Normen
AVG §45 Abs1;
BauO Stmk 1968 §57;
BauO Stmk 1968 §70a;
BauRallg;
VwRallg;
AVG §45 Abs1;
BauO Stmk 1968 §57;
BauO Stmk 1968 §70a;
BauRallg;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 8. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 70a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung der Auftrag erteilt, den konsensgemäßen Zustand wieder herzustellen und folgende bauliche Anlagen zu beseitigen:
- "1.) Flugdach über dem Hof auf dem Grst. Nr.nn1, an der Südseite des auf diesem Grundstück gelegenen Betriebsgebäudes
- 2.) Stahlbetondecken in 2 Kühlräumen auf dem Grst. Nr.nn2, an der Südmauer des Wohnobjektes A 3.) 1 Kühlzelle auf dem Grst. Nr.nn2 ohne Überdachung
- 4.) Mauerdurchbrüche für die Errichtung von 2 Türen im Bereich des Kühlraumtraktes im nördlichen Betriebsgebäude auf dem Grst. Nr.nn1"
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, mit Baubewilligungsbescheid vom 13. August 1990 sei die nachträgliche Bau- und Benützungsbewilligung für die Errichtung eines Kühlraumes, eines Abstellraumes, eines Verbindungsganges und eines weiteren Abstellraumes sowie die Errichtung einer Grenzmauer erteilt worden. Somit sei der Beseitigungsauftrag hinsichtlich des Punktes 2 des angefochtenen Bescheides unzulässig, hinsichtlich der übrigen drei Punkte sei der Beseitigungsauftrag deshalb zu Unrecht ergangen, weil die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Baubewilligung eingebracht habe, dem Antrag habe die Gemeinde zwar keine Folge gegeben, der Versagungsbescheid sei aber noch nicht rechtskräftig. Die Erteilung eines Beseitigungsauftrages sei nur dann möglich, wenn entweder ohne Baubewilligung gebaut, oder die Baugenehmigung rechtskräftig versagt worden sei. Hinsichtlich des Punktes 4 wurde noch darauf hingewiesen, daß es sich um keine neuen Mauerdurchbrüche handle, sondern lediglich bereits vorhandene Türen durch neue ersetzt worden seien.
Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 16. Dezember 1991 wurde aufgrund der Berufung der Beschwerdeführerin der Bescheid des Bürgermeisters hinsichtlich seines Punktes 2 aufgehoben, im übrigen wurde die Berufung abgewiesen.
Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung gab die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 11. Juni 1992 keine Folge. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem vorgelegten Verwaltungsakt kann entnommen werden, daß schon im Jahre 1906 die damaligen Eigentümer des Grundstücks nn2 in den vorhandenen Räumlichkeiten einen Stechviehhandel, Viehhandel sowie eine Schlachtbank betrieben, jedoch für den Altbestand weder Widmungs- noch Baubewilligungen vorhanden sind. Diese Anlagen sind im Jahre 1964 in den Besitz der Familie K übergegangen. In den bestehenden Räumlichkeiten wurde weiterhin ein Schlachtbetrieb geführt. Das Grundstück nn1 gehörte der Familie B und wurde als Garage genutzt. Die Beschwerdeführerin hat ab 1982 verschiedene Bauansuchen eingebracht, die einzige Baubewilligung, die ihr erteilt wurde und in Rechtskraft erwachsen ist, erfolgte mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 13. August 1990. Sie bezog sich auf die Errichtung eines Kühlraumes, eines Abstellraumes, eines Verbindungsganges und eines weiteren Abstellraumes sowie die Errichtung einer Grenzmauer auf dem Grundstück Nr. nn2 KG F.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. März 1990 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 70a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung aufgetragen, näher umschriebene Bauarbeiten sofort einzustellen. Eine Besichtigung am 8. März 1990 habe ergeben, daß Bauarbeiten in Form von Mauerdurchbrüchen für die Errichtung von Türen im Bereich des Kühlraumtraktes im nördlichen Betriebsgebäude auf dem Grundstück Nr. nn1 KG F und der Einbau von Rohrbahnen durchgeführt wurden. Außerdem sei auf diesem Grundstück ein Raum, der bisher als Lagerraum verwendet worden sei, in einen Kühlraum umgewandelt worden. Anläßlich eines Lokalaugenscheines am 9. August 1990, an dem ein Vertreter der Beschwerdeführerin teilgenommen hat, wurde u.a. festgestellt, daß im Gebäude auf Baufläche nn1, ein weiterer Kühlraum mit zwei Türen und einer Rohrbahn an der Decke errichtet und in Betrieb genommen wurde. Es handle sich dabei um den Kühlraum, für den die Bauarbeiten bescheidmäßig eingestellt worden seien. Diesen Feststellungen ist der Vertreter der Beschwerdeführerin (DK) während dieser Verhandlung nicht entgegengetreten.
Gemäß § 70a Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 42/1991, (BO), ist bei Maßnahmen, die ohne die erforderliche Bewilligung ausgeführt werden, die Baueinstellung zu verfügen; erforderlichenfalls sind die Bauten oder Teile derselben zu schließen.
Vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, sind zu beseitigen.
Die Beschwerdeführerin beruft sich auf das Vorliegen eines alten Bestandes, der die Vermutung der Rechtmäßigkeit für sich habe. Sie weist darauf hin, daß ein Beseitigungsauftrag gemäß § 70a BO voraussetzt, daß der in Frage stehende Bau sowohl im Zeitpunkt seiner Errichtung als auch im Zeitpunkt der Auftragserteilung einer baubehördlichen Bewilligung bedurft hätte, eine solche aber nicht vorliege.
Zum Problemkreis des "vermuteten Konsenses" hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 9. Dezember 1963, Zl. 1200/63, ausgeführt, daß ein Zeitraum von ungefähr 30 bis 40 Jahren zu kurz sei, um die auf eine bloße Vermutung zu stützende Annahme zu rechtfertigen, die Baulichkeiten seien, trotz Fehlens einer schriftlichen Baubewilligung, baubehördlich bewilligt worden.
Im vorliegenden Fall wurden in den baulichen Anlagen auf dem Grundstück Nr. nn2 bereits im Jahre 1906 der Viehhandel und eine Schlachtbank betrieben. Ein vermuteter Konsens kann für diese Baulichkeiten jedoch nur insofern angenommen werden, als nicht in einem Zeitpunkt, in dem die Archive üblicherweise ordnungsgemäß geführt wurden, bauliche Abänderungen oder Umwidmungen vorgenommen wurden. Anläßlich einer am 20. Juli 1989 betreffend ein Ansuchen um nachträgliche Erteilung der Baubewilligung in Anwesenheit des Beschwerdevertreters durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, daß mit Eingabe vom 25. Mai 1987 um die Bewilligung für den Einbau eines Kühlraumes angesucht und am 9. Juli 1987 die örtliche Bauverhandlung durchgeführt worden sei. Ausgeführt worden sei die Überdachung des Hofes mit einem Flugdach. Bei dieser Sachlage kann aber der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausging, daß das Flugdach auf dem Grundstück Nr. nn1 erst 1987 errichtet wurde. Da zur Errichtung eines Flugdaches die Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, auch ein Flugdach mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht wird und wegen seiner Beschaffenheit geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren, war ein Flugdach auch im Jahre 1987 schon von der Bewilligungspflicht gemäß § 57 Abs. 1 lit. a BO erfaßt. Während der Verhandlung vom 20. Juli 1989 wurde überdies festgestellt, daß auf der Baufläche Nr. nn2 eine Kühlzelle mit den Ausmaßen 3 m x 3 m auf einer dafür neu errichteten Bodenplatte aus Beton aufgestellt wurde. Aus diesen Feststellungen, welchen der Vertreter der Beschwerdeführerin während der Verhandlung vom 20. Juli 1989 nicht entgegengetreten ist, durften aber sowohl die Gemeindebehörden als auch die belangte Behörde schließen, daß diese Kühlzelle nicht vom allenfalls vermuteten Konsens umfaßt war. Da auch weder das Flugdach auf der Baufläche Nr. nn1 noch die Kühlzelle auf der Baufläche Nr. nn2 im Baubewilligungsbescheid vom 13. August 1990 wörtlich erwähnt oder planlich dargestellt ist, sind diese baulichen Anlagen auch von keiner schriflichen Baubewilligung erfaßt.
Schließlich geht auch aus dem Baubewilligungsbescheid vom 9. März 1990 hervor, daß zu diesem Zeitpunkt auf dem Grundstück Nr. nn1 Mauerausbrüche hergestellt wurden. Anläßlich der mündlich verfügten Baueinstellung am 8. März 1990 hat der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin erklärt, daß er zwei Türen errichten und den Raum in einen Kühlraum umbauen möchte. Aufgrund dieser Feststellungen konnten die Gemeindebehörden und auch die belangte Behörde davon ausgehen, daß die Herstellung der Mauerdurchbrüche erst im März 1990 erfolgte.
Unter den gegebenen Umständen konnte die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen, daß für die im Beseitigungsauftrag genannten Bauten keine Baubewilligung vorliegt und diese auch zum Zeitpunkt ihrer Errichtung einer schriftlichen Baubewilligung bedurften. Damit zeigt sich, daß durch den angefochtenen Bescheid subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin nicht verletzt worden sind. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Mit Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.
Lediglich aus Gründen der Verwaltungsökonomie wird darauf hingewiesen, daß der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 16. Dezember 1991 - unabhängig von der allfälligen Anhängigkeit eines Ansuchens um nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung - schon deshalb nicht vollstreckt werden kann, weil weder dieser Bescheid, noch der Bescheid des Bürgermeisters der vom 8. Juli 1991 eine Erfüllungsfrist enthält.
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