VwGH 89/14/0174

VwGH89/14/017416.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Pokorny, Dr. Karger und Dr. Baumann als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Hutter, über die Beschwerde der R GmbH & Co KG in K, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 30. Juni 1989, Zl. 5/10/3-BK/D-1989, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1986, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §167 Abs2;
BAO §21;
EStG 1972 §2 Abs3 Z5;
EStG 1972 §23 Z2;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
EStG 1972 §4 Abs1;
KStG 1966 §8 Abs1;
BAO §167 Abs2;
BAO §21;
EStG 1972 §2 Abs3 Z5;
EStG 1972 §23 Z2;
EStG 1972 §27 Abs1 Z1;
EStG 1972 §4 Abs1;
KStG 1966 §8 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

An der beschwerdeführenden GmbH & Co KG sind die Sch-GmbH (in der Folge als GmbH bezeichnet) als Komplementär und bloße Arbeitsgesellschafterin sowie die Kommanditisten Richard Sch und Erich W mit je 50 % beteiligt. Die Geschäftsanteile an der GmbH werden zu je 25 % von den Kommanditisten und ihren Ehegattinen gehalten.

Für die Jahre 1984 bis 1986 fanden sowohl bei der Beschwerdeführerin als auch bei der GmbH abgabenbehördliche Prüfungen statt. Dabei vertrat der Prüfer die Auffassung, daß ein von der GmbH der KG im Jahr 1986 eingeräumtes Darlehen in Höhe von S 225.000,-- als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen sei, weil kein schriftlicher Vertrag vorliege und auch mündlich keine Vereinbarung über Laufzeit und Tilgung getroffen worden sei. Bis zur Beendigung der Prüfung im Oktober 1988 sei keine Rückzahlung erfolgt; die mit 6 % vereinbarten Darlehenszinsen seien zunächst nicht an die GmbH ausbezahlt, sondern bloß gutgeschrieben worden. Erstmals am 6. Oktober 1988 und "offenbar als Reaktion auf die laufende Betriebsprüfung" seien Zinsen bezahlt worden. Die Verbuchung und Vergebührung als Darlehen reichten nicht aus, um ein solches ertragssteuerlich anzuerkennen. Vielmehr müsse der wesentliche Inhalt eines Darlehensvertrages "von den Vertragsparteien jederzeit erläutert werden können, um glaubhaft zu sein". Im übrigen entspreche der Darlehensbetrag genau jenem, der ca. ein Monat vor der Darlehenshingabe von den Gesellschaftern der GmbH zur (notwendigen) Aufstockung des Stammkapitals verwendet worden sei. Es handle sich daher in Wahrheit um "eine Kapitalrückzahlung".

Die Beschwerdeführerin brachte vor, die näheren Details des Darlehensvertrages hätten erst nach Rücksprache mit dem Steuerberater bekanntgegeben werden können. Eine Kapitalrückzahlung liege nicht vor, weil das Darlehen der KG gewährt worden sei, an der nur zwei der vier Gesellschafter beteiligt seien. Eine verdeckte Gewinnausschüttung sei schon deswegen zu verneinen, weil es am subjektiven Element, nämlich der Absicht einer Vorteilszuwendung, fehle. Die Annahme des Betriebsprüfers, daß mit einer Darlehensrückzahlung nicht gerechnet werden könne, sei unberechtigt. Die Beschwerdeführerin habe bisher alle ihre Verpflichtungen erfüllt und werde sicherlich auch das von der GmbH gewährte Darlehen, wie mündlich vereinbart, nach fünf Jahren zurückzahlen.

Das Finanzamt folgte dennoch der Auffassung des Betriebsprüfers und erließ einen entsprechenden Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Ein Darlehensvertrag bedürfe nicht der Schriftform. Er sei ein Realkontrakt, der durch die Zuzählung der Darlehensvaluta zustande komme. Für die Rückzahlung sei ein Zeitraum von fünf Jahren vorgesehen. Es sei eine Verzinsung von 6 % vereinbart worden. Die Darlehensgewährung und Verzinsung hätten in den Büchern ihren Niederschlag gefunden. Daß dem Prüfer ursprünglich von Richard Sch keine Details über die Vertragsgestaltung mitgeteilt werden konnten, sei darauf zurückzuführen, daß dieser Gesellschafter mit der Materie nicht vertraut gewesen sei. Am nächsten Tag sei aber bereits der gesamte Vorgang vom Steuerberater offengelegt worden. Die Darlehensmittel stammten aus der Erhöhung des Stammkapitals der GmbH, ein Umstand, der ebenfalls für die Rückzahlungspflicht spreche, zumal zwei der Gesellschafter der GmbH nicht an der Beschwerdeführerin beteiligt seien. Sollte jedoch dessenungeachtet keine Rückzahlung des Darlehens erfolgen, so könnte erst der Schulderlaß bzw. der Forderungsausfall zu einer verdeckten Gewinnausschüttung führen. Den beiden Kommanditisten sei durch die Darlehensgewährung kein wirtschaftlicher Vorteil erwachsen, weil sie keine Entnahmen getätigt hätten.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie auf jene Entscheidung Bezug nahm, mit der sie eine Berufung der GmbH, die in derselben Angelegenheit erhoben worden war, abgewiesen hatte.

In der Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Unter verdeckter Gewinnausschüttung versteht man alle nicht ohne weiteres als Ausschüttung erkennbaren Zuwendungen (Vorteile) an die an einer Körperschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligten Personen, die dritten, der Körperschaft fremd gegenüberstehenden Personen nicht gewährt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1993, 90/13/0155 und die dort zitierte Vorjudikatur.

Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, daß das von der GmbH der KG gewährte Darlehen in steuerlicher Betrachtungsweise (Bilanzbündeltheorie) als Einlage und die Darlehenszinsen als "Vorweggewinn" im Sinne des § 23 Z. 2 EStG 1972 anzusehen seien. Dies wird von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift "grundsätzlich nicht in Abrede gestellt".

Auch der Gerichtshof hat gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken, weil die GmbH als reine Arbeitsgesellschafterin wirtschaftlich betrachtet keine eigenständige gewerbliche Tätigkeit entfaltete, der die Darlehensgewährung als Rechtsgeschäft mit der KG, das wie untereinander Fremden abgeschlossen wurde, zugerechnet werden könnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 1988, 87/13/0028).

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kommt diesem Umstand aber entscheidungsrelevante Bedeutung zu. Ist nämlich ein rechtlicher Vorgang ertragsteuerlich abweichend vom Zivilrecht zu beurteilen, so muß diese abweichende Beurteilung im Bereich des Ertragsteuerrechtes KONSEQUENTE Beachtung finden. Das bedeutet, daß im Beschwerdefall der Sachverhalt danach zu untersuchen ist, ob die von der GmbH als Komplementär der KG zugeführten finanziellen Mittel eine EINLAGE darstellen, oder ob es sich dabei um eine Vorteilszuwendung an die Kommanditisten im Sinne einer verdeckten Gewinnausschüttung handelt.

Die belangte Behörde hat dem als Darlehen bezeichneten Rechtsgeschäft die steuerliche Anerkennung versagt, weil ihrer Meinung nach folgende Umstände dafür gesprochen haben, daß eine Darlehensrückzahlung von vornherein nicht gewollt gewesen sei:

Ursprünglich hätten seitens der KG keine Angaben betreffend Laufzeit bzw. Zahlungsmodalitäten gemacht werden können. Erst bei der Schlußbesprechung sei eine fünfjährige Laufzeit mit Endfälligkeit behauptet worden. Die Befragung habe ca. zwei Jahre nach Abschluß des Vertrages stattgefunden. Zu diesem Zeitpunkt hätten zumindest die Hauptpunkte des mündlichen Vertrages noch erinnerlich sein müssen. Auch fehle es an entsprechenden Sicherheiten.

Diese Feststellungen sind nicht geeignet, den angefochtenen Bescheid zu tragen. Abgesehen davon, daß das mangelnde Erinnerungsvermögen von Auskunftspersonen betreffend die Laufzeit eines Darlehens für sich allein noch nicht zwingend darauf schließen läßt, daß zwischen den Vertragspartnern von vornherein keine Absicht bestanden habe, die zugezählten Darlehensvaluta späterhin wiederum zurückzuzahlen, sind die vereinbarten Rückzahlungsmodalitäten im Beschwerdefall nicht von entscheidender Bedeutung. Wäre nämlich ein Darlehen der GmbH an die KG steuerlich als Einlage zu werten, so stünde einer solchen rechtlichen Beurteilung sogar eine fehlende Rückzahlungsvereinbarung nicht im Wege. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend bemerkt, wäre es z.B. durchaus denkbar, daß der Gesellschafter einer Personengesellschaft seiner Gesellschaft zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellt, deren Rückzahlung entweder überhaupt nicht oder bloß nach Maßgabe der geschäftlichen Möglichkeiten vorgesehen ist, ohne daß deswegen die Eigenschaft der zugeführten Mittel als Gesellschaftereinlage in Zweifel zu ziehen wäre.

Der Gerichtshof kann auch nicht finden, daß das wirtschaftliche Engagement einer Komplementär-GmbH, die ihrer KG notwendige Geldmittel zur Verfügung stellt, nicht im betrieblichen Interesse der GmbH erfolgen sollte, sondern nur im Hinblick auf die Nahebeziehung zu ihren Gesellschaftern, die ebenfalls an der KG beteiligt sind, erklärbar wäre. Zusätzliche (freiwillige) Einlagen von Gesellschaftern einer Personengesellschaft sind nichts Ungewöhnliches, selbst wenn ihr wirtschaftlicher Nutzen AUCH den übrigen Gesellschaftern zugute kommt. Daß im Beschwerdefall für die steuerlich als Einlagen zu wertenden Darlehensmittel wirtschaftliche Gründe, nämlich ein hoher Investitionsbedarf der KG, maßgebend waren, wird von der belangten Behörde nicht bestritten. Der von ihr ins Treffen geführte Umstand, daß andernfalls die Kommanditisten zusätzliche Einlagen zu tätigen gehabt hätten - im Unterbleiben solcher Einlagen erblickt die belangte Behörde einen wirtschaftlichen Vorteil für die Kommanditisten - läßt nicht auf eine verdeckte Gewinnausschüttung schließen.

Es trifft zwar zu, daß die Kommanditisten, die gleichzeitig Gesellschafter der Komplementär-GmbH waren, am betrieblichen Erfolg der KG interessiert sein mußten und daß ihnen daher durch die Gesellschaftereinlage der GmbH wirtschaftliche Vorteile erwuchsen; das ändert aber nichts daran, daß die Vorgangsweise der GmbH ihre Erklärung ausschließlich in ihrer betrieblich orientierten Rechtsbeziehung zur KG und nicht bloß in ihrem gesellschaftlich orientierten Verhältnis zu ihren eigenen Gesellschaftern finden konnte.

Lediglich der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, daß die Beurteilung der steuerlich als Einlage bei der KG zu qualifizierenden Geldmittel als verdeckte Gewinnausschüttung zur Folge hätte, daß diese Mittel nicht (als Kapitalanlage) der GmbH zugerechnet werden könnten, sodaß die GmbH nicht mehr über das gesellschaftsrechtlich erforderliche Mindeststammkapital von S 500.000,-- verfügen würde. Auch diese Überlegung spricht in Verbindung mit der wesentlichen Funktion der GmbH als Komplementär der KG gegen die Beurteilung der Mittelzufuhr als verdeckte Gewinnausschüttung.

Schließlich ist auch die Feststellung des Betriebsprüfers unwidersprochen geblieben, daß es sich bei der genannten Mittelzufuhr um die Rückzahlung jenes Kapitals gehandelt habe, welches die Gesellschafter der GmbH für die notwendige Kapitalerhöhung zur Verfügung gestellt hatten. Auch dieser Umstand spräche gegen eine verdeckte Gewinnausschüttung, weil die Rückzahlung von Gesellschaftereinlagen keinen Kapitalertrag und daher auch keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1991, 87/14/0136).

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991.

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