VwGH 92/06/0248

VwGH92/06/024828.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Stöckelle, über die Beschwerde des FU und der IU in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. September 1992, Zl. 03 - 12 U 42 - 92/1, betreffend Kanalanschlußverpflichtung (mitbeteiligte Gemeinde: Marktgemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;
KanalG Stmk 1988 §4 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind unter anderem Eigentümer der Liegenschaft X Nr. 31. Auf diesem Grundstück betreiben sie eine Gärtnerei und eine Landwirtschaft. Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. Mai 1992 wurden die Beschwerdeführer als Eigentümer der Liegenschaft X 31 gemäß § 4 des Kanalgesetzes 1988 verpflichtet, die Schmutzwässer der bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten in das öffentliche Kanalnetz zu leiten und den Anschluß an das öffentliche Kanalnetz längstens binnen einer Frist von einem Monat ab Benützbarkeit der Kanalisationsanlage herzustellen. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führten die Beschwerdeführer im wesentlichen aus, das anschlußpflichtige Bauwerk erfülle insofern nicht die gesetzlichen Voraussetzungen, als die kürzeste Entfernung von dem für den Anschluß in Betracht kommenden Kanalstrang mehr als 100 m betrage. Hinsichtlich einer umweltgerechten Abwasserentsorgung wurde ausgeführt, der Toilettenabfluß führe in die bereits bestehende Jauchengrube und werde im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebes als Naturdünger auf den eigenen Feldern verwendet. Was die Abwässer von Waschbecken, Waschmaschine und Badewanne betreffe, so werde, nachdem ausreichend Platz vorhanden sei, eine Pflanzkläranlage errichtet, sodaß auch diese Abwässer umweltgerecht entsorgt werden könnten. Im Zuge dieser Kläranlage würden die Überwässer wieder gesammelt und für die Toilettenspülung verwendet, wobei das Spülwasser wiederum in die vorhandene Jauchengrube zurückgeführt werde.

Während des Berufungsverfahrens wurde eine Vermessung der gegenständlichen Liegenschaft durch Dipl. Ing. D veranlaßt, der der mitbeteiligten Marktgemeinde mitteilte, daß der Abstand von Schacht B 7.3 zur nächstgelegenen Hauskante des Wohnhauses der Beschwerdeführer in Anwesenheit der Zweitbeschwerdeführerin vermessen und mit 31,50 m ermittelt wurde. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. Juli 1992 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 26. Mai 1992 abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, aufgrund einer Vermessung an Ort und Stelle sei festgestellt worden, daß der Abstand von Schacht B 7.3 zur nächstgelegenen Hauskante des Wohnhauses der Beschwerdeführer 31,50 m betrage. Die in der Berufung angeführte Alternativlösung und zwar die Errichtung einer Pflanzenkläranlage sei ebenfalls zurückzuweisen, da erstens ein öffentlicher Kanalstrang in unmittelbarer Nähe vorbeiführe und eine Pflanzenkläranlage nicht dem Stand der Technik entspreche.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung führten die Beschwerdeführer aus, sie beabsichtigten, eine kombinierte Anlage bestehend aus einer technisch-biologischen Kläranlage nach dem Stand der Technik und ein Pflanzenbecken nach den Erfordernissen des Umweltschutzes zu errichten. In dieser kombinierten Pflanzenkläranlage würden die Abwässer versickert und der Rest für die Gärtnerei verwendet werden.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 28. September 1992 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, es sei im Anlaßfall von einem Gebäude auszugehen, welches im entscheidungswesentlichen Zeitpunkt über keine dem Stand der Technik entsprechende Schmutzwasserentsorgung verfüge.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. In der Beschwerde wird im wesentlichen ausgeführt, aus § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes ergebe sich keinesfalls, daß für die Inanspruchnahme der Befreiungsbestimmung bereits eine voll errichtete Anlage vorhanden sein müßte, sondern könne sich eine solche Anlage zweifelsfrei noch im Planungsstadium befinden. Der Beschwerde wurde ein von den Beschwerdeführern mit 27. Juli 1992 datiertes Ansuchen an die Bezirkshauptmannschaft Feldbach um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für eine Kleinkläranlage, sowie ein technischer Bericht über das vollbiologische Kläranlagensystem "Dr. Y" vom 3. September 1992 für eine Kläranlage der Beschwerdeführer beigelegt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde wurde das Berufungsvorbringen, wonach das Wohnhaus der Beschwerdeführer nicht im Hundertmeterbereich liege, nicht mehr aufrechterhalten. Aufgrund der im Akt einliegenden Äußerung des Dipl.Ing. D vom 8. Juli 1992 und beiliegender Skizze, wonach die Entfernung von der Hauskante des Wohnhauses zum nächstgelegenen Schacht B 7.3 mit 31,50 m ermittelt wurde, ist schon der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde zutreffend davon ausgegangen, daß die Voraussetzung über den grundsätzlichen Anschlußzwang hinsichtlich der Liegenschaft der Beschwerdeführer gegeben ist. Der Gemeinderat und damit auch die Vorstellungsbehörde hatte daher lediglich zu prüfen, ob ein Ausnahmetatbestand vorliegt.

Während § 5 des Steiermärkischen Kanalgesetzes 1955, LGBl. Nr. 70, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 165/1968, nach seinem Abs. 4 noch Ausnahmen von der Anschlußverpflichtung bei Schmutzwässern vorsah, wenn diese nachweisbar zu Dungzwecken benötigt wurden, ist diese, ausdrücklich Dungzwecke betreffende Ausnahmebestimmung im § 4 des Kanalgesetzes 1988 nicht mehr vorgesehen. Vielmehr ist in Abs. 5 eine allgemeine Ausnahmebestimmung für den Fall der schadlosen Entsorgung der Abwässer normiert.

Gemäß § 4 Abs. 5 des Kanalgesetzes 1988 sind Ausnahmen von der Verpflichtung nach Abs. 1 von der Baubehörde für Bauten vorübergehenden Bestandes, für untergeordnete Nebengebäude und Bauteile sowie für Bauten mit einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Schmutzwasserentsorgung zu erteilen, wenn dadurch eine schadlose Entsorung der Abwässer nach § 1 Abs. 1 gewährleistet ist und eine Schädigung öffentlicher Interessen sowie ein Nachteil für die Nachbarschaft nicht entsteht. Der Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Verpflichtung nach Abs. 1 obliegt dem Ausnahmewerber.

Schon aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung ("der Nachweis des Vorliegens") geht hervor, daß der Nachweis über die tatsächlich schon vorhandene schadlose Schmutzwasserentsorgung schon zum Zeitpunkt der Entscheidung der Gemeindebehörde über die beantragte Ausnahmebewilligung vorliegen muß. Erst geplante und in der Zukunft zu errichtende Kläranlagen erfüllen diese Voraussetzung nicht.

Wenn die Beschwerdeführer darauf hinweisen, die Vorstellungsbehörde hätte den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Feldbach, betreffend das wasserbehördliche Bewilligungsverfahren einholen müssen, so ist diesem Vorbringen noch entgegenzuhalten, daß der Antrag der Beschwerdeführer um Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die beabsichtigte Kläranlage erst am 27. Juli 1992, somit nach Erlassung des Bescheides des Gemeinderates (15. Juli 1992) verfaßt wurde. Wann dieser Antrag tatsächlich bei der Bezirkshauptmannschaft eingebracht wurde, kann dem Beschwerdevorbringen nicht entnommen werden. Die Vorstellungsbehörde hat aber grundsätzlich vom Sachverhalt und der Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Gemeindebescheides auszugehen (siehe die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 489 zitierte Judikatur).

Durch den angefochtenen Bescheid wurden daher subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführer nicht verletzt. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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