Normen
ASVG §227 Abs1 Z1 idF 1987/609;
ASVG §227 Abs2;
ASVG §227 Abs3;
ASVG §227 Abs4;
ASVGNov 44te;
ASVG §227 Abs1 Z1 idF 1987/609;
ASVG §227 Abs2;
ASVG §227 Abs3;
ASVG §227 Abs4;
ASVGNov 44te;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer begehrte mit Antrag vom 25. Mai 1990 die Beitragsentrichtung zwecks Leistungswirksamkeit von Ersatzzeiten für die Studienzeit Wintersemester 1973/74 bis 31. Juli 1977. Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt ersuchte mit Schreiben vom 18. Jänner 1991 die Universität Linz um Bekanntgabe des ordentlichen Studienganges des Beschwerdeführers, bzw. "ob das Studium bereits abgeschlossen wurde (durch Exmatrikulation etc.)". Im Antwortschreiben vom 22. Jänner 1991 teilte die Johannes-Kepler-Universiät Linz der Mitbeteiligten mit, daß der Beschwerdeführer in folgenden Studienrichtungen immatrikuliert und inskribiert war bzw. ist:
Volkswirtschaft vom Wintersemester 1973/74 bis einschließlich Wintersemester 1976/77 und vom Sommersemester 1987 bis zum Wintersemester 1990/91. Betriebswirtschaft vom
Sommersemester 1987 bis zum Wintersemester 1990/91. Beigefügt wurde, daß der Beschwerdeführer keine der genannten Studienrichtungen abgeschlossen habe. Mit Schreiben vom 1. Februar 1991 gab die Mitbeteiligte diesen Sachverhalt dem Beschwerdeführer bekannt und führte an, daß eine Ersatzzeitberücksichtigung nur nach erfolgtem Studienabschluß möglich sei. Es könne daher auch kein Nachkauf für diese Zeiten erfolgen. Der Beschwerdeführer ersuchte im Rahmen der Niederschrift am 6. Dezember 1991 um nochmalige Überprüfung der Anrechnung der Studienzeit vom Wintersemester 1973/74 bis Wintersemester 1976/77, da er eine nachfolgende Beitragszeit habe. "Im Gesetz sei keine Stelle, wo das Studium nur bei erfolgtem Studienabschluß anrechenbar sei". Die Mitbeteiligte fragte daraufhin mit Schreiben vom 10. Jänner 1992 nochmals bei der Universität Linz an, ob der Beschwerdeführer weiterhin inskribiert sei oder ob das Studium abgebrochen bzw. abgeschlossen worden sei. Im Antwortschreiben vom 15. Jänner 1992 wies die Universität Linz darauf hin, daß der Beschwerdeführer vom Wintersemester 1973/74 bis einschließlich Wintersemester 1976/77 und vom Sommersemester 1987 bis Wintersemester 1991/92 als ordentlicher Hörer der Studienrichtung Volkswirtschaft immatrikuliert und inskribiert war bzw. ist. Beigefügt wurde, daß der Beschwerdeführer sein Studium nicht abgeschlossen und auch nicht bekanntgegeben habe, daß er das Studium abbrechen will.
Mit Bescheid vom 24. Februar 1992 lehnte die Mitbeteiligte den Antrag des Beschwerdeführers vom 25. Mai 1990 auf leistungswirksame Beitragsentrichtung ab. Begründend wurde ausgeführt, daß die Anrechnung eines Hochschulstudiums als Ersatzzeit gemäß § 227 ASVG erst nach Verlassen der Schule bzw. Beendigung der Ausbildung möglich sei, sofern eine sonstige Versicherungszeit nachfolge. Laut Mitteilung der Johannes-Kepler-Universität in Linz vom 15. Jänner 1992 habe der Beschwerdeführer sein Studium derzeit noch nicht abgeschlossen bzw. abgebrochen.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid fristgerecht Einspruch. Er führte aus, daß er die Ausbildung im Jahre 1977 abgeschlossen bzw. abgebrochen und anschließend als Büroangestellter Versicherungszeiten erworben habe. Daher habe er die Voraussetzungen für eine leistungswirksame Beitragsentrichtung der Hochschulzeit bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung im Mai 1990 erfüllt. Von 1977 bis 1987 sei er nicht mehr inskribiert gewesen und habe in dieser Zeit das Studium nicht fortgesetzt, sondern abgeschlossen bzw. abgebrochen gehabt. Er sei in dieser Zeit lediglich immatrikuliert gewesen. Im Jahre 1987 habe er wieder inskribiert und das Studium fortgesetzt. Von 1977 bis 1991 sei er immer als Büroangestellter berufstätig gewesen. Seit 1991 gehe er keiner Beschäftigung nach und sei nur Student an der Johannes-Kepler-Universität in Linz.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Landeshauptmann von Oberösterreich (die belangte Behörde) dem Einspruch keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid vollinhaltlich. Sachverhaltsmäßig ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer vom Wintersemester 1973/74 bis einschließlich Wintersemester 1976/77 und vom Sommersemester 1987 bis Wintersemester 1991/92 an der Johannes-Kepler-Universität inskribiert war. In der Zeit von 1977 bis 1991 sei der Beschwerdeführer berufstätig gewesen. In der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, daß die Bestimmung des § 227 Z. 1 ASVG diejenigen Versicherten, bei denen infolge erweiterter Schulbildung der Eintritt in das Erwerbsleben und damit auch der Beginn der Versicherung hinausgeschoben werde, für den daraus resultierenden Verlust an Beitragsmonaten schadlos halte. Das Gesetz, das vom "normalen Ausbildungsgang" spreche, wolle ein mit der Studienordnung übereinstimmendes ununterbrochenes, nicht abgebrochenes Hochschulstudium in einem Schuljahr als ein volles Schuljahr angesehen haben. Der Beschwerdeführer habe sein Studium im Jahr 1977 - also vor dem berufsbedingten Erwerb von Versicherungszeiten - unterbrochen und, wie er selbst in seinem Einspruch ausgeführt habe, im Jahre 1987 fortgesetzt bzw. eine weitere Studienrichtung inskribiert. Da der Beschwerdeführer im Jahre 1977 sein Studium nicht abgeschlossen habe, seien die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, den Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Einbringung einer Gegenschrift Abstand und begehrte den Zuspruch des Vorlageaufwandes.
Die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG in der Fassung der 44. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 609/1987, gelten als Ersatzzeiten nach dem 31. Dezember 1955 "in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die erste nachfolgende Beitragszeit vorliegt, die Zeiten, in denen nach Vollendung des 15. Lebensjahres eine ...
inländische Hochschule ... in dem für die betreffende
Studienart vorgeschriebenen normalen Studiengang besucht
wurde, ... sofern nach dem Verlassen der Schule ... eine sonstige
Versicherungszeit vorliegt; hiebei werden höchstens ... zwölf
Semester des Besuches einer Hochschule ... berücksichtigt und
jedes ... Studiensemester mit 4 Monaten, gerechnet ab dem in
das betreffende Semester fallenden 1. Oktober
bzw. 1. März, ...".
Seit dieser Novelle werden die Hochschulzeiten zwar als Ersatzzeiten angerechnet, nicht jedoch bei der Leistungsbemessung. Der Wegfall der Hochschulzeiten bei der Leistungsbemessung ist jedoch kein absoluter. In den durch die Novelle angefügten Absätzen 2 bis 4 (des § 227 ASVG) wird der Einkauf für die ausfallenden Ersatzzeiten ermöglicht. Die Beitragsentrichtung kann demnach für alle oder einzelne dieser Ersatzmonate jederzeit bis zum Stichtag erfolgen.
Der Beschwerdeführer bekämpft die Auffassung der belangten Behörde, daß das Gesetz ein ununterbrochenes, nicht abgebrochenes Hochschulstudium voraussetze.
Die Beschwerde ist berechtigt. Nach dem wiedergegebenen Gesetzeswortlaut ist zur Anrechnung nicht erforderlich, daß das vorgesehene Bildungsziel erreicht bzw. das Studium in der in der Studienordnung vorgesehenen Art beendet wurde. Gefordert wird lediglich, daß während der Hochschulzeit keine Pflichtbeitragszeiten erworben wurden und eine sonstige Versicherungszeit der Hochschulzeit nachfolgt. Die Hochschulzeit gilt in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die erste nachfolgende Beitragszeit liegt, als Ersatzzeit. Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ging auch die belangte Behörde aus. Die leistungswirksame Beitragsentrichtung wurde deswegen abgelehnt, weil trotz Vorliegens der Voraussetzungen im Zeitpunkt der Antragstellung, der Beschwerdeführer das Studium fortsetzte. Für diese Auffassung bietet der Gesetzeswortlaut jedoch keinen Anhaltspunkt. Die Gesetzeswendung, daß die sonstige Versicherungszeit nach dem Verlassen der (Hoch-)Schule vorliegen muß, stellt auf die zeitliche Aufeinanderfolge von (Hoch-)Schulbesuch und sonstiger Versicherungszeit ab, normiert aber nicht das Erfordernis eines (Hoch-)Schulabschlusses nach einschlägigen (hoch-)schulrechtlichen Vorschriften. Die Auffassung der belangten Behörde würde dazu führen, daß im Falle eines Wechsels der Studienrichtung für die Zeiten des nicht abgeschlossenen Studiums niemals eine leistungswirksame Beitragsentrichtung erfolgen könnte. Dem widerspricht jedoch die Dauer der Anrechnung von höchstens zwölf Semester des Besuches einer Hochschule. Eine nicht geringe Anzahl von Studienrichtungen ist nämlich in einer kürzeren Studienzeit zu beenden. Der anrechenbare Zeitraum nimmt daher sowohl auf einen allfälligen Wechsel der Studienrichtung als auch auf ein zweites (nachfolgendes) Studium Bedacht. Auch § 227 Abs. 4 ASVG spricht gegen die Auffassung der belangten Behörde, soweit er normiert, daß die Beitragsentrichtung für alle oder einzelne dieser Ersatzmonate jederzeit bis zum Stichtag erfolgen kann. Der Versicherte ist somit nicht gehalten, ein volles Studium einzukaufen, sondern kann sich mit einzelnen, im äußersten Fall mit einem Monat begnügen.
Da die belangte Behörde ein ununterbrochenes nicht abgebrochenes Hochschulstudium als Voraussetzung einer leistungswirksamen Beitragsentrichtung für Hochschulzeiten annahm, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Das Kostenmehrbegehren war im Hinblick auf die bestehende sachliche Abgabenfreiheit (§ 110 ASVG) abzuweisen.
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