Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien hatte mit Bescheid vom 5. November 1990 den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft abgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 22. Oktober 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurück. Begründend führte sie aus, der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung mangle es an dem in § 63 Abs. 3 AVG normierten Erfordernis eines begründeten Berufungsantrages, weil der Beschwerdeführer in der Berufung keine Gründe angeführt habe, die den Berufungsantrag rechtfertigen könnten, sondern lediglich einzelne Punkte seines Vorbringens in einem für die zu treffende Berufungsentscheidung unmaßgeblichen Umfang korrigiert bzw. wiederholt habe. Das Fehlen dieses essentiellen Berufungsbestandteiles stelle im Hinblick darauf, daß in der Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Bescheides ausdrücklich auf dieses Erfordernis hingewiesen worden sei, keinen verbesserungsfähigen Mangel dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem gesetzlich gewährleisteten Recht auf Feststellung seiner Flüchtlingseigenschaft, im Recht auf Parteiengehör und im Recht "zur Einbringung der Berufung bei Vorliegen der gesetzlichen (Form)Erfordernisse" verletzt erachtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung
weist nachstehende wesentliche Passagen auf:
"Ich erhebe Berufung gegen Ihren Bescheid vom 5. 11. 1990, bekommen am 09. 11. 1990, mit dem meine Flüchtlingseigenschaft nicht anerkannt wird. Als Begründung führe ich aus:
..........
Wie ich gedeutet habe, daß wir Kurden keine minimalsten
Menschenrechte in der Türkei haben, bestätigte auch die
europäische Presse vor kurzem.
...........
Ich möchte hiermit nochmals ausdrücken, daß ich aus angeführten Gründen, Furcht und Angst wegen meiner Zugehörigkeit zur kurdischen Nationalität, zur alevitischen Religion und wegen meiner politischen Zugehörigkeit zur SHP, habe.
Ich ersuche Sie meine tatsächliche politische Verfolgung in der Türkei anzuerkennen und mir die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen."
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.
Strittig ist im vorliegenden Fall die Frage, ob die oben wiedergegeben Berufung einen begründeten Berufungsantrag enthält. Als Berufung ist eine Eingabe nur dann anzusehen, wenn ihr entnommen werden kann, daß der bezeichnete Bescheid angefochten wird, d.h. daß die Partei mit der Erledigung der erkennenden Behörde nicht einverstanden ist, und daß aus ihr ersichtlich ist, aus welchen Erwägungen die Partei die Entscheidung der Behörde bekämpft. Das Gesetz verlangt somit nicht nur einen Berufungsantrag, sondern darüber hinaus seine Begründung, d.h. Ausführungen, aus welchen Gründen der angefochtene Bescheid bekämpft wird.
Im Beschwerdefall kann entgegen der Ansicht der belangten Behörde der Berufung des Beschwerdeführers entnommen werden, worin er die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides erblickt. So ergibt sich aus der zwar knappen Formulierung dieses Rechtsmittels, daß der Beschwerdeführer die Beurteilung der von ihm geltend gemachten und in der Berufung wiederholten Fluchtgründe durch die Behörde erster Instanz bekämpft, wobei nach Ausweis der Verwaltungsakten die Behörde erster Instanz auf das detaillierte Vorbringen des Beschwerdeführers anläßlich seiner Erstbefragung am 12. Juli 1990 nicht eingegangen ist, sondern nur ganz allgemein festgestellt hat, der Beschwerdeführer habe im durchgeführten Überprüfungsverfahren nicht glaubhaft dargetan, Verfolgung erlitten zu haben. Diese Darlegungen des erstinstanzlichen Bescheides lassen keine eindeutige rechtliche Subsumtion des Parteienvorbringens und dessen rechtliche Würdigung erkennen. Die belangte Behörde wäre daher verhalten gewesen, vom Vorliegen eines begründeten Berufungsantrages auszugehen und über die Wertung der behaupteten Verfolgungshandlungen eine Sachentscheidung zu treffen (vgl. die in vergleichbaren Fällen ergangenen hg. Erkenntnisse vom 4. Oktober 1989, Zlen. 89/01/0214, 0215, und vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0009).
Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtlage dies unterlassen hat und mit einer Zurückweisung vorgegangen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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