Normen
AAV §21 Abs6;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AAV §21 Abs6;
AVG §37;
AVG §45 Abs3;
VStG §24;
VStG §44a Z1;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, es als zur Vertretung einer namentlich genannten Gesellschaft m.b.H. zu verantworten zu haben, daß in einer bestimmten Betriebsstätte in Wien, wie anläßlich einer Überprüfung durch ein Organ des Arbeitsinspektorates am 14. Mai 1992 festgestellt wurde, die Vorschriften der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) insofern nicht eingehalten worden seien, "als der Ausgang vom Verkaufsraum (Notausgang) verlagert vorgefunden wurde". Durch die Lagerung von 13 Milchkisten und 1 Rodel sei nur eine nutzbare Durchgangsbreite von ca. 40 cm anstatt der erforderlichen 1,20 m verblieben. Dadurch habe der Beschwerdeführer eine Übertretung nach § 21 Abs. 6 AAV in Verbindung mit § 9 VStG begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat eine Replik zur Gegenschrift eingebracht.
Der Gerichtshof hat erwogen:
1) Die Beschwerdebehauptung, die Tatzeit sei im Spruch nicht ausreichend konkretisiert, ist unbegründet. Der Schuldvorwurf lautet mit anderen Worten, daß der Beschwerdeführer den am 14. Mai 1992 festgestellten rechtswidrigen Zustand zu verantworten habe. Er hätte für seine Beseitigung vor der Feststellung am 14. Mai 1992 zu sorgen gehabt. Die Tatzeit ist damit ausreichend konkretisiert.
Damit ist auch der Vorwurf, Verfolgungsverjährung sei eingetreten, zu Unrecht erhoben worden. In der als Verfolgungshandlung zu wertenden Aufforderung der Erstbehörde zur Rechtfertigung vom 30. Juli 1992 scheint diese Tatumschreibung wie im Schuldspruch des angefochtenen Bescheides auf.
Unbegründet ist auch der Vorwurf, die Tat sei insofern unzureichend umschrieben, als nur von einem Ausgang die Rede sei, die gegenständliche Betriebsstätte (Filiale) aber mehrere Ausgänge habe. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, daß - wie bereits ausgeführt - von einem "Notausgang" gesprochen wird und dies laut dem im Verwaltungsstrafakt erliegenden Plan der Betriebsräumlichkeiten nur hinsichtlich eines Ausganges der Fall sein kann.
2) Der Beschwerdeführer hat bereits im Verwaltungsstrafverfahren vorgebracht, er hätte einen verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 zweiter Satz VStG bestellt gehabt. Der namentlich bezeichnete Filialleiter sei für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften in der in Rede stehenden Filiale veranwortlich gewesen. Er legte zum Nachweis eine die Übertragung der Verantwortung und die Zustimmung hiezu betreffende Urkunde vor. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde hat der als Zeuge vernommene Filialleiter dies bestätigt.
Die belangte Behörde würdigt diese Aussage als unrichtig und nimmt als erwiesen an, daß eine "betriebsinterne Abteilung Ausbildung und Schulung" für die Wahrnehmung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zuständig sei. Sie hat damit mehrfach Verfahrensvorschriften verletzt: Sie setzt sich zum ersten überhaupt nicht mit der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsstrafverfahren vorgelegten Urkunde vom 2. Jänner 1992 auseinander, laut der dem Filialleiter die Verantwortung für die Einhaltung von Dienstnehmerschutzbestimmungen in der in Rede stehenden Filiale übertragen worden sei und dieser der Übertragung zugestimmt habe. Sie stützt sich ferner in ihrer Beweiswürdigung auf eine Zeugenaussage, die nach der mündlichen Verkündung des angefochtenen Bescheides in einem anderen Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde abgelegt wurde, und in diesem Zusammenhang auch darauf, daß die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers dieser Zeugenaussage nicht widersprochen habe. Abgesehen davon, daß nach dem in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Inhalt dieser Zeugenaussage (ihr genauer Wortlaut ist aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt nicht ersichtlich) nur gesagt wurde, einer Bezirksverkaufsleiterin stünden keine Einflußmöglichkeiten hinsichtlich der AAV zu, dies obliege der oben genannten betriebsinternen Abteilung, stellt es einen gravierenden Mangel des Verfahrens dar, wenn in einem anderen Verfahren, noch dazu nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, gewonnene Beweisergebnisse im Bescheid verwertet werden. Dies verstößt nicht nur gegen fundamentale Verfahrensgrundsätze, wie etwa den des Parteiengehörs, sondern auch gegen die im § 57i VStG ausdrücklich normierte Unmittelbarkeit des Verfahrens, wonach bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht genommen werden darf, was in einer in dem betreffenden Verfahren durchgeführten Verhandlung vorgekommen ist. Die Berücksichtigung der in Rede stehenden Zeugenaussage wäre - rein verfahrensrechtlich - nur im Wege einer amtswegigen Wiederaufnahme gemäß § 69 Abs. 3 AVG zulässig gewesen.
Da die belangte Behörde Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Beachtung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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