VwGH 93/01/0348

VwGH93/01/034817.6.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Großmann und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde 1. des HG und 2. der SG, beide in A, beide vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in X, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 31. März 1993, Zln. 4.322.840/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Den durch Ausfertigungen der angefochtenen Bescheide belegten Beschwerdevorbringen zufolge haben die Beschwerdeführer, Staatsangehörige "der ehemaligen SFRJ" albanischer Nationalität, die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 14. Oktober 1991, mit denen festgestellt worden war, bei den Beschwerdeführern lägen die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtlinge nicht vor, mit Berufung bekämpft.

Mit ihren Bescheiden vom 31. März 1993 wies die belangte Behörde die Berufungen gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und verweigerte die Gewährung von Asyl.

Gegen diese Bescheide richten sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobenen, wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Nach den Ausführungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden, denen die Beschwerdeführer nicht entgegengetreten sind, hat der Erstbeschwerdeführer seinen Asylantrag bei seiner niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark am 17. Juli 1991 damit begründet, er habe vom 22. bis zum 25. Mai 1990 an einer nicht genehmigten Demonstration gegen die Serben teilgenommen, die von der Polizei aufgelöst worden sei, und deretwegen in der Folge viele Teilnehmer verhaftet worden seien. Der Erstbeschwerdeführer sei aus Furcht vor einer Festnahme zu seinem Bruder nach Skopije gezogen. Er sei von den jugoslawischen Behörden aber weder verfolgt noch benachteiligt worden. Ausschlaggebend für seine Einreise nach Österreich sei die Aussichtslosigkeit, in seinem Heimatland einen ausreichend entlohnten Arbeitsplatz zu erlangen, und die leichte Erreichbarkeit dieses Landes gewesen. Der Erstbeschwerdeführer habe keiner politischen Gruppierung angehört und sei in seiner Glaubensübung nicht beeinträchtigt gewesen. Er hoffe nun gute Arbeit zu finden. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland müsse er mit seiner Verhaftung rechnen und würde er keine Arbeit haben. In seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung habe der Erstbeschwerdeführer ausgeführt, zum Zeitpunkt seiner Ausreise habe sich die Situation im Kosovo als untragbar erwiesen, weil ein Überleben in diesem Gebiet nicht mehr möglich sei.

Die Zweitbeschwerdeführerin habe bei ihrer niederschriftlichen Befragung durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark am 17. Juli 1991 geltend gemacht, nachdem der Erstbeschwerdeführer nach Skopije gezogen sei, sei die Polizei mindestens zehnmal zu ihr gekommen, um den Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführer zu erfahren. Dies sei vom 5. bis 10. Juni 1991 jeden Tag geschehen, ohne daß die Polizei einen Grund für diese Nachforschungen angegeben habe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe aber nie Auskunft gegeben. Wegen dieser Nachforschungen habe sich der Erstbeschwerdeführer entschlossen, sein Heimatland zu verlassen, wobei ihm die Zweitbeschwerdeführerin gefolgt sei, weil sie mit ihm habe zusammenbleiben wollen. Die Zweitbeschwerdeführerin sei weder verfolgt noch benachteiligt worden und habe keiner politischen Gruppierung angehört; auch sei sie in der Glaubensübung nicht beeinträchtigt worden. Nach Österreich sei sie gekommen, weil der Erstbeschwerdeführer dies so entschieden habe, wobei sie nun hierbleiben und arbeiten wolle. Ob sie im Fall ihrer Rückkehr Probleme mit der Polizei haben würde, könne sie nicht angeben. Ihre Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe die gleichen Ausführungen wie die des Erstbeschwerdeführers enthalten.

Die Versagung von Asyl begründete die belangte Behörde in beiden Fällen zunächst damit, daß beide Beschwerdeführer ausdrücklich angegeben hätten, weder verfolgt noch benachteiligt worden zu sein. Des weiteren vertrat die belangte Behörde den Erstbeschwerdeführer betreffend die Auffassung, Beschränkungen des Versammlungs- und Demonstrationsrechtes wie auch die Festnahme oder Anhaltung von Teilnehmern an verbotenen Demonstrationen könnten nicht als Verfolgungshandlungen im Sinne des Asylgesetz 1991 gewertet werden, sodaß auch die dem Erstbeschwerdeführer aus der Teilnahme an der von ihm angeführten Demonstration allenfalls erwachsenden Konsequenzen nicht als Verfolgung qualifiziert werden könnten. Mit dieser Rechtsansicht befindet sich die belangte Behörde im Einklag mit der ständigen hg. Judikatur, derzufolge aus der Teilnahme an einer verbotenen Demonstration und der im Anschluß daran erfolgenden Festnahme und Anhaltung für sich allein Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention nicht abgeleitet werden kann (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1992, Zl. 92/01/0102).

Gleichermaßen ist der belangten Behörde beizupflichten, wenn sie die vom Erstbeschwerdeführer ins Treffen geführten Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche nicht als Umstand gewertet hat, der für sich allein auf konkrete gegen den Erstbeschwerdeführer gerichtete Verfolgung schließen ließe (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0167).

Mit den erstmals in der Beschwerde aufgezeigten Befürchtungen hinsichtlich einer dem Erstbeschwerdeführer bevorstehenden Einberufung zum Militärdienst unterliegt er dem gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot.

Soweit beide Beschwerdeführer in den Beschwerden geltend machen, sie hätten bereits in ihren Berufungen gegen die erstinstanzlichen Bescheide darauf hingewiesen, auf Grund der im Zeitpunkt der Ersteinvernahme noch angespannten psychischen Situation möglicherweise die Beweggründe ihrer Flucht nicht mit der gebotenen Deutlichkeit beschrieben zu haben, ist ihnen entgegenzuhalten, daß ihr in den angefochtenen Bescheiden unwidersprochen wiedergegebenes Berufungsvorbringen keine weiteren, eine konkret gegen sie gerichtete Verfolgung aufzeigenden Darstellungen enthält.

Zu dem in beiden Beschwerden enthaltenen Hinweis auf die Eskalierung der Kriegsereignisse im Heimatland der Beschwerdeführer und auf den zunehmenden politischen und religiösen Druck auf die albanische Minderheit ist festzuhalten, daß die Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen nur allgemeine Verhältnisse und keine individuell gegen sie selbst gerichtete Verfolgung geltend machen. Gleiches gilt auch für die von beiden Beschwerdeführern erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegte und somit auch unter das Neuerungsverbot fallende Niederschrift, in der die Aussagen von zwei Personen über Vorkommnisse in Schulen und in Geburtsstationen im Kosovo wiedergegeben werden.

Die von der Zweitbeschwerdeführerin vorgebrachten mehrmaligen Befragungen nach dem Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführers wertete die belangte Behörde dahingehend, daß diese nicht als gegen die Zweitbeschwerdeführerin selbst gesetzte Verfolgungshandlungen angesehen werden könnten. Dieser Würdigung des Vorbringens der Zweitbeschwerdeführerin kann nicht entgegengetreten werden, weil auch wiederholte Befragungen durch die Polizei nach dem Aufenthaltsort eines Verwandten keinen Umstand darstellen, aus dem Verfolgung bzw. begründete Furcht vor einer solchen abgeleitet werden könnte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1992, Zl. 92/01/0546).

Bereits der Inhalt der Beschwerden läßt sohin erkennen, daß die von den Beschwerdeführern behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, weshalb die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen waren.

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