VwGH 90/10/0053

VwGH90/10/005318.10.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und den Senatspräsident Mag. Onder sowie die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des Bundes - Bundesstraßenverwaltung, Landesstraßenbauamt Feldkirch, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 16. November 1989. Zl. Va-427-1/1989, betreffend Bannlegung (mitbeteiligte Partei: Stand Montafon, Forstfonds, 6780 Schruns), zu Recht erkannt:

Normen

ForstG 1975 §21;
ForstG 1975 §24;
ForstG 1975 §27 Abs1;
ForstG 1975 §27 Abs2;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §48 Abs2;
ForstG 1975 §21;
ForstG 1975 §24;
ForstG 1975 §27 Abs1;
ForstG 1975 §27 Abs2;
VwGG §47 Abs5;
VwGG §48 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuspruch der Verfahrenskosten wird abgewiesen.

Begründung

Über Anregung der Gemeinde Gaschurn und mehrerer Haus- und Grundeigentümer (Bewohner der durch Steinschlag und Lawinen gefährdeten Wohnparzelle Außerbach, Gemeinde Gaschurn) wurde von Amts wegen ein Verfahren zur Bannlegung des im Eigentum der mitbeteiligten Partei stehenden Waldgebietes Außerbach im Bereich zwischen der Gemeindegrenze zu St. Gallenkirch und dem Ballottatobel eingeleitet. Mit Bescheid vom 6. Juli 1989 legte die Bezirkshauptmannschaft Bludenz (in der Folge: BH) dieses sich über die Grundparzelle 1904/1 der KG Gaschurn erstreckende Waldgebiet gemäß den §§ 27, 28 und 30 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 i.d.F. der Novelle 1987, BGBl. Nr. 576 (ForstG), auf unbestimmte Zeit in Bann und erteilte der mitbeteiligten Partei zur Erreichung des Bannzweckes zahlreiche Auflagen.

In der Begründung dieses Bescheides wurde das Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen wiedergegeben, wonach der als äußerst kritisch beurteilte Waldzustand auf die unsachgemäße Bewirtschaftung in der Vergangenheit, die Nutzung als Wald-Weide und die immer noch ungelöste Wildproblematik sowie auf die schwierige geologische Situation zurückzuführen sei. Eine zeitgemäße Erschließung, die Wald-Weide-Freistellung und die Schalenwildfreihaltung stellten danach unbedingt notwendige Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Sanierung dar. Da das Wild im Außerbacherwald keinen Einstand nehmen sollte, seien alle Fütterungen im Umkreis von 500 m um das Bannwaldgebiet unverzüglich aufzulassen. Den Ausführungen des geologischen Amtssachverständigen zufolge wiesen die Felsen einen sehr hohen Zerrüttungsgrad auf. Im Falle eines Zusammenbruches des Außerbacherwaldes seien die Tallagen nicht mehr bewohnbar, weshalb die Bannlegung dieses Waldgebietes in Verbindung mit einem Schutzwaldsanierungsprojekt begrüßt werde. Auch von seiten des forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung erfolge eine Befürwortung der Bannlegung. Nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erscheine es offenkundig, daß vor allem zum Schutze der Anwesen in der Parzelle Außerbach die vorgeschriebenen Maßnahmen und Beschränkungen im Bannwaldgebiet notwendig seien und daß das öffentliche Interesse daran gegenüber den durch diesen Bescheid vorgeschriebenen Einschränkungen in der Waldbewirtschaftung und den dadurch bedingten Nachteilen wesentlich überwiege.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte im wesentlichen vor, er sei in der Ladung zur mündlichen Verhandlung lediglich um Teilnahme ersucht worden, wobei ein Hinweis auf die beabsichtigte Einbeziehung als Begünstigter im Sinne des § 30 ForstG weder in der Kundmachung noch in der Verhandlungsschrift vom 17. Juni 1988 enthalten gewesen sei. Erstmalig werde die beschwerdeführende Partei im erstinstanzlichen Bescheid vom 6. Juli 1989 als Begünstigte angeführt, dies allerdings bloß in der Zustellverfügung und nicht in einer der Rechtskraft fähigen Weise. Die Behörde erster Instanz habe den Außerbacherwald sicherlich aufgrund der ihrem Verfahren zugrundeliegenden und wahrscheinlich auch schlüssigen Sachverständigengutachten als Schutzwald gemäß § 21 ForstG qualifiziert. Treffe die Behörde jedoch diese Feststellung, so habe sie die mitbeteiligte Partei anzuhalten, den Schutzwald entsprechend den Bestimmungen des ForstG zu behandeln und zu nutzen. Bei vorliegenden Zweifeln an der Schutzwaldqualität sei diese von der Behörde auf Antrag gemäß § 23 ForstG festzustellen. Bei Sanierungsbedürftigkeit eines Schutzwaldes habe die belangte Behörde die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen für das betreffende Schutzwaldgebiet in einem besonders ausgestalteten Waldentwicklungsplan darzustellen. Die Behörde erster Instanz hätte daher bei gegebener Sachlage veranlassen müssen, daß die zur Sicherung des Schutzwaldes erforderlichen Sanierungsmaßnahmen mittels Waldentwicklungsplanes gesichert würden. Wäre dies durchgeführt worden, hätte die Notwendigkeit der Bannlegung des Außerbacherwaldes wahrscheinlich nicht bestanden bzw. wäre zumindest die Einbeziehung der beschwerdeführenden Partei als Erhalterin der Bundesstraße B 188 in eine dann allenfalls noch erforderliche Bannlegung keinesfalls notwendig gewesen, da der ordnungsgemäß behandelte und genutzte Schutzwald keine Steinschlaggefahren mehr für die Bundesstraße zugelassen hätte.

Die belangte Behörde gab der Berufung mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der zur Anwendung gelangenden Gesetzesbestimmungen führte sie in der Begründung ihres Bescheides im wesentlichen aus, aufgrund der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten, weitgehend übereinstimmenden Gutachten, welche in der Berufung nicht beanstandet worden wären, ergäbe sich das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bannlegung des Außerbacherwaldes. Gegen diese habe die beschwerdeführende Partei bei der mündlichen Verhandlung am 17. Juni 1988 keine Einwände erhoben. Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit Maßnahmen zur Sanierung des Außerbacherwaldes als Schutzwald erforderlich gewesen wären, gehöre nicht zum Gegenstand dieses Verfahrens, da für die Bannlegung vielmehr die Prüfung der Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 ForstG entscheidend sei. Das ForstG schließe die Bannlegung von Schutzwäldern im Sinne des § 21 nicht aus und setze keineswegs vorgängig Sanierungsmaßnahmen nach § 24 leg. cit. voraus, weshalb es sich erübrige, darauf einzugehen, ob bei Vorschreibung von Sanierungsmaßnahmen der Kreis der Begünstigten im anhängigen Bannlegungsverfahren enger gezogen hätte werden können. Die von der Behörde erster Instanz eingeholten und von der beschwerdeführenden Partei auch durch Gegengutachten nicht entkräfteten Gutachten ergäben, daß die Bannlegung auch dem Schutz der Bundesstraße B 188 diene. In der Ladung zur mündlichen Verhandlung sei die beschwerdeführende Partei nicht eigens erwähnt worden, der Vertreter habe aber bei der Verhandlung ausdrücklich in ihrem Namen eine Stellungnahme abgegeben. Trotzdem seien gegen die Verhandlungsniederschrift keine Einwände vorgebracht worden. Es könne daher in der Ladung kein die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides rechtfertigender Mangel gesehen werden. Ebensowenig ließen sich Anhaltspunkte für die Annahme finden, daß die Bannlegung nicht auch zum Schutze der Bundesstraße B 188 - insbesondere vor Steinschlag - diene.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluß vom 26. Februar 1990, B 1579/89-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und verfügte deren Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof.

In ihrer Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht darauf verletzt, nicht als Begünstigte gemäß den §§ 27 ff ForstG in das Bannlegungsverfahren miteinbezogen zu werden, und macht Verletzung von Verfahrensvorschriften, inhaltlicher Rechtswidrigkeit in eventu Unzuständigkeit geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 1 des ForstG 1975 idF der Novelle BGBl. Nr. 576/1987 sind Wälder, die der Abwehr bestimmter Gefahren von Menschen, menschlichen Siedlungen und Anlagen oder kultiviertem Boden dienen, sowie Wälder, deren Wohlfahrtswirkung gegenüber der Nutzwirkung (§ 6 Abs. 2) ein Vorrang zukommt, durch Bescheid in Bann zu legen, sofern das zu schützende volkswirtschaftliche oder sonstige öffentliche Interesse (Bannzweck) sich als wichtiger erweist als die mit der Einschränkung der Waldbewirtschaftung infolge der Bannlegung verbundenen Nachteile (Bannwald).

Als Bannzweck im Sinne der angeführten Bestimmung kommt nach Abs. 2 leg. cit. der Schutz vor Lawinen, Felssturz, Steinschlag, aber auch die Sicherung der Benützbarkeit von Verkehrsanlagen, daneben auch der Schutz vor Gefahren, die sich aus dem Zustand des Waldes oder aus seiner Bewirtschaftung ergeben, in Frage.

Die beschwerdeführende Partei, deren Parteistellung und Beschwerdeberechtigung sich aus § 27 Abs. 2 ForstG ergibt, macht zunächst geltend, die belangte Behörde habe zwar zu Recht den Außerbacherwald als Schutzwald "gemäß § 24" ForstG qualifiziert, jedoch die für die Bannlegung geforderten zusätzlichen rechtlichen Voraussetzungen nicht geprüft. Der Schutz der Bundesstraße vor Steinschlag komme nicht bloß als Bannzweck, sondern auch bei der Schutzwirkung eines Schutzwaldes in Frage. Darüber hinaus liege in der Feststellung der Schutzwaldqualität des Außerbacherwaldes durch die Forstbehörde erster Instanz eine Überschreitung ihrer Zuständigkeit, da eine solche "gemäß § 24" leg. cit. in die Zuständigkeit des Landeshauptmannes fiele.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid bereits zutreffend ausführte, setzt eine Bannlegung von Schutzwäldern vorherige Sanierungsmaßnahmen im Sinne des § 24 ForstG nicht voraus. Zu den Voraussetzungen für die Bannlegung ist festzuhalten, daß die im Verfahren eingeholten, weitgehend übereinstimmenden Gutachten, denen die beschwerdeführende Partei nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, in klarer und schlüssiger Weise darlegen, aus welchen Gründen diese im konkreten Fall geboten sei. Zu den Bedenken der beschwerdeführenden Partei bezüglich der Zuständigkeit der Behörde erster Instanz sei lediglich ausgeführt, daß es sich um ein Verfahren betreffend eine Bannlegung handelt, zu dessen Durchführung in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig ist (§ 170 Abs. 1 ForstG). Der Ansicht, daß Bannlegungsverfahren ausschließlich auf Antrag der Bundesstraßenverwaltung einzuleiten sind, wenn sich der Bannzweck unter anderem auch auf den Schutz der Bundesstraße bezieht bzw. wenn durch die Bannlegung auch Interessen einer Bundesstraße berührt werden, vermag aber der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf § 30 Abs. 1 ForstG ("von Amts wegen") nicht beizutreten. Ebensowenig ist nachvollziehbar, weshalb die Miteinbeziehung der beschwerdeführenden Partei als Begünstigte des Bannlegungsverfahrens rechtlich verwehrt sein soll, zumal sich die Einbeziehung der beschwerdeführenden Partei aus dem Umstand ergibt, daß die Bannlegung dem Schutz der Bundesstraße dienen soll.

Auch wenn die beschwerdeführende Partei in den Kundmachungen nicht expressis verbis als Begünstigte bezeichnet, sondern erst im Bescheid der Behörde erster Instanz als solche angeführt wurde, so kann darin jedenfalls nicht ein zur Aufhebung des Bescheides führender Mangel erblickt werden.

Abschließend ist festzuhalten, daß die Ansicht, die belangte Behörde hätte in mittelbarer Bundesverwaltung den Bannlegungsbescheid der Behörde erster Instanz aufheben und stattdessen Sanierungsmaßnahmen gemäß § 24 ForstG treffen müssen, der entsprechenden gesetzlichen Grundlage entbehrt, da - wie bereits ausgeführt - eine Bannlegung von Schutzwäldern auch ohne vorherige Sanierungsmaßnahmen durchaus zulässig ist.

Aufgrund der dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde somit in allen Punkten als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Antrag der belangten Behörde auf Zuspruch von Kosten war ebenfalls abzuweisen, da im Falle der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, der Zuspruch von Kostenersatz nicht in Betracht kommt (vgl. das Erkenntnis vom 31. Jänner 1992, Zl. 91/10/0024).

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