Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 14. August 1990 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X GesmbH & Co KG in H, dafür verantwortlich, daß im Bereich des Bauhofes in Y, Gemeinde H, auf den Parzellen Nr. 1937/3 und 1937/4, KG Y, am 4. April 1990 von 07.00 bis 17.00 Uhr, am 5. April 1990 von 07.00 bis 14.00 Uhr, am 6. April 1990 von 08.00 bis 05.30 Uhr, am 7. April 1990 von 07.30 bis 09.30 Uhr, am 17. April 1990 von 07.45 bis 15.00 Uhr und am 18. April 1990 von 08.15 bis 14.30 Uhr in der Abbindehalle die Eisenbiegemaschine, die Bandsäge, die Abrichthobelmaschine, die Kreissäge und die Diktenhobelmaschine und außerhalb der Abbindehalle die Kreissäge betrieben worden seien, obwohl keine gewerbebehördliche Genehmigung vorliege, jedoch die (näher bezeichneten) Nachbarn durch Lärm beim Betrieb dieser Maschinen unzumutbar belästigt werden könnten. Dadurch sei die genehmigte Betriebsanlage nach der ohne die erforderliche Genehmigung erfolgten Änderung betrieben worden. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs. 1 Z. 4 zweiter Fall GewO 1973 begangen, weshalb über ihn "gemäß § 366 Abs 1 Z 4 2. Fall GewO 1973" eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: fünf Tage) verhängt wurde.
Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. August 1991 abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß im Spruch des Straferkenntnisses das Wort "unzumutbar" entfalle und die angegebene Tatzeit "6.4.1990 von 08.00 bis 05.30 Uhr" auf "6.4.1990 von 08.00 bis 15.30 Uhr" richtiggestellt werde.
Zur Begründung wurde - nach Darstellung der Rechtslage - im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer bringe in seiner Berufung selbst vor, daß nach Inkrafttreten der GewO 1973 einerseits die Abrichte angeschafft worden sei, andererseits eine Veränderung insofern vorgenommen worden sei, als lärmerzeugende Maschinen in die Halle verlegt worden seien, und vermeine, daß eine derartige Änderung im Sinne der anzuwendenden Rechtslage einer Genehmigung nicht bedürfe. Die Berufungsbehörde könne sich dieser Auffassung des Beschwerdeführers nicht anschließen und komme zur Auffassung, daß die Aufstellung der angeführten Maschinen in einer Halle sehr wohl eine genehmigungspflichtige Änderung im Sinne des § 81 Abs. 1 GewO 1973 in der geltenden Fassung darstelle. Ausschlaggebend hiefür sei nicht, "daß die Lärmimmissionen, die nach Aussagen des Berufungswerbers bisher im Freien stattgefunden" hätten, nunmehr dort nicht mehr aufträten, sondern vielmehr die Tatsache, daß nunmehr "an anderer Ort und Stelle" lärmintensive Maschinen aufgestellt und betrieben werden sollten. Wenn auch die Umhausung der Maschinen durch eine Halle einen Lärmschutz darstelle, könne nicht ohne Prüfung ausgeschlossen werden, daß Nachbarn nunmehr an anderer Stelle als bisher durch den von den Maschinen erzeugten Lärm belästigt würden. Im Sinne der angeführten Gesetzesbestimmungen sei es dabei darüber hinaus unerheblich, ob nach Verwirklichung des Projektes tatsächlich unzumutbare Belästigungen aufträten, sondern genüge für die Frage der Genehmigungspflicht die abstrakte Möglichkeit einer Lärmbelästigung, weshalb der Spruch diesbezüglich abzuändern gewesen sei. Bereits im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis sei dargelegt worden, daß es sich bei der auf den Parzellen Nr. 1937/3 und 1937/4 der KG Y liegenden Anlage grundsätzlich um eine im Jahre 1962 genehmigte Betriebsanlage handle, eine Änderungsgenehmigung dieser Betriebsanlage für die Aufstellung der im Spruch angeführten ortsfesten Maschinen jedoch nie erteilt worden sei. Dieses Faktum sei auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten, sondern es sei lediglich vorgebracht worden, daß eine solche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage nicht erforderlich sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht verletzt, "entgegen der Bestimmung des § 366 Abs. 1 Ziff. 4 2. Fall GewO 1973 nicht bestraft zu werden". Er bringt hiezu unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unter anderem vor, auszugehen sei zunächst davon, daß die auf den Parzellen Nr. 1937/3 und 1937/4 der KG Y liegende Betriebsanlage mit den im Jahre 1962 dazugehörigen Maschinen genehmigt sei. Vor der Geltung der Gewerbeordnung 1973 seien nach § 32 Abs. 1 GewO 1859 Änderungen in der Beschaffenheit der Betriebsanlage oder in der Fabrikationsweise oder eine bedeutende Erweiterung des Betriebes, durch welche einer der im § 25 GewO 1859 vorgesehenen Umstände eintrete, vor der Ausführung zur Kenntnis der Gewerbebehörde zu bringen gewesen. Voraussetzung sei gewesen, daß die beabsichtigte Änderung oder Erweiterung für die Anrainer oder die Gemeinde überhaupt neue oder größere Nachteile, Gefahren oder Belästigungen, als mit der vorhandenen Betriebsanlage verbunden seien, herbeiführen werde. Nach § 25 GewO 1859 sei eine Genehmigung der Betriebsanlage bei allen Gewerben notwendig gewesen, welche mit besonderen, für den Gewerbebetrieb angelegten Feuerstätten, Dampfmaschinen, sonstigen Motoren oder Wasserwerken betrieben würden oder welche durch gesundheitsschädliche Einflüsse, durch die Sicherheit bedrohende Betriebsarten, durch üblen Geruch oder durch ungewöhnliches Geräusch die Nachbarschaft zu gefährden oder zu belästigen geeignet seien. Die nach der Betriebsanlagengenehmigung, aber vor Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973 neu angeschafften Maschinen seien aber entgegen der Rechtsansicht der Behörde erster Instanz deshalb nicht nach § 32 GewO 1859 anzeigepflichtig gewesen, weil es zu diesem Zeitpunkt keine Anrainer gegeben habe, die im Sinne des § 25 GewO 1859 gefährdet oder belästigt werden hätten können. Alle jetzigen Anrainer, die Anzeige erstattet hätten, seien erst nach Aufstellung dieser Maschinen dorthin gezogen, hätten also bewußt oder gewollt die Betriebsanlage in der bestehenden Form als nicht störend empfunden, sonst hätten sie dort ihre Grundstücke nicht erworben und ihre Wohnhäuser nicht gebaut. Sowohl die Gemeinde als auch die Gewerbebehörde seien daher davon ausgegangen, daß eine Genehmigungspflicht für die Aufstellung dieser Maschinen nicht gegeben gewesen sei. Nach Inkrafttreten der Gewerbeordnung 1973, also nach dem 1. August 1974, sei nur die Abrichte angeschafft bzw. nur insofern eine Veränderung vorgenommen worden, als lärmerzeugende Maschinen, die bis dahin im Freien betrieben worden seien, zur Verminderung der Lärmempfindungen der Nachbarn in die Halle verlegt worden seien. Nach § 81 Abs. 1 GewO 1973 sei Voraussetzung für die Genehmigungspflicht, daß diese zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 GewO 1973 umschriebenen Interessen erforderlich sei. Nun vermeine die Berufungsbehörde, daß im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1973 Nachbarn an anderer Stelle durch den "Ortswechsel" der Maschinen durch den erzeugten Lärm belästigt werden könnten. Dem sei entgegenzuhalten, daß bei richtiger Würdigung des Sachverhaltes und bei richtiger rechtlicher Beurteilung ein Ortswechsel gar nicht stattgefunden habe. Die gegenständliche Betriebsanlage sei auf den angeführten Parzellen genehmigt, die im Laufe der Zeit angeschafften Maschinen würden und seien immer auf diesen Grundstücken betrieben worden. Durch die Umschließung mit einer Halle sei sogar die Lärmbelästigung deutlich gesenkt worden, sodaß eine Anzeigepflicht nach § 81 GewO 1973 niemals bestanden habe. Außerdem sei, zumindest was die Kreissäge betreffe, die Bestimmung des § 81 Abs. 2 Z. 5 GewO 1973 zu beachten, nach der eine Genehmigungspflicht bei Austausch von gleichartigen Maschinen oder Geräten jedenfalls nicht gegeben sei.
Die Beschwerde ist schon auf Grund folgender Überlegungen begründet:
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 4 begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesstelle mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
"Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist", bedarf nach § 81 GewO 1973, in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1988, BGBl. Nr. 399, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zum umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch die bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was das zweitgenannte Erfordernis anlangt (unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat), muß erstens im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und zweitens der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. hiezu insbesondere die hg. Erkenntnisse - jeweils eines verstärkten Senates - vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A und vom 3. Oktober 1985, Slg. N.F. Nr. 11894/A).
Die Erfüllung des Straftatbestandes des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 setzt eine (von der genehmigungspflichtigen Änderung betroffene) GENEHMIGTE BETRIEBSANLAGE voraus. Dieser Umstand erfordert aber im Sinne der im § 44a Z. 1 VStG normierten spruchmäßigen Bezeichnung der als erwiesen angenommenen Tat die sachverhaltsmäßig von der Behörde in Betracht gezogene "genehmigte Betriebsanlage". Diesem Konkretisierungsgebot wird im Regelfall jedenfalls durch einen Hinweis auf den (konkreten) Genehmigungsbescheid Rechnung getragen. Diesen Anforderungen kommt der Spruch des angefochtenen Bescheides insofern nicht nach, als er keinerlei Hinweis enthält, von WELCHER genehmigten Betriebsanlage die belangte Behörde ausging.
Im Beschwerdefall kommt noch hinzu, daß die belangte Behörde im gegebenen Zusammenhang begründungsmäßig hinsichtlich des dem Tatbestandselement "... eine genehmigte Betriebsanlage ..." im Sinne des § 366 Abs. 1 Z. 4 GewO 1973 unterstellbaren Sachverhaltes widersprüchlich einerseits von der "Aufstellung der angeführten Maschinen in einer Halle ... als genehmigungspflichtige Änderung" ausging, andererseits auf den Umstand abstellte, daß "nunmehr an anderer Ort und Stelle lärmintensive Maschinen aufgestellt und betrieben werden sollen" und DADURCH die "Nachbarn nunmehr an anderer Stelle als bisher durch den von den Maschinen erzeugten Lärm belästigt werden".
Schon aus dem oben dargestellten Grund belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
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