VwGH 92/05/0324

VwGH92/05/032413.4.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Degischer, Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des F in Wien, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 22. Oktober 1992, Zl. MD-VfR-B XIII-15/90, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Y-Wohnungsbaug.m.b.H. in Wien), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §63 Abs1 litd;
BauO Wr §9 Abs1 lita;
BauRallg;
BauO Wr §60 Abs1 lita;
BauO Wr §63 Abs1 litd;
BauO Wr §9 Abs1 lita;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der auf Grund eines Devolutionsantrages zuständig gewordenen Bauoberbehörde für Wien vom 22. Oktober 1992 wurde der mitbeteiligten Partei dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unter Berufung auf die §§ 70 und 73 der Bauordnung für Wien die Bewilligung erteilt, "nach Maßgabe der zum Bescheidbestandteil erklärten Pläne von dem mit dem Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 5. Juni 1986, Zl. MDR - B XIII - 34/85, und dem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 16. Mai 1988, Zl. MA 37/13 - S-Gasse 9/186/88, bewilligten Vorhaben in Wien, S-Gasse 9, EZ 832 der KG X, nachstehende Abweichungen vorzunehmen:

Auf Grund der Vergrößerung der Deckenstärken von 15 cm auf 17 cm wurde das Gebäude unter Einhaltung des zulässigen Umrisses durch geringere Abgrabungen um 26 cm höherliegend ausgeführt. Im Bereich des Dachgeschoßes wurden die Giebelwände geringfügig abgeändert. In allen Wohnungen wurde die Maueraufteilung abgeändert und anstelle von neun Wohnungen wurden nunmehr elf Wohnungen eingeplant. Der Aufzugstriebwerksraum über dem Dachgeschoß wird nicht ausgeführt, sondern in das Kellergeschoß verlegt. Die Abmessungen der Tiefgarage wurden gleichfalls geringfügig abgeändert. Ferner wird die Hauskanalanlage und die Einfriedung entlang der Baulinie abgeändert sowie im Kellergeschoß eine Sauna samt Nebenräumen eingeplant. Die Beheizung der Aufenthaltsräume erfolgt mittels Gasetagenheizungen. Der zwingenden Vorschrift des § 36 Abs. 1 Wiener Garagengesetz zur Schaffung von sieben Stellplätzen wird durch die Herstellung der Stellplätze in der Tiefgarage entsprochen. Darüber hinaus werden noch weitere drei Stellplätze geschaffen. Auf die geänderte Bauführung finden die Auflagen des mit dem Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 5. Juni 1986 bestätigten Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 14. Mai 1982, Zl. MA 37/13 - S-Gasse 9/2/81, und die mit dem Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 5. Juni 1986 zusätzlich erteilten Auflagen Anwendung."

Die Einwendungen des Beschwerdeführers, bei dem geändert ausgeführten Vorhaben handle es sich um einen Zubau, weshalb der Entscheidung eine auf der gegenwärtigen Rechtslage beruhende neue Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen zugrunde zu legen wäre, wurden als unbegründet abgewiesen.

Die Behörde ging entsprechend der Begründung ihres Bescheides davon aus, daß das in Rede stehende Gebäude gegenüber der Bewilligung vom 14. Mai 1982 nicht vergrößert, aber in einer anderen Höhenlage ausgeführt werden soll. Wie aus der vom Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl.-Ing. Alfred S. am 9. Februar 1989 durchgeführten Vermessung hervorgehe, steige das Gelände in der Natur von der Straße zur hinteren Grundgrenze leicht an. Dieser tatsächliche Geländeverlauf sei im Plan zum Bescheid vom 14. Mai 1982 nicht berücksichtigt oder zumindest nicht dargestellt worden. Der zum Bestandteil des Bewilligungsbescheides erklärte Plan stelle ein ebenes Gelände dar, ohne gleichzeitig zum Ausdruck zu bringen, daß dieses durch Abgrabungen erst herzustellen wäre. Abgrabungen wären im Ausmaß von etwa 50 bis 120 cm erforderlich gewesen. Ungeachtet dieser unzulänglichen Darstellung in den ursprünglichen Einreichplänen müsse auf Grund des Magistratsbescheides vom 14. Mai 1982 und dessen Bestätigung durch den Berufungsbescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 5. Juni 1986 davon ausgegangen werden, daß zugleich mit dem Gebäude eine (neue) Höhenlage des anschließenden Niveaus bewilligt worden sei. Mit der Baubewilligung sei daher einschlußweise die Bewilligung zu einer Abgrabung erteilt worden, von der in der Folge jedoch nicht in vollem Umfang Gebrauch gemacht worden sei. Der Baukörper, welcher ansonsten keine Vergrößerung seines Volumens erfahren habe, sei somit in einer anderen Höhenlage als ursprünglich vorgesehen ausgeführt worden. Dies bewirke, daß der obere Abschluß der Fronten nunmehr, bezogen auf das Gehsteigniveau an der S-Gasse, eine Höhe von 10,51 m aufweise, während die Fronten nach der ursprünglichen Planung, bezogen auf dasselbe Ausgangsniveau, 10,25 m hoch gewesen seien. Unbestreitbar liege nunmehr der obere Abschluß der Fronten um 26 cm höher, als er nach der ursprünglichen Planung und Bewilligung gelegen wäre. Dies sei jedoch nicht die Folge eines Zubaues und damit einer gemäß § 9 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien an die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen gebundenen Bauführung, sondern die Folge einer Veränderung der Höhenlage gegenüber dem ursprünglichen Projekt. Diese Veränderung bestehe jedoch nicht in einer Anschüttung, sondern in dem teilweisen Verzicht auf die seinerzeit einschlußweise bewilligte Abgrabung, sodaß daraus keine höhere Lage des oberen Abschlusses der Gebäudefronten resultiere, als unter Zugrundelegung des ursprünglichen Geländeverlaufes hätte bewilligt werden können. Durch die nicht oder zumindest nicht vollständige Herstellung des in der ursprünglichen Baubewilligung vorgesehenen Niveaus seien insbesondere Nachbarn nicht schlechter gestellt als bei einer von vornherein vom natürlichen (rechtmäßigen) Geländeverlauf ausgehenden Planung. Die Ausführung des Gebäudes in einer veränderten Höhenlage sei als bauliche Abänderung im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. c der Bauordnung für Wien zu werten, sodaß die Verpflichtung zur Einhaltung der neuen Bebauungsbestimmungen entfalle. Es sei offenkundig, daß das Projekt angesichts der inzwischen erfolgten Festsetzung der Bauklasse I nicht mehr bewilligungsfähig wäre, wenn die vorgesehenen Änderungen einen Zu- oder Umbau darstellten. Dies sei jedoch nicht der Fall. Sonstige Bewilligungshindernisse seien nicht hervorgekommen, sodaß die angestrebte Planwechselbewilligung zu erteilen gewesen sei.

Über die gegen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Nach dem ausdrücklichen Beschwerdevorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf "Einhalt der Gebäudehöhe (Bauklasse I) auf dem Grundstück der mitbeteiligten Partei verletzt".

Gemäß § 63 Abs. 1 lit. d der Bauordnung für Wien hat der Bauwerber dem Ansuchen um Baubewilligung die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen bei Bauführungen, für die eine Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen erforderlich ist (§ 9 Abs. 1 lit. a), anzuschließen.

Die Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen ist zufolge § 9 Abs. 1 lit. a leg. cit. für jeden Neu-, Zu- oder Umbau zu beantragen, gleichgültig, ob der Bau unmittelbar an der Baulinie, Straßenfluchtlinie, Verkehrsfluchtlinie oder an der Baufluchtlinie errichtet wird oder nicht, sowie bei Herstellung einer fundierten Einfriedung im Bereich einer Baulinie, Straßenfluchtlinie, Verkehrsfluchtlinie oder Grenzfluchtlinie.

In Erwiderung auf das einleitende Beschwerdevorbringen, wonach die seinerzeitige Baubewilligung infolge Ablaufes der Baubeginnsfrist erloschen sei, ist darauf hinzuweisen, daß der gegenüber der mitbeteiligten Bauwerberin erlassene erstinstanzliche Baubewilligungsbescheid vom 14. Mai 1982 erst nach der am 18. Juni 1986 erfolgten Zustellung jenes Bescheides der belangten Behörde vom 5. Juni 1986 rechtskräftig geworden ist, mit welchem über die vom Beschwerdeführer als übergangenem Nachbarn dagegen erhobene Berufung entschieden worden ist. Die zweijährige Baubeginnsfrist des § 74 Abs. 1 der Bauordnung für Wien (in der damals maßgebenden Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 34/1992), welche mit dem Tag der Rechtskraft der Baubewilligung beginnt, hat daher erst im Juni 1986 zu laufen begonnen, was im Hinblick auf den nach der Aktenlage im Februar 1988 erfolgten Baubeginn zur Folge gehabt hat, daß jene Baubewilligung, welche unter Zugrundelegung der Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen vom 9. Juli 1981 erteilt worden ist, und von welcher mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 73 der Bauordnung für Wien Abweichungen bewilligt worden sind, nicht durch Ablauf der Baubeginnsfrist erloschen ist. Die belangte Behörde hatte daher im Beschwerdefall die Vorschriften der Bauordnung über Abweichungen von bewilligten Bauvorhaben anzuwenden und nicht von einem Ansuchen um Bewilligung eines Neubaues auszugehen, über welches unter Zugrundelegung einer neuerlichen, auf der geänderten Rechtslage beruhenden Bekanntgabe der Bebauungsbestimmungen zu entscheiden gewesen wäre.

Gemäß § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien sind unter Zubauten alle Vergrößerungen eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung zu verstehen. Als Umbau definiert das Gesetz jene Änderungen eines Gebäudes, durch welche die Raumeinteilung oder die Raumwidmungen so geändert werden, daß nach Durchführung der Änderungen das Gebäude als ein anderes anzusehen ist. Ein Umbau liegt auch dann vor, wenn solche Änderungen selbst nur ein einzelnes Geschoß betreffen.

Nach dem bereits wiedergegebenen Wortlaut des Spruches des angefochtenen Bescheides wurde u.a. die Bewilligung erteilt, daß "das Gebäude auf Grund der Vergrößerung der Deckenstärken von 15 cm auf 17 cm unter Einhaltung des zulässigen Umrisses durch geringe Abweichungen um 26 cm höherliegend ausgeführt wird". Außerdem ergibt sich aus dem Protokoll über die am 24. September 1990 in Gegenwart des Beschwerdeführers durchgeführte Verhandlung, daß "die Kubatur des Wohnhauses" durch den bewilligten Planwechsel "nicht vergrößert wird", sondern sich "lediglich seine Höhenlage ändert. Gegenüber der ursprünglichen Kubatur ist durch den Entfall des Aufzugstriebwerksraumes im Dachgeschoß sogar eine Verminderung eingetreten".

Wenngleich der belangten Behörde insoweit nicht gefolgt werden kann, als die Erhöhung des oberen Abschlusses der Fronten um 26 cm "die Folge einer Veränderung der Höhenlage gegenüber dem ursprünglichen Projekt" ist, weil sich schon aus dem eben zitierten Teil des Spruches des angefochtenen Bescheides ergibt, daß "das Gebäude auf Grund der Vergrößerung der Deckenstärken ... um 26 cm höherliegend ausgeführt wird", kann sich der Gerichtshof dennoch der Auffassung des Beschwerdeführers nicht anschließen, daß der beantragte Planwechsel einen Zubau im Sinne des § 60 Abs. 1 lit. a der Bauordnung für Wien zum Gegenstand hat, weil angesichts des Umstandes, daß die Kubatur des Gebäudes nicht vergrößert wird, nicht von einer "Vergrößerung" des Gebäudes im Sinne der zitierten Legaldefinition die Rede sein kann.

Daß mit dem angefochtenen Bescheid auch kein Umbau im Sinne der vorstehend wiedergegebenen gesetzlichen Umschreibung bewilligt worden ist, bedarf keiner weiteren Erörterung, zumal auch aus den Beschwerdeausführungen nicht zu erkennen ist, inwiefern das bewilligte Gebäude nach Durchführung der Änderungen "als ein anderes anzusehen" sein soll. Liegt aber im Beschwerdefall weder ein Umbau noch ein Zubau vor, so bestand für die belangte Behörde keine Verpflichtung, ihrer Entscheidung eine auf den geänderten Bebauungsbestimmungen (Festsetzung der Bauklasse I) beruhende Bekanntgabe derselben im Sinne des § 9 der Bauordnung für Wien zugrunde zu legen. Der Beschwerdeführer ist daher durch den angefochtenen Bescheid im Beschwerdepunkt (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) nicht in seinen Rechten verletzt worden, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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