VwGH 92/07/0180

VwGH92/07/018023.2.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Mag. Aumayr, über die Beschwerde der D-GmbH in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 25. August 1992,

Gz. 512.517/01-I5/91, betreffend Vorschreibung von Wasseruntersuchungsbefunden, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §41;
VwRallg;
WRG 1959 §27 Abs1 litg;
WRG 1959 §27;
WRG 1959 §31b;
WRG 1959 §31d Abs2;
WRG 1959 §32;
WRGNov 1990;
AVG §41;
VwRallg;
WRG 1959 §27 Abs1 litg;
WRG 1959 §27;
WRG 1959 §31b;
WRG 1959 §31d Abs2;
WRG 1959 §32;
WRGNov 1990;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung erteilte mit Bescheid vom 12. August 1980 namens des Landeshauptmannes von Niederösterreich der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 32, 99, 101 Abs. 3 und 111 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur Ablagerung von sanitär einwandfreiem Material im Ausmaß von maximal 25.000m3 auf der Parzelle 147, KG X, unter verschiedenen "Bedingungen"; deren Punkt 13 lautet wie folgt:

"Nach Beendigung der Ablagerungsarbeiten sowie zusätzlich in den darauffolgenden zwei Jahren, jeweils einmal, ist das Wasser der beiden Anrainerbrunnen (Z, N) durch eine staatlich autorisierte Untersuchungsanstalt auf den Gehalt von Kohlenwasserstoffen untersuchen zu lassen. Die hierüber ausgestellten Befunde sind jeweils unaufgefordert der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vorzulegen."

Als Bauvollendungsfrist wurde gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 der 31. Dezember 1980 (verlängert durch Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 8. Jänner 1981 bis 31. Dezember 1981) festgesetzt.

Mit Bescheid vom 31. März 1982 stellte die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung namens des Landeshauptmannes von Niederösterreich gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 fest, daß die Beschwerdeführerin wesentliche Konsensauflagen nicht erfüllt habe und trug ihr gleichzeitig gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 die Erfüllung weiterer Maßnahmen (Rekultivierung, entsprechende Planierung sowie Entfernung wild abgelagerten Mülls) bis 30. April 1982 auf. Die die Überprüfungsverhandlung vom 29. März 1982 anberaumende Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 3. März 1982 enthielt u.a. nachstehende Sätze:

"Zuletzt wurde die Bauvollendungsfrist verlängert bis zum 31. Dezember 1981. Nachdem diese Frist nunmehr abgelaufen ist und das Wasserrecht somit erloschen ist, ist eine Überprüfung durchzuführen und festzustellen, ob sämtliche Auflagen des Bewilligungsbescheides erfüllt wurden bzw. ob letztmalige Vorkehrungen im Erlöschungsbescheid vorzuschreiben sind."

Mit Bescheid vom 23. August 1982 stellte die Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung namens des Landeshauptmannes von Niederösterreich gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 fest, daß die Ablagerung sanitär einwandfreien Materials im wesentlichen bewilligungsgemäß ausgeführt und auch die im Bescheid vom 31. März 1982 enthaltenen Auflagen erfüllt worden seien. In Entsprechung der Auflage 13 des Bewilligungsbescheides vom 12. August 1980 sei jedoch in den Jahren 1982, 1983 und 1984 je eine Wasseruntersuchung der Anrainerbrunnen Z und N zu veranlassen und seien die Befunde der Wasserrechtsbehörde unaufgefordert vorzulegen.

Nachdem aufgrund der vorgelegten Wasseruntersuchungsbefunde im Brunnen der Familie N geringste Spuren an Kohlenwasserstoffen festgestellt worden waren, verpflichtete der Landeshauptmann von Niederösterreich die Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 20. Juli 1989 gemäß § 134 Abs. 2 WRG 1959, im Jahre 1989 das Wasser der Brunnen der Familie N und der Firma Z durch eine staatlich autorisierte Untersuchungsanstalt auf den Gehalt von Kohlenwasserstoffen untersuchen zu lassen und die Untersuchungsbefunde unaufgefordert vorzulegen. Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin hob der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft diese Entscheidung mit Bescheid vom 18. Juli 1990 gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf und führte begründend aus, daß eine Überprüfungspflicht im Sinne des § 134 Abs. 2 WRG 1959 nur einen nach § 32 WRG 1959 Wasserberechtigten treffe; die am 12. August 1980 gemäß § 32 WRG 1959 erteilte wasserrechtliche Bewilligung sei mangels einer Befristung oder Erlöschens nach wie vor aufrecht; allerdings sei ab 1. Juli 1990 die neue Rechtslage nach der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 zu beachten: Danach sehe § 31 d Abs. 2 WRG 1959 in der Fassung der Novelle 1990 vor, daß vor dem 1. Juli 1990 erteilte wasserrechtliche Bewilligungen für Abfalldeponien als Bewilligung nach § 31 d (gemeint offenbar § 31 b) leg. cit. gelten, soweit sie nicht vor diesem Zeitpunkt erloschen seien; sie seien vom Amts wegen im Grundbuch ersichtlich zu machen; die Ersichtlichmachung habe zur Folge, daß sich niemand, der eine spätere Eintragung erwirke, auf die Unkenntnis der Belastung berufen könne; dies bedeute für den gegenständlichen Fall, daß die vor dem 1. Juli 1990 erteilte wasserrechtliche Deponiebewilligung nunmehr als Bewilligung nach § 31 b anzusehen sei und keine Wasserberechtigung gemäß § 32 WRG 1959 mehr vorliege; für die Anwendung des § 134 Abs. 2 WRG 1959 bestehe daher keine Grundlage mehr; ob ein Vorgehen nach § 134 Abs. 4 WRG 1959 im gegenständlichen Fall zielführend wäre, bleibe der Beurteilung der Behörde erster Instanz überlassen.

Hierauf verpflichtete der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheid vom 23. April 1991 die Beschwerdeführerin gemäß § 134 Abs. 4 WRG 1959, binnen drei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides das Wasser aus den Brunnen der Familie N und der Firma Z durch eine staatlich autorisierte Untersuchungsanstalt auf den Gehalt von Kohlenwasserstoffen untersuchen zu lassen und die Untersuchungsbefunde unaufgefordert vorzulegen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und begründend ausgeführt, daß die von der gegenständlichen Deponie ausgehenden Einwirkungen auf das Grundwasser allein durch die Beendigung der Ablagerungstätigkeit nicht beseitigt würden und daher die Wirksamkeit der zum Schutz der Gewässer getroffenen Vorkehrungen in regelmäßigen Abständen überprüft werden müsse. Da die letzten Wasseruntersuchungen der beiden Brunnen bereits mehr als fünf Jahre zurücklägen und die bisher bekannten Wasseruntersuchungen dieser Brunnen die Vermutung nahelegten, daß von der gegenständlichen Deponie eine Grundwasserkontamination durch Kohlenwasserstoffe ausgehe, sei die Vorschreibung der Vornahme dieser Wasseruntersuchungen erforderlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "Nichtdurchführenmüssen einer Wasseruntersuchung" verletzt erachtet. Begründend führt sie aus, daß bereits die Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 3. März 1982 festgestellt habe, daß das Wasserrecht nach Ablauf der Bauvollendungsfrist erloschen sei (§ 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959). Dies hätte die belangte Behörde auch in ihrem Bescheid feststellen müssen. § 134 Abs. 4 WRG 1959 sei somit nicht anwendbar.

Das Erlöschen des seinerzeit erteilten Wasserrechtes ergebe sich auch aus § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959, da nach Rekultivierung der Deponie die Unterbrechung der Wasserbenutzung über drei Jahre gedauert habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Gegenstand ist - anknüpfend an die von der belangten Behörde in ihrem Aufhebungsbescheid vom 18. Juli 1990 vertretene Rechtsansicht - auf die seit Inkrafttreten der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252 bestehende Rechtslage hinzuweisen: Nach § 31d Abs. 2 WRG 1959 gelten vor dem 1. Juli 1990 erteilte wasserrechtliche Bewilligungen für Abfalldeponien als Bewilligung nach § 31b, soweit sie nicht vor diesem Zeitpunkt erloschen sind. Daraus folgt für den gegenständlichen Fall, daß die mit Bescheid vom 12. August 19 , sohin also vor dem 1. Juli 1990 erteilte Deponiebewilligung - sofern sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht als erloschen anzusehen ist - nunmehr als Bewilligung nach § 31b WRG 1959 anzusehen ist. Daraus folgt weiters, daß im Fall der weiterhin aufrechten Deponiebewilligung diese seit 1. Juli 1990 nicht als Wasserbenutzungsrecht gemäß § 32 WRG 1959 anzusehen ist, daher auch § 32 Abs. 6 leg. cit ("Auf Einwirkungen, Maßnahmen und Anlagen, die nach Abs. 1 bis 4 bewilligt werden, finden die für Wasserbenutzungen (Wasserbenutzungsanlagen) geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß Anwendung") nicht anwendbar ist, sodaß in weiterer Folge auch die in § 27 WRG 1959 geregelten Erlöschenstatbestände nicht Platz greifen (vgl. im übrigen die Sonderbestimmung des § 31b Abs. 5 leg. cit bei vorübergehender oder dauernder Einstellung des Deponiebetriebes sowie der teilweisen oder gänzlichen Änderung oder Auflassung der Deponie und der zugehörigen Anlagen).

Im vorliegenden Fall ist daher zu untersuchen, ob die seinerzeit erteilte Deponiebewilligung vor Inkrafttreten der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 erloschen ist; sofern dies nicht zutrifft, ist weiters zu prüfen, ob die Vorschreibung von Wasseruntersuchungen im § 134 Abs. 4 leg. cit. ihre Deckung findet.

Die Beschwerde stützt das behauptete Erlöschen der Deponiebewilligung auf § 27 Abs. 1, und zwar einerseits auf lit. f, andererseits auf lit. g, WRG 1959.

Nach § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 in der Fassung vor der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 erlöschen Wasserbenutzungsrechte durch Unterlassung der Inangriffnahme des Baues oder der Fertigstellung der bewilligten Anlagen binnen der im Bewilligungsbescheid hiezu bestimmten oder nachträglich verlängerten Frist. Diese Bestimmung gilt allerdings nur nach Maßgabe des § 121 Abs. 1 letzter Satz WRG 1959: Danach gilt die Anlage als fristgemäß ausgeführt (§ 112 Abs. 1), wenn bei einer Fristüberschreitung die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt wurde. Weder der Kollaudierungsbescheid vom 31. März 1982 noch jener vom 23. August 1982 haben aber eine derartige Erklärung enthalten. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Erlöschenserklärung in den Kollaudierungsbescheiden ist daher zu schließen, daß die seinerzeit erteilte Deponiebewilligung nicht infolge Überschreitung der Bauvollendungsfrist erloschen ist.

Auch dem Umstand, daß in einer Kundmachung das Erlöschen der Deponiebewilligung festgestellt wird, kommt keine rechtserhebliche Bedeutung zu, entfaltet doch eine derartige Formulierung in einer bloß eine Verhandlung anberaumenden Ankündigung keine normative Wirkung.

Desgleichen kommt im Gegenstand auch nicht ein Erlöschen der Deponiebewilligung nach § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 (in der Fassung vor der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990) in Betracht. Nach dieser Bestimmung erlöschen Wasserbenutzungsrechte durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen, wenn die Unterbrechung der Wasserbenutzung über drei Jahre gedauert hat, wobei der Wegfall oder die Zerstörung wesentlicher Teile der Anlage dem gänzlichen Wegfall oder der gänzlichen Zerstörung gleichzuhalten ist. Daß die Deponie - so die Beschwerde - seit ihrer Rekultivierung "außer Betrieb" stehe, "sich in keinem benützungsfähigen Zustand" befinde, "nicht mehr zur Ablagerung von Aushub- und Abräummaterial verwendet" werden könne, "womit der im Bescheid vom 12. August 1980 bewilligte Zweck endgültig weggefallen" sei, ändert nichts daran, daß eine Deponie eine Anlage ist (vgl. zum Anlagenbegriff das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1959, Slg. NF 5070/A; vgl. weiters das hg. Erkenntnis vom 31. März 1992, Zl. 91/07/0080) und daß im Beschwerdefall diese Anlage oder wesentliche Teile derselben weder weggefallen noch zerstört wurden.

Aus dem Vorgesagten ergibt sich, daß die Deponiebewilligung bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990 am 1. Juli 1990 nicht erloschen ist. Auf die kraft besonderer Anordnung des § 31d Abs. 2 WRG 1959 seither als gemäß § 31b WRG 1959 bewilligte Abfalldeponie geltende Anlage finden daher die besonderen Aufsichtsbestimmungen des § 134 Abs. 4 und 5

leg. cit.Anwendung: Nach Abs. 4 erster Satz dieses Paragraphen hat der Betreiber einer Anlage zur Ablagerung von Abfällen (§ 31b) die Wirksamkeit der zum Schutz der Gewässer getroffenen Vorkehrungen, insbesondere die Dichtheit von Behältern und Leitungen, in Zeitabständen von höchstens 5 Jahren auf seine Kosten überprüfen zu lassen, sofern die Behörde nicht unter Bedachtnahme auf besondere Umstände kürzere Zeitabstände vorschreibt. Weiters hat nach Abs. 5 erster Satz der Wasserberechtigte über das Ergebnis der Überprüfung der Wasserrechtsbehörde einen Befund vorzulegen, dessen Nachprüfung sie veranlassen kann. Da die Vorschreibung von Wasseruntersuchungen (und deren Vorlage bei der Wasserrechtsbehörde) als eine Maßnahme angesehen werden kann, mit der die Wirksamkeit der seinerzeit zum Schutz der Gewässer getroffenen Vorkehrungen überprüft werden kann, ist die belangte Behörde nicht rechtswidrig vorgegangen, wenn sie den eine derartige Untersuchung anordnenden Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt hat.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzweisen. Angesichts der Entscheidung in der Sache selbst war eine gesonderte Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entbehrlich.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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