VwGH 93/01/0816

VwGH93/01/081626.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des I in E, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 5. April 1993, Zl. 4.324.099/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein vietnamesischer Staatsangehöriger, der am 29. September 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 31. Oktober 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihm lägen die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 5. April 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist, habe er bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 8. Oktober 1991 angegeben, in seinem Heimatland nicht politisch tätig gewesen zu sein. Im Jahre 1985 sei er wegen Desertion zu zwei Monaten unentgeltlicher Zwangsarbeit eingeteilt worden. Auf Grund eines 1988 gestellten Antrages habe er im selben Jahr einen Arbeitsplatz in der ehemaligen Tschechoslowakei erhalten, wobei sein Arbeitsvertrag bis zum Jahr 1993 Gültigkeit gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe weder im Gastland bleiben noch habe er in sein Heimatland - weil dort die Kommunisten herrschten - zurückkehren wollen und sei daher nach Österreich eingereist.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Beschwerdeführer ausgeführt, im Fall der Rückkehr in sein Heimatland würde er wegen seiner Flucht aus der ehemaligen Tschechoslowakei und wegen der Nichteinhaltung seines Arbeitsvertrages angeklagt und zu einer Haftstrafe verurteilt werden. Wegen dieser Gefahr für seine Freiheit könne er nicht in sein Heimatland zurück.

Die belangten Behörde hat die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Bestrafung wegen Desertion im Jahre 1985 zunächst dahin gewürdigt, daß diese zeitlich so weit zurückliege, daß daraus begründete Furcht vor Verfolgung nicht mehr abgeleitet werden könne. Diese Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers steht in Übereinstimmung mit der ständigen hg. Judikatur, derzufolge Umstände, die sich schon längere Zeit vor der Ausreise ereignet haben, nicht mehr beachtlich sind; die wohlbegründete Furcht muß vielmehr bis zur Ausreise andauern (vgl. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, 1990, S. 31, angeführte Judikatur). Hiebei hat die belangte Behörde zu Recht darauf hingewiesen, daß Desertion auch in westlich-demokratischen Staaten, so auch in Österreich, strafgerichtlich verfolgt werde.

Der belangten Behörde kann auch nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie die Befürchtungen des Beschwerdeführers, wegen der Übertretung paß-, fremdenpolizeilicher oder sonstiger den Aufenthalt im Ausland regelnder Vorschriften bestraft zu werden, nicht als für die Gewährung von Asyl ausreichend gewertet hat (vgl. die bei Steiner, aaO, S. 32, angeführte Judikatur).

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Ablehnung des in seinem Heimatland herrschenden kommunistischen Systems hat die belangte Behörde ebenfalls zu Recht nicht als Umstand angesehen, aus dem auf individuelle Verfolgung des Beschwerdeführers aus in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) angeführten Gründen bzw. auf begründete Furcht vor Verfolgung geschlossen werden könnte, weil die innere Abneigung eines Asylwerbers gegen ein herrschendes System oder gegen die allgemein herrschenden politischen Verhältnisse nicht geeignet ist, Furcht vor Verfolgung objektiv zu begründen (vgl. die bei Steiner, aaO, S. 28, angeführte Judikatur). Daß der Beschwerdeführer aber etwa diese Abneigung in einer der Öffentlichkeit zugänglichen Weise zum Ausdruck gebracht hätte, hat er selbst nicht behauptet. Soweit er nunmehr in der Beschwerde geltend macht, diese Ablehnung komme in der Desertion zum Ausdruck, ist ihm entgegenzuhalten, daß - abgesehen davon, daß er mit diesem Vorbringen dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot unterliegt - aus der Desertion vom Militär für sich allein nicht zwingend auf eine Ablehnung des politischischen Systems zu schließen ist.

Auch das erstmals in der Beschwerde erhobene Vorbringen, infolge der mangelhaften Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers seien teilweise nur unvollständige Angaben gemacht worden, unterliegt dem Neuerungsverbot und läßt, da nicht dargetan wurde, was der Beschwerdeführer noch hätte vorbringen wollen, nicht den Schluß auf einen wesentlichen Verfahrensmangel zu.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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