VwGH 92/11/0184

VwGH92/11/018422.9.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache des J in L, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in O, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Burgenland vom 20. Mai 1992, Zl. VI/2-806-1992, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;
AVG §71 Abs1 Z1;
VwGG §46 Abs1;

 

Spruch:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird keine Folge gegeben.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B vorübergehend für die Dauer von 18 Monaten entzogen. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 26. Mai 1992 zugestellt.

In seiner am 22. Juli 1992 - somit nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist nach § 26 Abs. 1 Z. 1 VwGG - zur Post gegebenen Beschwerde stellt der Beschwerdeführer auch den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist. Er begründet diesen Antrag damit, daß das Kuvert, in dem der angefochtene Bescheid an ihn zugestellt wurde, in seinem Haushalt verloren gegangen sei; vermutlich hätten es die Kinder des Beschwerdeführers "zum Spielen genommen". Dem Beschwerdevertreter habe er auf dessen Befragen auf Grund der Rekonstruktion aus seiner Erinnerung den 29. Mai 1992 als Zustelldatum bekanntgegeben. Diese unrichtige Angabe habe ihn gehindert, rechtzeitig seine Beschwerde zu erheben.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Von einem einen minderen Grad des Versehens nicht übersteigenden Verschulden kann dann keine Rede mehr sein, wenn die zur Einhaltung von Fristen erforderliche Sorgfalt gröblich verletzt wird. Von einer derartigen gröblichen Verletzung wird u. a. dann auszugehen sein, wenn jene Unterlagen, aus denen sich der Tag der Zustellung und damit der Beginn des Fristenlaufes ergibt, in einer Weise aufbewahrt werden, die einen Verlust und damit ein mögliches Nichtbescheidwissen um diesen wesentlichen Umstand als durchaus im Bereich des Möglichen gelegen erscheinen läßt. Das bedeutet, daß diese Unterlagen vor dem Zugriff unbefugter und sich der Bedeutung der Unterlagen nicht bewußter Personen gesichert zu verwahren sind. Eben das hat der Beschwerdeführer seinem eigenen Vorbringen zufolge unterlassen.

Dazu kommt, daß er - und in gleicher Weise und ihm zurechenbar sein Rechtsvertreter - es unterlassen hat, sich rechtzeitig vom richtigen Zustelldatum bei der belangten Behörde zu erkundigen. Wenn von dem "aus der Erinnerung rekonstruierten" Zustelldatum ohne weitere Ermittlungen ausgegangen wurde, kann ebenfalls nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens ausgegangen werden, sondern muß umgekehrt von einer auffallenden Sorglosigkeit gesprochen werden (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1987, Zlen. 87/07/0174, 0188).

Dem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist war daher gemäß § 46 Abs. 1 VwGG nicht stattzugeben.

Die Beschwerde war wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

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