Normen
AAV §46 Abs4;
AAV §46 Abs6;
BArbSchV §19 Abs4;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a litb;
VStG §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AAV §46 Abs4;
AAV §46 Abs6;
BArbSchV §19 Abs4;
VStG §22 Abs1;
VStG §44a litb;
VStG §5 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 46 Abs. 4 zweiter Satz AAV zur Gänze sowie hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 19 Abs. 4 erster Satz Bauarbeiterschutzverordnung hinsichtlich des Straf- und Kostenausspruches wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben; im übrigen (sohin in Ansehung des Schuldspruches nach § 19 Abs. 4 erster Satz Bauarbeiterschutzverordnung) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 6. April 1992 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er sei als Inhaber eines näher angeführten Unternehmens dafür verantwortlich, daß, wie anläßlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat festgestellt worden sei, am 29. März 1990 an einer örtlich beschriebenen Baustelle zwei Arbeitnehmer in der vierten Etage des Gerüstes (ca. 8 m Höhe) an einem Wohnhaus mit Spenglerarbeiten beschäftigt gewesen seien, obwohl an jener Gerüstetage 1) die Fußwehre und 2) die Mittelwehre gefehlt hätten. Der Beschwerdeführer habe dadurch Verwaltungsübertretungen und zwar zu 1) nach § 19 Abs. 4 erster Satz der Bauarbeiterschutzverordnung (BGBl. Nr. 267/1954, im folgenden: BauVO) und zu 2) nach § 46 Abs. 4 zweiter Satz AAV begangen. "Wegen der aufgezeigten Verwaltungsübertretung" wurde "eine Strafe von 10.000,-- S bzw. für den Fall der Uneinbringlichkeit 15 Tage Ersatzarrest" verhängt; weiters wurden Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 1.000,-- vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 46 Abs. 4 AAV müssen Gerüste, die an verkehrsreichen Stellen oder auf einer unübersichtlichen Fahrbahn aufgestellt sind, für Verkehrsteilnehmer deutlich und gut wahrnehmbar gekennzeichnet sein; in einem entsprechenden Abstand vor dem Standplatz des Gerüstes muß auf dieses aufmerksam gemacht werden.
Das dem Beschwerdeführer zu Punkt 2) des Schuldspruches vorgeworfene Verhalten läßt sich dieser Vorschrift nicht unterstellen; vielmehr wird dem Beschwerdeführer offenbar damit ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 46 Abs. 6 zweiter Satz AAV vorgeworfen. Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zur Gänze (einschließlich des Straf- und Kostenausspruches, vgl. im übrigen dazu die unten stehenden Ausführungen) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Gemäß § 19 Abs. 4 erster Satz BauVO sind Gerüstlagen in Höhen von mehr als 2 m über dem Erd- oder Geschoßboden dort, wo Absturzgefahr besteht, mit Brustwehren und, mit Ausnahme der einfach gestellten Leitergerüste, mit Fußwehren zu versehen.
Zunächst sei klargestellt, daß die Subsumtion des dem Beschwerdeführer zu Spruchpunkt 1) vorgeworfenen Verhaltens unter die soeben zitierte Vorschrift der Rechtslage entspricht (vgl. dazu und zur Abgrenzung gegenüber der Vorschrift des § 46 Abs. 6 AAV das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1992, Zl. 92/18/0136).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers konnte die belangte Behörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften von der Einvernahme des vom Beschwerdeführer angeführten Zeugen absehen. Selbst wenn nämlich das in Rede stehende Gerüst nicht vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellt worden sein sollte, wäre für ihn nichts gewonnen, weil Normadressat des § 19 Abs. 4 BauVO nicht der Errichter des Gerüstes, sondern der Arbeitgeber der auf dem Gerüst tätigen Arbeitnehmer und dieser daher für die Einhaltung dieser Vorschrift verantwortlich ist (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 30. September 1991, Zl. 91/19/0196). Das behauptete Verbot des Beschwerdeführers an seine Arbeitnehmer, fremde Gerüste zu besteigen, war für sich allein nicht geeignet, sein mangelndes Verschulden darzutun, hätte es doch diesbezüglich einer entsprechenden, wirksamen Kontrolle bedurft, deren Bestehen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht einmal behauptet hat, wobei die Beachtung der Arbeitnehmerschutzvorschriften auch in Fällen lediglich kurzzeitiger Arbeiten gewährleistet sein muß (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. April 1991, Zl. 90/19/0501). Gleiches gilt dann, wenn entsprechend dem Beschwerdevorbringen die Arbeiten "nahezu abgeschlossen sind und nur mehr eine geringfügige Restarbeit" darstellen. Daß die Arbeitnehmer des Beschwerdeführers "zuvor umfangreichste Dachdecker- und Spenglerarbeiten am Dach selbst durchgeführt haben ... und lediglich auf einem aus der Wand vorspringenden Erker ein etwa eineinhalb Quadratmeter großes Blechdach anzubringen war", ist daher rechtlich unerheblich.
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 45 Abs. 4 "Arbeitnehmerschutzverordnung" (gemeint wohl: BauVO) geht schon deshalb fehl, weil die dort angeführten Schutzmaßnahmen nur dann zum Tragen kommen, wenn Spenglerarbeiten "am Dachsaum oder an Hängerinnen" - was hier nicht zutraf - vorgenommen werden.
Was schließlich den Hinweis des Beschwerdeführers anlangt, die belangte Behörde habe nicht geklärt, ob der erwähnte Zeuge Anordnungsbefugter im Grunde des § 3 Abs. 2 BauVO gewesen sei, so vermag der Beschwerdeführer schon deshalb damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun, weil er sich im Verwaltungsverfahren darauf nicht berufen hat.
Der Schuldspruch nach § 19 Abs. 4 (erster Satz) BauVO ist daher frei von Rechtsirrtum. Die vorliegende Beschwerde war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
In Hinsicht auf den Straf- und Kostenausspruch hat die belangte Behörde allerdings die Rechtslage verkannt, indem sie zwar zu Recht vom Vorliegen zweier Verwaltungsübertretungen ausging (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 12. Juni 1992, Zl. 92/18/0136), jedoch über den Beschwerdeführer nur eine einzige Strafe statt richtig zwei Strafen verhängte (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Auflage, Seite 826 unter Z. 32 zitierte hg. Vorjudikatur). Der angefochtene Bescheid war daher im Spruchpunkt 1) in Hinsicht auf den Straf- und Kostenausspruch gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Das Mehrbegehren betreffend Ersatz von Stempelgebühren war abzuweisen, weil zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung lediglich ein diesbezüglicher Aufwand von S 420,-- erforderlich war.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)