VwGH 91/17/0152

VwGH91/17/015222.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der XY reg. Gen. m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 24. Juli 1991, Zl. 3-Gem-396/1/91, betreffend Nachforderung von Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde V), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
BAO §198 Abs1;
BAO §201;
B-VG Art119a Abs5;
GetränkeabgabeG Krnt 1978 §8;
LAO Krnt 1983 §146 Abs1;
LAO Krnt 1983 §149 Abs1;
AVG §66 Abs4;
BAO §198 Abs1;
BAO §201;
B-VG Art119a Abs5;
GetränkeabgabeG Krnt 1978 §8;
LAO Krnt 1983 §146 Abs1;
LAO Krnt 1983 §149 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Bundesland Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenemehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Gemeinde vom 29. Jänner 1991 wurde der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 49, 149 und 162 der Kärntner LAO 1983, LGBl. Nr. 36, idgF und gemäß den §§ 2, 3 und 8 des Kärntner Getränkeabgabegesetzes 1978, LGBl. Nr. 94, idgF (in der Folge kurz: Krnt GetrAbgG) in Verbindung mit der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 17. November 1978 unter anderem eine Getränkeabgabe-Nachforderung für die Zeit vom 1. Jänner 1984 bis 31. Dezember 1986 in Höhe von S 62.333,10 zur Zahlung vorgeschrieben. In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, daß die Beschwerdeführerin im genannten Zeitraum den Wert der Getränkeumschließungen aus dem Entgelt herausgerechnet, aber nicht in die Getränkeabgabenerklärungen einbezogen habe. Durch die mit dem Kärntner LGBl. Nr. 25/1988 erfolgte authentische Interpretation des § 8 des Krnt GetrAbgG, in der Fassung der Kundmachung LGBl. Nr. 99/1979 sei klargestellt worden, daß zum Entgelt mit Ausnahme der im Gesetz genannten Faktoren alles gehöre, was aufgewendet werden müsse, damit der Verbraucher das Speiseeis oder das Getränk erhalte. Das Entgelt umfasse daher

a) bei Speiseeis auch den Wert der mitverkauften Tüten und der mitverkauften Verpackungen und Löffel und

b) bei Getränken auch den Wert der mitverkauften Einwegverpackungen, ähnliche Gefäße und Trinkhalme.

Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Vorstellung wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertritt in der Begründung dieses Bescheides im wesentlichen die Rechtsansicht, die authentische Interpretation LGBl. Nr. 25/1988 erfordere auch ein gesetzeskonformes Verständnis der Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 17. November 1978, so zwar, daß hiedurch auch eine Abgabe auf Getränkeverpackungen ausgeschrieben worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich außer in dem "Recht auf ein gesetzmäßiges Abgabenverfahren" auch im "Recht auf Gesamtfestsetzung der Getränkeabgabe" und in dem "Recht, für die anläßlich der entgeltlichen Abgabe von Getränken und Speiseeis mitübereigneten Einweggebinde nicht Getränke- und Speiseeissteuer entrichten zu müssen," verletzt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. April 1991, Zlen. 90/17/0049, 0050, ausgeführt hat, sind die Kärntner Gemeinden seit der authentischen Interpretation des § 8 Krnt GetrAbgG ermächtigt, auch eine Abgabe auf Getränkeverpackungen und Speiseeisumschließungen auszuschreiben. Voraussetzung für die Erhebung einer solchen Abgabe durch Gemeindeabgabenbehörden ist jedoch in jedem Fall, daß spätestens im Zeitpunkt der Erlassung des obersten gemeindebehördlichen Abgabenbescheides eine entsprechende Verordnung des zuständigen Gemeindeorganes bereits in Kraft getreten ist; dies gilt im Hinblick darauf, daß die Vorstellungsbehörde einen mit Vorstellung bekämpften Bescheid nach der Rechts- und Tatsachenlage im Zeitpunkt von dessen Erlassung zu prüfen hat, selbst dann, wenn die landesgesetzliche Regelung ein Zurückgreifen auf schon vor ihrem Inkrafttreten verwirklichte Sachverhalte anordnet.

Im Beschwerdefall haben sich die Verwaltungsinstanzen auf die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 17. November 1978 gestützt. Mit dieser Verordnung wurde aber eine Abgabe auf Umschließungen von Getränken und Speiseeis nicht ausgeschrieben. Nach den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Unterlagen haben die zuständigen Organe der mitbeteiligten Stadtgemeinde auch sonst bis zur Erlassung der Berufungsentscheidung vom 29. Jänner 1991 keine Verordnung mit diesem Inhalt in Kraft gesetzt. Einer solchen Verordnung hätte es jedoch bedurft, um von der in der authentischen Interpretation gelegenen rückwirkenden Ermächtigung der Gemeinden zur Ausschreibung einer Abgabe auf Umschließungen von Getränken und Speiseeis auch Gebrauch zu machen. Ein auf die Ausschreibung einer solchen Abgabe gerichteter Gemeinderatsbeschluß läßt sich im Hinblick auf den in der Ausschreibung gelegenen WILLENSAKT DES ZUSTÄNDIGEN GEMEINDEORGANES nicht durch bloße Auslegung der selbständigen Verordnung vom 17. November 1978 im Sinne der authentischen Interpretation DURCH DEN KÄRNTNER LANDESGESETZGEBER, LGBl. Nr. 25/1988, ersetzen.

Aus diesen Erwägungen war die Erhebung einer Abgabe auf Umschließungen von Getränken und Speiseeis durch die Gemeindeabgabenbehörden im Beschwerdefall rechtswidrig.

Dem angefochtenen Bescheid haftet darüber hinaus eine weitere Rechtswidrigkeit des Inhaltes aus folgendem Grund an:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verschiedenen Landesabgabenordnungen hat sich die bescheidmäßige Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe, wenn sich die Selbstbemessung als unvollständig oder unrichtig erweist, auf die GESAMTE im Bemessungszeitraum zu entrichtende Abgabe und nicht bloß auf die RESTLICHE Abgabenforderung zu erstrecken. Dies ergibt sich aus der in den einzelnen Landesabgabenordnungen (so auch in § 149 Abs. 1 in Verbindung mit § 146 Abs. 1 Kärntner LAO) getroffenen Anordnung, daß die Abgabenbehörde DIE ABGABE mit Bescheid festzusetzen hat, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung zu Unrecht unterläßt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist (vgl hiezu beispielsweise das hg Erkenntnis vom 19. Jänner 1990, Zl. 89/17/0266, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Im Beschwerdefall haben aber die Gemeindeabgabenbehörden gegenüber der Beschwerdeführerin nicht die gesamte, auf die Zeit vom 1. Jänner 1984 bis 31. Dezember 1986 entfallende Getränkesteuer festgesetzt, sondern LEDIGLICH DEN AUF DIE

UMSCHLIESZUNGEN VON GETRÄNKEN UND SPEISEEIS ENTFALLENDEN TEIL.

Da die belangte Behörde das Gesetz verkannt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich, noch auf das Beschwerdevorbringen näher einzugehen, die "authentische Interpretation" durch das Kärntner LGBl. Nr. 25/1988 biete für die Ausschreibung einer Abgabe auf Umschließungen von Getränken und Speiseeis dann keine Deckung, wenn der Abgabepflichtige die Bemessungsgrundlage "nach dem Wareneingang ermittelt".

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich - im Rahmen des gestellten Antrages - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Stempelgebührenersatz war nur für die zur Beschwerdeführung notwendigen Urkunden zu ersetzen.

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