Normen
B-VG Art140 Abs7;
MOGNov 1987 Art3 Abs4;
MOGNov 1987 Art3 Abs6;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art140 Abs7;
MOGNov 1987 Art3 Abs4;
MOGNov 1987 Art3 Abs6;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
1. den Beschluß gefaßt:
Der Antrag des Beschwerdeführers, "im Sinne des seinerzeitigen Antrages die Einzelrichtmenge im gegenständlichen Falle zu erhöhen", wird zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An den Beschwerdeführer erging folgende (auszugsweise wiedergegebene), automationsunterstützt erstellte - mit 2. April 1985 datierte - Erledigung:
"BESCHEID
Ihrem gemäß Artikel III der Marktordnungsgesetz (MOG)-Novelle 1984, BGBl. Nr. 263/1984, in Verbindung mit § 57 e Abs. 4 MOG, BGBl. Nr. 36/1968 i.d.F.d. BGBl. Nr. 263/1984 eingebrachten Antrag gerichtet auf Erhöhung Ihrer Einzelrichtmenge mit Wirkung ab 1. Juli 1984 wird keine Folge gegeben.
BEGRÜNDUNG:
Gemäß § 57 e Abs. 4 MOG mußten für eine mögliche Berücksichtigung im Verfahren nach Artikel III der MOG-Novelle 1984 (Strukturhilfeverfahren) zunächst vier Grundbedingungen eingehalten sein. Diese vier Grundvoraussetzungen haben Sie, wie aus Ihrem Antrag festgestellt wurde, erfüllt.
Im Verfahren nach Artikel III der MOG-Novelle 1984 wurden insgesamt 39.330 Anträge gerichtet auf Erhöhung der Einzelrichtmenge eingebracht. Gemäß dem Absatz 1 des Artikels III der MOG-Novelle 1984 hat der Milchwirtschaftsfonds insgesamt Einzelrichtmengen in der Höhe von 35.000 to zur Verfügung, welche bis 1. März 1985 mit Wirkung ab 1. Juli 1984 zu verteilen sind. Würden sämtliche gestellten Anträge, welche die Grundbedingungen des § 57 e Abs. 4 Ziffer 1-4 MOG erfüllen, höchstmöglich berücksichtigt, ergäbe sich eine Fehlmenge von
345.210 to. Daraus läßt sich ersehen, daß es bei der zur Verteilung zur Verfügung stehenden Menge nicht möglich war, alle Antragsteller zu befriedigen. Vielmehr mußte der Milchwirtschaftsfonds gestützt auf die Vorgabe des letzten Unterabsatzes des § 57 e Abs. 4 MOG gewisse Kriterien erarbeiten bzw. berücksichtigen, die eine Reihung der Anträge nach dem Grad der Bedürftigkeit im Zusammenhang mit der Erhöhung der Einzelrichtmenge ermöglicht. Eines dieser Kriterien, die der Milchwirtschaftsfonds aus dem Grund des Auseinanderklaffens zwischen zur Verteilung zur Verfügung stehender Menge und benötigter Menge festlegen mußte, war, daß der errechnete fiktive Einheitswert nicht über S 180.000,-- liegen darf.
In ihrem Fall wurde als fiktiver Einheitswert S 310.996,00 ermittelt. In jenen Fällen, deren fiktiver Einheitswert unter S 180.000,00 lag war anzunehmen, daß weniger Möglichkeiten zur Erzielung eines angemessenen Einkommens außerhalb der Milcherzeugung vorliegen. Diese Fälle mußten in erster Linie berücksichtigt werden. Hiedurch war in Ihrem Fall die Aufstockung Ihrer Einzelrichtmenge mangels ausreichender zur Verteilung zur Verfügung stehender Menge nicht möglich. Aus diesen Erwägungen hat der Milchwirtschaftsfonds spruchgemäß entschieden.
....."
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Nach seinem gesamten Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf antragsgemäße Erhöhung der Einzelrichtmenge verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes wird in der Beschwerde dahingehend argumentiert, die Berechnung des fiktiven Einheitswertes (bezogen auf das Einkommen im Jahr 1983) entspreche nicht dem Gesetz. Im Jahr 1984 sei eine wesentliche Änderung in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers eingetreten. Danach betrage der fiktive Einheitswert nicht S 310.996,-- sondern nur S 109.000,--, somit etwas mehr als die Hälfte des vom Fonds aufgestellten "Richteinheitswertes" von S 180.000,--.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Mit Beschluß vom 22. Februar 1991, A 26/91, hat der Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG unter anderem den Antrag gestellt, Art. III (mit Ausnahme der Verfassungsbestimmungen) des Bundesgesetzes vom 27. März 1987, mit dem das Marktordnungsgesetz 1985 geändert wird (Marktordnungsgesetz-Novelle 1987), BGBl. Nr. 138, als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit Erkenntnis vom 8. März 1991, G 227-231/90-9 u.a. (hier: G 113-115/91), hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß unter anderem Art. III Abs. 4 (mit Ausnahme der Verfassungsbestimmung) und Abs. 6 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1987 als verfassungswidrig aufgehoben werden, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten und daß die als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmungen auch auf jenen Sachverhalt nicht mehr anzuwenden sind, der der beim Verfassungsgerichtshof zu G 113-115/91 anhängigen Rechtssache (Antrag des Verwaltungsgerichtshofes A 26/91) zugrunde liegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 42 Abs. 1 VwGG steht dem Verwaltungsgerichtshof - abgesehen von Säumnisbeschwerden - lediglich die Befugnis zu, entweder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen oder den angefochtenen Bescheid aufzuheben; zu einer Sachentscheidung ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Bescheidbeschwerde nicht berufen. Der Antrag, "im Sinne des seinerzeitigen Antrages die Einzelrichtmenge im gegenständlichen Falle zu erhöhen", war daher zurückzuweisen.
Im übrigen ist hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde zu bemerken, daß nach der Verfassungsbestimmung des Art. III Abs. 5 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1987, BGBl. Nr. 138, die automationsunterstützt erstellten Erledigungen des Milchwirtschaftsfonds in Angelegenheiten des Art. III Abs. 1 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1984, BGBl. Nr. 263, die vom geschäftsführenden Ausschuß beschlossen und den Parteien zugestellt wurden, als Bescheide des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds gelten. Mit dem Inkrafttreten dieser Verfassungsbestimmung am 11. April 1987 gilt die beschwerdegegenständliche Erledigung vom 2. April 1985 als (an den Beschwerdeführer erlassener) Bescheid des geschäftsführenden Ausschusses des Milchwirtschaftsfonds. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Beschwerde zulässig.
Art. III der Marktordnungsgesetz-Novelle 1984, BGBl. Nr. 263, hat folgenden Wortlaut:
"(1) Der Milchwirtschaftsfonds hat bis 1. März 1985 mit Wirkung vom 1. Juli 1984 in sinngemäßer Anwendung des § 57 e Abs. 4 in der Fassung dieses Bundesgesetzes Einzelrichtmengen im Gesamtausmaß vom 35000 Tonnen zu verteilen. An die Stelle des Höchstausmaßes von 60000 kg in der Z 2 und im vierten Satz hat das Höchstausmaß von 40000 kg zu treten.
(2) Die jeweils mit Wirkung vom 1. Juli zur Verteilung zur Verfügung stehenden Mengen werden erst dann nach § 57 e Abs. 4 in der Fassung dieses Bundesgesetzes verteilt, wenn und insoweit ihre Summe 35000 Tonnen übersteigt.
(3) Der Bund hat bis März 1985 einen Betrag von 100 Millionen Schilling und bis März 1986 einen weiteren Betrag von 20 Millionen Schilling zur Verringerung des Finanzierungserfordernisses nach § 57 b lit. c zu leisten."
Der nach Art. III Abs. 1 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1984 sinngemäß anzuwendende § 57 e Abs. 4 des Marktordnungsgesetzes 1967 idF. der Marktordnungsgesetz-Novelle 1984 bestimmt:
"(4) Der mit Beginn eines Wirtschaftsjahres nicht durch Einzelrichtmengen gebundene Anteil der jeweiligen Gesamtrichtmenge - ohne Berücksichtigung der nach dem 1. Mai erworbenen Einzelrichtmengen - ist jedes Jahr anläßlich der Mitteilung der Einzelrichtmengen durch die Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebe vom Milchwirtschaftsfonds neu zu verteilen. Die Neuverteilung hat an milcherzeugende Betriebe zu erfolgen,
- 1. deren Inhaber dies bis 30. September beim Milchwirtschaftsfonds im Wege des zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetriebes unter Verwendung von vom Milchwirtschaftsfonds aufzulegenden Formblättern beantragen;
- 2. denen mit Beginn des folgenden Wirtschaftsjahres eine Einzelrichtmenge von weniger als 60000 kg zustehen würde;
- 3. deren angelieferte und gemäß § 14 verrechnete Milchliefermenge im letzten Basiszeitraum nicht geringer als die auf den letzten Basiszeitraum entfallenden Anteile ihrer Einzelrichtmenge war;
- 4. bei denen die Einzelrichtmenge zu ihrer Futterbasis in Mißverhältnis steht; zur Futterbasis zählen die Grünlandflächen und jene Feldfutterflächen, die mit Klee und Kleegras bebaut werden; ein Mißverhältnis besteht dann, wenn die Einzelrichtmenge kleiner ist als die Summe der Hektarzahl der Futterbasis, multipliziert mit 4000 für die ersten 3 ha, mit 3000 für weitere 4 ha und mit 2500 für weitere 8 ha und mit 2000 für weitere 8 ha.
Der Milchwirtschaftsfonds hat die Anträge, die die Voraussetzungen der Z 1 bis 4 erfüllen, daraufhin zu beurteilen, ob keine zumutbaren Möglichkeiten zur Erzielung eines angemessenen Einkommens außerhalb der Milcherzeugung vorliegen und ob im Wege der Lieferungen von Almen (§ 57 c Abs. 3) eine Erhöhung der jeweiligen Einzelrichtmenge erzielt wurde. Die Einzelrichtmenge darf auf höchstens 60000 kg, jedoch höchstens auf das Ergebnis der Berechnung nach Z 4 erhöht werden. Reicht die zur Verteilung zur Verfügung stehende Menge für die Erhöhung auf dieses Höchstausmaß nicht aus, so sind in erster Linie diejenigen Fälle zu berücksichtigen, deren Ergebnis der Berechnung nach Z 4 am geringsten ist. Dabei sind insbesondere Betriebe zu berücksichtigen, bei denen in den letzten Jahren das Verfügungsrecht auf einen familienangehörigen Jungunternehmer übergegangen ist, in denen betriebswirtschaftlich notwendige Investitionen im Bereich der Milchwirtschaft vorgenommen wurden oder deren Verfügungsberechtigter sich in einer außerordentlichen und unverschuldeten Notsituation befindet. Der geschäftsführende Ausschuß hat bis 15. Juni das Ausmaß der Erhöhung der Einzelrichtmenge durch Bescheid festzusetzen. Die Bescheide sind auch den zuständigen Bearbeitungs- und Verarbeitungsbetrieben zur Kenntnis zu bringen."
Dem Art. III der Marktordnungsgesetz-Novelle 1984 wurden durch Art. III Abs. 4 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1987 die Absätze 4 bis 7 angefügt. Nach der Verfassungsbestimmung des Art. VI Abs. 1 Z. 2 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1987 ist Art. III Abs. 4 rückwirkend mit 1. Juli 1984 in Kraft getreten.
In diesen durch Art. III Abs. 4 der Marktordnungsgesetz-Novelle 1987 dem Art. III der Marktordnungsgesetz-Novelle 1984 angefügten Absätzen wurde u.a. bestimmt (Abs. 5), daß von der Verteilung nach Abs. 1 Verfügungsberechtigte ausgeschlossen sind, deren fiktiver Einheitswert mehr als S 180.000,-- beträgt, wobei als land- und forstwirtschaftlicher Einheitswert jener im Zeitpunkt der Antragstellung gilt.
Der Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes, mit dem (unter anderem) diese Gesetzesstellen als verfassungswidrig aufgehoben wurden, schließt gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG ihre Anwendung auf den vorliegenden Anlaßfall aus; bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides hat der Verwaltungsgerichtshof so vorzugehen, als ob bei dessen Erlassung die aufgehobene Bestimmung nicht (mehr) der Rechtsordnung angehört hätte (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 5. April 1991, Zlen. 90/17/0011, 90/17/0012, und vom selben Tage, Zlen. 90/17/0031 bis 0034).
Diese durch den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes aufgehobenen Gesetzesstellen können daher zur Beurteilung der Rechtsrichtigkeit des angefochtenen Bescheides nicht (mehr) herangezogen werden. Die Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift gehen daher ins Leere, da sie sich zur Widerlegung des Beschwerdevorbringens (ausschließlich) auf diese aufgehobenen Gesetzesstellen berufen.
Wenn sich aber die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides in lediglich allgemeiner Form darauf stützt, daß eines der "Kriterien, die der Milchwirtschaftsfonds
... festlegen mußte, war, daß der errechnete fiktive Einheitswert nicht über S 180.000,-- liegen darf", so ist sie damit ihrer gesetzlichen Begründungspflicht nicht nachgekommen. Kann doch daraus keine Klarheit über die tatsächlichen Annahmen der Behörde und ihre daran geknüpften rechtlichen Erwägungen - und zwar (lediglich) gemessen an den Auswahlkriterien des sinngemäß heranzuziehenden § 57 e Abs. 4 des Marktordnungsgesetzes 1967 in der Fassung der Marktordnungsgesetz-Novelle 1984 ("Reicht die zur Verteilung zur Verfügung stehende Menge ... nicht aus, so sind ...") - darüber gewonnen werden, warum sie hinsichtlich eines zu ermittelnden fiktiven Einheitswertes bei Überschreitung der Grenze von S 180.000,-- (jedenfalls) zu einer abweisenden Erledigung eines Antrages in Ermangelung ausreichend zur Verfügung stehender Einzelrichtmengen zu gelangen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof ist damit aber auch gehindert, die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Bescheides (gemessen an der bereinigten Rechtslage) im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen des Beschwerdepunktes zu überprüfen. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Eine Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens war entbehrlich.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Da im Kostenersatzantrag der im Zeitpunkt der Antragstellung geltende Pauschbetrag nicht ausgeschöpft wurde, kam Art. III Abs. 2 der genannten Pauschalierungsverordnung nicht zur Anwendung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. April 1991, Zl. 89/17/0185). Es war daher der Ersatz des Schriftsatzaufwandes nur im begehrten Ausmaß zuzusprechen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)