VwGH 92/04/0284

VwGH92/04/028427.4.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde des M in X, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 16. November 1992, Zl. Gew-1066/14/92, betreffend Maßnahme gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1973, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §10 Abs1;
AVG §37;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
HGB §17;
VwGG §34 Abs1;
AVG §10 Abs1;
AVG §37;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
HGB §17;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 16. November 1992 wurde ausgesprochen, daß die "im Namen der Fa. B & Sohn durch Geschäftsführer M" eingebrachte Berufung gegen den im Grunde des § 360 Abs. 2 GewO 1973 ergangenen Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 8. September 1992 "gemäß § 9 AVG in Verbindung mit § 17 HGB" zurückgewiesen wird. Zur Begründung wurde ausgeführt, mit Bescheid vom 8. September 1992 habe der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt gemäß § 360 Abs. 2 GewO 1973 i.V.m.

§ 333 leg. cit. Auflagen für den Betrieb des Beschwerdeführers im Standort Klagenfurt, S-Straße, erteilt und habe diese Auflagen dem Beschwerdeführer persönlich vorgeschrieben. Eine Nachfrage der Berufungsbehörde beim Gewerberegister des Magistrates der Landeshauptstadt Klagenfurt habe ergeben, daß der Beschwerdeführer als Träger einer Reihe von Gewerbeberechtigungen aufscheine; außerdem bestehe auch eine Gewerbeberechtigung als Pächter, lautend auf A-Ges.m.b.H., deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei. Die gegenständliche Berufung vom 2. Oktober 1992 gegen den erstbehördlichen Bescheid sei im Namen der "Fa. B & Sohn" eingebracht worden. Im § 17 Abs. 1 HGB werde die Firma eines Kaufmannes als der Name definiert, unter dem er im Handel seine Geschäfte betreibe und die Unterschrift abgebe. Gemäß § 17 Abs. 2 leg. cit. könne ein Kaufmann unter seiner Firma klagen und verklagt werden. Eine Befugnis des Kaufmannes, unter seiner Firma im verwaltungsbehördlichen Verfahren aufzutreten, sei aus dieser Bestimmung nicht ableitbar. Somit könne eine Firma in einem Betriebsanlagenverfahren nicht Träger von Rechten und Pflichten sein und daher auch keine Berufung einbringen. Die im Namen der angeführten Firma eingebrachte Berufung sei also einem bestimmten Rechtssubjekt nicht zurechenbar und somit unzulässig. Dieser Mangel könne nicht als gemäß § 13 Abs. 3 AVG verbesserbares Formgebrechen angesehen werden. Gemäß § 66 Abs. 4 AVG habe die Berufungsbehörde nur über zulässige und rechtzeitig eingebrachte Berufungen in der Sache selbst zu entscheiden. Da es sich im vorliegenden Fall nicht um eine zulässige Berufung handle, sei diese ohne Prüfung der inhaltlichen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Entscheidung über seine Berufung unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund verletzt. Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, wie sich aus seiner Berufungsschrift vom 2. Oktober 1992 ergebe, habe nicht die "Firma B & Sohn" Berufung erhoben, sondern er persönlich. Selbst wenn die Behörde nicht in der Lage gewesen wäre, dies klar zu erkennen, hätte sie seine Berufung vom 2. Oktober 1992 nicht zurückweisen dürfen, ohne vorher zu prüfen, wer tatsächlich als Rechtsmittelwerber anzusehen sei. Eine solche Prüfung hätte aber eindeutig ergeben, daß Berufungswerber nicht seine Einzelfirma B & Sohn gewesen sei, sondern er persönlich. Dies ergebe sich eindeutig aus dem Text seiner Berufungsschrift.

Vorweg ist festzuhalten, daß der angefochtene Bescheid - laut daraus ersichtlicher Zustellverfügung ergangen an den Beschwerdeführer - in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers eingreift, weil er - implizit - auch die Entscheidung darüber enthält, daß die in Rede stehende Berufung nicht dem Beschwerdeführer zuzurechnen sei (vgl. insoweit das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.625/A). Die Beschwerde ist daher zulässig. Sie ist auch begründet.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu die Darlegungen im vorangeführten hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Dezember 1984, Slg. N.F. Nr. 11.625/A) hätte die belangte Behörde, wenn tatsächlich Probleme aufgetreten wären, wem die eingebrachte Berufung zuzurechnen sei, gemäß § 37 AVG die Pflicht gehabt, Ermittlungen darüber anzustellen, d.h. daß dann, wenn nicht eindeutig klar ist, wem eine Berufung zuzurechnen ist, die Behörde verpflichtet ist, sich in einem derartigen Zweifelsfall Klarheit darüber zu verschaffen, wer Rechtsmittelwerber ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof weiters bereits in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 1985, Slg. N.F. Nr. 11.971/A, dargelegt hat, ist, wenn eine Berufung durch eine "Firma" eingebracht wird, wenn sich Anhaltspunkte für das dahinterstehende Rechtssubjekt ergeben, vorerst zu prüfen, wer tatsächlich als Rechtsmittelwerber einschreitet, bevor die Berufung als unzulässig zurückgewiesen werden darf.

Nach der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens hatte der Beschwerdeführer telegraphisch am 25. September 1992 gegen den erstbehördlichen Bescheid Berufung mit dem Beisatz, "Begründungen werden nachgeliefert" erhoben und diese telegraphische Eingabe mit dem Fertigungsvermerk "M" versehen. Unter Hinweis auf die telegraphisch eingebrachte "Berufung" hatte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 2. Oktober 1992 einleitend ausgeführt, "in offener Frist erhebe ich gegen den oa. Bescheid das Rechtsmittel der Berufung", wobei diese Rechtsmittelschrift im Zusammenhang mit der Fertigung den Vermerk aufweist "M als Geschäftsführer der Firma B & Sohn".

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. November 1985, Slg. N.F. Nr. 11.943/A, dargelegt hat, sind, wenn eine Partei innerhalb offener Berufungsfrist zwei

Berufungsschriftsätze einbringt, diese als e i n e Berufung

anzusehen, wobei die Berufungsbehörde über diese, wenn nicht die Voraussetzungen für eine Trennung in mehrere Punkte vorliegen, in einem zu entscheiden hat. Im vorliegenden Fall hätte daher die belangte Behörde im Falle der fristgerechten Erstattung der "Berufung" vom 2. Oktober 1992 - über eine erfolgte Prüfung dieser Frage finden sich im angefochtenen Bescheid keine Feststellungen oder Erörterungen - beide Berufungsschriftsätze als eine Einheit anzusehen gehabt und daher im Sinne der vorstehenden Darlegungen unabhängig von dem der Fertigung des Berufungsschriftsatzes vom 2. Oktober 1992 beigesetzten Vermerk die Frage der Zurechnung der Berufung zu prüfen gehabt.

Da die belangte Behörde in Verkennung der vordargestellten, für ihre Entscheidung relevanten Rechtslage sich im angefochtenen Bescheid zur Frage der Zurechnung der Berufung lediglich mit der Anführung begnügte, die "gegenständliche" Berufung vom 2. Oktober 1992 sei "im Namen der Fa. B & Sohn" eingebracht worden, belastete sie den angefochtenen Bescheid in Hinsicht darauf mit einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den geltend gemachten Stempelgebührenaufwand für eine nicht erforderliche zweite Ausfertigung des angefochtenen Bescheides.

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