Normen
EStG 1972 §1;
EStG 1972 §24 Abs1 Z1;
EStG 1972 §4;
InvestPrämG §2 Abs3 Z4;
KO;
EStG 1972 §1;
EStG 1972 §24 Abs1 Z1;
EStG 1972 §4;
InvestPrämG §2 Abs3 Z4;
KO;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende KG, deren Unternehmensgegenstand die Erzeugung von Präzisionswerkzeugen ist, erwarb im Februar 1985 - damals noch in Gründung befindlich - von einer in Konkurs befindlichen GmbH eine Liegenschaft mit verschiedenen Gebäuden, in denen die GmbH ihren Betrieb geführt hatte, sowie den größten Teil der Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens einschließlich eines geschützten Markenzeichens zu einem Gesamtkaufpreis von S 13 Millionen. Ausdrücklich ausgenommen von diesem Rechtsgeschäft waren die Halb- und Fertigwaren sowie sonstige Vorräte.
Für diesen Erwerb und andere Investitionen beantragte die Beschwerdeführerin für das Kalenderjahr 1985 eine Investitionsprämie im Ausmaß von S 428.958,--.
Das Finanzamt wies den Antrag insoweit ab, als er den Erwerb des Anlagevermögens der GmbH betraf. Es handle sich dabei um den Erwerb eines Betriebes, für den gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 IPrämG keine Investitionsprämie in Anspruch genommen werden könne.
Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Von einem Betriebserwerb könne nicht gesprochen werden, weil "mit der Eröffnung eines Konkursverfahrens ein Betriebserwerb begrifflich ausgeschlossen ist."
In einem ergänzenden Schriftsatz wurde ausgeführt, es habe sich bei dem Erwerbsvorgang nur um den Erwerb eines betriebsbereiten Standortes und nicht um den eines lebenden Betriebes gehandelt. Zu einem lebenden Betrieb, der dem Erwerber die Möglichkeit gebe, die gleiche Erwerbstätigkeit fortzusetzen, gehöre eine funktionierende Betriebsorganisation. Der Konkurs sei als "wirtschaftlicher Tod" eines Unternehmens anzusehen. Aus einer Konkursmasse könne daher kein lebender Betrieb erworben werden. Die Beschwerdeführerin habe "neue Produktlinien" eingerichtet und die Voraussetzungen für die Fertigung von Spiralbohrern mit innenliegenden Kühlkanälen, Flachstufenbohrern, Sonderbohrern, Zerspannungswerkzeugen und Werkzeugsystemen mit auswechselbaren Hartmetall-Wendeplatten geschaffen. Der Kundenstock habe sich verändert. Die Beziehungen zu den Märkten der Verkäuferin seien nunmehr stark reduziert. Ähnliches gelte für die Lieferanten. Der Betrieb werde von einem neuen Management geleitet. Von den Mitarbeitern des früheren Betriebes seien nur 50 % eingestellt worden. "Soziale Besitzstände" seien nicht übernommen worden. Die Beschwerdeführerin habe die Unternehmensorganisation neu gestaltet. Im Bereich der Fertigung sei das ursprüngliche Konzept der "Meistersteuerung" durch das Konzept der zentralen Arbeitsvorbereitungssteuerung ersetzt worden. Durch Änderung der Maschinenaufstellung sei es zu einer wesentlichen Änderung des Fertigungsablaufes gekommen. Der Zweck der Investitionsprämie, nämlich arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zu fördern, spreche für deren Zuerkennung, weil durch das Engagement der Beschwerdeführerin ein äußerst exponierter Standort wiederbelebt worden sei.
Einem Bericht des Masseverwalters vom 7. Februar 1985 an das Gericht ist zu entnehmen, daß der Betrieb der Gemeinschuldnerin von ihm weitergeführt worden sei. Die Weiterführung sei bis längstens Ende Juni 1985 vorgesehen gewesen. Es hätten sich bereits verschiedene Interessenten für den Erwerb des Unternehmens der Gemeinschuldnerin gefunden. Ein verbindliches Angebot zum Erwerb des Betriebes sei bisher nur von der Beschwerdeführerin abgegeben worden.
Auf Anfrage der belangten Behörde teilte die Beschwerdeführerin mit, daß ihr Unternehmensgegenstand gegenüber jenem der Gemeinschuldnerin stark eingeschränkt worden sei. Während sich die Beschwerdeführerin mit der Herstellung und dem Vertrieb von Werkzeugen befasse, habe der Unternehmensgegenstand der Gemeinschuldnerin auch die Produktion von Werkzeugmaschinen umfaßt. Im zweiten Quartal 1985 habe die Beschwerdeführerin einen Umsatz von ca. 4,5 Millionen aus selbst produzierten Produkten erwirtschaftet. Schließlich wies die Beschwerdeführerin noch darauf hin, daß das Bundesministerium für Finanzen in einem Erlaß, betreffend die erhöhte Investitionsprämie, die Auffassung vertreten habe, daß bei Beendigung der Tätigkeit eines Unternehmers durch Insolvenz beim Nachfolgeunternehmen von der Errichtung einer Betriebsstätte auch dann gesprochen werden könne, wenn keine Produktionsumstellung erfolge. Gleichartige Überlegungen müßten auch für den Erwerb eines in Insolvenz geratenen Unternehmens gelten.
Die belangte Behörde wies die Berufung mit der Begründung ab, daß die Beschwerdeführerin einen Betrieb erworben habe. Ein solcher Erwerbsvorgang sei gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 IPrämG von der Gewährung einer Investitionsprämie ausgeschlossen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 IPrämG kann eine Investitionsprämie bei Erwerb eines Betriebes, eines Teilbetriebes oder des Anteiles eines Gesellschafters, der als Mitunternehmer des Betriebes anzusehen ist, nicht geltend gemacht werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes ist eine Betriebsübertragung zu bejahen, wenn ein in sich organisch gechlossener Komplex von Wirtschaftsgütern übereignet wird, der die wesentliche Grundlage des Betriebes bildet, sodaß der Erwerber in die Lage versetzt wird, den Betrieb fortzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1980, 1618/80, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Die Beschwerdeführerin vertritt zunächst die Auffassung, daß der Begriff "Betrieb" nicht steuerrechtlich, sondern betriebswirtschaftlich zu verstehen sei. Danach sei ein Betrieb dynamisch als geordnetes Zusammenwirken von Menschen, Sachgütern und immateriellen Gütern zu sehen. Dem Produktionsablauf komme entscheidende Bedeutung zu.
Die Beschwerdeführerin übersieht, daß das Investitionsprämiengesetz, wie aus zahlreichen Verweisen erkennbar ist, an die einkommensteuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften (§§ 4 ff EStG 1972) anknüpft und damit auch an den dort mehrfach verwendeten Begriff "Betrieb". Da das Einkommensteuergesetz als Steuersubjekt die einzelne natürliche Person bezeichnet (§ 1 EStG 1972), ist auch der Betrieb in seiner Eigenschaft als Einkunftsquelle steuersubjektbezogen zu betrachten. Der Begriff "Betrieb" ist demnach eng mit der natürlichen Person verknüpft, der der Betrieb als Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Das gilt besonders für die Art und Weise, in der ein Betrieb geführt wird, und für die ständige Notwendigkeit, die für die Betriebsführung erforderlichen Entscheidungen zu treffen. Träger dieser Entscheidungen ist regelmäßig das Steuersubjekt. Wenn nun der Einkommensteuergesetzgeber von der Übertragung eines Betriebes spricht, so kann darunter begrifflich nur eine bestimmt qualifizierte Summe von Wirtschaftsgütern (einschließlich immaterieller Wirtschaftsgüter) verstanden werden, nicht jedoch die Art und Weise, in der das bisherige Steuersubjekt mit Hilfe dieser Wirtschaftsgüter eine betriebliche Tätigkeit ausgeübt hat. Die geistigen Faktoren, die Erfolg und Mißerfolg der betrieblichen Tätigkeit bestimmt haben, sind nicht Gegenstand der Übertragung. Vielmehr wird es am Erwerber des Betriebes liegen, in Zukunft selbst jene Entscheidungen zu treffen, die bisher der Betriebsvorgänger zu treffen hatte.
Daraus folgt, daß der Erwerb eines Betriebes keineswegs voraussetzt, daß die bisherige Betriebsführung, die betriebsinterne Organisation, die Produktplanung und andere Entscheidungsfaktoren unverändert bleiben. Ebenso wie ein Betriebsinhaber seine betrieblichen Entscheidungen ändern kann, ohne dadurch die Betriebsidentität in Frage zu stellen, kann auch der Erwerber eines Betriebes andere Entscheidungen treffen, ohne daß deswegen der Betriebserwerb als Neugründung eines Betriebes anzusehen wäre. Die in diese Richtung gehenden Beschwerdeausführungen sind daher unzutreffend. Entscheidend ist, daß die Beschwerdeführerin mit Hilfe des von ihr übernommenen Anlagevermögens der Gemeinschuldnerin in die Lage versetzt war, deren betriebliche Tätigkeit fortzusetzen. Daß sie tatsächlich eine Reihe neuer Entscheidungen auf dem Gebiet der Betriebsorganisation getroffen und den Betrieb der Gemeinschuldnerin (wesentlich) anders geführt hat, als es der bisherigen Betriebsführung entsprach, ist für die Beurteilung des Erwerbsvorganges als Erwerb eines Betriebes unmaßgeblich.
Die Beschwerdeführerin hat nicht bestritten, daß sie im Jahr 1985 mit Hilfe des erworbenen betrieblichen Anlagevermögens in der Lage war, Präzisionswerkzeuge zu produzieren und zwar in einem Ausmaß, das bereits im zweiten Vierteljahr zu einem Umsatz von ca. S 4,5 Millionen geführt hat. Ferner wurde nicht behauptet, daß diese Produktion zusätzliche Investitionen erforderlich gemacht hätte. Erst in den Jahren 1986 bis 1988 wurden nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin weitere Investitionen getätigt. Dies zeigt deutlich, daß die Beschwerdeführerin nicht nur - wie sie behauptet - einen "betriebsbereiten Standort" erworben hat, sondern einen Betrieb, dessen Fortführung - wenn auch mit geändertem Management - möglich war.
Der Beschwerdeführerin kann auch nicht zugestimmt werden, wenn sie meint, aus einer Konkursmasse könne grundsätzlich kein Betrieb erworben werden. Da unter Betriebserwerb steuerlich der Erwerb von Wirtschaftsgütern zu verstehen ist, mit deren Hilfe eine bisher ausgeübte betriebliche Tätigkeit ohne wesentliche weitere Investitionen fortgesetzt werden könnte, läßt sich aus der Eröffnung eines Konkursverfahrens nicht der Schluß ziehen, daß in der Masse kein derartiger Komplex von Wirtschaftsgütern enthalten sein kann.
Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, alle jene Maßnahmen zu fördern, mit denen wirtschaftliche Effekte, wie Erreichung der Vollbeschäftigung, Stärkung strukturschwacher Regionen und Verbesserung der Handelsbilanz verbunden seien. Sie übersieht dabei, daß es sich bei der in Rede stehenden Bestimmung um eine Investitionsbegünstigung handelt, die die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern begünstigen will. Wollte man hingegen der Argumentation der Beschwerdeführerin folgen, so wäre zentrales Anliegen des Gesetzgebers nicht die Förderung der Investitionstätigkeit als solche, sondern die volkswirtschaftlich wünschenswerte Erhaltung betrieblicher Aktivitäten durch eine geänderte Wirtschaftsführung.
Wenn die Beschwerdeführerin schließlich noch die ihrer Meinung nach für ihre Auffassung sprechende Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen ins Treffen führt, so genügt es darauf hinzuweisen, daß der Gerichtshof einen Bescheid nur dann als rechtswidrig aufzuheben hat, wenn er nicht im Einklang mit gesetzlichen Vorschriften steht.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.
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