VwGH 92/01/1115

VwGH92/01/111516.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des Z in M, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. September 1992, Zl. 4.326.263/3-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §25 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §25 Abs2;
B-VG Art140 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. September 1992 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen ungarischer Nationalität, der sich vom 26. Oktober 1991 bis zu seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 1. November 1991 in Ungarn aufgehalten hatte, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 8. November 1991, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, abgewiesen und ausgesprochen, daß ihm Österreich kein Asyl gewähre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer kein Asyl gewährt, weil sie der Auffassung war, daß der Ausschließungsgrund des - im vorliegenden Fall anzuwendenden - § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gegeben sei. Nach dieser Bestimmung wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides sei Verfolgungssicherheit insbesondere dann anzunehmen, wenn der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland bzw. in einen Verfolgerstaat abgeschoben zu werden. Ein bewußtes Zusammenwirken zwischen der Person des Asylwerbers und den Behörden des Drittstaates sei nicht notwendig. Sondern es werde ausschließlich darauf abgestellt, wie die Situation des Asylwerbers im Drittland gestaltet gewesen sei. Sei die Rechtsordnung dieses Staates dergestalt, daß sie einen entsprechenden Schutz gewähre, sei darüber hinaus die Staatspraxis dieses Landes so, daß sie dieser Rechtsordnung entspreche und sei auch eine Möglichkeit vorhanden, sich dieses Schutzes entweder durch entsprechende Anträge oder aber durch Kontaktnahme mit einem Vertreter des Flüchtlingshochkommissariates bedienen zu können, - und bei Ungarn, das Mitglied der Genfer Konvention sei, sei davon auszugehen - so sei Verfolgungssicherheit gegeben. Konkret bedeute dies, daß es nicht darauf ankomme, ob der Asylwerber in einem Drittland Kontakt mit den Behörden habe, ob der Aufenthalt den Behörden bekannt gewesen, von ihnen geduldet oder gebilligt worden sei. Die Sicherheit könne im Drittstaat auch ohne jeglichen Kontakt zu dessen Behörden gegeben sein, wenn dem Fremden etwa im Falle eines "Angriffs durch die Behörden" dieses Landes entsprechende ausreichende Möglichkeiten zur Verfügung stünden, eine Abschiebung in den Verfolgerstaat zu verhindern.

Mit dieser Auffassung befindet sich die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der hg. Judikatur. Für die Annahme der Verfolgungssicherheit genügt es, daß der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256).

Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, daß diese Voraussetzungen beim Beschwerdeführer nicht vorlagen. Insbesondere hat er nichts vorgebracht, was darauf hindeuten könnte, er wäre gehindert gewesen, in Ungarn länger zu bleiben und dort um Asyl anzusuchen. Auch mit seinem Vorbringen, "im Falle der Ausdehnung des Konflikts" hätte er auf Grund der Situation in Ungarn "konkret damit rechnen müssen", nach "Restjugoslawien" abgeschoben zu werden, vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, er wäre in der Zeit seines Aufenthaltes in Ungarn vor Verfolgung nicht sicher gewesen. Denn der Beschwerdeführer bringt damit lediglich zum Ausdruck, daß allenfalls in der Zukunft eintretende Ereignisse die bestehende Situation verändern könnten, nicht aber, daß er in der gegebenen Situation von Abschiebung nach Jugoslawien bedroht gewesen wäre. Im Gegensatz zu den Ausführungen in der Beschwerde ist es auch nicht maßgebend, wie lange sich der Beschwerdeführer in Ungarn aufgehalten hat, war doch Verfolgungssicherheit bereits ab dem Zeitpunkt gegeben, in dem er sein Heimatland verlassen hat.

Die belangte Behörde konnte somit die Frage, ob der Beschwerdeführer in seinem Heimatland tatsächlich Verfolgung im Sinne des § 1 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ausgesetzt war, zu Recht ungeprüft lassen.

Zu seinem Vorwurf, die belangte Behörde habe "neues Asylrecht" angewendet und den Beschwerdeführer dadurch schlechter gestellt, ist auf § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 hinzuweisen, wonach die am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu Ende zu führen sind. Da die Berufung des Beschwerdeführers zu diesem Zeitpunkt unbestritten bei der belangten Behörde anhängig war, war diese somit verpflichtet, die Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 ihrer Entscheidung zugrunde zu legen. In diesem Zusammenhang sei noch darauf hingewiesen, daß der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, Zlen. B 1387/92, B 1542/92 ausgesprochen hat, daß gegen § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 und die sich daraus ergebende Anwendung des Asylgesetzes 1991 im anhängigen Berufungsverfahren keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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