VwGH 92/16/0174

VwGH92/16/01743.6.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Iro und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Wochner, über die Beschwerde der P-G.m.b.H. in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. September 1992, GZ. GA 11-258/92, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:

Normen

AbgÄG 1989;
B-VG Art9 Abs1;
GebG 1957 §14 TP7 Z4 litb;
GebG 1957 §16;
GebG 1957 §33 TP16 Abs1 Z1 litd;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2 idF 1976/667 1989/660;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2;
GebG 1957 §33 TP21 Abs2 idF 1989/660;
GebG 1957 §33;
GebG 1957 Abschn3;
GebGNov 1976;
GmbHG §107 Abs1;
GmbHG;
VwRallg;
AbgÄG 1989;
B-VG Art9 Abs1;
GebG 1957 §14 TP7 Z4 litb;
GebG 1957 §16;
GebG 1957 §33 TP16 Abs1 Z1 litd;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2 idF 1976/667 1989/660;
GebG 1957 §33 TP21 Abs1 Z2;
GebG 1957 §33 TP21 Abs2 idF 1989/660;
GebG 1957 §33;
GebG 1957 Abschn3;
GebGNov 1976;
GmbHG §107 Abs1;
GmbHG;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Wien in Form eines Notariatsaktes errichteten Abtretungsvertrag vom 22. Juni 1989 übertrug die C. GmbH, Klagenfurt, ihren Geschäftsanteil an der G. GmbH, Fürth, Bundesrepublik Deutschland, an die Beschwerdeführerin um den Abtretungspreis von DM 200.000,--.

Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien setzte für dieses Rechtsgeschäft gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG 1957 eine Rechtsgebühr in Höhe von S 28.160,-- fest.

In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde dessen Aufhebung beantragt. Von der Beschwerdeführerin wurde die Auffassung vertreten, daß nur die Abtretung von Anteilen an österreichischen Gesellschaften mit beschränkter Haftung der Gebühr unterliege.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat darin die Auffassung, eine deutsche GmbH könne einer österreichischen GmbH gleichgesetzt werden, weil das österreichische GmbH-Gesetz sein Vorbild im deutschen GmbH-Gesetz habe. Auch der Umstand, daß eine Ersatzbeurkundung nach § 33 TP 21 Abs. 2 GebG 1957 bei ausländischen Gesellschaften nicht zum Tragen komme, sei für die gegenständliche Beurteilung nicht von Bedeutung. Ebensowenig sei ein Vergleich mit § 14 TP 7 Z. 4 GebG 1957 zielführend, weil eine GmbH mit Sitz im Ausland ihre Hauptversammlung nicht in Österreich abhalten werde.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG 1957 in der Fassung der GebG-Novelle 1976, BGBl. Nr. 667, und des Abgabenänderungsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 660, unterliegen Zessionen (Abtretungen) von Anteilen an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung einer Rechtsgebühr in Höhe von 2 v.H. vom Entgelt, mindestens aber vom Wert der Anteile.

Wurde über die Abtretung eines Anteiles an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung keine Urkunde in einer für das Entstehen der Gebührenschuld maßgeblichen Weise errichtet, so ist die Mitteilung des Überganges des Geschäftsanteiles an das Handelsgericht, insbesondere auch die beim Handelsgericht eingereichte Liste der Gesellschafter, gemäß Abs. 2 der genannten Gesetzesstelle als Urkunde über das Rechtsgeschäft anzusehen.

Im Beschwerdefall ist strittig, ob unter dem in § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG 1957 gebrauchten Begriff der "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" lediglich eine Gesellschaft im Sinne des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), RGBl. Nr. 58/1906, also eine nach österreichischem Recht errichtete Gesellschaft mit Sitz im Inland oder auch eine ausländische Gesellschaft zu verstehen ist.

Sofern dabei die Beschwerdeführerin auf das Erfordernis eines Inlandsbezuges des Gebührenrechts hinweist, ist ihr zuzugestehen, daß die Staaten Sachverhalte, zu denen sie keinerlei persönliche oder sachliche Beziehung aufweisen, nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts nicht besteuern dürfen (vgl. Ruppe in Herrmann-Heuer-Raupach, Rz 98 der Einführung zum EStG, Februar 1990). Diese Anknüpfung an sachliche Momente zum Inland erfolgt hinsichtlich der im III. Abschnitt des Gebührengesetzes, näherhin in den einzelnen Tarifposten des § 33, geregelten Rechtsgebühren im § 16 GebG 1957. Das Gebührengesetz bindet mit dieser Bestimmung formell an einen Beurkundungsort im Inland an. Das Gesetz erfaßt somit Auslandsbeurkundungen nicht, soferne nicht der Tatbestand des § 16 Abs. 2 GebG 1957 erfüllt ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. November 1980, 2511/78). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann weder den allgemeinen Bestimmungen des III. Abschnittes noch den Tarifvorschriften des § 33 GebG 1957 jedoch ein Grundsatz dergestalt entnommen werden, daß über die formelle Anknüpfung an die Beurkundung hinaus das jeweilige Rechtsgeschäft an sich eine weitere Nahebeziehung zum Inland aufzuweisen habe.

Der im § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG 1957 gebrauchte Begriff der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist im Gebührengesetz nicht näher umschrieben. Wenn das Abgabenrecht Bezeichnungen des Privatrechtes bzw. wie hier des Handelsrechtes gebraucht, so richtet sich die Bedeutung dieser Bezeichnungen in der Regel danach (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. März 1955, Slg. Nr. 1123/F). Der Abgabengesetzgeber kann dabei nach der Methode der rechtlichen (formalen) Anknüpfung u.a. Steuerfolgen unmittelbar mit Kategorien und Institutionen anderer Rechtsgebiete verbinden, wobei er auch den Bedeutungsinhalt übernimmt, der den Begriffen in der Heimatdisziplin zukommt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1985, 84/15/0194). Auch das GmbHG enthält keine Legaldefinition der GmbH. Sie ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, deren Stammkapital in Geschäftsanteile mit Stammeinlagen zerlegt ist und für deren Verbindlichkeiten nicht die Gesellschafter haften (vgl. Kastner-Doralt-Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5, 338).

Nach der in Deutschland im Jahre 1892 erfolgten Schaffung der GmbH wurde diese Gesellschaftsform von zahlreichen anderen Staaten übernommen (vgl. Kastner-Doralt-Nowotny, a.a.O., S. 340 ff). Das österreichische GmbHG beschäftigt sich in seinem sechsten Hauptstück (§§ 107 ff) unter der Überschrift "Ausländische Gesellschaften" ausdrücklich mit der ausländischen GmbH. § 107 Abs. 1 GmbHG ist dabei zu entnehmen, daß unter solchen ausländischen Gesellschaften Gesellschaften der in diesem Gesetze bezeichneten Art, die ihren Sitz außerhalb des Geltungsbereiches des Gesetzes haben, zu verstehen sind. Der Gesetzgeber des GmbHG ist somit ausdrücklich davon ausgegangen, daß unter dem Begriff der GmbH nicht nur Gesellschaften mit dem Sitz im Inland, sondern auch solche mit dem Sitz im Ausland, also ausländische, zu verstehen sind. Keine andere Bedeutung kann aber dem Inhalt des vom Gesetzgeber der GebG-Novelle 1976 gebrauchten Begriffes der Gesellschaft mit beschränkter Haftung beigelegt werden.

Auch der von der Beschwerdeführerin angestellte Vergleich mit dem eine ausländische Personengesellschaft betreffenden Tatbestand nach § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. d GebG 1957 kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen: Da es sich bei den in den einzelnen Tarifposten des § 33 GebG 1957 vorgesehenen Gebühren nicht um eine einzige, einheitliche Abgabe, sondern entsprechend den einzelnen Tatbeständen um jeweils verschiedene Abgaben handelt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1989, 88/15/0032), kann sich auch eine Auslegung eines Tatbestandes nicht jedenfalls am Regelungsinhalt einer anderen Tarifpost orientieren; insbesondere deshalb, weil § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. d GebG als lex specialis einen Vorgang betrifft, der mit dem hier zu entscheidenden Fall nicht zu vergleichen ist. Überdies wird abweichend vom Einleitungssatz der TP 16 des § 33 GebG 1957 durch deren Abs. 1 Z. 1 lit. d nicht der Abschluß eines Gesellschaftsvertrages über eine ausländische Gesellschaft, sondern die Widmung inländischen Kapitals durch eine ausländische Gesellschaft der Gebühr unterworfen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Juni 1991, 90/15/0115). Aus der Sicht der von der Beschwerdeführerin angestrebten Gleichbehandlung von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften wäre aber § 33 TP 16 Abs. 1 Z. 1 lit. d GebG 1957 nicht mit § 33 TP 21 GebG, sondern vielmehr mit § 2 Z. 5 KVG zu vergleichen.

Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist weiters aus § 33 TP 21 Abs. 2 GebG 1957 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 660, nichts für ihren Standpunkt zu gewinnen: Diese Bestimmung, die die darin genannten Schriftstücke einer Urkunde über das Rechtsgeschäft gleichhält, stellt für jene Fälle, in denen das Rechtsgeschäft im Ausland abgeschlossen worden ist, durch die Einreichung der genannten Schriftstücke (Anmeldung der Eintragung zum Firmenbuch, Gesellschafterliste) beim (inländischen) Handelsgericht die Anknüpfung des Steuertatbestandes an das Inland her. Diese Anknüpfung eines im Ausland abgeschlossenen Rechtsgeschäftes an sachliche Momente zum Inland bezieht sich naturgemäß allein auf Gesellschaften, die ihren Sitz im Inland haben. Der Umstand, daß sich die Bestimmungen über die Ersatzbeurkundung nur auf inländische Gesellschaften beziehen, läßt aber einen Schluß darauf, daß von § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG nur inländische Gesellschaften mit beschränkter Haftung erfaßt sind, nicht zu. Abs. 2 dieser Gesetzesstelle stellt nämlich keine nähere Erläuterung des gebührenpflichtigen Grundtatbestandes dar; vielmehr werden durch diese Bestimmung nur die Vorschriften des § 16 GebG 1957 über die Form der Beurkundung für den Bereich des § 33 TP 21 GebG erweitert, ohne den Grundtatbestand damit einzuschränken.

Schließlich wird die Meinung der Beschwerdeführerin auch nicht durch § 14 TP 7 Z. 4 lit. b GebG 1957 - wonach das Protokoll über eine Versammlung der Gesellschafter einer GmbH einer festen Gebühr unterliegt - gestützt. Da ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser Tarifbestimmung im II. Abschnitt des GebG 1957 und § 33 TP 21 GebG 1957 nicht erkennbar ist, kann daraus für die Auslegung des § 33 TP 21 Abs. 1 Z. 2 GebG 1957 nichts gewonnen werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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