VwGH 93/01/0710

VwGH93/01/071029.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde der L in T, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. Februar 1993, Zl. 4.317.758/3-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der "früheren SFRJ" albanischer Nationalität, hat dem durch eine Ausfertigung des angefochtenen Bescheides belegten Beschwerdevorbringen zufolge den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 11. Juli 1991, mit dem festgestellt worden war, bei ihr lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtling nicht vor, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 15. Februar 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und versagte die Gewährung von Asyl.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, denen die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten ist, habe sie bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 8. Juni 1991 angegeben, ihr Gatte sei Lehrer am Gymnasium in P gewesen. Dieses Gymnasium sei am 8. November 1990 gesperrt worden, weil die albanische Sprache verboten worden sei. Ihr Gatte habe sich, weil er keine wirtschaftliche Existenz mehr gehabt habe, zum Verlassen seines Heimatlandes entschlossen, und die Beschwerdeführerin sei ihm gefolgt, weil es auch für sie keine Zukunftsperspektiven gegeben habe.

In der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, es sei ihr wegen ihrer albanischen Herkunft nicht möglich gewesen, eine Stellung zu erlangen. Als ihr Gatte aus dem Staatsdienst entlassen worden sei und ihm Inhaftierung gedroht habe, sei sie gezwungen gewesen, ihr Heimatland zu verlassen.

Die belangte Behörde hat das Vorliegen von Gründen im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 (übereinstimmend mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) zunächst deshalb verneint, weil dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht entnommen werden könne, daß staatliche Maßnahmen erheblicher Intensität in Verfolgungsabsicht zielgerichtet direkt gegen sie gesetzt worden wären. Mit dieser Würdigung des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren, dessen Darstellung im angefochtenen Bescheid nicht bestritten wurde, befindet sich die belangte Behörde im Einklang mit der hg. Rechtssprechung, derzufolge nur den Asylwerber selbst betreffende Nachteile, nicht aber Maßnahmen, die gegen seine Angehörigen gesetzt wurden, als Grund für die Asylgewährung in Frage kommen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0821).

Ebensowenig kann der belangten Behörde mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den Verlust des dem Gatten der Beschwerdeführerin zugestandenen Arbeitsplatzes - daß ihr dadurch jegliche Lebensgrundlage entzogen worden wäre, hat die Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet - für sich allein nicht als Umstand gewertet hat, aus dem Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 abgeleitet werden könnte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0486).

Auch hat die belangte Behörde zu Recht die Auffassung vertreten, daß die ins Treffen geführten wirtschaftlichen Gründe die Gewährung von Asyl nicht rechtfertigen (vgl. die bei Steiner, Österreichisches Asylrecht, 1990, S. 28 und 29, angeführte Judikatur).

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die belangte Behörde wäre im Hinblick auf die von ihr in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid behauptete bevorstehende Inhaftierung ihres Gatten zu Erhebungen verpflichtet gewesen, ist ihr entgegenzuhalten, daß diese Berufungsausführungen einen Schluß auf eine offenkundige Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens nicht zuließen. Denn selbst unter der Annahme, daß - entgegen der unwidersprochen gebliebenen Darstellung des gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 allein der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde zu legenden Vorbringens der Beschwerdeführerin im Verfahren erster Instanz - sie bereits bei ihrer ersten Einvernahme derartiges geltend gemacht hätte, könnte aus einem solchen Vorbringen, welches nur ihren Ehegatten betreffende Umstände beinhaltet hätte, kein hinreichend deutlicher Hinweis auf einen Sachverhalt abgeleitet werden, der für die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung in Betracht gekommen wäre. Somit lag für die belangte Behörde ein offenkundiger Mangel des Ermittlungsverfahrens erster Instanz im Sinne des § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991, der dessen Ergänzung oder Wiederholung erforderlich gemacht hätte, nicht vor. Demgemäß war die belangte Behörde auf der Grundlage dieser Angaben auch nicht verpflichtet, gemäß § 16 Abs. 1 Asylgesetz 1991 - welche Vorschrift eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 leg. cit. hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, darstellt - weitere Ermittlungen durchzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zlen. 92/01/0800-0803). Der insoweit geltend gemachte Verfahrensmangel liegt sohin nicht vor.

Zum Vorwurf der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe die ihr obliegende Manuduktionspflicht verletzt, ist ihr entgegenzuhalten, daß weder aus § 13 a AVG noch aus § 16 Asylgesetz 1991 eine Verpflichtung der Behörden abgeleitet werden kann, einen Asylwerber, der - wie die Beschwerdeführerin - lediglich gegen einen Angehörigen gerichtetes behördliches Vorgehen vorbringt, anzuleiten, wie er seine Angaben konkret gestalten sollte (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0800-0803). Auch dieser behauptete Verfahrensmangel liegt sohin nicht vor.

Mit den erstmals in der Beschwerde vorgetragenen Behauptungen, es hätte eine Hausdurchsuchung mit Konfiszierung aller vorgefundenen albanischen Literatur stattgefunden, es wäre auch der Beschwerdeführerin mit Inhaftierung gedroht worden sowie die Lehrer an der Schule ihres Gatten seien mittlerweile verhaftet worden, unterliegt die Beschwerdeführerin dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot, weshalb auf dieses Vorbringen nicht weiter einzugehen war.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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