VwGH 92/10/0442

VwGH92/10/044226.4.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des N in D, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 29. April 1991, Zl. IVe-223/81, betreffend Einwendungen in einem Vollstreckungsverfahren, zu Recht erkannt:

Normen

EO §1;
EO §35 Abs1;
VVG §3 Abs1;
VVG §3 Abs2;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
EO §1;
EO §35 Abs1;
VVG §3 Abs1;
VVG §3 Abs2;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der BH vom 9. Dezember 1986 wurde dem Beschwerdeführer im Spruchpunkt II gemäß den §§ 12 Abs. 2 und 4 des Landschaftsschutzgesetzes, Vorarlberger LGBl. Nr. 1/1982, aufgetragen, binnen zwei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides auf den Grundstücken 2516 und 2524 der KG W den rechtmäßigen ursprünglichen Zustand dadurch herbeizuführen, daß die Schüttung unter äußerster Sorgfalt vollständig abgetragen werde und daß die vorhandene unbeschüttete Restfläche und die überschüttete Vegetationsdecke zusammen mit dem darunter anstehenden Boden möglichst unversehrt erhalten blieben bzw. wieder hergestellt würden. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 28. Juli 1987 keine Folge. Eine gegen diese Berufungsentscheidung erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1988, Zl. 88/10/0046, als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom 2. Mai 1989 drohte die BH dem Beschwerdeführer für den Fall, daß die Schüttungen auf den Parzellen 2516 und 2524 der KG W nicht bis spätestens 20. Mai 1989 entfernt würden, die Ersatzvornahme an.

Mit Bescheid vom 19. Juni 1989 ordnete die BH die Ersatzvornahme an und verpflichtete den Beschwerdeführer gleichzeitig zur Kostenvorauszahlung in Höhe von S 240.000,--. Dieser Bescheid wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 1989 bestätigt; eine gegen diese Berufungsentscheidung erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wurde mit hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1990, Zl. 90/10/0003, als unbegründet abgewiesen.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes vom 6. November 1989 wurde der BH als betreibender Partei auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 24. August 1989 (Kostenvorauszahlungsauftrag) die Fahrnisexekution zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von S 240.000,-- gegen den Beschwerdeführer bewilligt.

Auf Grund des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juni 1990, Zl. AW 90/10/0029, mit dem der Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 1989 (Kostenvorauszahlungsauftrag) aufschiebende Wirkung zuerkannt worden war, folgte die BH dem Vertreter des Beschwerdeführers ein von diesem bei der BH hinterlegtes, durch ein Losungswort gesichertes Sparbuch mit einem Nennbetrag von S 240.000,-- wieder aus.

Da der Beschwerdeführer dem Auftrag zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes auf den Parzellen 2516 und 2524 der KG W nicht Folge leistete, leitete die BH als Vollstreckungsbehörde die Ersatzvornahme ein. Im August 1990 begann ein Privatunternehmen mit deren Durchführung.

Nachdem der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. Oktober 1990, Zl. 90/10/0003, die Beschwerde gegen den Kostenvorauszahlungsauftrag abgewiesen hatte, stellte die BH mit Schreiben vom 12. Dezember 1990 als betreibende Partei den Antrag auf neuerlichen Vollzug der bewilligten Exekution. Diesem Antrag wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 8. Jänner 1991 stattgegeben.

Gegen diesen Beschluß erhob der Beschwerdeführer Einwendungen dahingehend, daß die BH keine juristische Person sei und daher nicht betreibende Partei sein könne, die Exekutionsbewilligung aus dem Jahr 1989 bereits konsumiert sei, der Exekutionstitelbescheid aus dem Jahr 1986 nicht mehr bestehe, da dieser mit Bescheid vom 7. Mai 1990 abgeändert worden sei, sowie daß nach einer erfolgten Ersatzvornahme ein Bescheid über die Vorauszahlung der Kosten nicht mehr vollstreckt werden könne.

Diesen Einwendungen gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 29. April 1991 keine Folge.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 9. Juni 1992, B 77/91, ihre Behandlung ablehnte und sie mit Beschluß vom 22. Oktober 1992, B 77/91, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete der Beschwerdeführer über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes eine Beschwerdeergänzung.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, die BH hätte beim Exekutionsgericht nicht als betreibende Partei, sondern nur namens einer befugten juristischen Person einschreiten dürfen. Als betreibende Partei sei daher eine Nichtpartei eingeschritten.

Nach § 3 Abs. 1 erster und zweiter Satz VVG ist die Verpflichtung zu einer Geldleistung in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein.

Nach § 3 Abs. 2 VVG sind Bescheide und Rückstandsausweise, die von der erkennenden oder verfügenden Stelle oder von der Vollstreckungsbehörde mit der Bestätigung versehen sind, daß sie einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegen, Exekutionstitel im Sinne des § 1 EO. Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 EO sind bei der Stelle anzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist.

Nach § 35 Abs. 1 erster Satz EO können gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten die Exekution bewilligt wurde, im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zu Grunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.

Die Behauptung, die BH sei vor dem Exekutionsgericht in einer Funktion eingeschritten, die ihr nicht zukomme, ist keine Einwendung im Sinne des § 35 Abs. 1 EO; sie enthält keine Tatsachen, die den Anspruch, zu dessen Gunsten die Exekution bewilligt wurde, aufheben oder hemmen. Es handelt sich vielmehr um eine Einwendung verfahrensrechtlicher Art, über die vom Gericht zu entscheiden ist und im Beschwerdefall auch entschieden wurde. Das Landesgericht hat als Rekursgericht mit Beschluß vom 27. März 1991, Zl. 1 c R 62/91, dem Rekurs des Beschwerdeführers gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß des Bezirksgerichtes vom 8. Jänner 1991 nicht Folge gegeben und in der Begründung auch den Einwand des Beschwerdeführers betreffend das Einschreiten der BH als unbegründet verworfen.

Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, die Exekutionsbewilligung vom 6. November 1989 sei erloschen, nachdem der Verwaltungsgerichtshof der Beschwerde gegen den Kostenvorauszahlungsauftrag aufschiebende Wirkung zuerkannt und die BH dem Beschwerdeführer das hinterlegte Sparbuch zurückgegeben habe. Eine Exekutionsführung zur Hereinbringung des Kostenvorauszahlungsbetrages nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der Hauptsache hätte einen neuen Exekutionsantrag vorausgesetzt, nicht aber einen Antrag auf neuerlichen Vollzug der bewilligten Exekution.

Auch dieses Vorbringen stellt keine Einwendung im Sinne des § 35 Abs. 1 EO dar, sondern berührt ebenfalls verfahrensrechtliche Fragen, deren Entscheidung dem Gericht obliegt. Das Landesgericht hat in dem bereits erwähnten Beschluß auch darüber abgesprochen.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, Vollstreckungsgegenstand und damit Exekutionstitel sei die Verpflichtung zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes. Diese Verpflichtung habe sich zunächst auf die gesamte Fläche bezogen und sei dann um die Fläche rund um den Überland-Leitungsmast und seine nähere Umgebung reduziert worden. Es sei also eine offenkundige Änderung der Wiederherstellungsverpflichtung (im Sinne einer echten Modifizierung) erfolgt. Die Vollstreckung basiere also auf einem Bescheid über die Wiederherstellung des früheren Zustandes, der später abgeändert worden sei, ohne daß eine neuerliche Vollstreckungsentscheidung gefallen sei.

Der Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, ist der aus dem Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 1989 (Kostenvorauszahlungsbescheid) resultierende Anspruch (des Landes Vorarlberg) auf Bezahlung eines Betrages von S 240.000,--. Titelbescheid für die Exekution ist der Kostenvorauszahlungsbescheid und nicht, wie der Beschwerdeführer meint, der Wiederherstellungsauftrag. Der den Exekutionstitel bildende Kostenvorauszahlungsbescheid steht allerdings insofern in einem rechtlichen Zusammenhang mit dem Wiederherstellungsauftrag, als letzterer die Grundlage für ersteren bildet und bei einem Wegfall des Grundlagenbescheides auch der Kostenvorauszahlungsbescheid nicht mehr vollstreckt werden darf (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1989, Slg. NF. 12942/A, und die dort angeführte Vorjudikatur). Ein solcher Fall liegt indes hier nicht vor. Durch den auf § 68 Abs. 2 AVG gestützten Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 1990 wurde der die Grundlage des Vollstreckungsverfahrens bildende Wiederherstellungsauftrag (Bescheid der belangten Behörde vom 24. August 1989) nicht beseitigt, sondern lediglich dadurch modifiziert, daß ein Teil der Aufschüttungsfläche von der Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Wiederherstellung ausgenommen und außerdem dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt wurde, erforderlichenfalls innerhalb eines höchstens 2 m breiten Grundstreifens entlang der östlichen Grenze der Parzelle 2524 der KG W eine Abböschung gegenüber dem höher liegenden Nachbargrundstück herzustellen. Der vom Bescheid der belangten Behörde vom 7. Mai 1990 nicht betroffene Teil des Wiederherstellungsauftrages blieb weiter bestehen, sodaß auch einer Vollstreckung des Kostenvorauszahlungsbescheides nicht die Grundlage entzogen wurde (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 26. April 1993, Zlen. 90/10/0209, 91/10/0179). Daran ändert sich auch dann nichts, wenn in Erwägung gezogen wird, daß die Änderung des Wiederherstellungsauftrages unter Umständen zu einer Senkung der Kosten der Ersatzvornahme hätte führen können. Der Beschwerdeführer hat das nicht behauptet und es hat sich auch gezeigt, daß eine solche Kostenreduktion nicht stattgefunden hat.

Der Beschwerdeführer meint, aus der Rechtsnatur eines Kostenvorauszahlungsauftrages ergebe sich, daß nach der Vollstreckung des Wiederherstellungsauftrages der Kostenvorauszahlungsbescheid nicht mehr vollstreckt werden dürfe.

Der Umstand, daß der Wiederherstellungsauftrag bereits im Wege der Ersatzvornahme vollstreckt wurde, steht einer Vollstreckung der Kostenvorauszahlung im Exekutionsweg nicht entgegen. Weder das VVG noch sonstige gesetzliche Bestimmungen sehen einen Wegfall bzw. ein Unwirksamwerden des Kostenvorauszahlungsbescheides in einem solchen Fall vor. Es kann auch keine Rede davon sein, daß der - in diesem Zeitpunkt bereits dem Rechtsbestand angehörende - Kostenvorauszahlungsbescheid ins Leere ginge. Die Kostenvorauszahlung dient auch dem Zweck, zu verhindern, daß die Vollstreckungsbehörde bzw. der zuständige Rechtsträger mit Zwischenfinanzierungskosten belastet werden, die durch eine mögliche zeitliche Verzögerung zwischen der Ersatzvornahme und deren Bezahlung durch die Behörde und der Hereinbringung der Kosten gegenüber dem Verpflichteten entstehen. Diesen Zweck erfüllt aber - zumindest teilweise - die Vollstreckung eines Kostenvorauszahlungsbescheides auch dann, wenn der den Anlaß des Vollstreckungsverfahrens bildende Bescheid bereits im Wege der Ersatzvornahme vollstreckt worden ist. Eine solche Vollstreckung gewährleistet, daß zumindest ein Teil der Kosten rascher eingebracht werden kann, als dies der Fall wäre, wenn erst in der Folge ein Kostenbescheid ergehen müßte.

Schließlich macht der Beschwerdeführer geltend, er sei nicht Eigentümer jener Grundstücke, auf die sich der Wiederherstellungsauftrag beziehe. Der Grundeigentümer sei dem Verfahren nicht beigezogen worden. Der Beschwerdeführer sei "im gesamten Verfahrenskomplex" in seinen Rechten nach Art. 6 MRK verletzt worden, weil ihm eine Verpflichtung auferlegt worden sei, die ohne Mißachtung fremden Privatrechts nicht zu erfüllen gewesen sei.

Mit diesem Vorbringen bestreitet der Beschwerdeführer die Rechtmäßigkeit des Wiederherstellungsauftrages. Dieser ist rechtskräftig; seine Rechtmäßigkeit ist daher im vorliegenden Verfahren nicht zu erörtern.

Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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