VwGH 92/01/1009

VwGH92/01/10098.7.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der J in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. August 1992, Zl. 4.320.959/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1991 §1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 26. August 1991 wurde festgestellt, daß die Beschwerdeführerin - eine iranische Staatsangehörige, die am 3. November 1990 in das Bundesgebiet eingereist ist - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. August 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Hinblick darauf, daß in der Beschwerde zum Ausdruck kommt, der angefochtene Bescheid verstoße auch gegen die Bestimmung des § 1 Asylgesetz, BGBl. Nr. 127 (richtig: 126)/1968, ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde auf Grund des § 25 Abs. 2 erster Satz Asylgesetz 1991 das bei ihr am 1. Juni 1992 anhängige Verfahren bereits nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen hatte (vgl. insbesondere das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, auf welches des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) und sie dies auch richtig erkannt hat.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, daß ihr die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (und in Übereinstimmung damit richtigerweise auch nach § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991) zukomme, weil der einzige Grund für das Verlassen ihres Heimatlandes in der Bedrohung, der sie als (der armenischen Minderheit angehörende) Christin wegen ihres Glaubens ausgesetzt gewesen sei, bestanden habe. Daß dies tatsächlich der Fall gewesen wäre, läßt sich aber - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - weder aus ihrem Vorbringen im schriftlichen Asylantrag vom 12. November 1990 (der gleichlautend gewesen sei mit einem bereits am 4. November 1990 überreichten, jedoch nicht entgegengenommenen Asylantrag) noch aus ihren niederschriftlichen Angaben anläßlich ihrer Erstbefragung am 19. August 1991 ableiten. Im Asylantrag hat sie die von ihr behauptete Verfolgung damit begründet, daß sie sich "den islamischen Sitten und Gesetzen nicht unterordnete", und dazu ausgeführt, daß sie eine Woche inhaftiert gewesen sei und 20 Peitschenhiebe erhalten habe, weil ihre Haare nicht zur Gänze vom Schleier bedeckt gewesen seien, ihr gedroht worden sei, daß sie "das nächste Mal" mit einer Gefängnisstrafe von drei bis sechs Monaten zu rechnen habe, und sie, ebenso wie ihre Familie, während ihrer Haft "wüst" beschimpft worden sei. Bei ihrer Vernehmung wies sie auf ihr Vorbringen im schriftlichen Asylantrag hin, wo sie ihre Fluchtgründe "bereits geschildert habe", und nahm diesbezüglich nur eine Konkretisierung vor, indem sie erklärte, daß sich der Vorfall im August 1990 zugetragen habe, und sie das Gefängnis, in dem sie sich befunden habe, näher bezeichnete. Ihre damals dezidiert geäußerte und im wesentlichen in der Beschwerde aufrechterhaltene Ansicht, sie sei auf Grund ihrer religiösen Einstellung verhaftet worden und sie müsse, da sie ihren Glauben nicht ablegen wolle, mit einer neuerlichen Verhaftung rechnen, trifft nicht zu. Die Beschwerdeführerin hat lediglich die im Iran geltenden Bekleidungsvorschriften nicht eingehalten, wobei es sich um allgemeine Beschränkungen des Lebens, denen nicht nur Christinnen unterworfen sind, handelt, woraus sich ergibt, daß die damit verbundenen Maßnahmen nicht als konkrete Verfolgungshandlungen aus einem der Konventionsgründe, insbesondere auch nicht aus dem der Religion, angesehen werden können (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1992, Zl. 92/01/0460). Es geht daher auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, "auf dieses rechtlich bedeutsame Vorbringen" in der Begründung des angefochtenen Bescheides einzugehen, ins Leere.

Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß in der Beschwerde nicht mehr auf das Vorbringen in der Berufung zurückgekommen wird. Auf dieses Vorbringen wäre aber schon von der belangten Behörde gar nicht Bedacht zu nehmen gewesen, weil sie gemäß § 20 Abs. 1 Asylgesetz 1991 ihrer Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen hatte, zumal kein Fall des Absatzes 2 dieses Paragraphen vorlag, der eine Ergänzung oder Wiederholung des Ermittlungsverfahrens erforderlich gemacht hätte. Dazu kommt, daß auch dieses zusätzliche Vorbringen (hinsichtlich des Umstandes, daß ihr ein Studium verwehrt geblieben sei, sowie eines weiteres Vorfalles im September 1990, bei dem sie und ihre Begleitung nach einer Hochzeitsfeier wegen Alkoholkonsums bestraft worden seien) nicht geeignet gewesen wäre, eine andere rechtliche Beurteilung in Ansehung der Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführerin herbeizuführen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin keine individuell gegen sie gerichteten Verfolgungshandlungen aus Gründen ihrer Religion erlitten hat und sie sich demnach auch nicht aus wohlbegründeter Furcht, aus diesen Gründen verfolgt zu werden, außerhalb ihres Heimatlandes befindet (vgl. zur allgemeinen Lage der armenischen Christen im Iran das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1992,

Zlen. 92/01/0600 - 0602).

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war

sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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