VwGH 93/04/0043

VwGH93/04/004321.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Paliege, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. Oktober 1992, Zl. 315.373/1-III/3/92, betreffend Zurückweisung einer Berufung und von Einwendungen; Betriebsbewilligung (mitbeteiligte Partei: A in S), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §356 Abs4;
AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §356 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Anbringen vom 10. November 1986 beantragte die mitbeteiligte Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und zum Betrieb einer Betriebsanlage für das Gastgewerbe in S Nr. 119. Aufgrund dieses Antrages wurde von der Bezirkshauptmannschaft Zwettl am 2. Dezember 1987 und am 27. September 1989 eine Augenscheinverhandlung durchgeführt. Der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer erklärte in der Verhandlung am 2. Dezember 1987, er nehme "die Auflagen vollinhaltlich zur Kenntnis" und am 27. September 1989, er nehme "das Verhandlungsergebnis zustimmend zur Kenntnis" und beantrage "wie in der letzten Verhandlung die Bescheiderlassung in Form des darin angeführten Probebetriebes". Weitere Erklärungen wurden von ihm nicht abgegeben.

Mit Bescheid vom 2. Jänner 1990 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Zwettl der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung der Betriebsanlage (Gastgewerbetrieb) unter Einhaltung einer Reihe von Auflagen und ordnete gleichzeitig an, daß die Betriebsanlage erst aufgrund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden darf. Zu diesem Zweck wurde ein Probebetrieb der Anlage zugelassen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Anbringen vom 23. Oktober 1990 beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung der Betriebsbewilligung. Die Bezirkshauptmannschaft Zwettl beraumte eine Überprüfung der Betriebsanlage an und verständigte davon auch den Beschwerdeführer. Dieser erhob nunmehr schriftliche Einwendungen hinsichtlich Lärmbelästigung und Entwertung der Wohnqualität seines Grundstückes.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl vom 18. November 1991 wurde der mitbeteiligten Partei die Betriebsbewilligung erteilt, die Einwendungen des Beschwerdeführers wegen unzumutbarer Lärmbelästigung zurückgewiesen und der Beschwerdeführer mit seiner Einwendung, durch die Erteilung der Betriebsbewilligung erfahre sein Grundstück eine Entwertung, auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 24. April 1992 keine Folge, sondern bestätigte den angefochtenen Bescheid.

Aufgrund der Berufung des Beschwerdeführers änderte der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 22. Oktober 1992 den Bescheid des Landeshauptmannes insoferne ab, als die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Zwettl, soweit sie sich gegen die Erteilung der Betriebsbewilligung richtet, zurückgewiesen, im übrigen abgewiesen wird. In der Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Inhaltes der bezughabenden Rechtsvorschriften im wesentlichen aus, daß jenen Nachbarn, die nicht bereits im Verfahren zur Genehmigung der Errichtung der Betriebsanlage Einwendungen gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1973 erhoben hätten, gemäß § 356 Abs. 4 GewO 1973 im Betriebsbewilligungsverfahren jedenfalls keine Parteistellung zukomme. Da der Beschwerdeführer "im Verfahren zur Erteilung der Errichtungsgenehmigung" keine Einwendungen erhoben habe, komme ihm im vorliegenden Verfahren keine Parteistellung zu.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegenden Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die mitbeteiligte Partei beteiligte sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich (erkennbar) in seinem Recht verletzt, dem Betriebsbewilligungsverfahren als Partei beigezogen zu werden. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides im wesentlichen vor, daß ein Nichterheben von Einwendungen im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren keinesfalls bedeuten könne, daß er im Betriebsbewilligungsverfahren auch dann keine Parteistellung besitze, wenn er in diesem Verfahren Einwendungen erhoben habe. Er begründet diese Auffassung einerseits mit Überlegungen zur Präklusion von Einwendungen, andererseits mit einem Vergleich des Verfahrens nach § 78 Abs. 2 GewO 1973 mit jenem nach § 81 GewO 1973. Jedes andere Ergebnis - so die weitere Argumentation des Beschwerdeführers - würde dazu zwingen, im Genehmigungsverfahren auch "sinnlose" Einwendungen vorzubringen, nur um die Parteistellung im Betriebsbewilligungsverfahren zu wahren. Dies seien wohl auch die Überlegungen der Behörde erster Instanz gewesen, die ihn zur Überprüfung des Betriebes geladen und sogar aufgefordert habe, etwaige Einwände vorzubringen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:

Gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973 - in der im Zeitpunkte der Bescheiderlassung maßgeblichen Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. 29/1993 - kann die Behörde bei Erfüllung näher beschriebener Voraussetzungen im Genehmigungsbescheid anordnen, daß die Betriebsanlage oder Teile dieser Anlage erst aufgrund einer Betriebsbewilligung in Betrieb genommen werden dürfen.

Nach § 356 Abs. 4 leg. cit. haben im Verfahren betreffend die Erteilung der Betriebsbewilligung (§ 78 Abs. 2) die im Abs. 3 genannten Nachbarn Parteistellung.

Gemäß § 356 Abs. 3 leg. cit. sind im Verfahren gemäß Abs. 1 dieser Gesetzesstelle nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung - oder, wenn sie die Voraussetzungen des 2. Satzes dieses Absatzes erfüllen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit - Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.

Aus dem Hinweis in Abs. 4 auf Abs. 3 des § 356 GewO 1973 ergibt sich, daß die Parteistellung des Nachbarn im Betriebsbewilligungsverfahren davon abhängt, daß ihm bereits im Verfahren betreffend die Genemigung der Betriebsanlage im Sinne des § 356 Abs. 3 leg. cit. Parteistellung zukam (vgl. z.B. das - zur diesbezüglich unveränderten Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1988 ergangene - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1989, Zl. 86/04/0114).

Der Umstand, daß dem Beschwerdeführer - wie er in der Beschwerde selbst einräumt - im Verfahren zur Genehmigung der Betriebsanlage mangels Erhebung entsprechender Einwendungen Parteistellung nicht zukam, schloß daher auch im Betriebsbewilligungsverfahren eine Parteistellung des Beschwerdeführers aus.

Zufolge des klaren Wortlautes des § 356 Abs. 4 GewO 1973 erübrigt es sich, auf die Versuche der Beschwerde einzugehen, im Wege der Auslegung zu einem anderen als dem dargestellten Inhalt dieser Bestimmung zu gelangen. Soweit jedoch vorgebracht wird, daß die Bezirkshauptmannschaft Zwettl den Beschwerdeführer im Betriebsbewilligungsverfahren geladen und aufgefordert habe, etwaige Einwände zu erstatten, ist darauf hinzuweisen, daß sich die Parteistellung im Verwaltungsverfahren immer nur aus den einschlägigen Rechtsvorschriften, niemals jedoch aus (irrigen) Amtshandlungen ergeben kann (vgl. dazu die bei Hauer - Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens4 (1990), 108, referierte hg. Judikatur).

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da eine weitere Klärung der Rechtssache durch die mündliche Erörterung nicht zu erwarten war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. Nr. 104/1991.

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