VwGH 92/04/0244

VwGH92/04/024425.2.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Salcher und die Hofräte Dr. Griesmacher, Dr. Weiss, DDr. Jakusch und Dr. Gruber als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Cerne, über die Beschwerde der A in L und der M in F, beide vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 3. September 1992, Zl. 314.587/1-III/3/91, betreffend Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: X-GmbH in R), zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §74 Abs1 idF 1988/399;
StVO 1960 §1 Abs1;
GewO 1973 §74 Abs1 idF 1988/399;
StVO 1960 §1 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. April 1991 erteilte der Landeshauptmann von Oberösterreich der mitbeteiligten Partei dieses Beschwerdeverfahrens gemäß den §§ 74 und 77 GewO 1973 und der Mineralöllagerverordnung, BGBl. Nr. 49/1930, die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer näher umschriebenen Tankstelle in L unter Vorschreibung zahlreicher Auflagen. In der Begründung dieses Bescheides hielt der Landeshauptmann unter Bezugnahme auf die eingeholten technischen und medizinischen Sachverständigengutachten fest, daß aus lärmschutztechnischer Sicht durch den Betrieb der geplanten Tankstelle keine Erhöhung der bestehenden Lärmsituation bei den Nachbarn zu erwarten sei.

Die gegen diesen Bescheid von den Beschwerdeführerinnen erhobenen Berufungen wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 3. September 1992 aus den zutreffenden Gründen des erstbehördlichen Bescheides ab und bemerkte darüber hinaus begründend, auf Grund der Bestimmung des § 74 Abs. 3 GewO 1973 seien nur jene von Kunden einer Betriebsanlage verursachten Emissionen dieser zuzurechnen, die innerhalb der Betriebsanlage ihren Ursprung hätten. Daher dürften auch für den Fall, daß eine Zufahrtsstraße ausschließlich der Zufahrt zu einer Betriebsanlage diene, nicht jedoch Teil dieser Betriebsanlage sei, die dort entstandenen Emissionen (z.B. durch das Zu- und Abfahren von Kundenfahrzeugen) der Betriebsanlage nicht zugerechnet werden, möge es sich bei der Zufahrtsstraße auch um einen seinerzeitigen Privatweg, der in das öffentliche Gut übernommen worden sei, handeln. Auch das Fahren von Betriebsfahrzeugen auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr könne nach der geltenden Rechtslage nicht als ein zu einer gewerblichen Betriebsanlage gehörendes Geschehen gewertet werden. Das bedeute, daß auch jene Emissionen, die durch Fahrzeuge der Genehmigungswerberin und ihrer Lieferanten außerhalb der Betriebsanlage hervorgerufen würden, dieser nicht mehr zuzurechnen seien. Das entsprechende Berufungsvorbringen entbehre daher jeglicher gewerberechtlichen Relevanz. Im übrigen seien die Emissionen, die durch die Betriebsanlage hervorgerufen würden, im Verfahren der Behörde erster Instanz einer Beurteilung durch technische und ärztliche Sachverständige unterzogen worden. Diese Gutachten würden von den Beschwerdeführerinnen weder ausdrücklich bekämpft noch in ihrer Schlüssigkeit in Frage gestellt. Hinsichtlich allfälliger Beeinträchtigungen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an und auf Straßen mit öffentlichem Verkehr kämen den Nachbarn keine subjektiv-öffentlichen Rechte zu. Die Befürchtung schließlich, daß vorgeschriebene Auflagen nicht eingehalten würden, dürfe nicht zum Anlaß genommen werden, eine Betriebsanlagengenehmigung zu versagen. Es sei vielmehr Aufgabe der Behörde erster Instanz, die Betriebsanlage auch auf die Einhaltung von Auflagen zu kontrollieren und bei Zuwiderhandeln mit den von der Rechtsordnung gebotenen Mitteln vorzugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführerinnen nach ihrem gesamten Vorbringen in den aus der Gewerbeordnung erfließenden Nachbarrechten verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes tragen die Beschwerdeführerinnen im wesentlichen vor, die von der belangten Behörde formulierte Rechtsansicht, von einer Zufahrtsstraße zu einer Betriebsanlage ausgehende Immissionen seien der Betriebsanlage nicht zuzurechnen, sei nur bedingt richtig. Es sei vielmehr in bestimmten Teilbereichen klargestellt, daß auch Emissionen, die nicht innerhalb der Betriebsanlage aufträten, von der Behörde entsprechend zu berücksichtigen seien. Nun sei der gegenständliche Fall derart gelagert, daß die Betriebsanlage in einer Sackgasse liege und nur auf einer ca. 2,4 m breiten Straße erreicht werden könne. Bei Errichtung einer Tankstelle auf der Betriebsanlage sei aber auch klar, daß diese enge Straße auch vor allem von schweren Lkw befahren werde. Diesbezüglich hätte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen, und zwar vor allem im Hinblick auf die dadurch bewirkten Lärm- und Geruchsimmissionen, die die Beschwerdeführerinnen jedenfalls beeinträchtigten. Naturgemäß sei nämlich vor allem damit zu rechnen, daß bei einer Zufahrt durch die enge Gasse die Kraftwagen besonders langsam betrieben werden müßten, um nicht Gefahr zu laufen, irgendwelche Schäden durch Berührung der Wände bzw. Häuser hervorzurufen. Dies wiederum bedeute insbesondere bei Lkw, daß hiedurch ein erheblicher Schadstoffausstoß durch das mehrmalige Schalten und Beschleunigen bzw. ruckartige Fortbewegen sowie naturgemäß auch Lärmimmissionen gegeben seien, die den Anrainern jedenfalls nicht zumutbar seien. Weder die Erst- noch die Zweitbehörde habe diese Einwendungen aufgegriffen noch hiezu ein Sachverständigengutachten, das auf diese Einwendungen Bezug haben könnte, eingeholt. Die Ausführungen der belangten Behörde träfen im übrigen den Kern der Einwendungen der Beschwerdeführerinnen nicht. Von diesen sei nämlich insbesondere auch behauptet und glaubhaft dargelegt worden, daß auch die innerhalb der Betriebsanlage hervorgerufenen Emissionen sie in ihrer Lebensqualität beeinträchtigten. Folglich hätte von der Erstbehörde diesbezüglich ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen, auf dessen Basis dann die Entscheidung zu fällen gewesen wäre. Der Hinweis im angefochtenen Bescheid, die Emissionen, die durch die Betriebsanlage hervorgerufen würden, seien einer Beurteilung durch technische und ärztliche Sachverständige unterzogen worden, und diese Gutachten würden weder ausdrücklich bekämpft noch deren Schlüssigkeit in Frage gestellt, sei nur bedingt in der Richtung richtig, als über einige Einwendungen der Nachbarn eben Gutachten eingeholt worden seien.

Mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführerinnen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

Gemäß § 74 Abs. 3 GewO 1973 besteht die im Abs. 2 dieser Gesetzesstelle normierte Genehmigungspflicht auch dann, wenn die dort genannten Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend darlegte, ergibt sich aus dieser Bestimmung, daß die durch den Verkehr auf Zufahrtsstraßen zu Betriebsanlagen bewirkten Emissionen nicht der Betriebsanlage selbst zugerechnet werden können und daher bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit einer solchen Betriebsanlage nach § 77 GewO 1973 außer Betracht zu bleiben haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 90/04/0281, und die dort zitierte Vorjudikatur). Dem auf die von der Zufahrtsstraße zu der in Rede stehenden Betriebsanlage ausgehenden Immissionen abgestellten Beschwerdevorbringen kommt daher eine rechtliche Relevanz nicht zu.

Soweit die Beschwerdeführerinnen aber meinen, die belangte Behörde habe es unterlassen, zur Prüfung der von der Betriebsanlage selbst ausgehenden Immissionen Gutachten technischer und ärztlicher Sachverständiger einzuholen, erweist sich dieses Vorbringen, wie sich aus der eingangs wiedergegebenen Darstellung des Verfahrensganges ergibt, als aktenwidrig. Auch dieses Vorbringen ist daher nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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