VwGH 90/17/0117

VwGH90/17/011726.3.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der X Gesellschaft mit beschränkter Haftung in S, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 8. Februar 1990, Zl. 184-GA5-DKa/89, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit der Kennzeichnung von Gasöl nach § 3 Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
BAO §93 Abs2;
GasölStBG §3 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
BAO §93 Abs2;
GasölStBG §3 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Die Beschwerdeführerin, die nach eigener Darstellung keinen Erzeugungsbetrieb im Sinne des § 3 Abs. 1 des Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetzes - Gasöl-StBG, BGBl. Nr. 259/1966 in der Fassung BGBl. Nr. 142/1976, sondern einen HANDEL mit festen und flüssigen Brennstoffen betreibt, hat am 7. März 1989 beim Finanzamt Salzburg-Stadt einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gestellt. Begehrt wurde die bescheidmäßige Feststellung, ob und inwieweit die Beschwerdeführerin zur Kennzeichnung von Gasöl im Sinne des § 3 Gasöl-StBG und zur steuerbegünstigten Abgabe des solcherart besonders gekennzeichneten Gasöls berechtigt sei.

1.2. Am 13. März 1989 erging seitens der Verbrauchsteuerstelle des Finanzamtes Salzburg-Stadt folgende

Erledigung an die Beschwerdeführerin:

"Zu Ihrem Schreiben vom 7. März 1989 wird wie folgt

Stellung genommen:

Gemäß § 3 Abs. 1 Gasöl-Steuerbegünstigungsgesetz 1966 darf die Kennzeichnung von Gasöl, das steuerbegünstigt abgegeben werden soll, nur im Zollgebiet und zwar in einem ERZEUGUNGSBETRIEB, in dem Gasöl aus rohem Erdöl hergestellt wird oder der mit einem solchen Betrieb durch eine der Beförderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden ist, vorgenommen werden.

Da die Firma R Ges.m.b.H. in S keine Betriebsanlagengenehmigung für einen Erzeugungsbetrieb (§ 16 Mineralölsteuergesetz 1981) besitzt, ist sie zur Kennzeichnung von zum Verheizen bestimmten Gasöl im Sinne des § 3 Gasöl-StBG NICHT berechtigt.

Der Vorstand:"

Mit Eingabe vom 22. März 1989 wiederholte die Beschwerdeführerin ihren Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides. Infolge der formlosen Erledigung vom 13. März 1989 gehe sie davon aus, daß eine "bescheidmäßige" Erledigung nicht mehr erfolgen werde; sie vertrete jedoch die Auffassung, daß ihr ein Rechtsanspruch auf formelle Erledigung ihres Antrages zustehe.

Mit Schreiben vom 31. März 1989 informierte der Vorstand des Finanzamtes Salzburg-Stadt die Beschwerdeführerin dahingehend, daß die von ihr vorgesehene Kennzeichnung und steuerbegünstigte Abgabe von Gasöl nicht an die bescheidmäßige Erlaubnis des Finanzamtes gebunden sei, sondern von der Betriebsanlagengenehmigung seitens der Salzburger Landesregierung und der gesetzlich vorgesehenen Meldung an das Finanzamt abhänge. Sollte die Erzeugung von Gasöl entgegen den gesetzlichen Bestimmungen erfolgen, seien die steuerlichen Konsequenzen eindeutig geregelt, weshalb kein Bescheid des Finanzamtes notwendig sei. Die Beschwerdeführerin möge sich bezüglich weiterer Rechtsauskünfte an die Geschäftsabteilung 5 der Finanzlandesdirektion wenden.

In der als "Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom 13.3.1989" bezeichneten Eingabe vom 27. April 1989 führte die Beschwerdeführerin aus, die scheinbar formlose Mitteilung des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom 13. März 1989 sei in rechtlicher Hinsicht trotz offenkundiger Formmängel als Bescheid zu qualifizieren. Der normative Inhalt der Erledigung ergebe sich klar aus dem letzten Absatz, der als Spruch zu werten sei; darin habe die Behörde klar festgestellt, daß die Beschwerdeführerin zur Kennzeichnung von zum Verheizen bestimmten Gasöl nicht berechtigt sei. Die "Berufung" sei im Hinblick auf § 93 Abs. 4 BAO fristgerecht eingebracht worden; die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Erledigung liege darin begründet, daß die gesetzliche Bestimmung des § 3 Gasöl-StBG, wonach die Kennzeichnung nur in ganz bestimmten Erzeugungsbetrieben vorgenommen werden dürfe, dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Erwerbsfreiheit gemäß Art. 6 Staatsgrundgesetz (StGG) 1867 widerspreche.

1.3. Mit Bescheid vom 7. Juli 1989 wies die Verbrauchsteuerstelle des Finanzamtes Salzburg-Stadt die oben wiedergegebene als "Berufung" bezeichnete Eingabe vom 27. April 1989 gegen die Erledigung des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom 13. März 1989 zurück. Begründend heißt es, die Berufung sei nicht zulässig, weil ein Bescheid, mit welchem dem Mineralölhandelsbetrieb der Beschwerdeführerin in S gestattet oder untersagt werde, Gasöl zu kennzeichnen, nicht vorgesehen sei. Das Schreiben des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom 13. März 1989 sei als Nichtbescheid anzusehen, da es keinen Bescheidcharakter aufweise; eine Berufung sei daher nicht möglich.

In der als "Berufung gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom 7.7.1989" bezeichneten Eingabe vom 20. Juli 1989 führte die Beschwerdeführerin ergänzend aus, die scheinbar formlose Mitteilung des Finanzamtes vom 13. März 1989 sei in rechtlicher Hinsicht trotz offenkundiger Formmängel als Feststellungsbescheid zu werten, da sie abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststelle und über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abspreche.

1.4. Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 8. Februar 1990 wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid als unbegründet ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, gemäß § 3 Gasöl-StBG müsse die Kennzeichnung von Gasöl, das steuerbegünstigt abgegeben werden solle, in einem Erzeugungsbetrieb vorgenommen werden. Ein Bescheid, mit welchem einem Mineralölhandelbetrieb gestattet oder untersagt werde, Gasöl zu Heizöl zu kennzeichnen, sei nicht vorgesehen. Richtig sei auch, daß einem nicht als Bescheid bezeichneten Verwaltungsakt Bescheidcharakter zukommen könne, wenn die Absicht der Behörde erkennbar sei, über individuelle Rechtsverhältnisse oder über ein Parteibegehren rechtsverbindlich abzusprechen. Die gegenständliche - nicht als Bescheid bezeichnete - Erledigung des Finanzamtes sei ihrem Inhalt nach lediglich eine Zitierung des Gesetzestextes und Wiederholung des Antrages bzw. "Bestätigung der unstrittigen Feststellung im Antrag", daß der vom Gesetz geforderte Erzeugungsbetrieb nicht vorliege; nach äußerer Form und Inhalt der Erledigung des Finanzamtes könne deshalb kein Zweifel vorliegen, daß diese lediglich eine Information darstelle und nicht als Bescheid anzusehen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei dann, wenn eine bescheidmäßige Erledigung nach den gesetzlichen Vorschriften nicht ausdrücklich vorgesehen sei, die formelle Gestaltung und Bezeichnung als Bescheid maßgebend. Der Erledigung des Finanzamtes fehle aber jede diesbezügliche Bezeichnung wie auch alle weiteren Formerfordernisse eines Bescheides; sie sei daher als "Nichtbescheid" bzw. Mitteilung der Behörde zu qualifizieren, womit aber dem Zurückweisungsbescheid keine Rechtswidrigkeit angelastet werden könne.

1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach dem gesamten Inhalt ihres Vorbringens erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem "gesetzlich gewährleisteten Recht auf Entscheidung über die Berufung vom 27. April 1989 gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom 13. März 1989" verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. § 3 Gasöl-StBG in der Fassung BGBl. Nr. 142/1976, lautet auszugsweise:

"KENNZEICHNUNG VON GASÖL

§ 3. (1) Zur besonderen Kennzeichnung ist das zum Verheizen bestimmte Gasöl zu färben und mit einem Zusatz zu versehen, der auch in starken Verdünnungen nachweisbar ist. Die bestimmungsmäßige Verwendung dieses Gasöls darf durch die Kennzeichnung nicht beeinträchtigt werden. Die Kennzeichnung von Gasöl, das steuerbegünstigt abgegeben werden soll, muß im Zollgebiet (§ 1 des Zollgesetzes 1955, BGBl. Nr. 129), und zwar in einem Erzeugungsbetrieb vorgenommen werden, in dem Gasöl aus rohem Erdöl hergestellt wird oder der mit einem solchen Betrieb durch eine der Beförderung von Mineralöl dienende Rohrleitung verbunden ist. Durch Verordnung wird bestimmt, welche Kennzeichnungsstoffe und welche Mengen davon in dem zum Verheizen bestimmten Gasöl enthalten sein müssen.

(2)

..."

2.2. Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Beschwerdeführerin KEIN Erzeugungsbetrieb im Sinn des § 3 Abs. 1 Gasöl-StBG ist.

2.2.1. Das Beschwerdevorbringen, die Formulierung der "scheinbar formlosen Mitteilung" des Finanzamtes Salzburg-Stadt könne wohl nur in die Richtung verstanden werden, daß die Abgabenbehörde erster Instanz über den am 7. März 1989 von der Beschwerdeführerin gestellten Feststellungsantrag habe entscheiden wollen, ist nicht zutreffend.

2.2.2. Gemäß § 92 Abs. 1 BAO sind Erledigungen einer Abgabenbehörde als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen a) Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder b) abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder c) über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen. Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluß eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. NF

Nr. 9458/A = ZfVB 1978/4/1589, zu § 58 Abs. 1 AVG 1950 (der rechtsähnlichen Vorschrift zu § 93 Abs. 2 BAO) ausgeführt hat, ist dann, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält, das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, daß die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt, sondern auch, daß sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen u.dgl. können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG (hier: § 93 Abs. 2 BAO), gewertet werden.

In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen läßt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung, keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, daß die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nicht wesentlich. Dabei ist an eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. in diesem Sinne etwa auch das hg. Erkenntnis vom 8. März 1991, Zl. 90/17/0328).

2.2.3. Wendet man diese Kriterien auf die Erledigung des Finanzamtes vom 13. März 1989 an, so zeigt sich, daß dieser Erledigung Bescheidcharakter im angegebenen Sinn nicht zukommt.

Die behördliche Erledigung vom 13. März 1989 ist weder als Bescheid bezeichnet noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung unterteilt.

In dieser Erledigung wird zunächst im Einleitungsteil darauf hingewiesen, daß zur Eingabe vom 7. März 1989 "wie folgt Stellung genommen" werde; es folgt dann die bloße Zitierung des Gesetzeswortlautes des § 3 Gasöl-StBG und zuletzt der Hinweis, daß die Beschwerdeführerin "zur Kennzeichnung von zum Verheizen bestimmten Gasöl im Sinne des § 3 Gasöl-StBG nicht berechtigt" sei, weil sie keine Betriebsanlagengenehmigung für einen Erzeugungsbetrieb besitze.

Bei der Erledigung vom 13. März 1989 handelt es sich nach dem Gesamtbild um eine bloße WISSENSäußerung, der kein Bescheidcharakter zukommt. Die Wiedergabe des bloßen Gesetzestextes des § 3 Abs. 1 Gasöl-StBG, der Hinweis auf die unstrittige Tatsache, daß die Beschwerdeführerin kein Erzeugungsbetrieb sei, und die Schlußfolgerung, daß sie deswegen zur Kennzeichnung von zum Verheizen bestimmtem Gasöl im Sinne des § 3 Abs. 1 Gasöl-StBG nicht berechtigt sei, können im Zusammenhalt mit dem Einleitungssatz ("... wie folgt Stellung genommen") nicht als normative, verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 93 Abs. 2 BAO gewertet werden.

2.3. Die belangte Behörde durfte aus den oben angeführten Gründen die Erledigung vom 13. März 1989 zu Recht als Mitteilung bzw. "Nichtbescheid" beurteilen, weshalb die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

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