VwGH 92/18/0408

VwGH92/18/040814.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in X, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 2. September 1992, Zl. Frb-4250/92, betreffend Schubhaft und Aufenthaltsverbot,

Normen

AVG §64 Abs2;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §64 Abs2;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §5 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

I. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Anordnung der vorläufigen Verwahrung (Schubhaft) und die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung richtet.

II. zu Recht erkannt:

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 2. April 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 und § 4 Fremdenpolizeigesetz ein bis zum 31. Dezember 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das ganze Bundesgebiet erlassen. Mit demselben Bescheid wurde gemäß § 5 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz die Schubhaft verhängt. Gemäß § 64 Abs. 2 AVG wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer bei der genannten Behörde am 2. April 1992 übernommen.

Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 2. September 1992 nicht Folge gegeben.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die

der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Zu I:

Im Beschwerdefall steht fest, daß der Beschwerdeführer am 14. April 1992 aus dem Bundesgebiet abgeschoben wurde. Damit wurde der Zweck des Bescheides, soweit er die Schubhaft betrifft, verwirklicht. Insoweit sind daher weitere für den Beschwerdeführer nachteilige Wirkungen nicht vorhanden, sodaß die Möglichkeit einer Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers durch diesen Teil des Bescheides zu verneinen ist. Gleiches gilt für die vom Beschwerdeführer bekämpfte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 1992, Zl. 91/19/0310).

Die Beschwerde war daher in diesem Umfang - in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Zu II:

1.1. Der Beschwerdeführer macht sinngemäß geltend, der angefochtene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil der erstinstanzliche Bescheid nicht erlassen worden sei. Dieser sei nämlich an den Beschwerdeführer und nicht an den Vertreter des Beschwerdeführers zugestellt worden, weshalb ein Zustellmangel vorliege. Die Zustellung einer Kopie des Bescheides an den Vertreter des Beschwerdeführers habe den Zustellmangel nicht saniert.

Der Beschwerdeführer stützt sich in diesem Zusammenhang auf den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 13. Juli 1992, mit dem der Beschwerde gegen die Festnahme und Anhaltung in Schubhaft gemäß § 5a Fremdenpolizeigesetz Folge gegeben und die Anhaltung (von der Festnahme am 2. April 1992 bis zur Abschiebung am 14. April 1992) für rechtswidrig erklärt wurde, weil der Schubhaftbescheid mangels Zustellung an den Vertreter des Beschwerdeführers nicht erlassen worden sei.

1.2. Der Beschwerdeführer vermag mit diesen Ausführungen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, der Beschwerdevertreter sei im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides bereits Zustellungsbevollmächtigter im Sinne des § 9 Zustellgesetz gewesen, weshalb die Zustellung nur an diesen hätte erfolgen dürfen, ist verfehlt, weil der Beschwerdevertreter bis zu diesem Zeitpunkt DER BEHÖRDE GEGENÜBER noch nicht als Vertreter des Beschwerdeführers eingeschritten war und sohin bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht als Vertreter (Zustellungsbevollmächtigter) des Beschwerdeführers behandelt werden durfte. Die anläßlich der Festnahme des Beschwerdeführers am 2. April 1992 von einem Beamten des Gendarmeriepostenkommandos Lustenau fernmündlich der Erstbehörde gegenüber geäußerte Vermutung, der Beschwerdeführer "werde anscheinend durch die Rechtsanwaltskanzlei" des Beschwerdevertreters vertreten, berechtigte die Erstbehörde nicht, den Beschwerdevertreter schon vor dessen Einschreiten als Vertreter und Zustellungsbevollmächtigten des Beschwerdeführers zu behandeln. Die im Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 13. Juli 1992 vertretene gegenteilige Auffassung vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu teilen (vgl. dazu Walter-Mayer, Zustellrecht, Seite 49). Die Aushändigung des Bescheides an den Beschwerdeführer am 2. April 1992 war demnach rechtmäßig, sodaß schon deshalb von der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides auszugehen war. Es brauchte demnach nicht darauf eingegangen zu werden, wie die an den Beschwerdevertreter am 9. April 1992 übersandte Kopie des erstinstanzlichen Bescheides beschaffen war und ob sie nicht ohnedies den Anforderungen einer vervielfältigten Ausfertigung im Sinne des § 18 Abs. 4 AVG genügt hat.

2. Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß er keine Verwandten in Österreich habe.

Dem Beschwerdeführer ist diesbezüglich zu erwidern, daß sich die belangte Behörde bei ihrer Sachverhaltsfeststellung auf die Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Vernehmung am 2. April 1992 stützen konnte, wonach er keine Verwandten in Österreich habe, seit 14 Tagen Schwarzarbeit verrichte und Schulden im Ausmaß von S 30.000,-- habe. Die in der Berufung aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer habe "mehrere Familienangehörige" in Österreich, verpflichtete schon mangels jeglicher Konkretisierung die belangte Behörde nicht, Ermittlungen darüber durchzuführen, ob und welche Familienangehörigen des Beschwerdeführers in Österreich leben. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf sein Vorbringen vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol verweist, ist ihm entgegenzuhalten, daß dieses Vorbringen der belangten Behörde nach der Aktenlage nicht bekannt war, sodaß sie darauf auch nicht eingehen konnte. Im übrigen lassen selbst die Beschwerdeausführungen nicht erkennen, daß der Beschwerdeführer die Mittel zu seinem Unterhalt besitzt.

Die Auffassung der belangten Behörde, der Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 7 Fremdenpolizeigesetz sei verwirklicht, weshalb auch die im § 3 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, ist demnach nicht rechtswidrig.

3. Gleiches gilt für die von der belangten Behörde gemäß § 3 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz vorgenommene Interessenabwägung. Die belangte Behörde ist mit Recht im Hinblick auf die Kürze des erlaubten Aufenthaltes (von der Einbringung des Antrages auf Asylgewährung bis zu seiner rechtskräftigen Abweisung, sohin vom 12. Dezember 1990 bis 30. Mai 1991) davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer in Österreich nicht integriert sei. Zu Ungunsten des Beschwerdeführers waren zudem zu berücksichtigen die Unerlaubtheit seines Aufenthaltes seit Abschluß des Asylverfahrens, weshalb er auch rechtskräftig wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes bestraft wurde, sowie die Aufnahme der Schwarzarbeit, wodurch er gegen § 3 Abs. 2 AuslBG verstoßen hat. Die belangte Behörde ist demnach mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

4. Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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