VwGH 92/09/0327

VwGH92/09/032714.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über den Antrag der K-GmbH in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Beschwerde gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 16. September 1992, Zl. II c/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen oben näher bezeichneten Bescheid vom 16. September 1992 wies das Landesarbeitsamt Wien den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den 1965 geborenen türkischen Staatsangehörigen Z für die berufliche Tätigkeit als Kellner nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975, ab.

Dagegen richtet sich die unter Zl. 92/09/0310 protokollierte Beschwerde der beschwerdeführenden Partei an den Verwaltungsgerichtshof.

Mit ihrem (unter Zl. 92/12/0327 protokollierten und beim Verwaltungsgerichtshof unmittelbar eingebrachten) Antrag vom 17. November 1992 beantragte die beschwerdeführende Partei, ihr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist für die oben genannte Bescheidbeschwerde zu bewilligen.

Über Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes hat die beschwerdeführende Partei klargestellt, daß ihr der angefochtene Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 16. September 1992 am 21. September 1992 zugestellt wurde. Die Frist für die Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof endete daher nach § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG am Montag, dem 2. November 1992; dementsprechend wäre die am 3. November 1992 zur Post gegebene Beschwerde verspätet eingebracht worden, sofern die beschwerdeführende Partei nicht mit Recht einen Wiedereinsetzungsgrund nach § 46 VwGG für sich geltend machen kann.

Die beschwerdeführende Partei begründete ihren Wiedereinsetzungsantrag im wesentlichen damit, der Beschwerdevertreter habe seine Kanzlei (in der N-Gasse) am 2. November 1992 um 23.40 Uhr verlassen, um noch rechtzeitig beim Postamt 1150 Wien die Briefsendung aufgeben zu können. Im Zuge der Anfahrt habe sich jedoch herausgestellt, daß Straßenbauarbeiten eine direkte Zufahrt zum Westbahnhof bzw. zur äußeren Mariahilferstraße zu jener Tageszeit nicht ermöglicht hätten, sodaß ein erheblicher Umweg erforderlich gewesen sei. Der Beschwerdevertreter sei erst um 0.03 Uhr des 3. November 1992 im Postamt eingetroffen. Dem Beschwerdevertreter sei auf Grund früherer Ereignisse die Praxis bekannt gewesen, Abfertigungen bis ca. 0.15 Uhr für den Vortag vorzunehmen. Um 0.06 Uhr habe jedoch der Schalterbedienstete bekanntgegeben, daß nur mehr die vor dem Beschwerdeführer wartende Person per 2. November 1992 abgefertigt werden würde. Über Ersuchen sei dem Beschwerdevertreter die Dienstnummer des Schalterbeamten bekanntgegeben worden. Erforderlichenfalls werde die Einvernahme des damaligen dienstführenden Schalterbeamten zum Beweis dafür beantragt, daß sich der Beschwerdevertreter tatsächlich zum angegebenen Zeitpunkt im Schalterraum des Postamtes 1150 Wien aufgehalten habe.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß ein Verschulden des Parteienvertreters einem Verschulden der Partei selbst gleichzusetzen ist (vgl. z.B. den Beschluß vom 26. September 1991, Zlen. 91/09/0129, 0157). Die Bewilligung der Wiedereinsetzung kommt somit im Hinblick auf die Bestimmung des § 46 Abs. 1 zweiter Satz VwGG nur in Betracht, wenn dem Antragsteller und seinem Vertreter kein Versehen oder nur ein minderer Grad des Versehens angelastet werden kann.

Der Verwaltungsgerichtshof hat keinen Grund, an den Angaben des Beschwerdevertreters im Wiedereinsetzungsantrag zu zweifeln. Unter Berücksichtigung der angegebenen Abfahrtszeit und des Abfahrtsortes kann auch nicht gesagt werden, dem Beschwerdevertreter sei ein die Bewilligung der Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden anzulasten, weil er es unterlassen habe, das für die fristgerechte Erstattung der Beschwerde Erforderliche (im Rahmen des Vorhersehbaren und Zumutbaren) vorzukehren.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher stattzugeben.

Über die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 16. September 1992 eingebrachte Beschwerde wird gesondert entschieden werden.

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