teil dieses Berufungsbescheides eingebrachten Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der OÖ Landesregierung vom 29. Jänner 1993 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß der Beschwerdeführer durch diesen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt werde.

Die Aufsichtsbehörde vertrat im wesentlichen die Auffassung, daß die in Rede stehenden baulichen Vorhaben als Nebengebäude im Sinne des § 29 der OÖ Bauordnung 1976 zu qualifizieren seien. Das im § 29 Abs. 2 leg. cit. vorgesehene Ausmaß der mit Nebengebäuden bebauten Fläche des Bauplatzes werde jedoch überstiegen und im übrigen lägen diese Nebengebäude im Vorgarten, weshalb auch kein Anwendungsfall der Ausnahmeregelung des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle vorliege. Eine nachträgliche Baubewilligung könne daher für die drei konsenslos errichteten Nebengebäude nicht erteilt werden.

Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, so hat sie - unbeschadet der Bestimmungen des § 56 - zufolge § 61 Abs. 1 der OÖ Bauordnung 1976 dem Eigentümer mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist um die Baubewilligung anzusuchen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen. Die Möglichkeit, nachträglich um die Baubewilligung anzusuchen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

§ 29 leg. cit. mit der Überschrift "Nebengebäude" lautet:

"(1) Nebengebäude sind Gebäude mit einer Traufenhöhe bis zu drei Meter über dem Fußboden und einer Gesamthöhe bis zu fünf Meter, die im Vergleich zur gegebenen oder voraussehbaren Hauptbebauung nur untergeordnete Bedeutung haben (zum Beispiel Flugdächer, Schuppen, Garagen und ähnliche Gebäude).

(2) Nebengebäude dürfen die Bebauung des Bauplatzes mit dem Hauptgebäude nicht hindern. Das Ausmaß der mit Nebengebäuden bebauten Fläche des Bauplatzes darf, soweit im Bebauungsplan nichts anderes bestimmt ist, ein Zehntel der Gesamtfläche des Bauplatzes nicht übersteigen und höchstens hundert Quadratmeter betragen.

(3) Soweit sich aus baurechtlichen Vorschriften und dem Bebauungsplan nichts anderes ergibt, können Garten- und Gerätehütten sowie ähnliche Nebengebäude mit einer verbauten Grundfläche bis zu acht Quadratmeter auch auf den nach der festgelegten Bauweise bzw. gemäß § 32 Abs. 2 von einer Bebauung freizuhaltenden Grundflächen, nicht jedoch im Vorgarten, errichtet werden."

§ 32 Abs. 4 leg. cit. sieht vor, daß Nebengebäude entweder an ein Hauptgebäude angebaut oder von diesem und von anderen Nebengebäuden einen Mindestabstand von 3 m erhalten müssen.

Auf Grund der beispielsweisen Aufzählung von Nebengebäuden im § 29 Abs. 1 leg. cit. besteht kein Zweifel, daß die in Rede stehenden baulichen Maßnahmen, also der "Lagerschuppen", die "Garagenerweiterung" sowie die "Eingangsüberdachung" im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung als Gebäude mit untergeordneter Bedeutung zu qualifizieren sind, wobei auch deren Ausmaße innerhalb des wiedergegebenen gesetzlichen Rahmens liegen, sodaß der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie diese Gebäude als Nebengebäude angesehen hat. Das räumliche Naheverhältnis dieser Gebäude zum Hauptgebäude steht einer solchen Annahme nicht entgegen, weil Nebengebäude zufolge § 32 Abs. 4 leg. cit., wie schon erwähnt, entweder an das Hauptgebäude angebaut werden oder von diesem einen Mindestabstand von 3 m erhalten müssen. Dem Argument des Beschwerdeführers, "die konsenslos errichteten Zubauten betreffen alle mitsammen das Hauptgebäude" und seien daher keine Nebengebäude, ist entgegenzuhalten, daß dieser Umstand nichts an der bloß "untergeordneten Bedeutung" dieser Gebäude "im Vergleich zur gegebenen Hauptbebauung" im Sinne der wiedergegebenen Legaldefinition zu ändern vermag. Auch wenn die Überdachung im Eingangsbereich nach den Beschwerdeausführungen "den Eintritt von Regenwasser im Eingangsbereich verhindern soll", läßt sich aus diesem Zweck des Vorhabens nicht ableiten, daß es deshalb in bezug auf das Hauptgebäude mehr als nur untergeordnete Bedeutung hat. Die Ansicht des Beschwerdeführers, daß die bereits bewilligte Garage "Teil des Hauptgebäudes ist, sodaß der ursprünglich bewilligte Garagenteil zwar als Garage qualifiziert ist, aber kein eigenes Nebengebäude darstellt", wobei Gleiches für die Garagenerweiterung gelte, die ebenfalls an das Hauptgebäude angebaut sei, kann ebenfalls keine anderslautende Beurteilung herbeiführen, weil, wie schon erwähnt, der Annahme des Vorliegens eines Nebengebäudes im Sinne der geschilderten Legaldefinition der Umstand nicht entgegensteht, daß ein bestimmtes Gebäude an das Hauptgebäude angebaut ist.

Die belangte Behörde ist demnach, wie schon erwähnt, zu Recht davon ausgegangen, daß die den erteilten Beseitigungsauftrag betreffenden baulichen Vorhaben als Nebengebäude anzusehen sind, wobei auch unbestritten ist, daß das im § 29 Abs. 2 leg. cit. als zulässig vorgesehene Ausmaß der Fläche der Nebengebäude im Beschwerdefall überschritten worden ist. Da auch kein Anwendungsfall der Ausnahmeregelung des § 29 Abs. 3 leg. cit. vorliegt, weil die Nebengebäude im Vorgarten errichtet worden sind, kann eine nachträgliche Baubewilligung nicht erteilt werden, sodaß auch nicht die Möglichkeit einzuräumen war, um die Baubewilligung anzusuchen.

Die für eine derartige Entscheidung erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen konnte die belangte Behörde auf Grund der im Akt erliegenden Unterlagen (u.a. auch Lichtbilder) auch ohne Durchführung des vom Beschwerdeführer für erforderlich erachteten Lokalaugenscheines einwandfrei treffen, sodaß der Beschwerdeführer mit der diesbezüglichen Verfahrensrüge keinen im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wesentlichen, also zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel aufzuzeigen vermag.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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