VwGH 92/18/0092

VwGH92/18/00926.4.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ö in M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 28. Jänner 1992, Zl. Frb-4250/91, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 1954 §14b Abs1 Z4;
FrPolG 1954 §2 Abs1 Z1;
FrPolG 1954 §2 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z6;
FrPolG 1954 §3 Abs3 Z3;
FrPolG 1954 §3 Abs3;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
FrPolG 1954 §14b Abs1 Z4;
FrPolG 1954 §2 Abs1 Z1;
FrPolG 1954 §2 Abs1;
FrPolG 1954 §3 Abs1 idF 1987/575;
FrPolG 1954 §3 Abs2 Z6;
FrPolG 1954 §3 Abs3 Z3;
FrPolG 1954 §3 Abs3;
PaßG 1969 §25 Abs3 litd;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. Jänner 1992 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 6 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes (im folgenden kurz: FPG) ein bis zum 31. Dezember 1996 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 6 sowie des Abs. 3 FPG lauten:

§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

6. gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise oder die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 2 Abs. 1 zu verschaffen.

(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;

  1. 2. die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
  2. 3. die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.

    Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch habe am 2. August 1990 eine "Sichtvermerksbescheinigung" für den Beschwerdeführer ausgestellt; dieser könne entnommen werden, daß die Schwester des Beschwerdeführers die Absicht gehabt habe, ihn zu Besuch einzuladen. Auf Grund des Sichtvermerksantrages des Beschwerdeführers sowie der erwähnten Bescheinigung habe der Beschwerdeführer von der österreichischen Botschaft in Ankara am 5. August 1990 einen bis 15. November 1990 befristeten Sichtvermerk erhalten. Der Beschwerdeführer habe die Erklärung abgegeben, daß er lediglich zu Besuchszwecken und nur für die Dauer von drei Monaten nach Österreich reisen werde. Mit Antrag vom 31. Oktober 1991 habe ein näher angeführter Arbeitgeber für den Beschwerdeführer beim Arbeitsamt um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung angesucht, welche in der Folge erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich somit entgegen seinen Angaben bei der österreichischen Botschaft in Ankara um eine Beschäftigungsbewilligung bemüht und eine Arbeit aufgenommen.

    Der Beschwerdeführer bestreite nicht - so die belangte Behörde weiter -, von vornherein die Absicht gehabt zu haben, für längere Zeit in Österreich Aufenthalt zu nehmen und hier einer Beschäftigung nachzugehen. Er mache jedoch geltend, in Unkenntnis der weiteren Rechtsfolgen ein Besuchervisum beantragt zu haben. Dem müsse jedoch entgegengehalten werden, daß der Beschwerdeführer drei Anträge auf Ausstellung eines Sichtvermerkes bei der österreichischen Botschaft eingebracht habe. Dieser sei ihm erst erteilt worden, nachdem er die obgenannte Sichtvermerksbescheinigung vorlegen habe können. Hinzu komme, daß der Beschwerdeführer die auch in türkischer Sprache abgefaßte Erklärung unterfertigt habe, nur zu dem genannten Zweck und für die beantragte Dauer nach Österreich reisen zu wollen. Es bestehe somit kein Zweifel, daß der Beschwerdeführer unrichtige Angaben über die beabsichtigte Dauer und den Zweck des Aufenthaltes gemacht habe, um sich die Einreise oder die Aufenthaltsberechtigung gemäß § 2 Abs. 1 FPG zu verschaffen.

    Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe anläßlich der Stellung des Sichtvermerksantrages in Ankara unrichtige Angaben über den Zweck und die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht und damit den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 6 FPG erfüllt, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Der Hinweis des Beschwerdeführers, er sei sich über die "detaillierten Rechtsfolgen" seiner Vorgangsweise nicht klar gewesen, geht schon deshalb fehl, weil es Sache des Fremden ist, sich schon vor der Einreise auf geeignete Weise über die maßgebliche Rechtslage zu erkundigen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. März 1992, Zl. 92/18/0046). Im übrigen sei zu einem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen vermerkt, daß die Erteilung eines Sichtvermerkes im Grunde des § 25 Abs. 3 lit. d des Paßgesetzes zu versagen ist, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Z. 6 FPG erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. Oktober 1990, Zl. 90/19/0154).

    Konnte aber die belangte Behörde in nicht als rechtswidrig zu erkennender Weise davon ausgehen, daß der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 6 FPG verwirklicht hat, so war auch die Annahme gerechtfertigt, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder laufe anderen im Art. 8 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwider (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1991, Zl. 91/19/0256).

    Aber auch die von der belangten Behörde nach § 3 Abs. 3 FPG vorgenommene Interessenabwägung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen: Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, es sei zu berücksichtigen, daß die Eltern und Geschwister des Beschwerdeführers in Österreich aufhältig seien, die Gattin sowie die beiden Kinder des Beschwerdeführers lebten in der Türkei. Der Beschwerdeführer sei bis 31. Dezember 1992 in Besitz einer gültigen Beschäftigungsbewilligung, er sei als Abwäscher in einem Gastgewerbebetrieb beschäftigt. Von einer Integration in Österreich könne nicht gesprochen werden. In Anbetracht der Tatsache, daß die Ehegattin und die beiden Kinder in der Türkei aufhältig seien, sei die Intensität der familiären Bindungen im Heimatland des Beschwerdeführers erheblich größer als in Österreich. Die Tätigkeit als Tellerwäscher könne der Beschwerdeführer auch in seinem Heimatland ausüben.

    Dem vermag der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes entgegenzusetzen. Die Tatsache einer Beschäftigungsbewilligung fällt zugunsten des Beschwerdeführers nicht ins Gewicht (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1991, Zl. 91/19/0110). Daß aber im Bereich des Fremdenverkehrs in Österreich "krasser Arbeitskräftemangel" herrschen soll, der nur durch ausländische Arbeitskräfte gedeckt werden könne, ist schon deshalb rechtlich unerheblich, weil die Berücksichtigung öffentlicher Interessen im Rahmen des § 3 Abs. 3 FPG immer nur zu Ungunsten des Betroffenen in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1991, Zl. 90/19/0569).

    Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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