VwGH 92/06/0037

VwGH92/06/003730.4.1992

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Würth, Dr. Giendl, Dr. Müller und Dr. Kratschmer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Unterer, über die Beschwerde

1. der IM in S und 2. der MP in I, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. Dezember 1991, Zl. MD/Präs.Abt.II-7887/1991, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: N-GmbH in X, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in X), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 1989 §25;
BauO Tir 1989 §27 Abs3 litb;
BauO Tir 1989 §3 Abs7;
BauRallg;
VwRallg;
WEG 1975 §13 Abs2;
BauO Tir 1989 §25;
BauO Tir 1989 §27 Abs3 litb;
BauO Tir 1989 §3 Abs7;
BauRallg;
VwRallg;
WEG 1975 §13 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 29. November 1990 beantragte die Rechtsvorgängerin der mitbeteiligten Partei als Bauwerberin beim Stadtmagistrat Innsbruck die Erteilung der Baubewilligung für die Adaptierung eines derzeit als Fleischwarengeschäft-Imbißstube genutzten Geschäftslokales in Innsbruck, in ein Restaurant. Nach der Baubeschreibung sollten im Erdgeschoß des dreistöckigen Gebäudes Durchbrüche, Abmauerungen sowie Unterfangungen vorgenommen werden. Die Fensterfassade entlang der Arkade sollte erneuert und ein Windfang eingebaut werden. Im Bereich der bisherigen Küche war die Errichtung einer Gäste-WC-Anlage vorgesehen, der Fleischaufbereitungsraum sollte zum Teil als Küche errichtet werden. Die Anlieferung sollte durch den Innenhof erfolgen und über den bestehenden Lastenaufzug zu den Lager- und Kühlräumen im Kellergeschoß führen. Der Gastraum sollte im Bereich des bestehenden Geschäftes - unter Einbindung der Selcherei, eines Teiles des Fleischaufbereitungsraumes sowie des hinteren Kühlraumes - bis zum Innenhof errichtet werden. Die bestehenden Personal-WCs im Kellergeschoß sollten weiter als solche Verwendung finden, im Bereich des Kellergeschoßes war die Abmauerung eines Stiegenabganges sowie die Herstellung eins Mauerdurchbruches vorgesehen. Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 28. Februar 1991 wurde der Bauwerberin die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von insgesamt 24 Auflagen erteilt. In ihrer gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung brachten die Beschwerdeführerinnen im wesentlichen vor, sie seien Miteigentümerinnen der gegenständlichen Liegenschaft, die beantragte Adaptierungsbewilligung hätte nicht erteilt werden dürfen, da die Bauwerberin nicht Grundeigentümer und die Zustimmung der Grundeigentümer nicht erbracht worden sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Dezember 1991 wurde die Berufung der Beschwerdeführerinnen

abgewiesen. Begründet wurde diese Entscheidung

- zusammengefaßt - damit, daß durch die bloße Widmungsänderung der erdgeschoßigen Räume bei gleichzeitiger Vornahme von diversen Abmauerungen und Schaffung von Mauerdurchbrüchen sowie dem Einbau von Naßeinheiten und WC-Anlagen sich das Gebäude nicht so ändere, daß es sich nach Durchführung der näher beschriebenen Baumaßnahmen als ein anderes im Verhältnis zum ursprünglichen darstelle. Da die beantragte Umwidmung keinen Umbau im Sinne der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 7 der Tiroler Bauordnung darstelle, sei zur Erteilung der Baubewilligung eine Zustimmungserklärung der Miteigentümer nicht erforderlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerinnen, die dem erstinstanzlichen Verfahren nicht zugezogen waren und erst nach Akteneinsicht und Ausfolgung einer Bescheidkopie am 21. August 1991 ihre Berufung am 4. September 1991 einbrachten, erblicken die Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde zur Sachentscheidung darin, daß die übergangene Partei einen Rechtsanspruch darauf habe, ihre Einwendungen vor der in erster Instanz zuständigen Behörde erheben zu können und von dieser beurteilt zu bekommen. Die belangte Behörde hätte daher nur eine kassatorische Entscheidung fällen dürfen.

Das Auftreten einer übergangenen Partei bedeutet jedoch nicht, daß aufgrund ihrer Berufung der erteilte Bewilligungsbescheid jedenfalls aufzuheben ist; auch die Anordnung der Durchführung einer (neuerlichen) Verhandlung ist nicht zwingend; die übergangene Partei hat lediglich ein Recht auf nachträgliche Durchführung eines zusätzlichen, auf sie und den Bewilligungswerber beschränkten Verfahrens (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juni 1980, Zl. 3128/79). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen war daher die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG zuständig, in der Sache selbst zu entscheiden.

Strittig ist weiters, ob das vorliegende Bauvorhaben als Umbau im Sinne des § 3 Abs. 7 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), zu qualifizieren ist und deshalb die Zustimmungserklärung der Miteigentümer gemäß § 27 Abs. 3 lit. b TBO erforderlich ist. § 3 Abs. 7 TBO lautet:

"(7) Umbau ist die bauliche Veränderung eines Gebäudes, durch die, ohne die Außenmaße zu vergrößern, die Raumeinteilung oder die äußere Gestalt des Gebäudes so geändert wird, daß das Gebäude nach der Veränderung im Verhältnis zum ursprünglichen Gebäude als ein anderes anzusehen ist."

Anders als beispielsweise in der Wiener Bauordnung, ist dieser Definition des Begriffes "Umbau" nicht zu entnehmen, daß ein Umbau auch dann vorliegt, wenn nur ein Geschoß als ein anderes anzusehen ist.

Durch die bereits in der Sachverhaltsdarstellung dargelegten baulichen Änderungen ist das gesamte Gebäude, welches ein Erdgeschoß und drei Obergeschoße aufweist, nicht als ein anderes anzusehen. Die äußere Gestalt des Gebäudes wurde nicht so geändert, daß das gesamte Gebäude nach der Veränderung im Verhältnis zum ursprünglichen Gebäude als ein anderes anzusehen wäre. Zwar trifft das Beschwerdevorbringen zu, wonach das Erscheinungsbild einer Metzgerei samt Verkaufsraum ein anderes ist, als jenes eines Restaurants, doch vermag dieses Vorbringen nichts daran zu ändern, daß die Tiroler Bauordnung das Vorliegen eines "Umbaues" daran knüpft, daß das gesamte Gebäude, nicht bloß ein Geschoß, nach der Veränderung im Verhältnis zum ursprünglichen Gebäude als ein anderes anzusehen ist. Zutreffend ist daher die belangte Behörde davon ausgegangen, daß kein Umbau im Sinne des § 3 Abs. 7 TBO vorliegt, und daher auch die Zustimmungserklärung der Miteigentümer nicht erforderlich war.

Auch der Hinweis der Beschwerdeführerinnen auf die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen: Die Beschwerdeführerinnen übersehen nämlich, daß die erteilte Baubewilligung lediglich eine Polizeierlaubnis darstellt, die in die privatrechtliche Beziehung zwischen den Miteigentümern nicht eingreift. Nach ständiger Rechtsprechung steht es jedem Wohnungseigentümer frei, im Rechtsweg die Unterlassung wesentlicher Änderungen eines Wohnungseigentumsobjektes oder allgemeiner Teile des Hauses zu begehren, die ein Wohnungseigentümer ohne die erforderliche Zustimmung der übrigen und ohne Ersetzung der Zustimmung durch den Außerstreitrichter nach § 13 Abs. 2 WEG 1975 vornimmt bzw. vorzunehmen beabsichtigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1990, Zl. 90/06/0053 und die dort zitierte Judikatur). Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991, im Rahmen des von der belangten Behörde gestellten Kostenbegehrens. Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, da für die Parteienäußerung zur beantragten aufschiebenden Wirkung kein Schriftsatzaufwand zuerkannt werden kann.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos.

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